Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.03.2004, Az. IV ZB 43/03

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 4314

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[X.]/03vom3. März 2004in dem [X.]: ja[X.]Z: nein[X.]R: ja_____________________ZPO § 127 Abs. 2 Satz 2 (in der ab dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung [X.]) Ein die Prozeßkostenhilfe versagender Beschluß erlangt auch nachder Neufassung des § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO im Falle seiner Un-anfechtbarkeit keine materielle [X.]) Einem neuerlichen Antrag auf Prozeßkostenhilfe kann es aber [X.] fehlen.[X.], Beschluß vom 3. März 2004 - [X.]/03 - [X.] LG Duisburg- 2 -Der IV. Zivilsenat des [X.] hat durch den [X.], [X.], [X.], die RichterinDr. [X.] und [X.] [X.] 3. März 2004beschlossen:Die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin gegen den Be-schluß des 22. Zivilsenats des [X.] vom 30. Oktober 2003 wird zurückgewiesen.Gründe:[X.] Die Antragstellerin begehrt Prozeßkostenhilfe für eine von ihrbeabsichtigte Klage auf Zahlung von 62.440,76 Erbinnen ihres verstorbenen Lebensgefährten. Sie hatte zuvor bereits ineinem anderen [X.] drei Prozeßkostenhilfegesuche gestellt,die sämtlich auf der Grundlage desselben Lebenssachverhalts in [X.] das gleiche Begehren verfolgt hatten und vom [X.] wegen mangelnder Erfolgsaussicht der Klage zurückgewiesenworden waren. Dagegen jeweils erhobene Beschwerden hatte [X.] zurückgewiesen, zuletzt - nach Inkrafttreten der [X.] - mit Beschluß vom 3. September 2002.Den neuerlichen Antrag hat das [X.] wegen mangelnderErfolgsaussicht zurückgewiesen. Das Beschwerdegericht hält den Antrag- 3 -für unzulässig, weil die Rechtskraft der vorgenannten früheren Entschei-dung entgegenstehe. Mit der Einführung der befristeten Beschwerde ge-gen ablehnende [X.] (§ 127 Abs. 2 Satz 2ZPO in der ab 1. Januar 2002 geltenden Fassung vom 27. Juli 2001) ha-be der Gesetzgeber erkennbar abschließende Entscheidungen über sol-che Gesuche herbeiführen wollen.Dagegen wendet sich die vom Beschwerdegericht zugelasseneRechtsbeschwerde der Antragstellerin.I[X.] Das nach § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthafte Rechtsmittel hat [X.] keinen Erfolg, weil der Antragstellerin das Rechtsschutzbedürf-nis für eine neuerliche Entscheidung über ihr Prozeßkostenhilfegesuchfehlt.1. Allerdings trifft es nicht zu, daß der Zulässigkeit des [X.] die Rechtskraft der früheren Beschwerdeent-scheidung vom 3. September 2002 entgegensteht. Denn ein die Prozeß-kostenhilfe versagender Beschluß erlangt auch nach der Neufassung [X.] im Falle seiner Unanfechtbarkeit keine [X.].Beschlüsse sind der materiellen Rechtskraft nur dann fähig, wennsie in formelle Rechtskraft erwachsen und inhaltlich eine der Rechtskraftfähige Entscheidung enthalten (vgl. [X.], Urteile vom 17. Mai 1984 - [X.] 86/83 - NJW 1985, 1335 unter II 1 a; vom 17. Oktober 1985 - [X.]/84 - [X.], 331 unter [X.], gg, jeweils m.w.[X.]; [X.] 2003, 1302 = [X.], 1420 m.w.[X.]; [X.], [X.] zivilprozessualer Beschlüsse im Erkenntnis- undsummarischen Verfahren [1983] S. 38 f., 85 ff. m.w.[X.]; [X.] inMünchKomm-ZPO, 2. Aufl. § 322 [X.]. 