Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.10.2009, Az. XII ZR 146/08

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 1186

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/08 Verkündet am: 14. Oktober 2009 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja BGB § 1578 b; ZPO § 559 Abs. 1 a) Der Maßstab des angemessenen Lebensbedarfs, der nach § 1578 [X.] regelmäßig die Grenze für die Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts bildet, bemisst sich nach dem Einkommen, das der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne die Ehe und Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte. Aus dem Begriff der Angemessenheit folgt aber zugleich, dass es sich grundsätzlich um einen Bedarf handeln muss, der das [X.] wenigstens erreicht. b) Die Abwägung aller für die Billigkeitsentscheidung des § 1578 [X.] in Betracht kommen-den Gesichtspunkte ist Aufgabe des Tatrichters. Sie kann vom Revisionsgericht nur darauf-hin überprüft werden, ob dieser die im Rahmen der Billigkeitsprüfung maßgebenden Rechts-begriffe verkannt oder für die Einordnung unter diese Begriffe wesentliche Umstände [X.] gelassen hat. Der revisionsrechtlichen Überprüfung unterliegt insbesondere, ob der Tatrichter sich mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und [X.] auseinandergesetzt hat, seine Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt. c) Nach § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO unterliegt der Beurteilung des [X.] nur dasjeni-ge [X.]vorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Die [X.] wird also regelmäßig durch das Ende der Berufungsverhandlung abge-schlossen. Die Vorschrift ist allerdings einschränkend dahin auszulegen, dass in bestimm-tem Umfang auch Tatsachen, die sich erst während der Revisionsinstanz ereignen, in die [X.] einfließen können, soweit sie unstreitig sind oder ihr Vorliegen in der [X.] ohnehin von Amts wegen zu beachten ist und schützenswerte Belange einer [X.] nicht entgegenstehen. [X.], Urteil vom 14. Oktober 2009 - [X.]/08 - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat im schriftlichen Verfahren ge-mäß § 128 Abs. 2 ZPO i.V.m. Art. 111 [X.] aufgrund der bis zum [X.] eingegangenen Schriftsätze durch die Vorsitzende Richterin [X.] und [X.], [X.], [X.] und Schilling für Recht erkannt: Die Revision gegen das Urteil des 3. Senats für Familiensachen des Kammergerichts in [X.] vom 11. April 2008 wird auf Kosten des Antragsgegners zurückgewiesen. Von Rechts wegen
Tatbestand: Die [X.]en streiten im Scheidungsverbundverfahren noch über den nachehelichen Unterhalt. 1 Sie hatten am 1. Oktober 1993 geheiratet, am 12. Dezember 1993 wurde ihr gemeinsamer [X.] geboren. Nach der Trennung im April 2004 wurde die Ehe der [X.]en mit Urteil vom 27. März 2007 geschieden. 2 Die 1963 geborene Antragstellerin ist ausgebildete Gymnasiallehrerin, war aber seit 1991 als Texterin in der Werbebranche tätig. Nach ihrem Aufstieg zur Cheftexterin erzielte sie zuletzt im Jahre 2000 ein Nettoeinkommen, das sich ohne Abzug von [X.] auf 4.974,38 DM (= 2.543,36 •) belief. Diese Tätigkeit gab die Antragstellerin Mitte 2000 auf, weil 3 - 3 - die [X.]en wegen der Erwerbstätigkeit des Antragsgegners nach [X.] um-zogen. Dort erzielte sie lediglich Einkünfte aus untergeordneter Bürotätigkeit. Nach der Trennung war die Antragstellerin seit Oktober 2005 zunächst mit 80 % als Lehrerin in einem Internat erwerbstätig und erzielte daraus Monatseinkünfte in Höhe von 3.200 • brutto. Zum 23. August 2007 wechselte sei an ein privates Gymnasium, wo sie in Teilzeit (73 %) [X.] erzielt, die ur-sprünglich 1.489,85 • betrugen und sich seit Februar 2008 auf 1.591,92 • be-laufen. Im Falle einer Vollzeitbeschäftigung würde sie aus dieser Erwerbstätig-keit [X.] in Höhe von 1.848,19 • erzielen. Der 1957 geborene Antragsgegner arbeitete seit 1987 als freiberuflicher Konferenzdolmetscher für das [X.] in [X.] und [X.]