Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.09.2016, Az. XII ZB 251/16

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 4820

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:280916BXIIZB251.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS

XII ZB 251/16
vom
28.
September
2016
in der Familiensache
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
FamFG §§ 7 Abs. 2 Nr. 1, 81 Abs. 1 und 2, 162 Abs. 1 und 2; [X.] §
2; [X.] § 64 Abs. 3 Satz 2
a)
Kostenpflichtig im Sinne des §
81 Abs.
1 FamFG können nur formell [X.] sein, ohne dass es insoweit einer materiellen Beteiligung bedarf. Dem Grundsatz nach kommen daher auch Behörden wie das Jugendamt bei "[X.]" formeller Beteiligung am Umgangsverfahren als Kostenschuldner in Betracht.
b)
[X.] Jugendamt ist in seiner Eigenschaft als Amtsvormund sog. [X.].
c)
Bei der Ermessensentscheidung nach §
81 Abs.
1 FamFG wird regelmäßig eine Auferlegung von Kosten auf das Jugendamt als Amtsvormund
auf-grund dessen besonderer rechtlicher Stellung nur unter den Voraussetzun-gen eines der in §
81 Abs.
2 FamFG aufgezählten Fälle oder bei Vorliegen eines hiermit vergleichbaren Falles angebracht sein.
d)
Bei der Ermessensentscheidung nach §
81 Abs.
1 FamFG
sind auch [X.] zu berücksichtigen. Sie stehen zwar der Auferle-gung von Gerichtskosten auf einen Beteiligten nicht entgegen, sondern hin-dern nur die Erhebung der Gerichtskosten im Umfang des [X.]. [X.]s ein Beteiligter im Ergebnis (bestimmte) Kosten nicht tragen -
2
-
muss, stellt aber einen Umstand dar, der die Ermessensentscheidung mit Blick auf §
81 Abs.
1 Satz
2 FamFG beeinflussen kann.
e)
[X.] Jugendamt ist als Amtsvormund im Umgangsverfahren gemäß §
64 Abs.
3 Satz
2 SGB
X von den Gerichtskosten befreit.
[X.], Beschluss vom 28. September 2016 -
XII ZB 251/16 -
[X.]

[X.]

-
3
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am
28.
September
2016
durch den
Vorsitzenden [X.] Dose
und
die [X.] Dr.
Günter, Dr.
Nedden-Boeger, Dr.
Botur
und Guhling
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des weiteren Beteiligten zu
2 wird der Beschluss des
12.
Senats für Familiensachen des [X.] vom 6.
Mai
2016
aufgehoben.
Die Sache
wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Ober-landesgericht zurückverwiesen.
Wert: bis 1.000

Gründe:
I.
Gegenstand des Rechtsbeschwerdeverfahrens ist die Kostenentschei-dung nach Erledigung eines Umgangsverfahrens.
[X.] Jugendamt (Beteiligter zu
2) war Amtsvormund des im Oktober 2013 nicht ehelich geborenen
Kindes, dessen Mutter im Juni 2015 volljährig gewor-den ist. Im November 2014 hat der Kindesvater (Beteiligter zu
1) beim Amtsge-richt ein Umgangsverfahren eingeleitet. [X.] Amtsgericht hat einen Anhörungs-termin bestimmt und "das persönliche Erscheinen

n-"
Im Termin hat es laut Protokoll "die Beteiligten", darunter auch die beiden erschienenen Vertreter des 1
2
-
4
-
[X.], angehört und dann ein familienpsychologisches Sachverständi-gengutachten in Auftrag gegeben. Nach einer Vorab-Stellungnahme der Sach-verständigen mit einem Vorschlag zur Ausgestaltung des Umgangs haben sämtliche Beteiligte mitgeteilt, sie wollten so wie von der Sachverständigen vor-geschlagen verfahren und es bedürfe keiner gerichtlichen Entscheidung mehr.
Daraufhin hat das Amtsgericht das Verfahren aufgrund übereinstimmen-der Beendigungserklärung der Beteiligten für beendet erklärt,
die Gerichtskos-ten dem Kindesvater und dem Jugendamt als Vormund je zur Hälfte auferlegt
und angeordnet, dass jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt. Die gegen die Auferlegung von Kosten gerichtete Beschwerde des Ju-gendamts
ist ohne Erfolg geblieben. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt das Jugendamt sein Beschwerdebegehren weiter.

