Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.04.2014, Az. XI ZR 130/13

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 6046

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
XI ZR 130/13
Verkündet am:

29.
April 2014

Herrwerth,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja
BGB § 280 Abs. 1 Satz 1
[X.] §§
37, 81 (in der bis zum 7. April 2011 geltenden Fassung)
[X.], die den Erwerb von Anteilen an einem offenen Immobilienfonds empfiehlt, muss den Anleger ungefragt über die Möglichkeit einer zeitweiligen Aussetzung der [X.] durch die Fondsgesellschaft aufklären.

[X.], Urteil vom 29. April 2014 -
XI ZR 130/13 -
OLG Frankfurt am Main

LG Frankfurt am Main

-
2
-
Der XI.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 29.
April 2014
durch [X.] Wiechers
und
die Richter Dr.
Joeres, Dr.
Ellenberger, Dr.
Matthias
und die Richterin Dr.
Menges
für Recht erkannt:
Die Revision der [X.] gegen das Urteil des 9.
Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 13.
Februar 2013 wird auf ihre Kosten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die aus-gesprochene Verurteilung über die im Berufungsurteil angeführten weiteren Zahlungen hinaus abzüglich der weiter erbrachten [X.] vom 19.
Juli 2013 in Höhe von 2.443,50

20.
Dezember 2013 in Höhe von 1.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der beklagten Bank Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit dem Erwerb von Anteilen an dem offenen Immobilienfonds [X.] (nachfolgend:
Fonds). Dem liegt, soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse, fol-gender Sachverhalt zugrunde:
Die Klägerin war seit 1999 Kundin der Rechtsvorgängerin der [X.] (nachfolgend: Beklagte). Im Rahmen eines Beratungsgesprächs am 31.
Juli 2008 empfahl eine Mitarbeiterin der [X.] (nachfolgend: Beraterin) der 1
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Klägerin, Anteile an dem Fonds zu erwerben. Die Beraterin wies die Klägerin nicht darauf hin, dass die Rücknahme der Fondsanteile ausgesetzt werden kann. Die Klägerin zeichnete 543 Anteile des Fonds für insgesamt 30.476,67

Am Ende des Gesprächs übergab die Beraterin der Klägerin eine Werbebro-schüre mit den Worten: "Damit Sie auch wissen, was Sie gekauft haben." In dieser Broschüre findet sich sowohl auf der Titelseite als auch auf Seite
7 fol-gender Hinweis:
"Offene Immobilienfonds können grundsätzlich börsentäglich zurückgegeben wer-den. Offene Immobilienfonds können zum Schutz der Anleger nach §
81 Invest-mentgesetz die Rücknahme von Anteilen bis zu einer in den Vertragsbedingungen festgelegten Frist aussetzen, wenn die Bankguthaben und der Erlös der nach §
80 Abs.
1 Investmentgesetz angelegten Mittel zur Zahlung des [X.] und zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen laufenden Bewirtschaftung nicht ausrei-chen oder nicht sogleich
zur Verfügung stehen. Der Fonds wendet sich an Anleger, die beabsichtigen, langfristig in eine indirekte Immobilienanlage in Form eines Offe-nen Immobilienfonds zu investieren."

Die Rücknahme der Anteile des Fonds wurde im Oktober 2008 ausge-setzt. Der Fonds wird inzwischen abgewickelt. Die Klägerin beansprucht von der [X.] das investierte Kapital in Höhe von ursprünglich 27.490,17

b-züglich in den Vorinstanzen erhaltener Ausschüttungen in Höhe von insgesamt 5.049,90

ner Aus-setzung der [X.] habe hingewiesen werden müssen. Das [X.] hat der Klage stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung der [X.] hatte keinen Erfolg.
Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die [X.] ihren Klageabweisungsantrag weiter. In der [X.] haben die Parteien wegen weiterer Ausschüttungen die Hauptsache in Höhe von [X.] 3.719,55

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4
-
Entscheidungsgründe:
Die Revision der [X.] hat keinen Erfolg.

