Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.12.2013, Az. XII ZB 333/13

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 603

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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
XII [X.] 333/13
vom
4. Dezember 2013
in der Betreuungssache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
FamFG § 59 Abs. 1
Dem Betreuer steht gegen die Aufhebung der Betreuung keine Beschwerdebe-fugnis aus eigenem Recht zu.
[X.], Beschluss vom 4. Dezember 2013 -
XII [X.] 333/13 -
LG [X.]

[X.]

-
2
-

Der XII. Zivilsenat des [X.] hat am 4. Dezember
2013 durch [X.] und [X.]
Klinkhammer, Dr.
[X.], Dr.
Botur und Guhling
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 2 wird verworfen.
Auf die Rechtsbeschwerde
des Beteiligten
zu 3 wird der Be-schluss der 3.
Zivilkammer des [X.]s [X.]
vom 5.
Juni
2013 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten
Behandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des
Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Land-gericht zurückverwiesen.
Wert: 3.000

Gründe:
I.
Der im Jahr 1966 geborene Betroffene erlitt im Jahr 1994 als Opfer eines Gewaltdelikts eine schwere Hirnschädigung. Am 1.
Dezember 2005 erteilte er der Beteiligten zu 1 (im Folgenden: Bevollmächtigte) eine Vorsorgevollmacht.
Mit Schreiben an das Amtsgericht vom 22. Januar 2013 regte der [X.] zu 3 an, den Beteiligten zu 2 als Berufsbetreuer für den Betroffenen, sei-nen Neffen, zu bestellen. Dabei berief er sich auf eine ihm von dem Betroffenen erteilte Vollmacht
vom 31.
Dezember 2012. Die Betreuung sei erforderlich, 1
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3
-

nachdem der Vater des Betroffenen, der sich bislang um dessen Belange ge-kümmert habe, am 5. Dezember 2012 verstorben sei.
Das Amtsgericht hat den Beteiligten zu 2 zum [X.] mit dem Aufgabenkreis "Wahrnehmung der Rechte des Betroffenen gegenüber der [X.]"
bestellt. Auf die Beschwerde der Bevollmächtigten und des Be-troffenen hat das [X.] diese Betreuung aufgehoben. Hiergegen wenden sich die Beteiligten zu 2 und zu 3 mit der Rechtsbeschwerde.

II.
Die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 2
ist mangels Beschwerdebe-fugnis unzulässig.
Dem ([X.] steht gegen die -
hier durch das Beschwerdege-richt erfolgte -
Aufhebung der Betreuung keine Beschwerdebefugnis aus eige-nem Recht zu. Die Aufhebung der Betreuung als solche greift nicht in die [X.] ein, weil die Betreuung nicht in seinem [X.], sondern ausschließlich im Interesse der Betroffenen angeordnet wird (BayObLG Beschluss vom 8.
März 2004 -
3Z
BR
242/03 -
juris Rn.
4
ff.; OLG Düsseldorf FamRZ 1998, 1244, 1245;
[X.]/[X.] FamFG 17.
Aufl. §
59 Rn.
76 mwN
und [X.]/[X.] aaO §
303 Rn.
6; [X.] FamFG/[X.] [Stand: 1.
Juli 2013] §
303 Rn.
16; [X.]/[X.] FamFG 10.
Aufl. §
59 Rn.
17; Haußleiter
FamFG §
303 Rn.
4; Prütting/[X.] FamFG 3.
Aufl. §
303
Rn.
38).
Der Beteiligte zu 2 beruft sich ohne Erfolg auf §
303 Abs.
2 Nr.
2
FamFG, wonach das Recht zur Beschwerde im Interesse des Betroffenen einer Person seines Vertrauens zusteht, wenn sie in
der Vorinstanz beteiligt worden ist. Der 3
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4
-

Betreuer ist gemäß §
274 Abs.
1 Nr.
2 FamFG Verfahrensbeteiligter, soweit sein Aufgabenkreis betroffen ist, und kann
nach §
303 Abs.
4 Satz
1 FamFG gegen seinen Aufgabenkreis betreffende Entscheidungen im Namen des
Be-troffenen Beschwerde einlegen. Eine zusätzliche Verfahrensbeteiligung als [X.] ist durch die Vorinstanzen nicht erfolgt.

III.
Die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 3 hat demgegenüber Erfolg.
1. Sie ist gemäß
§ 70 Abs.
3 Satz
1 Nr.
1 FamFG
statthaft und auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ist der Beteiligte zu 3, der von Amts-
und Land-gericht ersichtlich
als Vertrauensperson des Betroffenen (§
274 Abs.
4 Nr.
1 FamFG) formell am Verfahren beteiligt worden ist, gemäß §
303 Abs.
2 Nr.
2 FamFG beschwerdebefugt.
2. Die
Rechtsbeschwerde ist auch begründet.
a)
Das [X.] hat ausgeführt, dass zwar die medizinischen Voraus-setzungen für die Anordnung einer Betreuung vorlägen. Die Betreuung sei [X.] nicht erforderlich. Denn die Einrichtung einer Kontrollbetreuung sei nicht schon dann gerechtfertigt, wenn der Betroffene geschäftsunfähig und deshalb zu einer eigenständigen Kontrolle des Bevollmächtigten nicht mehr in der Lage sei. Vielmehr müsse aufgrund von [X.] ein Bedürfnis für die Überwachung des Bevollmächtigten bestehen. Notwendig sei der konkrete, durch hinreichende
tatsächliche Anhaltspunkte untermauerte Verdacht, dass dem Betreuungsbedarf mit der Vollmacht nicht Genüge getan sei. Daran fehle es hier. Im Übrigen bestehe für die Bestellung eines [X.]s kein An-lass, weil der Betroffene in einem Heim lebe. Dadurch seien sowohl Pflege und 7
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5
-

