Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.02.2014, Az. XII ZB 165/13

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 7756

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII [X.]/13

vom

19. Februar 2014

in der Familiensache
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
BGB §§ 1684, 1837 Abs. 3 Satz 2; FamFG § 89
a)
Gegen das Jugendamt, das in seiner Eigenschaft als Amtsvormund an einem ge-richtlich gebilligten [X.] beteiligt ist, kann im Fall der Zuwiderhand-lung ein Ordnungsgeld festgesetzt werden. Dass im Rahmen der
-
dem Rechtspfleger übertragenen
-
Aufsicht über die Amtsführung des Vormunds die Festsetzung eines Zwangsgelds gegen das Jugendamt gesetzlich ausge-schlossen ist, steht dem nicht entgegen.
b)
Das Jugendamt
kann als [X.] einer vollstreckbaren Umgangsvereinba-rung eine Vollstreckung nur abwenden durch den detaillierten Vortrag und Nach-weis seiner Bemühungen, das Kind und ggf. die Pflegeltern für die Durchführung der vereinbarten Umgangskontakte zu motivieren und dabei zu unterstützen.
c)
Die Klärung, worauf eine vom Kind erklärte Ablehnung von [X.] beruht und ob diese bei der Kindeswohlbetrachtung ausschlaggebend ist, darf grundsätzlich nicht in das Vollstreckungsverfahren verlagert werden, sondern ist dem Erkenntnisverfahren vorbehalten, das ggf. die Abänderung der getroffenen Umgangsregelung zum Gegenstand haben muss (im [X.] an Senatsbe-schluss vom 1.
Februar 2012 -
XII ZB 188/11
-
FamRZ 2012, 533).

BGH, Beschluss vom 19. Februar 2014 -
XII [X.]/13 -
OLG [X.]

[X.]
-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am 19.
Februar 2014 durch den
Vorsitzenden
Richter Dose und [X.]
Klinkhammer, Dr.
Günter, Dr.
Botur und [X.]
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des 1. Familiensenats des [X.] in [X.] vom 4. März 2013 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Ober-landesgericht zurückverwiesen.

Gründe:
I.
Der Antragsteller ist der Vater des 2004 geborenen Kindes. Der [X.] ([X.]; im Folgenden: Jugendamt) ist zum Vormund des [X.] bestellt worden. Das Kind lebt in einer Pflegefamilie.
Der Umgang zwischen Vater und Kind ist durch gerichtlich gebilligte [X.] vom 16.
April 2012 geregelt, die im vorausgegangenen [X.] zwischen dem Vater und dem Jugendamt abgeschlossen wurde. Das Amtsgericht hat das Jugendamt darauf hingewiesen, dass im Fall eines [X.] gegen die Umgangsregelung e-setzt werden könne.
1
2
-
3
-
Nachdem
das Kind zum Umgang mit den Eltern nicht bereit war und
die vereinbarten Umgangskontakte überwiegend bereits nach kurzer Zeit abgebro-chen wurden, hat der Antragsteller beantragt, gegen das Jugendamt
ein Ord-nungsgeld von 5.000

. Er hat geltend gemacht, dass die [X.] weder von Seiten des [X.] noch von der Pflegemutter in irgendeiner Art und Weise förderlich vorbereitet worden seien. Das Jugendamt ist dem entgegen getreten und hat vorgetragen, alle verfügbaren erzieherischen Mittel zur Motivation des Kindes für den Umgang mit seinen Eltern genutzt zu
haben.
Das Amtsgericht
hat den Ordnungsgeldantrag zurückgewiesen. Die da-gegen gerichtete Beschwerde des Antragstellers ist vom [X.] ebenfalls zurückgewiesen worden. Dagegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde des Antragstellers, der seinen Festsetzungsantrag weiter-verfolgt.