I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner in [X.], 290
ff. veröffentlichten Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren noch von [X.], im Wesentlichen ausgeführt:
Im Rahmen einer Anlageberatung sei der [X.] grundsätz-lich auf die Möglichkeit einer Aussetzung der Rücknahme der Fondsanteile ge-mäß §
81 [X.] hinzuweisen. Dass dieser Gesichtspunkt für die [X.] wesentlich sei, ergebe sich bereits daraus, dass im Verkaufspros-pekt, in einer Werbebroschüre (nachfolgend: [X.]) sowie in den "Basisinforma-tionen über die Vermögensanlagen in Wertpapieren" (nachfolgend: [X.]) auf diese Möglichkeit hingewiesen werde, die ein Liquiditätsrisiko für die Anleger begründe. Der im Falle einer Aussetzung der Rücknahme mögliche Verkauf der Anteile über die [X.] erkennbar das Risiko, dass nur ein niedrigerer Preis als bei einer ordnungsgemäßen Rückgabe erzielt werden kön-ne. Die Tatsache der Aussetzung der [X.] werde in [X.] ein-gepreist und führe zu Abschlägen. Bei der Möglichkeit einer Aussetzung der [X.] handele es sich auch nicht nur um "graue Theorie", da be-reits Ende 2005/Anfang 2006 drei offene Immobilienfonds die Rücknahme ihrer Anteile ausgesetzt hätten.
Soweit die Beklagte die "[X.]" der Anlage in offene [X.] betone, stehe dies zur [X.] der Aussetzung der Rücknahme in keinem Spannungsverhältnis. Eine anlagegerechte Beratung 5
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erfordere eine Aufklärung über die Funktionsweise und die strukturtypischen Chancen und Risiken der empfohlenen Anlage. Auch bei einer grundsätzlich als "sicher" einzustufenden Kapitalanlage seien dem Anleger deren charakteristi-sche Merkmale, Chancen und Risiken aufzuzeigen. Die Möglichkeit der [X.] sei als Ausnahme von der grundsätzlichen Pflicht der Ka-pitalanlagegesellschaften zur [X.] ein die Anlage in offene Immo-bilienfonds prägendes Strukturprinzip, das dem Interessenten aufgezeigt wer-den müsse.
Der grundsätzlichen [X.] des Risikos einer Ausset-zung der [X.] könne nicht damit begegnet werden, dass diese dem Schutz der Anleger diene, weil so verhindert werde, dass Fondsvermögen unter Zeitdruck und damit ggf. zu einem niedrigeren Preis veräußert werde. [X.] Aussetzung der [X.] möge zur Aufrechterhaltung des Wertes der Fondsanteile vorteilhaft sein, berühre aber nicht die mit ihr verbundenen Konsequenzen für den auf Liquidität angewiesenen Anleger.
Bei der Aussetzung der [X.] handele es sich um ein grund-sätzliches, immer bestehendes Liquiditätsrisiko. Zur Begründung der [X.] und der Wesentlichkeit dieses Gesichtspunktes für die [X.] bedürfe es daher keiner sich verdichtenden Anzeichen für eine be-vorstehende Aussetzung der [X.]. Im Übrigen hätten im Juli 2008 hinreichende Anhaltspunkte für die Krise am Immobilienmarkt und die sich [X.] ergebende besondere Relevanz der Möglichkeit einer Rücknahmeausset-zung bestanden.
Die Beklagte habe ihre Pflicht zur Aufklärung über diese Möglichkeit auch nicht durch die Übergabe der Basisinformationen im November 2007 er-füllt.
Die Übergabe eines mehr als 100seitigen Kompendiums ohne ausdrückli-9
10
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chen Hinweis auf die für die konkrete Anlageentscheidung relevanten Risiko-hinweise sei nicht geeignet, die Unvollständigkeit eines vorangegangenen [X.] zu beseitigen. Das gelte erst recht, wenn die Übergabe der Informationen geraume Zeit vor dem Beratungsgespräch erfolge und in keinem konkreten Zusammenhang mit der streitigen Anlageentscheidung stehe. Der der Klägerin übergebene [X.] enthalte zwar einen entsprechenden [X.]. Von dessen rechtzeitiger Übergabe könne jedoch nicht ausgegangen werden, da die Klägerin den [X.] erst nach ihrer Anlageentscheidung erhalten habe.
Die fehlende Aufklärung sei für die Anlageentscheidung der Klägerin auch kausal gewesen. Der [X.] sei auf Basis der sog. "Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens" anzunehmen. Die Aufklärungs-pflichtverletzung sei zudem fahrlässig erfolgt. Die Beklagte habe entgegen §
280 Abs.
1 Satz 2 BGB nicht hinreichend dargelegt, sich in einem unvermeid-baren Rechtsirrtum befunden zu haben. Nach ihrem Vortrag bleibe schon un-klar, wer sich wann auf Seiten der [X.] mit der hier im Streit stehenden Problematik eingehend befasst habe.

