Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.11.2015, Az. 4 StR 407/15

4. Strafsenat | REWIS RS 2015, 2953

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4
StR 407/15
vom
3. November 2015
in der Strafsache
gegen

wegen
unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer

Menge
u.a.
-
2
-
Der 4.
Strafsenat des [X.] hat auf Antrag des Generalbundes-anwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers
am 3.
November
2015
gemäß
§
349 Abs.
2
und 4, §
44 StPO beschlossen:

1.
Dem Angeklagten wird auf seinen Antrag gegen die Versäu-mung der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des [X.] vom 22. April 2015 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
Die Kosten der Wiedereinsetzung trägt der Angeklagte.
Damit ist der Beschluss des [X.] vom 22.
Juli 2015, mit dem die Revision als unzulässig verworfen worden ist, gegenstandslos.
2.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 22.
April 2015 mit den zugehörigen [X.] aufgehoben,
a)
soweit der Angeklagte im Fall
III.2 der Urteilsgründe verur-teilt ist,
b)
in den Gesamtstrafenaussprüchen.
3.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch hinsichtlich der Kosten des Rechtsmittels, an eine andere [X.] des [X.]s zurückverwiesen.
4.
Die weiter gehende Revision wird verworfen.
-
3
-
Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltrei-bens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen und Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen unter Einbeziehung der Strafe aus dem Urteil des [X.] vom 27.
Mai 2014 in der Fassung des Berufungsurteils des [X.] vom 5.
September 2014 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge in fünf Fällen
sowie wegen Führens, Erwerbs und Besitzes
einer halbautomatischen Kurzwaffe in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb und Besitz von Munition zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Dem Angeklagten war
aus den Gründen der Antragsschrift des [X.] Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäu-mung der Frist zur Begründung der Revision zu gewähren. Seine hiernach zu-lässige Revision hat den aus der [X.] ersichtlichen Erfolg.
1.
Die Verurteilung wegen eines mittäterschaftlich begangenen unerlaub-ten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß §
29a Abs.
1 Nr.
2 BtMG im Fall
III.2 der Urteilsgründe hat keinen Bestand, weil sich aus den Feststellungen nicht ergibt, dass der Angeklagte als Mittäter ge-handelt hat.
a)
Nach den Feststellungen war der Angeklagte am 29.
Oktober 2012 an .

-
zubereitung beteiligt, das in B.

stattfand. Der Angeklagte war für die
Geldübergabe verantwortlich und sollte die Handlungen des Kuriers

G.

überwachen, der das Rauschgift zu dem Abnehmer brachte.

1
2
3
-
4
-
G.

gab das Rauschgift in B.

ab und fuhr wieder zurück. Der An-
geklagte nahm von dem Abnehmer das Geld (zwischen 6.500 und 8.000
Euro) .

-
barungsgemäß 600
Euro für seine Tätigkeit. Die Amphetaminzubereitung hatte einen Amphetaminbaseanteil von mindestens 5%. Nach Auffassung des Land-gerichts ist von einem mittäterschaftlichen Handeln des Angeklagten auszuge-hen, weil er neben der Beteiligung an der Durchführung des Geschäftes und

Anteil des [X.] erhalten und deshalb ein erhebliches eigenes Interesse an der Tatausfüh-rung gehabt habe (UA
28).
b)
Diese Feststellungen und Wertungen vermögen ein mittäterschaft-liches Handeln nicht zu begründen.
aa)
Für die Abgrenzung von [X.]chaft und Teilnahme gelten auch im Betäubungsmittelrecht die Grundsätze des allgemeinen Strafrechts. Wesent-liche Anhaltspunkte für die Beurteilung, ob ein Tatbeteiligter beim unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln Mittäter oder nur Gehilfe ist, sind insbe-sondere der Grad des eigenen Interesses am Erfolg, der Umfang der Tatbetei-ligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille dazu, so dass [X.] und Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Tatbeteiligten [X.] ([X.], Urteil vom 5.
Mai 2011

3
StR
445/10, [X.]R BtMG §
29 Abs.
1 Nr.
1 Handeltreiben
77; Urteil vom 14.
Dezember 2006

4
StR
421/06, [X.], 288). Beschränkt sich die Beteiligung des [X.] am Handeltreiben mit Betäubungsmitteln auf einen Teilakt des [X.], kommt es darauf an, welche Bedeutung der konkreten Beteiligungshandlung im Rahmen des [X.] zukommt ([X.], Beschluss vom 1.
Oktober 2015