Versorgung als auch die Kontrolle gewährleistet, ob die Bevollmächtigte diese Dinge zufriedenstellend organisiere und die
finanziellen Angelegenheiten des Betroffenen erledige.

b) Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
Mit der im angefochtenen Beschluss
gegebenen Begründung lässt sich die Er-forderlichkeit einer Betreuung nach
§
1896 BGB nicht verneinen.
Nach dem vom [X.] zitierten Sachverständigengutachten leidet der Betroffene an einem schweren hirnorganischen Psychosyndrom. Aufgrund der psychischen Erkrankung fehle es ihm an der Kritikfähigkeit, so dass er nicht in der Lage
sei, seinen Willen frei und unbeeinflusst zu äußern. Der Sachver-ständige hat deshalb eine Betreuung für alle Bereiche aus medizinisch-psychiatrischer
Sicht für dringend indiziert gehalten. Das [X.] ist daher zu dem Ergebnis gelangt, dass der Betroffene nicht mehr in der Lage sei, seine Angelegenheiten allein wahrzunehmen, und auch die Ausübung der der [X.] erteilten Vollmacht nicht zu kontrollieren vermöge.
In Anbetracht dieser Feststellungen ist die Annahme
des [X.]s
nicht tragfähig, einer Betreuung bedürfe es wegen der an die Bevollmächtigte erteilten Vorsorgevollmacht nicht. Das schwere hirnorganische Psychosyndrom des Betroffenen geht auf den körperlichen Übergriff im Jahre 1994 zurück, [X.] die Vorsorgevollmacht erst Ende 2005 erteilt wurde. Das [X.] hat entgegen §
26 FamFG keinerlei Feststellungen dazu getroffen, ob der Betroffe-ne zum
Zeitpunkt der Vollmachterteilung noch geschäftsfähig war. Hieran be-stehen mit Blick auf den gutachterlich beurteilten Gesundheitszustand des
Be-troffenen und den Umstand, dass Anhaltspunkte für eine Verschlechterung desselben seit dem Jahre 1994 nicht ersichtlich sind, jedoch erhebliche Zweifel, denen das [X.] von Amts wegen hätte nachgehen müssen.
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6
-

c) Die angefochtene Entscheidung stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als im Ergebnis richtig dar (§
74 Abs.
2 FamFG). Insbesondere erlau-ben die landgerichtlichen Feststellungen nicht den Schluss, dass es einer Be-treuung unabhängig von
der -
in ihrer rechtlichen Wirksamkeit derzeit zweifel-haften -
Vorsorgevollmacht, auf die das [X.] seine Entscheidung ge-stützt hat,
nicht bedarf.
Die Erforderlichkeit der Betreuung im Sinn des § 1896 Abs. 2 Satz
1
BGB kann sich nicht allein aus der subjektiven Unfähigkeit des Betroffenen er-geben, seine Angelegenheiten rechtlich selbst regeln zu können. Hinzutreten muss vielmehr ein konkreter Bedarf für die Bestellung eines Betreuers. Ob und für welche Aufgabenbereiche ein solcher besteht, ist aufgrund der konkreten, gegenwärtigen Lebenssituation
des Betroffenen zu beurteilen (Senatsbeschluss vom 6.
Juli 2011 -
XII
[X.]
80/11 -
FamRZ
2011, 1391 Rn.
9).
Dass der Betroffene derzeit in einer Einrichtung wohnt, steht für sich ge-nommen einem Betreuungsbedarf jedenfalls für einzelne [X.] nicht entgegen. Dies gilt nicht zuletzt
für den Bereich der Vermögenssorge, für den die Rechtsbeschwerde auf die nicht unerheblichen laufenden Einkünfte des Be-troffenen und auf die ungeklärten Barabhebungen durch die Bevollmächtigte verweist.
3. Der angefochtene Beschluss ist deshalb gemäß §
74 Abs.
5 FamFG aufzuheben und die Sache gemäß §
74 Abs.
6 Satz
2 FamFG an das [X.] zurückzuverweisen. Dieses wird zuerst sachverständig beraten die Wirk-samkeit der der Beteiligten zu 1 erteilten Vorsorgevollmacht zu überprüfen und sich für den Fall, dass es diese bejahen sollte, anschließend mit den vom [X.]n zu 2 in seiner Stellungnahme vom 27.
Mai 2013 aufgezeigten offenen finanziellen Fragen sowie
damit auseinanderzusetzen haben, ob es (jedenfalls insoweit) einer Kontrollbetreuung bedarf.
Erweist sich die Vorsorgevollmacht 14
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hingegen als unwirksam, ist zu klären, für welche Bereiche ein konkreter Be-treuungsbedarf besteht.
Dose

Klinkhammer

[X.]

Botur

Guhling
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom [X.] -
10 XVII 61/13 -

LG [X.], Entscheidung vom 05.06.2013 -
3 T 230/13 -

Meta

XII ZB 333/13

04.12.2013

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.12.2013, Az. XII ZB 333/13 (REWIS RS 2013, 603)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 603

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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