. Während der Ehe studierte er daneben Rechtswissenschaften und schloss das Studium 1997 ab. Im Frühjahr 2000 erhielt er beim [X.] eine Stelle als Beamter im Sprachendienst. Deswegen zogen die [X.]en mit dem gemeinsamen Kind Mitte 2000 nach [X.] um. Zum 15. September 2007 wurde der Antragsgegner in eine leitende Position versetzt. Daraus erzielt er Einkünfte, die sich nach Abzug berufsbedingter Kosten und des [X.] jedenfalls auf 5.427,80 • netto belaufen. 4 Das Amtsgericht hat die Ehe der [X.]en geschieden und den Antrags-gegner verurteilt, an die Antragstellerin Kindesunterhalt für den gemeinsamen [X.] in Höhe von monatlich 563,20 • sowie nachehelichen Ehegattenunterhalt in Höhe von monatlich 1.545,70 • zu zahlen. Auf die gegen den Ausspruch zum nachehelichen Unterhalt gerichtete Berufung des Antragsgegners hat das Ober-landesgericht das Urteil für die [X.] ab Januar 2012 abgeändert und den nach-ehelichen Unterhalt auf 500 • herabgesetzt. Die weitere Berufung des Antrags-gegners mit dem Ziel einer Befristung des nachehelichen Unterhalts bis Ende Dezember 2009 hat es ebenso abgewiesen wie die auf einen höheren nach-5 - 4 - ehelichen Unterhalt gerichtete Anschlussberufung der Antragstellerin. Dagegen richtet sich die vom [X.] zugelassene Revision des [X.], mit der er sein Begehren weiter verfolgt. Entscheidungsgründe: Die Revision hat keinen Erfolg. [X.] Das [X.] hat die Anschlussberufung der Antragstellerin zu-rückgewiesen, weil ihr kein höherer Unterhalt zustehe, als vom Amtsgericht zu-gesprochen. Zwar sei ihr die Aufgabe der ursprünglich nach der Trennung [X.] Tätigkeit als Lehrerin in einem Internat nicht als Obliegenheitsverlet-zung vorzuwerfen, weil sie dort weitere überobligatorische Tätigkeiten ausgeübt habe. Im Hinblick auf das Alter des gemeinsamen [X.]es, der beim Wechsel an das private Gymnasium bereits fast 14 Jahre alt gewesen sei, sei die [X.] allerdings zur Aufnahme einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit ver-pflichtet gewesen. Dass sie sich um eine solche Vollzeitstelle bemüht habe, habe die Antragstellerin selbst nicht behauptet. Ihr sei deswegen ein fiktives Einkommen aus Vollzeittätigkeit in Höhe von 1.848,19 • netto zuzurechnen. 7 Auf die Berufung des Antragsgegners sei der nacheheliche Unterhalt für die [X.] ab Januar 2012 auf monatlich 500 • herabzusetzen. Eine Befristung des Unterhaltsanspruchs scheide demgegenüber aus. Für die von der Berufung des Antragsgegners erfasste [X.] ab Januar 2010 gehe es allein um Aufsto-ckungsunterhalt, zumal der Antragstellerin eine vollschichtige Erwerbstätigkeit 8 - 5 - zumutbar sei. § 1578 b Abs. 1 Satz 2 BGB konkretisiere im Rahmen der Be-grenzung und Befristung des nachehelichen Unterhalts den Maßstab der Unbil-ligkeit. Eine Begrenzung des nachehelichen Unterhalts hänge im Wesentlichen davon ab, ob und in welchem Ausmaß durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten seien, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Dabei