II.
Die nach §
87 Abs.
4 FamFG iVm §
574 Abs.
1 Nr. 2
ZPO
statthafte (vgl. Senatsbeschluss vom 1. Februar 2012 -
XII
ZB 188/11
-
FamRZ 2012, 533
Rn.
6
f.)
und auch sonst zulässige Rechtsbeschwerde
hat in der Sache Erfolg.
1. Nach Auffassung des [X.]s steht der Festsetzung des Ordnungsgelds die Regelung in §
1837 Abs.
3 Satz
2 BGB entgegen, nach der gegen das zum Vormund bestellte Jugendamt die Festsetzung eines [X.] nicht in Betracht komme. Nach Meinung des Gesetzgebers passe die Festsetzung von Zwangsmitteln
nur für Einzelpersonen und nicht für
das [X.] und die Eigenart einer behördlichen Vormundschaft. Eine entspre-3
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-
4
-
chende Regelung sei im [X.] (§
38 [X.]) enthalten gewe-sen. Nachdem diese ohne Begründung nicht in die nachfolgenden gesetzlichen Bestimmungen zur Kinder-
und Jugendhilfe (zunächst [X.], nunmehr
SGB VIII) übernommen worden sei, sei allein die Regelung in §
1837 Abs.
3 Satz
2 BGB erhalten geblieben und vom Gesetzgeber offensichtlich als ausreichend erachtet worden. Zwar stimme die Vorschrift ihrem Wortlaut nach nicht mehr mit der Regelung in § 89 FamFG überein, weil nunmehr kein Zwangsgeld, sondern Ordnungsgeld festzusetzen sei. Wenn aber schon die weniger einschneidende Festsetzung von Zwangsgeld ausgeschlossen sei, müsse dies auch für die [X.] reichende Verhängung von [X.] gelten. Diese dienten nicht ausschließlich der Einwirkung auf den Willen der pflichtigen Person, sondern hätten daneben Sanktionscharakter. Bei dieser Sachlage sei es angezeigt, §
1837 Abs.
3 Satz
2 BGB auch im Fall des § 89 FamFG anzuwenden. Der Ge-setzgeber habe den Fall der Amtsvormundschaft bei der Regelung des §
89 FamFG offensichtlich übersehen. Er hätte diesen Tatbestand, hätte er ihn ge-sehen, ebenso regeln wollen
wie bei der Festsetzung eines Zwangsgelds. In Anbetracht des durchgängig verfolgten gesetzlichen Zwecks, eine Vollstreckung gegen das Jugendamt auszuschließen, stehe einer entsprechenden Anwen-dung des §
1837 Abs.
3 Satz
2 BGB auch nicht der Ausnahmecharakter der Vorschrift entgegen.
Selbst wenn man aber von der Anwendbarkeit des §
89 FamFG gegen-über dem Amtsvormund ausgehe, scheitere das Ordnungsmittel daran, dass der Amtsvormund die unzureichende Realisierung der vereinbarten [X.] nicht im Sinne von §
89 Abs.
4 FamFG zu vertreten habe. Die [X.] des §
1684 Abs.
2 Satz
2 BGB treffe hier das Jugendamt als Amtsvormund weniger als die Pflegeeltern. Da das Jugendamt durch seine [X.] oder Angestellten zu dem Kind nicht in einem vergleichbaren Vertrau-ensverhältnis stehe, habe dieses als Amtsvormund die Verletzung der [X.]
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-
verhaltenspflicht in der Regel nicht zu vertreten. Im vorliegenden Fall habe das Jugendamt jedenfalls seine organisatorischen Verpflichtungen aus der Um-gangsvereinbarung eingehalten und die Anwesenheit des Kindes zu den [X.] Terminen sichergestellt. Ein etwaiges schuldhaftes Verhalten der -
an der Umgangsvereinbarung nicht beteiligten
-
Pflegeeltern könne dem [X.] nicht zugerechnet werden.
2. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Nach §
89 Abs. 1 Satz 1
FamFG kann das Gericht bei der Zuwiderhand-lung gegen einen Vollstreckungstitel zur Herausgabe von Personen und zur Regelung des Umgangs gegenüber dem Verpflichteten Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft anordnen.
a) Ein gerichtlich gebilligter Vergleich nach § 156 Abs. 2 FamFG ist [X.] gemäß § 86 Abs. 1 Nr. 2 FamFG und kann als solcher Grundla-ge für die Festsetzung eines Ordnungsgelds
nach § 89 FamFG sein (vgl. Se-natsbeschluss vom 1. Februar 2012 -
XII ZB 188/11
-
FamRZ 2012, 533
Rn.
11).
Das [X.] ist hier zutreffend davon ausgegangen, dass die Vereinbarung (nur) hinsichtlich der ersten drei vereinbarten Termine (5. Juni 2012, 4.
September 2012 und 4. Dezember 2012) einen für die Vollstreckung hinreichend bestimmten Inhalt hat, während es für zwei weitere Termine an [X.] zum Datum beziehungsweise zur Uhrzeit fehlt (vgl. Senatsbeschluss vom 1.
Februar 2012 -
XII ZB 188/11
-
FamRZ 2012, 533
Rn.
17 f.). Da die Vollstreckung durch Verhängung von Ordnungsgeld und Ordnungshaft im Ge-gensatz zu
den nach der früheren Rechtslage festzusetzenden Zwangsmitteln (§ 33 [X.])
nicht nur [X.] ist, sondern auch Sanktionscharakter hat, steht der beantragten Ordnungsgeldfestsetzung nicht
entgegen, dass die ver-8
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-
einbarten [X.] verstrichen sind
(vgl. Senatsbeschluss vom 17.
August 2011 -
XII ZB 621/10
-
FamRZ 2011, 1729
Rn.
14;
BT-Drucks. 16/6308 S. 218).