II.
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.
1. [X.] Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, der Vormund sei hier formell Beteiligter, schon weil er vom Gericht zum Verfahren hinzugezogen worden sei. Er sei auch materiell beteiligt. Die Stellung des Vormunds sei der der Eltern nachgebildet und er habe Bestim-mungen und Regelungen für das Kind zu treffen, wie es in Bezug auf die Um-gangskontakte geschehen sei. Es entspreche nicht der Billigkeit, einen [X.] generell vom Kreis der [X.] auszunehmen. Anderenfalls drohe in Fällen wie dem vorliegenden, dass der [X.] sämtliche Kosten des Verfahrens zu tragen habe, da
kein anderer Beteiligter vorhanden sei, dem sie auferlegt werden könnten. Gründe, von der Erhebung der Kosten 3
4
5
-
5
-
abzusehen, seien weder vorgetragen noch ersichtlich, die Voraussetzungen von §
81 Abs.
2 FamFG nicht dargetan. Angesichts der mit Hilfe der Sachver-ständigen gefundenen einvernehmlichen Lösung
und des
beiderseitigen ge-genseitigen Nachgebens
entspreche die getroffene Entscheidung insgesamt der Billigkeit.
2. [X.] hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand, weil die [X.] rechtlich bedeutsame Gesichtspunkte unberücksichtigt lässt.
a) Im Ergebnis zutreffend hat das Beschwerdegericht allerdings aufgrund des Umstands, dass das Umgangsverfahren mangels Notwendigkeit der Ent-scheidung in der Hauptsache in sonstiger Weise im Sinne von
§
83 Abs.
2 Alt.
1 FamFG erledigt ist, der Kostenentscheidung den entsprechend anwendbaren §
81 FamFG zugrunde gelegt.
Diese Vorschrift räumt dem Gericht, falls es eine Kostenentscheidung trifft, einen weiten Gestaltungsspielraum dahingehend ein, welchem Beteiligten welche Kosten des Verfahrens auferlegt werden. [X.] Gericht kann [X.] die Kosten ganz oder teilweise zwischen den Beteiligten aufteilen, die Kosten gegeneinander aufheben oder die Kostenregelung getrennt in
Bezug auf die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten vor-nehmen. Die Vorschrift erlaubt es auch, nur bestimmte Kosten einem der [X.]n aufzuerlegen oder von der Erhebung der Kosten ganz oder teilweise ab-zusehen (§
81 Abs.
1 Satz
2 FamFG). Dieses weite Ermessen des Gerichts bei der Entscheidung über die Verfahrenskosten erfährt nur eine Beschränkung durch §
81 Abs.
2 FamFG, wonach in den dort genannten Fällen die Kosten des Verfahrens einem Beteiligten ganz oder teilweise auferlegt werden sollen (Se-6
7
8
-
6
-
natsbeschluss vom 19.
Februar 2014

XII
ZB
15/13

FamRZ 2014, 744 Rn.
11 mwN).
Ist die Kostenentscheidung solchermaßen in das Ermessen des [X.] gestellt, kann die Entscheidung im Rechtsbeschwerdeverfahren nur einge-schränkt darauf überprüft werden, ob das Gericht die gesetzlichen Grenzen überschritten oder sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat (Senatsbeschluss vom 19.
Februar 2014

