Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.02.2007, Az. IX ZR 215/05

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 5338

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 8. Februar 2007 [X.] als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] § 2 Abs. 2; [X.] [X.] Nr. 3104 Hat der Anwalt bereits einen unbedingten Klageauftrag erhalten, kann eine Terminsgebühr auch dann entstehen, wenn der Rechtsstreit oder das Ver-fahren noch nicht anhängig ist. [X.], Urteil vom 8. Februar 2007 - [X.] - [X.]
- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 8. Februar 2007 durch [X.] [X.], [X.], [X.], [X.] und die Richterin [X.] für Recht erkannt: Die Revision gegen das Urteil der 20. Zivilkammer des [X.] vom 21. November 2005 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand: Der Beklagte beauftragte die klagenden Rechtsanwälte, einen Anspruch gegen seine damalige Arbeitgeberin auf Zahlung einer Tantieme geltend zu machen. Als ein erstes Schreiben der Kläger unbeantwortet blieb, erteilte er Klageauftrag. Nach zwei Gesprächen zwischen den Klägern und der Arbeitge-berin kam es zum Abschluss einer Vereinbarung, in der auch der Anspruch auf Zahlung der Tantieme geregelt wurde. Eine Klage wurde nicht mehr einge-reicht. 1 Im vorliegenden Rechtsstreit verlangen die Kläger restliches [X.] in Höhe von [X.] • (einschließlich Umsatzsteuer). Sie meinen, durch die Verhandlungen mit der Arbeitgeberin nach Erhalt des [X.] eine Terminsgebühr verdient zu haben. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen; das [X.] hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Mit seiner vom 2 - 3 - [X.] zugelassenen Revision will der Beklagte die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils erreichen. Entscheidungsgründe: Die Revision bleibt ohne Erfolg. Die Kläger haben durch die beiden Be-sprechungen, die sie nach Erhalt des [X.] mit der Gegnerin ihres Mandanten über die Erledigung des streitigen Tantiemeanspruchs geführt ha-ben, eine Terminsgebühr verdient. 3 1. Die Terminsgebühr entsteht gemäß § 2 Abs. 2 [X.], [X.] (fortan: [X.]) Teil 3 [X.]erkung 3 Abs. 3, Nr. 3104 durch die Mitwir-kung an einer auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechung ohne Beteiligung des Gerichts. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. 4 2. Entgegen der Ansicht der Revision (ebenso z.B. [X.], 252) setzt der Gebührentatbestand der Nr. 3104 [X.] nicht voraus, dass der Anspruch, der Gegenstand der Besprechung ist, bereits bei Gericht anhän-gig gemacht worden ist (ebenso z.B. [X.] 2006, 882, 883; [X.] [X.] 2006, 23, 24; [X.] [X.] 2004, 249, 250; [X.] 2004, 296, 297; [X.], 291; [X.], 3089, 3092; [X.] [X.], 1084, 1085; [X.]/[X.], ZPO 26. Aufl. § 104 Rn. 21; [X.], [X.] 36. Aufl. [X.] 3104 Rn. 11 "Vermeidung"; Göttlich/Mümmler, [X.] 2. Aufl. Terminsgebühr des Teils 3 [X.]. 3.2; Müller-Rabe, in [X.], [X.] 17. Aufl. [X.]. 3 [X.] Rn. 90; [X.]/Suß-bauer/[X.], [X.] 9. Aufl. [X.] Teil 3 [X.]. 3 Rn. 48). 5 - 4 - 6 a) Nach Absatz 3 der [X.]erkung 3 zu Teil 3 des [X.] zu § 2 Abs. 2 [X.] entsteht die Terminsgebühr (unter anderem) durch die Mitwirkung an Besprechungen ohne Beteiligung des Gerichts, die auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtet sind. Dass bereits eine Klage an- oder rechtshängig ist, wird dabei nicht vorausgesetzt. "[X.]" wird ein laufendes Verfahren; "vermeiden" lässt sich demgegenüber nur ein Verfah-ren, das noch nicht begonnen hat. Entgegen der Meinung der Revision besagt der Wortlaut des Gesetzes nicht, dass es nur um die Vermeidung "weiterer" Verfahren gehen solle; dies liegt auch nicht nahe. b) Die Gesetzgebungsgeschichte bestätigt diesen Befund. Die [X.] ist durch das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz vom 5. Mai 2004 einge-führt worden. Die Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung kannte keinen ent-sprechenden Gebührentatbestand. Der Gesetzgeber des Rechtsanwaltsver-gütungsgesetzes wollte durch ihn einen Anreiz für außergerichtliche Einigungen schaffen. In der Begründung des [X.] heißt es (BT-Drucks. 15/1971, [X.]): 7 "Die außergerichtliche Streiterledigung soll ferner dadurch geför-dert werden, dass die Terminsgebühr auch dann anfallen soll, wenn der Rechtsanwalt nach Erteilung des [X.] an einer auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechung mitwirkt." 