Das [X.] hat ferner
zutreffend angenommen, dass der vom Amtsgericht erteilte Hinweis im Sinne von §
89 Abs. 2 FamFG
ausreichend war, auch wenn darin nicht die weitere gesetzlich vorgesehene Folge einer [X.] aufgeführt ist. Diese kommt in Bezug auf das Jugendamt ohnedies nicht in Betracht
und musste
daher auch nicht Inhalt des allein an das Jugend-amt gerichteten Hinweises sein.
b) Entgegen der Auffassung des [X.]s kann auch gegen das Jugendamt als Amtsvormund ein Ordnungsgeld festgesetzt werden, wenn es in dieser Eigenschaft [X.] eines [X.] ist und somit eine Zuwiderhandlung begehen kann.
aa) Dass nach §
1837 Abs.
3 Satz
2 BGB gegen das Jugendamt als Amtsvormund im Gegensatz zum [X.] kein Zwangsgeld festgesetzt werden kann, steht dem nicht entgegen (ebenso OLG Frankfurt FamRZ
2013, 809; [X.] [X.] 2013, 208; Prütting/[X.]/[X.]
FamFG 3.
Aufl. § 89 Rn.
7c Fn.
2; [X.][X.] FamFG 18.
Aufl. §
89 Rn.
8; [X.]/[X.] BGB [2014] § 1837 Rn.
60; aA wohl [X.] [X.] 2013, 142).
Eine unmittelbare Anwendung der Vorschrift scheitert daran, dass diese sich nicht auf Ordnungsgeld, sondern auf Zwangsgeld bezieht (vgl. §
35 FamFG). Auch für eine entsprechende Anwendung der Vorschrift besteht keine Grundlage.
Die Regelung hat die Beratung und Aufsicht des Vormunds durch das Familiengericht
zum Gegenstand.
Sie betrifft somit die gemäß §§
3 Nr.
2
a, 14 12
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15
16
-
7
-
RPflG dem Rechtspfleger übertragene allgemeine Aufsicht über die Amtsfüh-rung
und die in diesem Rahmen zulässigen gerichtlichen Maßnahmen. Damit ist die Beteiligung des [X.] als Amtsvormund am familiengerichtlichen Ver-fahren nicht vergleichbar
([X.] [X.] 2013, 208).
Im Kind-schaftsverfahren ist es vielmehr unerlässlich, dass das Familiengericht dem Jugendamt als Amtsvormund etwa für dessen
Wahrnehmung des Aufenthalts-bestimmungsrechts konkrete Pflichten auferlegen kann. Insbesondere die [X.] durch das Familiengericht bedarf zur Wahrung des unter dem Schutz von
Art.
6 Abs.
2 Satz
1 GG, Art.
8 Abs.
1 EMRK
stehenden Rechts auf Umgang (vgl. [X.] FamRZ 2013, 433 mwN) einer
effizienten gerichtlichen Geltendmachung und Vollstreckung. Zur Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes (vgl. Senatsbeschluss vom 17.
August 2011 -
XII ZB 621/10
-
FamRZ 2011, 1729
Rn.
14;
BT-Drucks. 16/6308 S. 218) ist es demnach [X.], dass die familiengerichtliche Anordnung, wenn ihr zuwidergehandelt wird,
im Wege der Vollstreckung durchgesetzt werden kann. Anders als die all-gemeine Aufsicht durch das Gericht lässt sich die Vollstreckung gerichtlicher Titel schließlich nicht in wirksamer Form durch andere Maßnahmen (Dienstauf-sichtsbeschwerde, Entlassung des Vormunds oder Hinweis auf Schadenser-satzfolgen, vgl. [X.]/[X.] BGB [2014] § 1837 Rn. 60) ersetzen, durch die
dem Umgangsberechtigten nur ein umständlicher und letztlich unzureichender Rechtsschutz zur Verfügung gestellt werden würde.
Damit fehlt es für eine entsprechende
Anwendung des §
1837 Abs.
3 Satz
2 BGB bereits an der notwendigen Vergleichbarkeit
der zugrunde liegen-den Sachverhalte. Überdies ist durch die Umstellung der Vollstreckung von Beuge-
auf Ordnungsmittel im Zusammenhang mit der ersatzlosen
Streichung der früheren gesetzlichen Regelung zur Kinder-
und Jugendhilfe