XII
ZB
15/13

FamRZ 2014, 744 Rn.
14).
b) Letzteres ist hier allerdings der Fall. [X.] Beschwerdegericht hat bei seiner Entscheidung, die Gerichtskosten hälftig dem Jugendamt
aufzuerlegen, zum einen die besondere Stellung des als Amtsvormund im Umgangsverfahren beteiligten [X.] und zum anderen einen gesetzlichen [X.]statbestand
außer Acht gelassen.
aa) Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde freilich geltend, das Ju-gendamt sei vorliegend nicht Beteiligter des Erkenntnisverfahrens geworden.
(1) Nach §
81 Abs.
1 Satz
1 FamFG kann das Gericht die Kosten des Verfahrens den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Kostenpflichtig im Sinne dieser Bestimmung können nur formell Beteiligte
sein, ohne dass es in-soweit einer materiellen Beteiligung bedarf
(vgl. BeckOK
FamFG/[X.] [Stand: 15.
April 2016] §
81 Rn.
4; [X.]/[X.] FamFG 18.
Aufl. §
81 Rn.
30; [X.]/Weinreich/Keske FamFG 5.
Aufl. §
81 Rn.
15; vgl. auch [X.]Z 31, 92
= NJW 1960, 148, 149
ff.
und BayObLG
NJWE-FER 2000, 320, 321, jeweils zu §
13
a FGG).
Dem Grundsatz nach kommen
daher auch Behörden wie das Jugendamt bei "lediglich"
formeller
Beteiligung am Umgangsverfahren
als Kostenschuldner in Betracht ([X.], 1896, 1897; [X.]/[X.] FamFG 18.
Aufl. §
81 Rn.
39; MünchKommFamFG/[X.] 2.
Aufl. §
81 Rn.
86; [X.]/Weinreich/Keske FamFG 5.
Aufl. §
81 9
10
11
12
-
7
-
Rn.
15; vgl. auch [X.]Z 31, 92 = NJW 1960, 148, 149
ff. zu §
13
a FGG).
So-fern das Jugendamt allerdings lediglich als gesetzlicher Vertreter des Kindes tätig wird, scheidet die Auferlegung von Kosten nach §
81 Abs.
1 und 2 FamFG aus, weil nicht der Vertreter, sondern das minderjährige Kind als Vertretener
Beteiligter und
dieses
durch §
81 Abs.
3 FamFG von der Kostentragungspflicht ausgenommen ist (vgl. [X.]/[X.] FamFG 18.
Aufl. §
81 Rn.
34; MünchKommFamFG/[X.] 2.
Aufl. §
81 Rn.
11; [X.] in [X.]/[X.]/[X.] Kostenrecht [Stand: 15.
Mai 2016] §
2 [X.] Rn.
8; vgl. auch [X.] NJW-RR 2011, 1293).
(2) [X.] Amtsgericht hat das Jugendamt, wie das Beschwerdegericht im Ergebnis zu Recht annimmt,
formell in zulässiger Weise beteiligt, weil das Ju-gendamt in seiner Eigenschaft als gesetzlicher Amtsvormund (§
1791
c Abs.
1 Satz
1 Halbsatz
1 BGB) gemäß §
7 Abs.
2 Nr.
1 FamFG
sog. [X.] ist.
(a) Die Hinzuziehung eines Beteiligten kann auch konkludent erfolgen, etwa durch das Übersenden von Schriftstücken oder die Ladung zu Terminen (Senatsbeschluss vom 9.
April 2014

XII
ZB
595/13

FamRZ 2014, 1099 Rn.
11). Vorliegend hat das Amtsgericht ausdrücklich das Erscheinen des [X.] als Beteiligter angeordnet
und das Jugendamt im Termin auch in dieser Rolle

und damit nicht "nur"
nach §
162 Abs.
1 Satz
1 FamFG

ange-hört. Ebenso wenig hat es sich
auf die Ladung und die Anhörung des Jugend-amts als gesetzlicher
Vertreter
des Kindes beschränkt. [X.]s das Beschwerde-gericht darin die Hinzuziehung als Beteiligter im Sinne von §
7 FamFG erblickt hat, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
(b) Die Voraussetzungen für die Hinzuziehung des [X.] als Be-teiligter nach §
7 Abs.
2 Nr.
1 FamFG waren hier erfüllt,
so dass keiner Erörte-13
14
15
-
8
-
rung bedarf, welche Auswirkungen eine gesetzeswidrige Hinzuziehung auf die Beteiligtenstellung und insbesondere auf eine Kostentragungspflicht des so Hinzugezogenen hätte.
(aa) Allerdings ist die Beteiligtenstellung von Behörden wie dem Jugend-amt in Verfahren nach dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit dem Grundsatz nach abschließend in dessen Büchern zwei bis acht geregelt (BT-Drucks. 16/6308 S.
179). Für [X.] wie das Umgangsverfahren sieht §
162 Abs.
1 FamFG die zwingende Anhörung des [X.] vor. In §
162 Abs.
2 FamFG ist bestimmt, dass das Jugendamt

von Verfahren nach den §§
1666 und 1666
a BGB abgesehen, in denen es in jedem Fall zu beteiligen
ist