II.
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Prüfung im Ergebnis stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass der Klägerin gegen die Beklagte ein Anspruch auf Schadensersatz aus §
280 Abs.
1 BGB zusteht. Dabei hat es die in Rechtspre-chung und Literatur umstrittene Frage, ob eine beratende Bank verpflichtet ist, ihre Kunden im Zusammenhang mit der Empfehlung eines offenen Immobilien-fonds über die Möglichkeit einer Aussetzung der [X.] nach §
81 12
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[X.] (in der bis zum 7.
April 2011 gültigen Fassung, nachfolgend:
aF; nunmehr §
257 KAGB) ungefragt aufzuklären, zu Recht bejaht.
1. Das Berufungsgericht ist zutreffend und von der Revision unangegrif-fen davon ausgegangen, dass zwischen den Parteien ein Beratungsvertrag [X.] worden ist.
2. Zu Recht hat das Berufungsgericht eine schuldhafte Beratungspflicht-verletzung der [X.] bejaht.
a) Eine beratende
Bank ist zu einer anleger-
und objektgerechten Bera-tung verpflichtet (st. Rspr., vgl. Senatsurteil vom 6.
Juli 1993

XI
ZR 12/93, [X.]Z 123, 126, 128
f.). Inhalt und Umfang der Beratungspflichten hängen [X.] von den Umständen des Einzelfalls ab. Maßgeblich sind einerseits der [X.], die Risikobereitschaft und das Anlageziel des Kunden und anderer-seits die allgemeinen und speziellen
Risiken, die sich aus den Besonderheiten des [X.] ergeben. Die Beratung hat sich auf diejenigen Eigenschaften des [X.] zu beziehen, die für die jeweilige Anlageentscheidung we-sentliche Bedeutung haben oder haben können. Während die Bank über diese Umstände richtig, sorgfältig, zeitnah, vollständig und für den Kunden verständ-lich zu unterrichten hat, muss die Bewertung und Empfehlung des [X.] unter Berücksichtigung der genannten Gegebenheiten lediglich ex ante betrachtet vertretbar sein. Das Risiko, dass eine aufgrund anleger-
und objekt-gerechter Beratung getroffene Anlageentscheidung sich im Nachhinein als falsch erweist, trägt der Anleger (vgl. zusammenfassend Senatsurteile vom 27.
September 2011

XI
ZR 182/10, [X.]Z 191, 119
Rn.
22
und XI
ZR 178/10, [X.], 2261
Rn.
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sowie vom 24.
September 2013

XI
ZR 204/12, [X.], 2065 Rn.
20).