3
StR 4
5
-
5
-
287/15, Rn.
4 zitiert nach juris; Beschluss vom 22.
August 2012

4
StR
272/12,
NStZ-RR 2012, 375
mwN).
bb)
Diesen Maßstäben wird die rechtliche Würdigung der [X.] nicht gerecht. Die Feststellungen ergeben nicht, dass Durchführung und Aus-gang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Angeklagten abhingen. Auf die Vereinbarung von Art und Menge des [X.], die Preisgestaltung und die Bestimmung der näheren Umstände der Geschäftsabwicklung (Zeit, Ort, Transportmodalitäten etc.) hatte er ersichtlich keinen Einfluss. Seine Tätigkeit war auf den Vollzug (Geldtransfer) und die Überwachung (Übergabe des Rauschgifts durch den Kurier) bereits festgelegter Teilakte beschränkt. Dass der Angeklagte dabei relevante Handlungsspielräume hatte, ist nicht erkennbar. Die Sache bedarf daher insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung.
2.
Die Gesamtstrafen können nicht bestehen bleiben, weil das Land-gericht bei der nachträglichen Gesamtstrafenbildung mit der Strafe aus dem Urteil des [X.] vom 27.
Mai 2014 in der Fassung des Beru-fungsurteils des [X.] vom 5.
September 2014 rechtsfehlerhaft auf den Zeitpunkt
des Urteils des [X.] und nicht auf den Zeit-punkt des Urteils des [X.] abgestellt hat.
a)
Nach §
55 Abs.
1 StGB
ist eine nachträgliche Gesamtstrafe zu bilden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe erledigt ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren [X.] begangen hat.
Dabei kommt es auf das letzte Urteil des früheren Verfah-rens an, in dem noch eine tatrichterliche Entscheidung
zur Schuld-
und Straf-frage
getroffen worden ist ([X.], Beschluss vom 3.
Juni 2015

4
StR
176/15; Beschluss vom 19.
Februar 2014

2
StR
558/13, NStZ-RR 2014,
242, 243; 6
7
8
-
6
-
Beschluss vom 1.
September 2009

3
StR
178/09, [X.], 41). Dies kann auch ein Berufungsurteil sein, sofern wenigstens noch über einen
Teil der Strafe

zu der auch die Entscheidung über eine Strafaussetzung gehört

zu befinden war ([X.], Beschluss vom 30.
Juni 1960

2
StR
147/60; [X.]St 5, 66, 69
f.; vgl. Beschluss vom 22.
Februar 2012

4
StR
22/12, [X.], 7; Beschluss vom 2.
April 1985

4
StR
116/85, S.
3
f.; [X.], Die Bildung der Gesamtstrafe, 1987, Rn.
200; [X.], StGB,
62.
Aufl.,
§
55 Rn.
6).
b)
Danach war für die Bestimmung der Zäsurwirkung von dem Beru-fungsurteil des [X.] vom 5.
September 2014 und nicht von dem Urteil des [X.] vom 27.
Mai 2014 auszugehen. Denn den hier-zu getroffenen Feststellungen ist zu entnehmen, dass die gegen den Angeklag-ten vom [X.] wegen Beleidigung verhängte Freiheitsstrafe von vier Monaten durch das [X.] Essen im [X.] zur [X.] ausgesetzt worden ist. Danach ist auch im zweiten Rechtszug
noch eine Sachentscheidung getroffen worden. Dies hat zur Folge, dass auch die in den Fällen
III.6 (Tatzeit:
30.
Juni 2014), III.10 (Tatzeit: 22.
August 2014) und [X.] (Tatzeit: 30.
August 2014) verhängten Strafen in die mit der Strafe aus dem Urteil des [X.] vom 27.
Mai 2014 in der Fassung des Beru-fungsurteils des [X.] vom 5.
September 2014 nach §
55 Abs.
1 StGB zu bildende
Gesamtstrafe
einzubeziehen sind und für die zweite Gesamt-strafe nicht mehr zur Verfügung stehen. Die zu Recht als Erwerb, Besitz und Führen einer halbautomatischen Kurzwaffe sowie unerlaubter Erwerb und Be-sitz von Munition (jeweils zueinander in Tateinheit stehend) abgeurteilte Tat (vgl. [X.], Waffenrecht, 10.
Aufl.,
§
52 WaffG Rn.
75 mwN) war erst nach dem 17.
September 2014 beendet und ist damit nicht vor dem zäsurbildenden Urteil
des [X.] vom 5.
September 2014 begangen worden (vgl. 9
-
7
-
[X.], Beschluss vom 11.
November 2008

5
StR
486/08, [X.], 74; [X.], StGB,
62.
Aufl.,
§
55 Rn.
7 mwN).
3.
Die weitere Nachprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§
349 Abs.
2 StPO). Die Ausführungen zu der in den zur Aburteilung gelangten Fällen geleisteten Aufklärungshilfe (§
31 Satz
1 Nr.
1, Satz
2 BtMG) sind unter den hier gegebenen Umständen noch ausreichend.
Sost-Scheible
Roggenbuck
Cierniak

Mutzbauer
Quentin
10

Meta

4 StR 407/15

03.11.2015

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.11.2015, Az. 4 StR 407/15 (REWIS RS 2015, 2953)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 2953

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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