38 Abs.
7
[X.]) auch keine Regelungslücke entstanden. Die
öffentlich-rechtliche Vor-schrift entsprach vielmehr ersichtlich der zivilrechtlichen Regelung in §
1837 17
-
8
-
Abs.
3 Satz
2 BGB und betraf somit ebenfalls nur die allgemeine Aufsicht über die Amtsführung durch den Vormund.
Die vom [X.] angeführte Entscheidung des [X.] ([X.], 238, 243) enthält hierzu keine ab-weichende Aussage. Vielmehr bezieht sich die Entscheidung ebenfalls auf die gerichtliche Aufsicht über die Amtsführung des Vormunds und nicht auf die in einem Vollstreckungstitel enthaltene und gegen den Amtsvormund gerichtete Verhaltenspflicht.

Zu deren Durchsetzung muss vielmehr im Interesse eines effizienten Rechtsschutzes eine Vollstreckung durch Festsetzung des in §
89 FamFG ge-setzlich vorgesehenen Ordnungsgelds eröffnet sein. Schließlich ist kein Hinde-rungsgrund, dass sich die
Vollstreckung
gegen eine Behörde richtet (vgl. etwa [X.] NVwZ-RR 2013, 737
zu §
890 ZPO).
bb) Das Jugendamt
war am Ausgangsverfahren zur Umgangsregelung in seiner Eigenschaft als Amtsvormund beteiligt
und ist in dieser Eigenschaft auch [X.] des [X.].
Ob gegen das Jugendamt auch dann ein Ordnungsgeld verhängt werden kann, wenn es lediglich im Rahmen seiner Beteiligung nach §§
7
Abs.
2 Nr.
2, 162 Abs. 2 Satz 2 FamFG sein Einverständnis mit der Umgangsregelung erklärt und deren Unterstützung (§
18 Abs.
3
SGB VIII) zugesichert hat (so [X.], 809), erscheint zwar fraglich (vgl. [X.] [X.]
2013, 142;
Prütting/[X.]/[X.] FamFG 3.
Aufl. §
89 Rn.
7d), bedarf im vorliegen-den Fall aber keiner Entscheidung, weil das Jugendamt bereits in seiner Eigen-schaft als Amtsvormund Beteiligter war.
c) Das [X.] hat seine Entscheidung mit einer Hilfsbegrün-dung darauf gestützt, dass das Jugendamt die unzureichende Realisierung der 18
19
20
21
-
9
-
Umgangskontakte nicht zu vertreten habe. Auch insoweit begegnet die Ent-scheidung durchgreifenden Bedenken.
aa) Nach §
89 Abs.
4 Satz
1 FamFG unterbleibt die Festsetzung eines Ordnungsmittels, wenn der Verpflichtete Gründe vorträgt, aus denen sich ergibt, dass er die Zuwiderhandlung nicht zu vertreten hat. Der Verpflichtete hat die Umstände, die den Grund für das Scheitern der Umgangskontakte darstellen, im Einzelnen darzulegen. Solche
Umstände liegen regelmäßig in der Sphäre der verpflichteten Person
und
sind daher im Nachhinein objektiven Feststellun-gen häufig nur eingeschränkt zugänglich. Gelingt es dem Verpflichteten nicht, detailliert zu erläutern, warum er an der Befolgung der gerichtlichen Anordnung gehindert war, kommen
ein Absehen von der Festsetzung des Ordnungsmittels oder die nachträgliche Aufhebung des Ordnungsmittels nicht in Betracht. Beruft sich etwa ein Elternteil nach Zuwiderhandlung gegen eine gerichtliche Um-gangsentscheidung auf den entgegenstehenden
Willen des Kindes, wird ein fehlendes Vertretenmüssen nur dann anzunehmen sein, wenn er im Einzelfall darlegt, wie er auf das Kind eingewirkt hat, um es zum Umgang zu bewegen (Senatsbeschluss vom 1.
Februar 2012 -
XII ZB 188/11
-
FamRZ 2012, 533 Rn.
26; BT-Drucks. 16/6308 S.
218).
bb) Die Besonderheit
der
vorliegenden Fallkonstellation, dass nicht ein Elternteil, sondern das Jugendamt Adressat der Verpflichtung ist, rechtfertigt es nicht, das Jugendamt von der dem Verpflichteten obliegenden Darlegung von [X.] freizustellen.
Das [X.] hat zwar der Sache nach zu Recht darauf [X.], dass ein Amtsvormund aufgrund des lediglich sporadischen Kontakts (§
1793 Abs. 1a BGB) zum Kind nicht über die Einflussmöglichkeiten der Pfle-geeltern als unmittelbare Bezugspersonen des Kindes verfügt, um dieses
zur 22
23
24
-
10
-
Wahrnehmung der Umgangskontakte mit den Eltern zu motivieren. Das ändert indessen nichts an der dem Jugendamt obliegenden Verantwortung, dafür Sor-ge zu tragen, dass die zuvor in einem Umgangsverfahren vereinbarten Kontak-te
zwischen Kind und Eltern auch wie vereinbart stattfinden.