(nur) auf seinen Antrag zu beteiligen ist. Der Sache nach zutreffend macht die Rechtsbe-schwerde geltend, dass ein solcher Antrag hier nicht gestellt war.
(bb) Gleichwohl war das Jugendamt vorliegend auch ohne entsprechen-den Antrag von Amts wegen
zu beteiligen.
Gemäß §
7 Abs.
2 Nr.
1 FamFG sind als Beteiligte diejenigen hinzuzu-ziehen, deren Recht durch das Verfahren unmittelbar betroffen wird. Die Vor-schrift knüpft an den materiellen Beteiligtenbegriff an und entspricht damit in-haltlich den Voraussetzungen für die Beschwerdeberechtigung in §
59 Abs.
1 FamFG (Senatsbeschluss vom 15.
April 2015

XII
ZB
534/14

FamRZ 2015, 1019 Rn.
9). Eine Rechtsbeeinträchtigung im genannten
Sinne liegt vor, wenn der Entscheidungssatz des angefochtenen Beschlusses unmittelbar in ein dem Beschwerdeführer zustehendes Recht eingreift, es also aufhebt, beschränkt, mindert, ungünstig beeinflusst oder gefährdet, die Ausübung dieses Rechts stört oder die mögliche Verbesserung der Rechtsstellung vorenthält oder er-schwert.
Eine Beeinträchtigung lediglich wirtschaftlicher, rechtlicher oder sons-16
17
18
-
9
-
tiger berechtigter Interessen genügt dagegen nicht (Senatsbeschluss vom 15.
April 2015

XII
ZB
534/14

FamRZ 2015, 1019 Rn.
10
mwN).
Eine derartige Rechtsbetroffenheit des [X.] liegt hier vor. Als Amtsvormund ist das Jugendamt uneingeschränkter Inhaber der elterlichen Sorge (vgl. Senatsbeschluss vom 19.
Februar 2014

XII
ZB
165/13

FamRZ 2014, 732 Rn.
25). Ebenso wie ein sorgeberechtigter Elternteil stets unmittelbar betroffen ist, wenn ein Umgangsproblem auftritt ([X.], 1889; Prütting/[X.]/Prütting FamFG 3.
Aufl. §
7 Rn.
25), greift eine gerichtli-che Umgangsregelung in das dem Vormund als eigenes Recht zustehende Sorgerecht ein
(vgl. BeckOK
FamFG/[X.] [Stand: 1.
August 2016] §
59 Rn.
11b; MünchKommFamFG/[X.] 2.
Aufl. §
59 Rn.
39). Für das Jugendamt als bestellter oder gesetzlicher Amtsvormund
gilt insoweit nichts anderes (vgl. BeckOK
FamFG/[X.] [Stand: 1.
August 2016] §
59 Rn.
27; [X.]/[X.] FamFG 18.
Aufl. §
59 Rn.
65; vgl. auch Senatsbeschluss vom 23.
Novem-ber 2011

XII
ZB
293/11

FamRZ 2012, 292 Rn.
12 zur Bestellung des Ju-gendamts zum Ergänzungspfleger).
(cc) Dieses Gesetzesverständnis steht nicht im Widerspruch dazu, dass §
162 FamFG