8 Voraussetzung der Terminsgebühr sollte danach der (unbedingte) Klage-auftrag sein, nicht jedoch die Einreichung der Klage. Aus der Einzelbegründung des [X.] zu Absatz 3 der [X.]erkung zu Teil 3 des [X.] (BT-Drucks. 15/1971, [X.]) folgt nichts Gegenteiliges. Danach soll der Anwalt "nach seiner Bestellung zum Verfahrens- oder [X.] - 5 - bevollmächtigten in jeder Phase des Verfahrens zu einer möglichst frühen, der Sach- und Rechtslage entsprechenden Beendigung des Verfahrens beitragen". Der Fall der "Vermeidung des Verfahrens" wird hier nicht behandelt. Der Aus-druck "Bestellung zum Verfahrens- oder Prozessbevollmächtigten" ist außer-dem nicht eindeutig. Aus Sicht des Gerichtes kann sich ein Anwalt frühestens mit Einreichung einer Klage- oder Antragsschrift zum Prozessbevollmächtigten seines Mandanten "bestellen". Aus der Sicht des Anwalts und des Mandanten wird der Anwalt jedoch schon dadurch zum Prozessbevollmächtigten, dass er sich vertraglich zur Vertretung des Mandanten vor Gericht verpflichtet und eine entsprechende Vollmacht erhält. Die Vorschrift des § 31 Abs. 1 Nr. 1 [X.], welche die Vergütung des "zum Prozessbevollmächtigten bestellten Rechtsan-walts ... für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information" regelte, ist einhellig dahingehend ausgelegt worden, dass auch der mit der Prozessfüh-rung beauftragte Anwalt gemeint war ([X.]/[X.]/[X.], [X.] 8. Aufl. § 31 Rn. 6, 24; vgl. [X.] 2004, 296, 297 m.w.N.). Der [X.]uss des [X.] vom 27. Oktober 2005 ([X.], [X.], 157, 158), auf den die Revision sich bezieht, betraf einen Vergleichsschluss im schriftli-chen Verfahren, behandelte den Fall einer vorgerichtlichen Einigung also nicht.
Der Rechtsausschuss des [X.] hat den Regierungsentwurf zu Absatz 3 der [X.]erkung zu Teil 3 des [X.] in dem Sinne aufgefasst, dass ein gerichtliches Verfahren noch nicht anhängig sein muss. Er hat vorgeschlagen, Absatz 2 der [X.]erkung zu Nummer 3104 [X.] dahingehend klarzustellen, dass eine Anrechnung auch dann erfolgen solle, wenn "in der anderen Angelegenheit zwar ein [X.] erteilt wurde, aber ausschließlich außergerichtliche Besprechungen stattfinden, die nach [X.] 3 Abs. 3 [X.] ebenfalls die Terminsgebühr auslösen" (BT-Drucks. 15/2487, [X.]). 10 - 6 - 11 c) Die systematische Stellung des Absatzes 3 der [X.]erkung 3 in demjenigen Teil des [X.], der "Bürgerliche Rechtsstreitig-keiten, Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, der öffentlich-rechtlichen Ge-richtsbarkeiten, Verfahren nach dem Strafvollzugsgesetz und ähnliches Verfah-ren" regelt, verlangt ebenfalls keine An- oder Rechtshängigkeit einer Klage oder eines Antrags. Für das Gericht beginnt der "Rechtsstreit" zwar erst mit dem Eingang der Klage- oder Antragsschrift. Gleichwohl wird die Tätigkeit des [X.] schon von der Erteilung des [X.] an nach den Gebührentat-beständen des 3. Teils des [X.] entlohnt. Besonders deutlich wird das an der Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 [X.]. Die Ermäßi-gungstatbestände in Nummer 3101 Nr. 1 des [X.] setzen voraus, dass diese Gebühr schon vor der Einreichung der Klage anfallen kann. Endet nämlich der Auftrag, bevor der Anwalt die Klage einreicht, ermäßigt sich die Verfahrensgebühr auf 8/10 der vollen Gebühr. Auch nach der [X.] begann der "Rechtsstreit" für den Anwalt ge-bührenrechtlich bereits mit dem Erhalt des [X.]. Die Abgrenzung zur allgemeinen Geschäftsgebühr ([X.] Nr. 2400 a.F. = Nr. 2300 n.F.) hat - von den übrigen Voraussetzungen einer Terminsgebühr einmal abgesehen (vgl. etwa [X.], [X.]. v. 20. November 2006 - [X.], z.[X.]) - danach zu erfol-gen, ob der Anwalt bereits einen (unbedingten) Klageauftrag erhalten hat oder nicht. d) Schließlich bestätigen auch Sinn und Zweck der gesetzlichen Rege-lung das bisherige Auslegungsergebnis. Zur Entlastung der Gerichte wollte der Gesetzgeber des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes außergerichtliche [X.] 12 - 7 - gungen durch Schaffung gebührenrechtlicher Anreize für die Anwaltschaft för-dern. Die Terminsgebühr vom Einreichen einer Klage abhängig zu machen, würde dieser Zielsetzung entgegenwirken. [X.] [X.] [X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 14.06.2005 - 543 C 5078/05 - [X.], Entscheidung vom 21.11.2005 - 20 S 49/05 -

Meta

IX ZR 215/05

08.02.2007

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.02.2007, Az. IX ZR 215/05 (REWIS RS 2007, 5338)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 5338

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