Das Jugendamt ist aufgrund der ihm übertragenen Vormundschaft un-eingeschränkter Inhaber der elterlichen Sorge und verfügt daher über sämtliche rechtlichen Einflussmöglichkeiten hinsichtlich der Erziehung und Lebensgestal-tung des Kindes, wie sie ansonsten den Eltern zustehen. Zudem hat es nach §
37 Abs.
1 Satz
3 SGB VIII
während der Pflege
durch begleitende Beratung und Unterstützung der Familien darauf hinzuwirken, dass die Beziehung des Kindes oder Jugendlichen zur Herkunftsfamilie gefördert wird. Gemäß §
37 Abs.
3 Satz 1 SGB VIII
soll das Jugendamt den Erfordernissen des Einzelfalls entsprechend an Ort und Stelle überprüfen, ob die Pflegeperson eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen förderliche Erziehung gewährleistet.
Ferner benötigen die Pflegeeltern nach § 44 SGB VIII
eine Erlaubnis zur Vollzeitpflege, die nach § 44 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII zu versagen ist, wenn das Wohl des [X.] in der Pflegestelle nicht gewährleistet ist. Und schließlich steht es dem [X.] als Vormund offen, das Kind einer anderen Pflegestelle [X.]. Mag dies auch aus Gründen des Kindeswohls und der dem Kind zu gewähr-leistenden Kontinuität nur als äußerstes Mittel in Betracht kommen, so hat das Jugendamt jedenfalls alle ihm als Fachbehörde zur Verfügung stehenden, ggf. auch psychologischen, Beratungs-
und Unterstützungsmöglichkeiten auszu-schöpfen, um die von ihm übernommene oder die ihm auferlegte Pflicht zur Er-möglichung der
Umgangskontakte zu erfüllen.

