Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14.06.2023, Az. 6 StR 244/23

6. Strafsenat | REWIS RS 2023, 4555

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Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 21. September 2022

a) dahin neu gefasst, dass er des Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in elf Fällen sowie des Besitzes von Betäubungsmitteln schuldig ist,

b) aufgehoben

aa) im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen und

bb) soweit eine Entscheidung über eine Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten „wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 11 Fällen sowie wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und zwei Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge den aus der [X.] ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO). Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. Der Schuldspruch hält aus den Gründen der Antragsschrift des [X.] rechtlicher Überprüfung stand. Der [X.] hat aber dem Antrag des [X.] entsprechend den Schuldspruch neu gefasst, weil die Bezeichnung der Betäubungsmitteltaten als „unerlaubt“ entbehrlich ist (vgl. [X.], Beschlüsse vom 8. April 2020 – 3 StR 55/20, vom 24. Januar 2023 – 6 StR 500/22).

3

2. Der Strafausspruch unterliegt der Aufhebung.

4

a) Das [X.] hat die das Maß der Schuld und damit die Höhe der Strafe bestimmenden Wirkstoffmengen (st. Rspr.; vgl. etwa [X.], Urteil vom 18. Juli 1984 – 3 [X.], [X.]St 33, 8, 15; Beschlüsse vom 9. November 2011 – 4 StR 390/11; vom 15. September 2020 – 3 [X.]/20; [X.]/[X.], [X.], 146 mwN) im Fall 12 nicht festgestellt und in den Fällen 1 bis 11 nicht ausreichend belegt. Es bleibt unklar, worauf seine Annahmen zu den [X.] in den Fällen 1 bis 11 beruhen; etwaige Schätzgrundlagen sind nicht mitgeteilt worden. Die bloße Bezeichnung der Betäubungsmittel mit Handelsnamen (etwa „[X.]“ oder „[X.] Diamond“) reicht insoweit nicht aus.

5

b) Zudem hat das [X.] bei der [X.] für die Taten 1 bis 11 jeweils nicht erörtert, ob ein minder schwerer Fall nach § 29a Abs. 2 BtMG in Betracht kam, obwohl hierzu Veranlassung bestand. Diese Taten bezogen sich jeweils auf die „weiche“ Droge Cannabis. Darüber hinaus hat der Angeklagte ein umfassendes Geständnis abgelegt, und in mehreren Fällen war der Grenzwert zur nicht geringen Menge nicht erheblich überschritten.

6

c) Die Aufhebung der Einzelstrafen entzieht der Gesamtstrafe die Grundlage.

7

3. Das [X.] hat zudem rechtsfehlerhaft nicht geprüft, ob gegen den Angeklagten die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) anzuordnen ist.

8

Nach den Feststellungen beging er die Taten 1 bis 11, um den „eigenen Konsum von Betäubungsmitteln zu ermöglichen“. In seiner Wohnung wurden 21 Gramm Marihuana und 21,1 Gramm Haschisch sichergestellt, die jeweils zum Eigenkonsum bestimmt waren (Tat 12). Überdies ist er mehrfach wegen Besitzes von Betäubungsmitteln vorbestraft.

9

Ausgehend hiervon hätte Veranlassung bestanden, die Voraussetzungen einer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt zu erörtern. Die Feststellungen legen das Vorliegen eines Hangs und den erforderlichen symptomatischen Zusammenhang nahe. Das Vorliegen der übrigen Voraussetzungen des § 64 StGB ist ebenfalls nicht auszuschließen.

4. Die Sache bedarf deshalb – hinsichtlich der ggf. anzuordnenden Maßregel unter Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 246a Abs. 1 Satz 2 StPO) – neuer Verhandlung und Entscheidung. Der etwaigen Nachholung der Anordnung der Unterbringung steht nicht entgegen, dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat (§ 358 Abs. 2 Satz 3 StPO). Er hat die [X.] der Maßregel auch nicht von seinem Rechtsmittelangriff ausgenommen (vgl. [X.], Urteil vom 7. Oktober 1992 – 2 StR 374/92, [X.]St 38, 362).

Feilcke     

  

Tiemann     

  

Wenske

  

Fritsche     

  

von [X.]     

  

Meta

6 StR 244/23

14.06.2023

Bundesgerichtshof 6. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Rostock, 21. September 2022, Az: 11a KLs 99/22

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14.06.2023, Az. 6 StR 244/23 (REWIS RS 2023, 4555)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 4555

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6 StR 500/22

3 StR 55/20

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