28).a) Zwar sind nach der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Neufas-sung des § 127 Abs. 2 ZPO Beschlüsse, welche Prozeßkostenhilfe ver-sagen, mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar. Das hat zur Folge,daß sie nach Ablauf der einmonatigen Beschwerdefrist (§ 127 Abs. 2Satz 3 ZPO n.F.) unanfechtbar und damit formell rechtskräftig werden(vgl. dazu Musielak, ZPO 3. Aufl. § 329 [X.]. 17).b) Ungeachtet des nunmehr befristeten Rechtsbehelfs fehlt es aberweiterhin an einer der materiellen Rechtskraft fähigen Entscheidung.aa) Ob eine solche vorliegt, ist am Zweck des in den §§ 322, 325ZPO zum Ausdruck kommenden Rechtsgedankens zu messen. [X.] liegt nach der heute vorherrschenden prozessualen Betrachtungs-weise (vgl. dazu Gaul in Festschrift für [X.], [1995] S. 235, 246 ff.;Musielak, aaO § 322 [X.]. 4, 5, 9 ff.; [X.], aaO [X.]. 6-15; [X.]/[X.], ZPO Bd. 4/1 21. Aufl. § 322 [X.]. 19 ff.; Vollkommer in Zöl-ler, ZPO 24. Aufl. vor § 322 [X.]. 14 ff., 19, jeweils m.w.[X.]) hauptsäch-lich in der endgültigen Befriedung eines kontradiktorischen Parteien-streits, der über denselben Streitgegenstand nicht wiederholt [X.]. Dieses ne bis in [X.] liegt dort im Interesse des Ansehensder Gerichte, der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens der Parteien(vgl. [X.]Z 93, 287, 289), wo beliebige Wiederholungen des Streits über- 5 -ein und denselben Streitstoff ausgeschlossen werden sollen ([X.]Z 123,30, 34).bb) Der Gegenstand des Prozeßkostenhilfeverfahrens ist einemsolchen prozessualen Streitgegenstand aus mehreren Gründen nicht hin-reichend vergleichbar, um - im Falle der Ablehnung - die entsprechendeAnwendung des ne bis in [X.]s zu [X.]) Zu Recht weist die Beschwerdebegründung darauf hin, daß esschon an einem kontradiktorischen Parteienstreit fehlt. Denn das [X.] ist außerhalb und innerhalb des Zivilprozessesnach der gesetzlichen Regelung in den §§ 114 ff. ZPO ein nicht streiti-ges, seinem Charakter nach der staatlichen Daseinsfürsorge zuzurech-nendes Antragsverfahren, in dem sich als Beteiligte nur der [X.] das Gericht als Bewilligungsstelle gegenüberstehen ([X.]Z 89, 65,66; [X.] DVBl 1983, 952, 953 f.; [X.], Beschluß vom12. September 2002 - [X.]/02 - NJW 2002, 3554 unter [X.]) Kennzeichnend für den der materiellen Rechtskraft fähigen undihre Grenzen beschreibenden Begriff des prozessualen Streitgegenstan-des ist es weiter, daß er unter anderem dem Zweck dient, die Parteienmit nachträglichem Vorbringen auszuschließen. Denn der Klagegrundgeht über die Tatsachen, welche die Tatbestandsmerkmale einerRechtsgrundlage ausfüllen, hinaus. Zum Klagegrund sind alle Tatsachenzu rechnen, die bei einer natürlichen, vom Standpunkt der Parteien aus-gehenden Betrachtungsweise zu dem durch den Vortrag des [X.] gestellten [X.] gehören (vgl. [X.]Z 117, 1,6). Hat er es im [X.] unterlassen, Tatsachen vorzutragen, die bei- 6 -natürlicher Anschauung zu dem angesprochenen Lebenssachverhalt ge-hörten, wirkt die materielle Rechtskraft auch gegenüber einer neuen Kla-ge, die auf die nunmehr vorgetragenen Tatsachen gestützt wird. Dies giltinsbesondere hinsichtlich solcher Tatsachen, die nur eine Ergänzung desim [X.] vorgetragenen Tatsachenstoffs darstellen oder die [X.] unschlüssig erkannte Klage erst schlüssig machen ([X.]Z 117, 1, 6 f.m.w.