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b) Danach hat das
Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Beklagte verpflichtet war, die Klägerin über die Möglichkeit einer Ausset-zung der [X.] gemäß §
81 [X.] aF aufzuklären. Die hiergegen von der Revision vorgebrachten Einwände bleiben ohne Erfolg.
aa) Die Frage, ob
eine Bank, die den Erwerb von Anteilen an einem offe-nen Immobilienfonds empfiehlt, den Anleger ungefragt über das Bestehen der Möglichkeit einer Aussetzung der [X.] durch die [X.] aufklären muss, wird in der Instanzrechtsprechung und der Literatur unterschiedlich beantwortet.
Nach einer Auffassung hat bis zum Beginn der Finanzkrise im Oktober 2008 eine solche Aufklärungspflicht nicht bestanden, weil es sich bei der Mög-lichkeit, die [X.] auszusetzen, bis dahin um ein fernliegendes, rein theoretisches Risiko gehandelt habe, die Aussetzung der [X.] ein Instrument zum Anlegerschutz sei und die Anleger auch während einer solchen Aussetzung ihre Anteile jederzeit an der Börse veräußern könnten (vgl. [X.], [X.], 363, 366; [X.], [X.], 2258, 2262
ff.;
[X.], [X.], 475
f.;
[X.]/[X.], [X.] 2013, 1613, 1617;
Thume/Edelmann, WuB I G 5.-
3.13).
Demgegenüber bejaht die Gegenansicht, die vom Berufungsgericht ge-teilt wird, eine Aufklärungspflicht der Bank, weil die Möglichkeit einer Ausset-zung der [X.] ein die Anlage in offene Immobilienfonds prägendes Strukturprinzip und ein ihr grundsätzlich innewohnendes ([X.] darstelle (vgl. [X.], Beschluss vom 23.
August 2012