genüge es, wenn der Nachteil ganz überwiegend oder im Wesentlichen auf die vereinbarte Aufgabenverteilung während der Ehe zurückzuführen sei. Die [X.] habe zu dem beruflichen Fortkommen des Antragsgegners wesent-lich beigetragen, indem sie während der Ehe die Betreuung des gemeinsamen Kindes übernommen und dem Antragsgegner sein Jurastudium neben der [X.] ermöglicht habe. Im Zusammenhang mit der Verlegung des Wohnsitzes nach [X.] habe sie außerdem ihre Festanstellung als Chef-texterin in einer Werbeagentur aufgegeben und damit ihr berufliches Fortkom-men zugunsten des Antragsgegners zurückgestellt. Infolge der Aufgabe dieser Tätigkeit habe die Antragstellerin bis heute fortwirkende ehebedingte Nachteile zu tragen, die auch durch eine Vollzeittätigkeit in ihrem Beruf als Lehrerin nicht aufgefangen würden. In ihrer Position als Cheftexterin würde sie heute ein Ein-kommen von mindestens 4.500 • brutto verdienen. Zwar habe die Antragstelle-rin nach der mehrjährigen Unterbrechung dieser Tätigkeit jetzt keine realistische Aussicht mehr auf eine Rückkehr auf einen gesicherten Arbeitsplatz in der Werbebranche. Das besage aber nichts zur Wahrscheinlichkeit der Fortbe-schäftigung, wenn die Antragstellerin ihre Tätigkeit als Cheftexterin ohne die Ehe und den Umzug nach [X.] nicht aufgegeben hätte. Sie sei seit 1991 mit nur sechsmonatiger Unterbrechung wegen der Geburt des Kindes dort tätig gewesen und habe im [X.]punkt des Umzugs bereits seit mehreren Jahren eine Festanstellung als Cheftexterin gehabt. Es sei deswegen davon auszugehen, dass sie diese Tätigkeit ohne den ehebedingten Umzug noch heute ausüben und daraus ein Monatseinkommen in Höhe von 4.500 • brutto erzielen würde. - 6 - Weil sie aus ihrer Tätigkeit als Lehrerin jedenfalls kein höheres Bruttoeinkom-men als 3.630 • monatlich erzielen könne, errechne sich eine ehebedingte Ein-kommenseinbuße in Höhe von monatlich rund 900 • brutto. 9 Unter Berücksichtigung des Alters der [X.]en, der Dauer der Ehe und des besonderen Einsatzes der Antragstellerin für ihre Vollzeittätigkeit, die Kin-derbetreuung und die Haushaltsführung in den ersten Jahren der Ehe sowie der ehebedingten Nachteile komme eine Befristung des nachehelichen Unterhalts nicht in Betracht. Allerdings entspreche auch ein unbegrenzter Anspruch auf nachehelichen Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen nicht der Bil-ligkeit. Unter Abwägung aller Umstände sei eine Übergangszeit bis Ende 2012 angemessen, in der es der Antragstellerin zumutbar sei, sich persönlich und wirtschaftlich von den günstigeren ehelichen Lebensverhältnissen auf den [X.] einzurichten, den sie erreicht hätte, wenn sie die vor dem Umzug nach [X.] ausgeübte Beschäftigung fortgesetzt hätte. Weil es bei diesem Nachteil aller Voraussicht nach auf Dauer bleiben werde, sei der [X.] hier nicht zeitlich zu befristen, sondern nach der Übergangszeit auf den Betrag zu begrenzen, der netto als Einkommenseinbuße verbleibe. Diesen Be-trag schätzte das Berufungsgericht auf jedenfalls 500 •. Mit einem solchen [X.] und den Einkünften aus einer Vollzeittätigkeit aus dem ausgeübten Beruf stehe der Antragstellerin ein Betrag zur Verfügung, der ihren angemessenen Lebensbedarf i.S. von § 1578 [X.] erreiche. Eine unbefristete Unterhalts-pflicht in Höhe von monatlich 500 • belaste auch den Antragsgegner nicht unbil-lig, zumal dieser nach Abzug des Kindesunterhalts über ein bereinigtes Netto-monatseinkommen in Höhe von 5.427,80 • verfüge. Das [X.] hat die Revision zugelassen, weil es für die [X.] in § 1578 [X.] noch an höchstrichterlichen Maßstäben für die Billig-keitsprüfung bei Vorliegen [X.] Nachteile fehle. 