[X.]).Im Verfahren über die Gewährung von Prozeßkostenhilfe bestehtein solches Präklusionsbedürfnis grundsätzlich nicht. Das ergibt sichschon daraus, daß das Verfahren lediglich darauf gerichtet ist, dem mit-tellosen Antragsteller erst den Zugang zum gerichtlichen Verfahren undzu einem angemessenen juristischen Beistand zu eröffnen. Die [X.] an seinen Sachvortrag dürfen schon deshalb nicht überspanntwerden. Weiter sprechen Gründe der Praktikabilität dafür, ein Nach-schieben von Gründen im Rahmen erneuter Antragstellung grundsätzlichzu ermöglichen. Anderenfalls wäre der Antragsteller gezwungen, sich [X.] der Erfolgsaussichten der beabsichtigten [X.] nicht lediglich auf den Vortrag der von ihm für wesentlich er-achteten tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte zu beschränken,sondern alle denkbaren tatsächlichen Umstände und rechtlichen Aspektevorsorglich vorzutragen. Ein solcher Aufwand erschiene angesichts des-sen, daß der Antragsteller nicht notwendig von einem Rechtsanwalt ver-treten ist und anderenfalls die entstehenden Kosten eines Rechtsanwaltszunächst noch nicht abgedeckt sind, unverhältnismäßig (vgl. [X.] 1993, 45 f.).- 7 -cc) Es entsprach deshalb bis zum Inkrafttreten der [X.] § 127 Abs. 2 ZPO übereinstimmender Auffassung in Lehre undRechtsprechung, daß Prozeßkostenhilfe versagende Beschlüsse dermateriellen Rechtskraft nicht fähig sind (vgl. dazu [X.] 56, 139, 145;[X.] aaO; [X.] [X.] 1989, 67, 68; OVG BremenNVwZ-RR 1992, 219, 220; [X.] FamRZ 1997, 756, 757;[X.] in [X.], ZPO 24. Aufl. § 117 [X.]. 6 m.w.[X.]; [X.] in Musie-lak, ZPO 3. Aufl. § 127 [X.]. 6 m.w.[X.]).dd) Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts (ebensoOLG Oldenburg aaO, 1303) kann den [X.] [X.] des § 127 Abs. 2 ZPO (BT-Drucks 14/4722 S. 68, 75 f.) [X.] anderslautende gesetzgeberische Wertung entnommen werden. [X.] diente die Einführung des fristgebundenen Rechtsmittels lediglichdem Zweck, im Interesse der Rechtssicherheit eine zeitnahe Beschwer-deentscheidung zu gewährleisten und die Gerichte davor zu schützen,alte Verfahren nach langem Zeitablauf wieder aufgreifen zu müssen.Hätte der Gesetzgeber eine weitergehende Regelung im Auge gehabt,hätte es nahegelegen, in die Erwägungen einzubeziehen, daß auch [X.] verwaltungsgerichtliche Verfahren seit langem anerkannt ist, [X.] ablehnende Beschlüsse trotz [X.] (§ 147 Abs. 1 VwGO) nicht in materielle Rechtskraft erwach-sen (vgl. [X.] aaO; [X.] aaO).2. Dennoch hat das Beschwerdegericht im Ergebnis zu Recht [X.] des erneuten [X.] der [X.]. Denn ihr fehlt das Rechtsschutzbedürfnis für eine neuerlicheEntscheidung, nachdem auf der Grundlage desselben [X.] 8 -halts bereits drei gerichtliche Entscheidungen über ihren Antrag ergan-gen sind (vgl. dazu [X.] FamRZ 1997 aaO; [X.] aaO;OVG Bremen aaO; [X.], aaO m.w.[X.]; [X.], aaO m.w.[X.]; Wax inMünchKomm-ZPO, 2. Aufl. § 117 [X.]. 4).Terno [X.] [X.] Dr. [X.] Felsch

Meta

IV ZB 43/03

03.03.2004

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.03.2004, Az. IV ZB 43/03 (REWIS RS 2004, 4314)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 4314

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