wie dargestellt

nach dem gesetzgeberischen Willen grundsätz-lich die Beteiligtenstellung des [X.] in [X.] abschließend regeln sollte. Denn soweit das Jugendamt als Amtsvormund Inhaber der [X.] ist,
geht es gerade nicht um seine Mitwirkung nach §
162 FamFG in einer das Familiengericht unterstützenden Funktion (§
50 Abs.
1 Satz
2 Nr.
1 SGB
VIII). Vielmehr sind
die Mitwirkung in Verfahren vor den Familiengerichten und die [X.]chaft nach §
2 Abs.
3 Nr.
6 und 11 SGB
VIII unterschied-liche Aufgaben der Jugendhilfe. [X.]s der Gesetzgeber die Anwendung des §
7 Abs.
2 Nr.
1 FamFG auch dann, wenn das Jugendamt [X.] ist, ausschließen wollte, ist nicht ersichtlich und folgt auch nicht aus der Erwägung, 19
20
-
10
-
es würde das Verfahren schwerfällig machen und einen unnötigen [X.] für Gerichte und Jugendämter bedeuten, für das Jugendamt in allen [X.] ausnahmslos die Stellung als Verfahrensbeteiligter vorzu-sehen ([X.]. 309/07 S.
537).
bb) Auch wenn dem als Amtsvormund beteiligten Jugendamt mithin dem Grundsatz nach gemäß §
81 Abs.
1 FamFG Kosten auferlegt werden können, ist bei der Ermessensentscheidung seine besondere rechtliche Stellung in den Blick zu nehmen. Es hat zwar, worauf das Beschwerdegericht mit Recht hin-weist, nach §
1793 Abs.
1 Satz
1 BGB das Recht und die Pflicht, für die Person und das Vermögen des Kindes (Mündels) zu sorgen, und tritt insoweit an die Stelle des sorgeberechtigten Elternteils, der zur Umgangsgewährung angehal-ten werden soll. Auch wird vertreten, dass es in Umgangsstreitigkeiten grund-sätzlich der Billigkeit iSd §
81 Abs.
1 Satz
1 FamFG entspreche, die Gerichts-kosten zwischen den Eltern
aufzuteilen und von der Auferlegung außergerichtli-cher Kosten abzusehen (vgl. etwa [X.], 687; [X.] FamRZ 2014, 686, 687; [X.]/[X.] in [X.]/[X.] FamFG 5.
Aufl. §
81 Rn.
6; [X.] in [X.]/Schreiber [X.] 3.
Aufl. §
81 FamFG Rn.
41 mwN; aA etwa [X.] [X.] 2013, 201
f.). Ob von einem solchen
Grundsatz auszugehen ist, kann hier aber dahinstehen.
Denn das Jugendamt wird anders als ein Elternteil nicht in Ausübung des ihm originär zustehenden, sondern des aufgrund der [X.]chaft über-gegangenen Sorgerechts und allein
im öffentlichen Interesse als ausschließlich dem Kindeswohl verpflichteter Sachwalter tätig.
Die Konfliktlage zwischen dem Umgang Begehrenden und dem Jugendamt als Vormund ist daher der typi-scherweise bei einem Umgangsstreit etwa zwischen Elternteilen bestehenden nicht vergleichbar. Deshalb wird regelmäßig eine Auferlegung von Kosten auf das Jugendamt als Amtsvormund nur unter den Voraussetzungen eines der in 21
22
-
11
-
§
81 Abs.
2 FamFG aufgezählten Fälle oder bei Vorliegen eines hiermit ver-gleichbaren Falles
angebracht
sein (im Ergebnis ebenso [X.], 1896, 1898; [X.]/[X.]/[X.]/[X.] FamFG 2.
Aufl. §
81 Rn.
6.4; [X.] in [X.]/Schreiber [X.] 3.
Aufl. §
81 FamFG Rn.
69; [X.]/[X.]/[X.] FamFG 11.
Aufl. §
81 Rn.
7; [X.]/[X.]/[X.] FamFG 3.
Aufl. §
81 Rn.
27; [X.]/[X.] in [X.]/[X.] FamFG 5.
Aufl. §
81 Rn.
6; DIJuF-Rechtsgutachten [X.] 2013, 201, 202).
Etwas anderes gilt auch nicht mit Blick auf die Erwägung des Beschwer-degerichts, in Fällen wie dem vorliegenden drohe bei Herausnahme des [X.]s aus dem Kreis der [X.] stets, dass der Umgangsberechtig-te sämtliche Verfahrenskosten zu tragen habe. Dies verkennt bereits, dass §
81 Abs.
1 Satz
2
FamFG auch die Möglichkeit eröffnet, von der
Erhebung von Kos-ten ganz oder teilweise abzusehen.
[X.]s die Auferlegung von Gerichtskosten auf das Jugendamt nach [X.] gerechtfertigt ist, hat das Beschwerdegericht aber nicht festge-stellt.
cc) Darüber hinaus hat das Beschwerdegericht bei seiner Entscheidung, dem Jugendamt als beteiligtem Amtsvormund die Hälfte der Gerichtskosten

zu denen nach §
80 Satz
1 FamFG neben den Gerichtsgebühren auch die Ausla-gen gehören