10 - 7 - II. 11 Gegen die vom Berufungsgericht ausgesprochene Begrenzung des nachehelichen Unterhalts für die [X.] ab Januar 2012 auf monatlich 500 • unter Zurückweisung des weitergehenden Antrags des Antragsgegners ist aus revisi-onsrechtlicher Sicht nichts zu erinnern. 12 1. Nach § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB ist der Unterhaltsanspruch eines geschiedenen Ehegatten auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs (§ 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB) auch unter Wahrung der Be-lange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemein-schaftlichen Kindes unbillig wäre. Die Kriterien für die Billigkeitsabwägung er-geben sich aus den in § 1578 b Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB genannten [X.]. a) Danach ist bei der Billigkeitsabwägung für eine Herabsetzung oder ei-ne zeitliche Begrenzung des nachehelichen Unterhalts vorrangig zu berücksich-tigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit einge-treten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche ehebedingten [X.] begrenzen regelmäßig die Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts und stehen einer Befristung grundsätzlich entgegen. Sie können sich nach § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB vor allem aus der Dauer der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und [X.] während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben (BT-Drucks. 16/1830 S. 18 f.; Senatsurteil vom 27. Mai 2009 - [X.] ZR 111/08 - FamRZ 2009, 1207, 1210 [X.]. 35). 13 b) Der Maßstab des angemessenen Lebensbedarfs, der nach § 1578 [X.] regelmäßig die Grenze für die Herabsetzung des nachehelichen [X.] - 8 - halts bildet, bemisst sich dabei nach dem Einkommen, das der [X.] Ehegatte ohne die Ehe und Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte. Aus dem Begriff der Angemessenheit folgt aber zugleich, dass es sich grundsätzlich um einen Bedarf handeln muss, der das [X.] wenigstens erreicht ([X.]/[X.] Das Unterhaltsrecht in der familien-richterlichen Praxis 7. Aufl. § 4 Rdn. 583). Erzielt der Unterhaltsberechtigte eigene Einkünfte, die diesen angemes-senen Unterhaltsbedarf erreichen oder könnte er solche Einkünfte erzielen, kann dies im Rahmen der Billigkeitsabwägung nach einer Übergangszeit, in der er sich nach gescheiterter Ehe von den ehelichen Lebensverhältnissen auf den Lebensbedarf nach den eigenen Einkünften umstellen kann, zum vollständigen Wegfall des nachehelichen Unterhalts in Form einer Befristung führen (Eschen-bruch/[X.]/[X.] Der [X.]. 1. Rdn. 1021; zur Befristung des Aufstockungsunterhalts nach § 1573 Abs. 5 BGB a.F. vgl. Senatsurteil vom 12. April 2006 - [X.] ZR 240/03 - FamRZ 2006, 1006, 1007 f.). 15 Erzielt der Unterhaltsberechtigte nach einer ehebedingten Einschränkung seiner Erwerbstätigkeit hingegen lediglich Einkünfte, die den eigenen angemes-senen Unterhaltsbedarf nach § 1578 [X.] nicht erreichen, scheidet eine Be-fristung des Unterhaltsanspruchs regelmäßig aus. Auch dann kann der [X.] nach einer Übergangszeit aber bis auf den ehebedingten Nachteil herabge-setzt werden, der sich aus der Differenz des angemessenen [X.] mit dem erzielten oder erzielbaren eigenen Einkommen ergibt. 