4
U 512/12, juris Rn.
8
f.; [X.], [X.] 7/2012 [X.].
6; Merk, [X.], 290, 294).

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bb) Der erkennende Senat entscheidet die Frage im Sinne der zuletzt genannten Meinung.
(1) Kennzeichnend
für regulierte Immobilien-Sondervermögen ist, dass die Anleger gemäß §
37 Abs.
1 [X.] aF (nunmehr §
187 Abs.
1 Nr.
1 KAGB) ihre Fondsanteile grundsätzlich jederzeit liquidieren und deren Rückgabe zu einem in §
23 Abs.
2 Satz
3, §
79 Abs.
3 Satz
1 i.V.m. §
79 Abs.
1 [X.] aF ge-regelten Rücknahmepreis an die Kapitalanlagegesellschaft verlangen können (sog. Open-End-Prinzip; vgl. [X.]/Schmies in Schimansky/Bunte/[X.], [X.], 4.
Aufl., §
113 Rn.
140; [X.], BuB Rn.
9/277; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 2013, §
37 Rn.
7
ff.;
Reiter in [X.]/[X.], Bank-
und Kapitalmarktrecht, 4.
Aufl., Rn.
9.55; [X.]/[X.] in [X.]/Scherer, [X.], 2003, §
11 Rn.
5
ff.; [X.], [X.], 106, 107; [X.]/[X.], [X.] 2013, 1603, 1604; [X.]/[X.], [X.] 2013, 1613, 1614; [X.], [X.] 5/2009 [X.].
3). Von diesem Grundsatz macht §
81 [X.] aF eine Ausnahme (vgl. BT-Drucks. 17/3628, [X.]; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], aaO, §
81 Rn.
1). Danach wird der Kapitalanlagegesellschaft bei nicht ausreichender Liquidität das Recht eingeräumt, die Rücknahme der Anteile vorrübergehend zu verweigern mit der Folge, dass die Anleger ihre Fondsanteile nicht mehr zu dem gesetzlich bestimmten Rücknahmepreis zurückgeben können.
Über dieses Risiko hat die Bank den Anleger im Rahmen der von ihr ge-schuldeten vollständigen Risikodarstellung in verständlicher Weise aufzuklären. Diese Verpflichtung besteht, weil das dem Anleger kraft Gesetzes gemäß §
37 Abs.
1 [X.] aF gemachte Versprechen, seine Investition in einen offenen Im-mobilienfonds jederzeit durch die Rückgabe seiner Anteile an die Kapitalanla-gegesellschaft zu einem gesetzlich bestimmten Rücknahmepreis liquidieren zu 21
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können, bei Vorliegen der Voraussetzungen des §
81 [X.] aF nicht eingehalten wird.
(2) Ob hier zum Zeitpunkt der Beratung im Juli 2008 bei dem Fonds be-reits konkrete Anhaltspunkte für eine bevorstehende Aussetzung der Anteils-rücknahme vorgelegen haben, ist für das Bestehen dieser Aufklärungspflicht ohne Bedeutung, da es für die Entscheidung des Anlegers auch ohne solche konkreten Anhaltspunkte von wesentlicher Bedeutung sein kann, dass er dieses Risiko während der gesamten [X.] übernimmt. Soweit sich die Revision in dem Zusammenhang gegen die Auffassung des Berufungsgerichts wendet, dass es im Juli 2008 bereits hinreichende Anhaltspunkte für eine Aus-setzung der [X.] gegeben habe, handelt es sich lediglich um eine nicht tragende Hilfsbegründung. Das Berufungsgericht hat in erster Linie rechts-fehlerfrei darauf abgestellt, dass es zur Begründung der Aufklärungspflicht und der Wesentlichkeit dieses Gesichtspunktes für die Anlageentscheidung keiner sich verdichtender Anzeichen für eine bevorstehende Aussetzung der Anteils-rücknahme bedarf.
(3) Dementsprechend ist es für die Beantwortung der Frage, ob die Bank den Anleger über dieses Risiko aufklären muss, ebenfalls unerheblich, ob bis zum Ausbruch der Finanzkrise im Oktober 2008 insoweit ein fernliegendes oder gar ein nur theoretisches Risiko (so [X.], [X.], 363, 366; [X.], [X.], 2258, 2262; vgl. auch [X.]/[X.], [X.] 2013,
1613, 1617; Thume/Edelmann, WuB I G 5.-
3.13) bestanden hat. Die Möglichkeit, die Rücknahme der Anteile auszusetzen, stellt ein während der gesamten [X.] bestehendes Liquiditätsrisiko dar, über das der Anleger informiert sein muss, bevor er seine Entscheidung trifft.

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(4) Der Umstand, dass die Anleger eines offenen Immobilienfonds ihre Anteile während einer Aussetzung der [X.] jederzeit an der Börse veräußern können, spricht -
wie das Berufungsgericht entgegen der Auffassung der
Revision zutreffend angenommen hat -
ebenfalls nicht gegen die Pflicht der Bank, über die Möglichkeit einer solchen Aussetzung aufzuklären (ebenso [X.], [X.] 7/2012 [X.]. 6; a.A. [X.], [X.], 363, 366; [X.], [X.], 2258, 2262; [X.], [X.], 475
f.; [X.]/[X.], [X.] 2013, 1613, 1617).
Die Revision weist zwar zutreffend darauf hin, dass die Anleger damit weiter die Möglichkeit haben, ihre Anteile jederzeit zu liquidieren. Diese Mög-lichkeit stellt aber angesichts der an einer Börse oder an einem sonstigen Se-kundärmarkt bestehenden Beeinflussung des Preises durch spekulative Ele-mente keinen gleichwertigen Ersatz für die gesetzlich geregelte Möglichkeit dar, die Anteile zu einem vorab festgelegten Rücknahmepreis
an die Kapitalanlage-gesellschaft zurück zu geben. Dem Anleger wird die Liquidität seiner Fondsan-teile im Fall einer Aussetzung der [X.] daher nicht mehr mit der Qualität eines vorab im Gesetz bestimmten [X.] gewährleistet.
(5) Soweit die Revision meint, dass es sich bei der Möglichkeit einer Aussetzung der [X.] um eine Schutzmaßnahme zugunsten der Anleger handele, kommt es für die Aufklärungspflicht der Bank hierauf nicht an. Die Regelungen des §
81 [X.] aF über die Aussetzung der Rücknahme von Anteilen an offenen Immobilienfonds sollen es der Kapitalanlagegesellschaft ermöglichen, sich im Fall einer unerwartet hohen Zahl ihr zur Rückgabe ange-dienter Fondsanteile während der Aussetzung die Liquidität zu beschaffen, die für die Bedienung der rückgabewilligen Anleger erforderlich ist (vgl. [X.], [X.], 106, 108;
[X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 2013, §
81 Rn.
2; [X.], Investmentgesetze, 1997, §
36 [X.] Rn.
1;
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[X.] in Bankrecht und Bankpraxis, Rn.
9/283; vgl. auch BT-Drucks. 17/3628, [X.] und zu
BT-Drucks. [X.], S. 6). Zugleich soll der Gefahr einer wirtschaftlich nicht sinnvollen Verwertung des Fondsvermögens in einer Krisen-situation vorgebeugt werden. Da die Aussetzung jedoch