aufzuerlegen,
mit §
64 Abs.
3 Satz
2 SGB
X
einen zugunsten des [X.] bestehenden
Kostenbefreiungstatbestand
übersehen.
(1) Zwar steht es der Auferlegung von Gerichtskosten auf einen Be-teiligten
nicht entgegen, wenn das Gesetz Kostenfreiheit anordnet. Vielmehr hindert
eine solche Kostenbefreiung nur die Erhebung der Gerichtskosten im Umfang des [X.]s ([X.] [X.], 331, 334; Meysen/[X.] FamFG 2.
Aufl. §
81 Rn.
17; Prütting/[X.]/[X.] FamFG 23
24
25
26
-
12
-
3.
Aufl. §
2 [X.] Rn.
7; [X.]/Weinreich/Keske FamFG 5.
Aufl. §
81 Rn.
15; aA [X.]/[X.] FamFG 18.
Aufl. §
81 Rn.
7). Dies folgt aus §
2 Abs.
3 Satz
1 [X.], der die Kostenauferlegung trotz [X.] als möglich ansieht und
die Folgerung
zieht, dass ein anderer Beteiligter für die von der Kostenbefreiung erfassten Kosten nicht in Anspruch genommen werden darf (vgl. etwa [X.] [X.], 331, 334; Meysen/[X.] FamFG 2.
Aufl. §
81 Rn.
17; Prütting/[X.]/[X.] FamFG 3.
Aufl. §
2 [X.] Rn.
7; [X.] in [X.]/[X.]/Fölsch [X.] 2.
Aufl. §
2 Rn.
44
ff.; vgl. auch [X.] Beschluss vom 18.
Dezember 2002

VIII
ZB
97/02

NJW 2003, 1322, 1324; [X.]/Weinreich/Keske FamFG 5.
Aufl. §
2 [X.] Rn.
3).
[X.]s ein Beteiligter im Ergebnis (bestimmte) Kosten nicht tragen muss, stellt aber einen Umstand dar, der die Ermessensentscheidung nach §
81 FamFG

namentlich im Hinblick auf das Absehen von der Erhebung der Kosten nach §
81 Abs.
1 Satz
2 FamFG

beeinflussen kann und deshalb vom Gericht in seine Überlegungen einzubeziehen ist.
(2) Allerdings ist das Jugendamt hier nicht
bereits nach §
2 Abs. 1
[X.] von der Zahlung der Kosten befreit
(so aber allgemein Lack [X.] 2010, 189, 193). Diese Vorschrift gewährt dem [X.] und den Ländern sowie den nach Haushaltsplänen des [X.]es oder eines Landes verwalteten öffentli-chen Anstalten
und Kassen die Kostenfreiheit. Hierunter
fallen nicht die [X.] und die kreisfreien Städte (vgl. [X.] in [X.]/[X.]/Fölsch [X.] 2.
Aufl. §
2 Rn.
10), die in [X.] gemäß §
1
a Abs.
1 [X.] die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe iSd §
69 Abs.
1 SGB VIII
sind.
(3) [X.] [X.] hat
jedoch §
64 Abs.
3 Satz
2 SGB
X unbe-rücksichtigt
gelassen. Nach dieser Norm, die von der Regelung des §
2
27
28
29
-
13
-
[X.] unberührt bleibt (§
2 Abs.
2 [X.]), sind die Träger der [X.] im Verfahren nach dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) von den [X.] befreit.
Die Vorschrift differenziert ihrem Wortlaut nach nicht nach Verfahrensge-genständen, sondern knüpft die Kostenbefreiung allein an die Verfahrensart, von der Umgangsverfahren
erfasst sind. Sinn und Zweck der Vorschrift setzen allerdings voraus, dass das konkrete Verfahren vom Träger der Jugendhilfe gerade in dieser Eigenschaft geführt wird.
[X.] Verfahren muss also einen en-gen sachlichen Zusammenhang zur gesetzlichen Tätigkeit als Jugendhilfeträger haben (vgl. [X.] Beschluss
vom 10.
November 2005

IX
ZR
189/02

FamRZ
2006, 411, 412; KG FamRZ 2009, 1854, jeweils
zum Sozialhilfeträger). Für eine darüber hinaus gehende Einschränkung des [X.] besteht hinge-gen keine Veranlassung, wie der [X.]esgerichtshof für die bis einschließlich 31.
August 2009 geltende Gesetzesfassung bereits entschieden hat (vgl. [X.] Beschluss vom 10.
November 2005