16 c) Die Begrenzung des nachehelichen Unterhalts nach § 1578 [X.] setzt dabei nicht zwingend voraus, dass der [X.]punkt, ab dem der Unterhalts-anspruch entfällt, bereits erreicht ist. Wenn die dafür ausschlaggebenden Um-stände im [X.]punkt der Entscheidung bereits eingetreten oder zuverlässig [X.] - 9 - aussehbar sind, ist eine Begrenzung nicht einer späteren Abänderung nach § 238 FamFG (= § 323 ZPO a.F.) vorzubehalten, sondern schon im [X.] auszusprechen (Senatsurteil vom 16. April 2008 - [X.] ZR 107/06 - [X.], 1325, 1328 m.w.N.). 18 d) Die Darlegungs- und Beweislast für Umstände, die zu einer Befristung oder Beschränkung des nachehelichen Unterhalts führen können, trägt grund-sätzlich der Unterhaltsverpflichtete, weil § 1578 [X.] als Ausnahmetatbestand konzipiert ist. Hat der Unterhaltspflichtige allerdings Tatsachen vorgetragen, die - wie z.B. die Aufnahme einer vollzeitigen Erwerbstätigkeit in dem vom [X.]sberechtigten erlernten oder vor der Ehe ausgeübten Beruf oder die Mög-lichkeit dazu - einen Wegfall [X.] Nachteile und damit eine Begren-zung des nachehelichen Unterhalts nahe legen, obliegt es dem [X.], Umstände darzulegen und zu beweisen, die gegen eine Unterhalts-begrenzung oder für eine längere "Schonfrist" sprechen (Senatsurteile vom 16. April 2008 - [X.] ZR 107/06 - [X.], 1325, 1328 und vom 14. Novem-ber 2005 - [X.] ZR 16/07 - [X.], 134, 136). Das ist allerdings nur dann der Fall, wenn die Einkünfte des Unterhaltsberechtigten aus seiner ausgeübten oder der ihm zumutbaren Erwerbstätigkeit wenigstens die Einkünfte aus einer ehebedingt aufgegebenen Erwerbstätigkeit erreichen. Nur dann trifft ihn die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass gleichwohl ehebedingte Nachteile [X.], etwa weil mit der Unterbrechung der Erwerbstätigkeit während der Ehe-zeit Einbußen im beruflichen Fortkommen verbunden waren. Bleibt das jetzt erzielte oder erzielbare Einkommen jedoch hinter dem Einkommen aus der [X.] ausgeübten Tätigkeit zurück, weil eine Wiederaufnahme der früheren [X.] nach längerer Unterbrechung nicht mehr möglich ist, bleibt es insoweit bei einem ehebedingten Nachteil, den der Unterhaltsschuldner wider-legen muss. - 10 - 2. Die Abwägung aller für die Billigkeitsentscheidung in Betracht kom-menden Gesichtspunkte ist Aufgabe des Tatrichters. Sie kann vom Revisions-gericht nur daraufhin überprüft werden, ob dieser die im Rahmen der Billigkeits-prüfung maßgebenden Rechtsbegriffe verkannt oder für die Einordnung unter diese Begriffe wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen hat (Senatsur-teile vom 14. November 2007 - [X.] ZR 16/07 - [X.], 134, 136; vom 26. September 2007 - [X.] ZR 11/05 - FamRZ 2007, 2049, 2051 und vom 28. Fe-bruar 2007 - [X.] ZR 37/05 - FamRZ 2007, 793, 800). Der revisionsrechtlichen Überprüfung unterliegt insbesondere, ob der Tatrichter sich mit dem Prozess-stoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinan-dergesetzt hat, seine Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (Senatsurteil vom 11. Februar 1987 - [X.] - FamRZ 1987, 470, 471). Das setzt voraus, dass in dem Urteil die wesentlichen Gründe aufgeführt werden, die für die rich-terliche Überzeugungsbildung im Rahmen der Billigkeitsabwägung leitend ge-wesen sind. Nicht erforderlich ist hingegen die ausdrückliche Auseinanderset-zung mit allen denkbaren und fern liegenden Gesichtspunkten, wenn sich nur ergibt, dass eine sachgerechte Beurteilung stattgefunden hat ([X.] Urteil vom 24. Juni 1993 - [X.] - NJW-RR 1993, 1379). 