Das Jugendamt kann sich demnach zur Entlastung von der ihm oblie-genden Verpflichtung nach §
89 Abs. 4 Satz 1 FamFG nicht mit dem Hinweis begnügen, dass es für eine Anwesenheit des Kindes am vereinbarten Ort der 25
26
-
11
-
Umgangskontakte gesorgt habe. Das gilt vor allem vor dem Hintergrund, dass die Prüfung der [X.] der Umgangskontakte im Erkenntnisver-fahren stattzufinden hat. Die Vollstreckung nach §§ 86 Abs. 1 Nr. 2, 89 Abs.
1 FamFG baut sodann auf dieser Prüfung im Erkenntnisverfahren auf. Eine [X.] Prüfung der Rechtmäßigkeit der zu vollstreckenden Entscheidung findet grundsätzlich nicht statt (Senatsbeschluss vom 1.
Februar 2012 -
XII ZB 188/11
-
FamRZ 2012, 533 Rn. 22 mwN). Auch wenn der [X.] wegen der jederzeitigen Abänderbarkeit nicht in materielle Rechtskraft erwächst, [X.] ein nach § 86 Abs. 2 FamFG mit seiner Wirksamkeit vollstreckbarer Um-gangstitel einer effektiven Durchsetzungsmöglichkeit (Senatsbeschluss vom 1.
Februar 2012 -
XII ZB 188/11
-
FamRZ 2012, 533 Rn.
22 mwN; BT-Drucks. 16/6308 S.
218 und 16/9733 S. 292).
Im Rahmen der Anordnung eines Ord-nungsmittels wegen Zuwiderhandlung gegen eine Regelung
des Umgangs ist somit von der Prüfung des Kindeswohls im Erkenntnisverfahren auszugehen,
weil das Vollstreckungsverfahren der effektiven Durchsetzung der gerichtlichen Entscheidung
dient, die im Erkenntnisverfahren unter umfassender Beachtung der Vorgaben des materiellen
Rechts -
und mithin auch des Kindeswohls
-
ge-troffen wurde (Senatsbeschluss vom 1. Februar 2012 -
XII ZB 188/11
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FamRZ 2012, 533 Rn. 22 mwN; BT-Drucks. 16/9733 S. 292).
Neu hinzutretende Um-stände können der Vollstreckung eines [X.]s deswegen nur
dann zur Wahrung des Kindeswohls entgegenstehen, wenn darauf auch ein zulässiger Antrag
auf Abänderung des Ausgangstitels und auf Einstellung der [X.] nach § 93 Abs.
1 Nr. 4 FamFG gestützt ist (Senatsbeschluss vom 1.
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XII ZB 188/11
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FamRZ 2012, 533 Rn.
23 mwN).
cc) Nach diesen Grundsätzen genügen die vom [X.] ange-führten Umstände nicht zu einer Entlastung des [X.] im Sinne von §
89 Abs. 4 Satz
1 FamFG.
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12
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Die mangelnde Beteiligung der Pflegeeltern am Ausgangsverfahren steht der Vollstreckung bereits deshalb nicht entgegen, weil das Jugendamt insoweit -
wie oben ausgeführt
-
über ausreichende Einflussmöglichkeiten verfügt und überdies zur Beratung und Unterstützung der Pflegeltern gesetzlich verpflichtet ist.
Abgesehen davon, dass das Jugendamt die Umgangsvereinbarung ein-gegangen ist, obwohl seinerzeit bereits eine ablehnende Haltung des Kindes und dessen psychosomatische Reaktionen geltend gemacht worden waren, reicht es nicht aus, dass das Jugendamt das Kind durch seine Mitarbeiter zur Wahrnehmung der Umgangskontakte anhielt oder überredete. Denn es
ist nicht festgestellt, welche -
zusätzlichen
-
Maßnahmen das Jugendamt ergriffen hat, um die konkreten Gründe für die Weigerungshaltung des [X.] und ggf. geeignete Unterstützungsmaßnahmen zu treffen. Die [X.] darf aber in Anbetracht ihrer schon im Erkenntnisver-fahren nicht aufgeklärten Ursache nicht ohne weiteres dazu führen, dass die
-
dessen ungeachtet abgeschlossene
-
Umgangsvereinbarung sich im Vollstre-ckungsverfahren letztlich als wirkungslos erweist. Vielmehr kann
nach der oben angeführten Rechtsprechung des Senats ggf. ein Abänderungsverfahren einge-leitet werden, in dem nach Ausschöpfung der hier zu Gebote stehenden Aufklä-rungsmöglichkeiten eine sich auf sachverständige, vor allem familienpsycholo-gische, Beratung stützende erneute Überprüfung der im Erkenntnisverfahren getroffenen Regelung stattzufinden hat.
3. Der angefochtene Beschluss ist demnach aufzuheben. Dem Senat ist eine abschließende Entscheidung in der Sache verwehrt, weil dem Jugendamt zunächst Gelegenheit zum ergänzenden Vortrag zu geben ist. Für das weitere Verfahren ist darauf hinzuweisen, dass die nur eingeschränkte Vollstreckbarkeit 28
29
30
-
13
-
der Umgangsvereinbarung -
wie oben ausgeführt
-
der Festsetzung eines [X.] nicht entgegensteht.
Dose Klinkhammer Günter

Botur [X.]
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 02.11.2012 -
FH 3/12 -

OLG [X.], Entscheidung vom 04.03.2013 -
1 [X.] -

Meta

XII ZB 165/13

19.02.2014

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.02.2014, Az. XII ZB 165/13 (REWIS RS 2014, 7756)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 7756

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