wie dargelegt

dem Liquiditätsinteresse der Anleger entgegensteht, ist hierüber vor der [X.] aufzuklären.
3. Ohne Erfolg wendet
sich die Revision gegen die Annahme des [X.], die Beklagte habe ihre Pflicht, die Klägerin über die Möglichkeit einer Aussetzung der [X.] aufzuklären, nicht erfüllt.
a) Es ist nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht eine Erfüllung dieser Pflicht durch die Übergabe der Basisinformationen verneint hat. Dabei kann allerdings offen bleiben, ob deren Übergabe im November 2007 im [X.] auf die Anlageentscheidung der Klägerin Ende Juli 2008 noch als zeitnahe Unterrichtung der Klägerin anzusehen ist.
Das Berufungsgericht hat die fehlende Erfüllungswirkung dieser Überga-be nämlich rechtsfehlerfrei auch darauf gestützt, dass zwischen der [X.] und der Übergabe der Basisinformationen kein konkreter Zusam-menhang bestand. Die Revisionserwiderung weist insoweit zutreffend darauf hin, dass bei einem offenen Immobilienfonds nach §
81 [X.] aF die Anteils-rücknahme nur dann ausgesetzt werden konnte, wenn die Vertragsbedingun-gen des jeweiligen Fonds eine solche Befugnis vorsahen (vgl. [X.]/Schmies in Schimansky/Bunte/[X.], [X.], 4.
Aufl., §
113 Rn.
141). Informationen darüber, ob hier der [X.] in den Vertragsbedingungen eine solche Befugnis eingeräumt worden war, enthalten die allgemeinen Basisinformationen
naturgemäß nicht. Hierüber hätte die Beklagte die Klägerin entweder in verständlicher Weise mündlich oder 29
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durch die rechtzeitige Übergabe eines auf den streitgegenständlichen Fonds bezogenen Informationsmaterials schriftlich aufklären müssen. Entgegen der Auffassung der Revision ist es deshalb auch unerheblich, ob die Klägerin im Rahmen ihrer langjährigen Geschäftsbeziehung zur [X.] bereits seit 2003 Anteile an offenen Immobilienfonds erworben hat.
b) Soweit sich die Revision weiter gegen die Feststellung des [X.] wendet, die Klägerin habe den [X.] des Fonds, auf dessen Titel-seite ein Hinweis auf die Möglichkeit einer Aussetzung der [X.] abgedruckt ist, erst nach ihrer Anlageentscheidung und damit nicht rechtzeitig erhalten, hat dies ebenfalls keinen Erfolg. Die Revision hat gegen diese [X.] Feststellung keine durchgreifende Verfahrensrüge erhoben (§
564 ZPO).
4. Das Berufungsgericht ist weiter in Übereinstimmung mit der Recht-sprechung des Senats zur "Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens" ([X.] vom 8.
Mai 2012