19 3. Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung des Senats ist das [X.] im Rahmen seiner Billigkeitsabwägung zu Recht von einem fort-dauernden ehebedingten Nachteil der Antragstellerin ausgegangen. 20 Zutreffend sind die Erwägungen des Berufungsgerichts, wonach die [X.] während der Ehe zuletzt als Cheftexterin in der Werbebranche be-schäftigt war und aus dieser Tätigkeit heute ein deutlich höheres Einkommen erzielen würde, als sie in ihrem Beruf als Gymnasiallehrerin erzielen kann. Die frühere Tätigkeit hat die Antragstellerin ehebedingt aufgegeben, weil sie nach 21 - 11 - dem Aufstieg des Antragsgegners mit ihm und dem gemeinsamen Kind nach [X.] gezogen ist. Das Berufungsgericht durfte auch davon ausgehen, dass sich die eigene Lebensstellung der Antragstellerin - wenn sie die Tätigkeit nicht ehebedingt aufgegeben hätte - nach wie vor nach ihren Einkünften als Cheftex-terin richten würde. Die dagegen von der Revision vorgebrachten Bedenken erschöpfen sich in Mutmaßungen, die nicht den Schluss nahe legen, die [X.] würde heute ohnehin nicht mehr in diesem Beruf arbeiten. Auch die Feststellungen des Berufungsgerichts, die Antragstellerin würde in diesem Be-ruf unter Berücksichtigung der inzwischen eingetretenen [X.] gegenwärtig ein Bruttomonatseinkommen in Höhe von 4.500 • erzielen, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Sie beruht auf substantiiertem Vor-trag der Antragstellerin zur Entwicklung der Einkünfte in der Werbebranche, die von dem Antragsgegner bereits nicht hinreichend bestritten worden sind. Auch soweit das Berufungsgericht dem ohne Ehe erzielbaren Einkom-men als Cheftexterin lediglich ein aus einer Vollzeittätigkeit als Gymnasiallehre-rin erzielbares Einkommen gegenübergestellt hat, ist dies aus [X.] Sicht nicht zu beanstanden. Der Antragsgegner trägt als Unterhaltsschuld-ner die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen des § 1578 [X.]. Er hat deswegen grundsätzlich auch das Fehlen eines ehebedingten Nachteils darzulegen. Dazu gehört auch ein Vortrag, dass die Ehefrau [X.] erzielt oder erzielen könnte, die in der Höhe den Einkünften entsprechen, die sie wegen der ehebedingten Unterbrechung ihrer Erwerbstätigkeit nicht mehr erzielen konnte. Weil der Antragsgegner dem nicht im erforderlichen Umfang nachgekommen ist, hat das Berufungsgericht zu Recht eine fortdauernde ehe-bedingte Einkommenseinbuße in Höhe von monatlich 900 • brutto angenom-men. Zwar ist die Antragstellerin auch unter Berücksichtigung der Belange des im Dezember 1993 geborenen gemeinsamen [X.]es gehalten, eine Vollzeiter-werbstätigkeit auszuüben. Zutreffend ist das Berufungsgericht deswegen von 22 - 12 - einem Unterhaltsanspruch der Antragstellerin ausgegangen, der sich lediglich auf Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB richtet. Soweit es der [X.] keine fiktiven Einkünfte aus einer Erwerbstätigkeit als Cheftexterin zugerechnet hat, widerspricht dies nicht den Ausführungen zum ehebedingten Nachteil infolge der Aufgabe dieser Erwerbstätigkeit. Denn nach den zutreffen-den Ausführungen des Berufungsgerichts spricht der Umstand, dass die [X.] einen Beruf als Cheftexterin ohne ehebedingte Unterbrechung bis heute ausüben würde, nicht notwendig dafür, dass sie nach der ehebedingten mehrjährigen Unterbrechung dieser Tätigkeit auch heute noch eine solche Stel-le bekommen würde. Wenn das Berufungsgericht stattdessen an der von der Antragstellerin tatsächlich ausgeübten Tätigkeit in ihrem Beruf als Gymnasial-lehrerin anknüpft, liegt das in seinem tatrichterlichen Ermessen. 