Bundesgerichtshof, Beschluss vom 03.05.2022, Az. 3 StR 105/22

3. Strafsenat | REWIS RS 2022, 3623

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Gegenstand

Betäubungsmitteldelikt: Abgrenzung der Durchfuhr von der Ein- und Ausfuhr


Tenor

1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 18. Dezember 2020 wird verworfen; jedoch wird der Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der Ausfuhr von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie der Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und mit Ausfuhr von Betäubungsmitteln schuldig ist.

2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen "unerlaubter" Ausfuhr von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Beihilfe zum "unerlaubten" Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Fall II.2.) und wegen "unerlaubter" Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Fall II.3.) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt sowie eine Einziehungsentscheidung getroffen. Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision des Angeklagten hat keinen Rechtsfehler zu seinem Nachteil ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Sie hat jedoch die aus der [X.] ersichtliche Schuldspruchänderung zur Folge.

2

1. Die vom [X.] zu Fall II.3. der Urteilsgründe getroffenen Feststellungen, wonach der Angeklagte mit dem von ihm geführten LKW auftragsgemäß 50 kg Amphetamin von den [X.] über [X.] nach [X.] verbrachte, tragen auch eine Verurteilung wegen Ausfuhr von Betäubungsmitteln gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG.

3

a) In Abgrenzung zur Ein- und Ausfuhr liegt eine Durchfuhr im Sinne des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BtMG nur dann vor, wenn die Betäubungsmittel während des Transports durch das Inland zu keiner [X.] zur Disposition des Durchführenden oder einer anderen Person stehen und der durch die Beförderung bedingte Aufenthalt auf die zur Durchführung notwendige [X.] beschränkt ist ([X.], Urteile vom 28. November 1973 - 3 [X.], NJW 1974, 429, 430; vom 4. Mai 1983 - 2 StR 661/82, [X.]St 31, 374, 375 ff.; vgl. auch [X.], Beschluss vom 24. November 2009 - 3 [X.], [X.], 119, 120; [X.]/[X.]/[X.], BtMG, 10. Aufl., § 29 Rn. 1104, 1106). Die Urteilsfeststellungen belegen, dass der Angeklagte die tatsächliche Verfügungsgewalt über das Amphetamin, welches der legalen Fracht als Beiladung untergeschoben war, auf dem Transportweg innehatte. Unbeschadet der Begleitung durch einen weiteren Beteiligten in einem Pkw konnte der Angeklagte während des Aufenthalts im [X.] jederzeit ungehindert auf die sich in dem von ihm geführten LKW befindenden Betäubungsmittel zugreifen. Der Angeklagte verwirklichte daher bei seiner Fahrt neben der Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowohl den Tatbestand der Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG als auch den der Ausfuhr von Betäubungsmitteln gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG.

4

b) Die Einfuhr und die auf demselben Tatentschluss beruhende Ausfuhr von Betäubungsmitteln bilden eine natürliche Handlungseinheit und damit eine Tat im materiellen Sinne (MüKoStGB/[X.], 4. Aufl., § 29 BtMG Rn. 716; [X.]/[X.]/[X.], BtMG, 10. Aufl., § 29 Rn. 778; [X.]/[X.]/[X.], BtMG, 6. Aufl., § 29 Rn. 1014; vgl. auch [X.], Beschluss vom 26. Mai 2021 - 3 StR 58/21, juris Rn. 1 f.; zur natürlichen Handlungseinheit s. [X.], Beschluss vom 8. Dezember 2021 - 4 StR 347/21, juris Rn. 4 mwN).

5

2. Hinsichtlich der ausgeurteilten Delikte ist die ausdrückliche Bezeichnung als "unerlaubt" entbehrlich, da Straftaten nach dem [X.] ausschließlich den unerlaubten Umgang mit den dort genannten Stoffen betreffen (st. Rspr.; s. [X.], Beschluss vom 8. März 2022 - 3 StR 3/22, juris Rn. 5 mwN).

6

3. Der Senat kann in analoger Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO den Schuldspruch ändern. § 265 StPO steht nicht entgegen, weil sich der geständige Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können. Das Verschlechterungsverbot des § 358 StPO hindert die Verschärfung des Schuldspruchs nicht ([X.], Beschluss vom 18. Februar 2020 - 3 [X.], juris Rn. 60; [X.]/[X.], 8. Aufl., § 358 Rn. 18; s. auch [X.], Beschluss vom 1. März 2000 - 2 BvR 2049/99, juris Rn. 3 mwN).

Schäfer     

        

Paul     

        

Berg   

        

Erbguth     

        

Kreicker     

        

Meta

3 StR 105/22

03.05.2022

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Koblenz, 18. Dezember 2020, Az: 1 KLs 2090 Js 77540/20

§ 11 Abs 1 S 2 BtMG, § 29 Abs 1 S 1 Nr 5 BtMG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 03.05.2022, Az. 3 StR 105/22 (REWIS RS 2022, 3623)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 3623

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3 StR 430/19

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