XI
ZR 262/10, [X.]Z 193, 159 Rn.
28
ff.) davon ausgegangen, dass die unterlassene Aufklärung über die Möglichkeit einer Aussetzung der [X.] kausal für die Anlageentscheidung der Klä-gerin war.
Entgegen der Auffassung der Revision ist diese Senatsrechtsprechung auf die hier streitige [X.] ohne weiteres anzuwenden. Die Argumentation der Revision, ein Anleger würde mit der Information über die Möglichkeit einer Aussetzung der [X.] kein zusätzliches Risiko verbinden, sondern eine solche Aussetzung als Schutzmaßnahme gegen [X.] des Fonds und damit gegen eine Wertminderung seiner Beteiligung be-greifen, weshalb der Anleger bei der gebotenen Aufklärung in seiner Anlage-entscheidung sogar bestärkt werde, verkennt bereits im Ansatz, dass die Aus-32
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setzung der [X.]

wie dargelegt

dem Liquiditätsinteresse des Anlegers entgegensteht.
5. Nicht zu beanstanden ist schließlich die Rechtsansicht des Berufungs-gerichts, die [X.] der [X.] sei fahrlässig erfolgt.
Nach §
280 Abs.
1 Satz
2 BGB muss der Aufklärungspflichtige darlegen und beweisen, dass er eine Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. Die [X.] hat folglich bereits für Fahrlässigkeit einzustehen. Eine Haftung wegen Fahr-lässigkeit ist zwar bei einem unvermeidbaren Rechtsirrtum ausgeschlossen. An das Vorliegen eines solchen [X.] sind aber strenge Maßstäbe anzu-legen, wobei der Schuldner die Rechtslage sorgfältig prüfen, soweit erforderlich, Rechtsrat einholen und die höchstrichterliche Rechtsprechung sorgfältig beach-ten muss. Grundsätzlich trifft den Schuldner das Risiko, die Rechtslage zu ver-kennen. Er handelt mithin schuldhaft, wenn er mit der Möglichkeit rechnen musste, dass das zuständige Gericht einen anderen Rechtsstandpunkt ein-nimmt (Senatsbeschluss vom 29.
Juni 2010

XI
ZR 308/09, [X.], 1694 Rn. 3).
Gemessen an diesen Maßstäben hat das Berufungsgericht rechtsfehler-frei eine Fahrlässigkeit der [X.] bejaht. Es ist zu Recht davon ausgegan-gen, dass die Beklagte nicht hinreichend dargelegt hat, dass sie sich hinsicht-lich ihrer Pflicht, die Klägerin über die Möglichkeit einer Aussetzung der Anteils-rücknahme aufzuklären, in einem unvermeidbaren Rechtsirrtum befunden habe. Einem unvermeidbaren Rechtsirrtum steht hier schon entgegen, dass für die Beklagte im Juli 2008 ein konkreter Anhaltspunkt bestand, aus dem sie ohne weiteres hätte erkennen können, dass es sich bei der Möglichkeit einer Ausset-zung der [X.] um eine aufklärungspflichtige Eigenschaft des Fonds handeln kann. Im [X.] des Fonds wird nämlich bereits auf der Titelseite 35
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und damit an exponierter Stelle

darauf aufmerksam gemacht, dass die Rücknahme von Anteilen gemäß §
81 [X.] aF binnen einer in den [X.] festgelegten Frist ausgesetzt werden kann.

Wiechers
Joeres
Ellenberger

Matthias
Menges

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 07.11.2011 -
2-19 O 170/11 -

OLG [X.], Entscheidung vom 13.02.2013 -
9 [X.] -

Meta

XI ZR 130/13

29.04.2014

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.04.2014, Az. XI ZR 130/13 (REWIS RS 2014, 6046)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 6046

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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