4. Auch die weiteren Angriffe der Revision gegen die [X.] des [X.]s überzeugen nicht. Das Berufungsgericht hat in-soweit alle Umstände des Einzelfalles berücksichtigt. Zu Recht ist es davon ausgegangen, dass eine zeitliche Befristung des Aufstockungsunterhalts ge-mäß § 1578 b Abs. 2 BGB regelmäßig dann nicht in Betracht kommt, wenn die [X.] zwischen den Ehegatten auf fortwirkenden ehebedingten Nachteilen zu Lasten des Unterhaltsberechtigten beruht (Senatsurteil vom 12. April 2006 - [X.] ZR 240/03 - FamRZ 2006, 1006, 1007 f. und seitdem in ständiger Rechtsprechung). Eine solche dauerhafte ehebedingte [X.] hat das [X.] mit monatlich 500 • ermittelt, was zur Höhe von der Revision nicht angegriffen wird. Im Rahmen der Billigkeitsentscheidung hat das [X.] außerdem die Dauer der Ehe der [X.]en von [X.] 1993 bis zur Trennung im April 2004 sowie die Ausgestaltung der Kinder-erziehung und Erwerbstätigkeit während der Ehe berücksichtigt. Obwohl auch die Antragstellerin zunächst vollschichtig erwerbstätig war, hat sie - neben der Tagesbetreuung des gemeinsamen Kindes durch Au-pair-Mädchen und [X.] - 13 - [X.] - den überwiegenden Teil der weiteren Betreuung selbst sicherge-stellt. Denn der Antragsgegner war durch seine Berufstätigkeit in [X.] und [X.] und durch das parallel absolvierte Jurastudium dazu nur sehr einge-schränkt in der Lage. Auch die Einkommensverhältnisse beider [X.]en hat das Berufungsgericht zutreffend berücksichtigt, indem es ausführt, dass eine dauerhafte Unterhaltspflicht in Höhe von 500 • den Antragsgegner bei dessen bereinigtem Nettoeinkommen von 5.427,80 • nicht übermäßig belastet. Die Entscheidung des [X.]s entspricht schließlich auch der gesetzlichen Intention des § 1578 [X.]. Denn es hat den Unterhaltsanspruch der Antragstellerin nach einer im Wege der Billigkeit ermittelten Übergangsfrist bis Ende 2011 auf 500 • monatlich und damit auf die Höhe des ehebedingten Nachteils reduziert. Ab diesem [X.]punkt belaufen sich die Einkünfte der [X.] aus ihrer Erwerbstätigkeit und dem Unterhaltsanspruch gegen den Antragsgegner auf den Betrag, den sie ohne die Ehe selbst erzielen würde. Wenn das Berufungsgericht eine Befristung dieses Unterhaltsanspruchs nach § 1578 b Abs. 2 BGB abgelehnt hat, um der Antragstellerin den Ausgleich ihrer ehebedingten Nachteile dauerhaft zu sichern, ist dies unter Berücksichtigung der beiderseitigen Einkommensverhältnisse aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. 24 5. Die Revision des Antragsgegners hat schließlich auch keinen Erfolg, soweit sie sich auf neue Umstände stützt, die nach Erlass des Berufungsurteils entstanden sind. 25 a) Zwar hat der Antragsgegner mit der Revision dargelegt, dass die [X.] ab September 2008 eine monatliche Kinder- und Haushaltszulage in Höhe von 478,94 • nebst einer Nachzahlung für die [X.] seit April 2007 er-hält. Diese neue Tatsache ist aber im Revisionsverfahren nicht mehr zu berück-26 - 14 - sichtigen. Denn nach § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO i.V.m. Art. 111 des [X.] und in den Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit ([X.] - [X.]) unterliegt der Beur-teilung des [X.] nur dasjenige [X.]vorbringen, das aus dem