IX
ZR
189/02

FamRZ
2006, 411, 412; vgl. auch [X.] in [X.]/[X.]/Fölsch [X.] 2.
Aufl. §
2 Rn.
17).
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entstehungsgeschichte
des Gesetzes
zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Ange-legenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 17.
Dezember 2008 (FGG-Reformgesetz -
FGG-RG; [X.]
I S.
2586), mit dem in §
64 Abs.
3 Satz
2 SGB
X der Passus "dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit"
eingefügt wurde. Zwar wollte der Gesetzgeber ausweislich der Begründung der [X.]esregierung zum Gesetzesentwurf damit "klarstellen, dass auch künftig die Träger der Sozial-
und Jugendhilfe in selbständigen Familienstreitsachen, die dem Zweck der Gel-tendmachung von Unterhaltsansprüchen aus übergegangenem Recht dienen 30
31
-
14
-

"
(BT-Drucks. 16/6308 S.
358). Dies erlaubt jedoch nicht den Schluss, dass die Kostenbefreiung sich allein auf sol-che Verfahren beziehen soll (zweifelnd etwa [X.], 1896, 1897).
Mit Blick auf die höchstrichterliche Rechtsprechung sah der Gesetzgeber offensichtlich lediglich insoweit einen Anlass zur Äußerung. Die gesetzliche Be-stimmung enthält aber keinerlei Einschränkung, sondern ist allein der [X.] neuen Lage angepasst worden
(vgl. [X.] in [X.]/[X.]/Fölsch [X.] 2.
Aufl. §
2 Rn.
18).
Die Beteiligung am Verfahren als Amtsvormund steht auch im engen sachlichen Zusammenhang mit der gesetzlichen Tätigkeit des Jugendhilfeträ-gers, da die [X.]chaft gemäß §
2 Abs.
3 Nr.
11 SGB
VIII zu den [X.] gehört. [X.]s nach dem Wortlaut des §
64 Abs.
3 Satz
2 SGB
X nicht das Jugendamt selbst von den Gerichtskosten entlastet wird, son-dern dessen Träger,
spielt im Ergebnis keine Rolle. Denn die Kostentragungs-pflicht trifft letztlich stets
den Jugendhilfeträger und nicht das von ihm zur Auf-gabenwahrnehmung nach §
69 Abs.
3 SGB
VIII eingerichtete Jugendamt, so dass in Fällen der Verfahrensbeteiligung nicht des Trägers direkt, sondern des [X.] der [X.] auch zugunsten des
letzteren eingreift (vgl. Philipp
in Giese/[X.] Sozialgesetzbuch [Stand: Juni 2007] §
64 SGB
X Rn.
12). Mithin ist das als Amtsvormund am [X.] Jugendamt nach §§ 2 Abs.
2 [X.], 64 Abs.
3 Satz
2 SGB
X von den Gerichtskosten befreit (im Ergebnis ebenso OLG Bremen [X.] 2014, 39; [X.] FPR 2012, 398, 400; [X.] [X.], 331, 334).
(4) Ob daneben zugunsten des [X.] etwa auch der [X.] in §
122 Abs.
1 Nr.
2 des Gesetzes über die Justiz im Land [X.] ([X.]) eingreift, kann dahinstehen.
32
33
-
15
-
c) Der angefochtene Beschluss ist daher gemäß §
74 Abs.
5 FamFG aufzuheben und
die Sache ist nach §
74 Abs.
6 Satz
2 FamFG an das Be-schwerdegericht zur erneuten Vornahme der nach §
81 Abs.
1 FamFG zu [X.] Ermessensentscheidung zurückzuverweisen.

Dose

Günter

Nedden-Boeger

Botur

Guhling
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung
vom 21.05.2015 -
7 F 377/14 -

[X.], Entscheidung vom 06.05.2016 -
II-12 [X.] 156/15 -

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Meta

XII ZB 251/16

28.09.2016

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.09.2016, Az. XII ZB 251/16 (REWIS RS 2016, 4820)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 4820

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XII ZB 251/16

12 WF 156/15

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