Be-rufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Die [X.] wird also regelmäßig durch das Ende der Berufungsverhandlung abgeschlos-sen ([X.] 104, 215, 220 = NJW 1988, 3092, 3094); neue Tatsachen dürfen im Revisionsverfahren grundsätzlich nicht berücksichtigt werden. b) Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] ist § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO allerdings einschränkend dahin auszulegen, dass in be-stimmtem Umfang auch Tatsachen, die sich erst während der Revisionsinstanz ereignen, in die Urteilsfindung einfließen können, soweit sie unstreitig sind oder ihr Vorliegen in der Revisionsinstanz ohnehin von Amts wegen zu beachten ist und schützenswerte Belange der Gegenseite nicht entgegenstehen. Der Ge-danke der Konzentration der Revisionsinstanz auf die rechtliche Bewertung ei-nes festgestellten Sachverhalts verliert nämlich an Gewicht, wenn die Berück-sichtigung von neuen tatsächlichen Umständen keine nennenswerte Mehrarbeit verursacht und die Belange des [X.] gewahrt bleiben. Dann kann es aus prozessökonomischen Gründen nicht zu verantworten sein, die vom Tatsachenausschluss betroffene [X.] auf einen weiteren, ggf. durch mehrere Instanzen zu führenden Prozess zu verweisen. In einem solchen Fall ist viel-mehr durch die Zulassung neuen Vorbringens im Revisionsverfahren eine ra-sche und endgültige [X.] herbeizuführen (Senatsurteil vom 21. November 2001 - [X.] ZR 162/99 - FamRZ 2002, 318, 319 m.w.N.). 27 c) Diese Voraussetzungen liegen hier aber nicht vor. Selbst wenn die Zahlung der Kinder- und Haushaltszulage an die Antragstellerin unstreitig sein sollte, stünde damit noch nicht fest, auf welcher Grundlage dieser Betrag an die 28 - 15 - Antragstellerin gezahlt wird, wie er unterhaltsrechtlich einzuordnen ist und ob auch die Kinderzulage als ihr Einkommen zu berücksichtigen ist (zu einem vom Arbeitgeber gezahlten Kinderzuschlag vgl. Senatsurteil vom 14. März 2007 - [X.] ZR 158/04 - FamRZ 2007, 882, 885; zum Kinderzuschlag nach § 6 a [X.] vgl. [X.]/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 1 Rdn. 462 b ff.). Schließlich wäre ein weiteres Einkommen der Antragstellerin auch im Rahmen der Billigkeitsprüfung des § 1578 b Abs. 1 und 2 BGB zu berücksichti-gen, zumal dann ihr [X.] Nachteil überwiegend kompensiert würde. Ob dieser Umstand, der zu einer weiteren Absenkung des ehebedingten Nachteils führen kann, im Hinblick auf die ungewisse Fortzahlung der Kinder- und [X.] nur zu einer weiteren Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs oder sogar zu einer Befristung des nachehelichen Unterhalts führen kann, muss [X.] einer umfassenden Prüfung im Abänderungsverfahren nach § 238 FamFG (§ 323 ZPO a.F.) vorbehalten bleiben. Schließlich lässt die Zulage den ehebedingten Nachteil der Antragstellerin nicht entfallen, sondern kompensiert 29 - 16 - diesen lediglich teilweise. Damit sind auch schützenswerte Belange der Antrag-stellerin betroffen, die im Rahmen der umfassenden Billigkeitsabwägung Be-rücksichtigung finden müssen. Hahne Dose [X.] [X.] Schilling
Vorinstanzen: AG [X.]-Schöneberg, Entscheidung vom 27.03.2007 - 20 F 119/05 - KG [X.], Entscheidung vom 11.04.2008 - 3 UF 67/07 -

Meta

XII ZR 146/08

14.10.2009

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.10.2009, Az. XII ZR 146/08 (REWIS RS 2009, 1186)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 1186

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