Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.11.2005, Az. IX ZR 189/02

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 894

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[X.]BESCHLUSS [X.] vom 10. November 2005 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]Z: nein [X.] § 64 Abs. 3 Satz 2 Die Träger der Sozialhilfe sind in streitigen Verfahren vor den ordentlichen Gerich-ten von den Gerichtskosten befreit, wenn das Verfahren einen engen, sachlichen Zusammenhang mit ihrer gesetzlichen Tätigkeit als Sozialhilfeträger hat. [X.], Beschluss vom 10. November 2005 - [X.] - [X.] [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] [X.] und [X.] Ganter, [X.], [X.] und [X.] am 10. November 2005 beschlossen: Die Erinnerung der Klägerin gegen die Kostenrechnung des [X.] 780051022014 - wird als unbe-gründet zurückgewiesen. Das Verfahren über die Erinnerung ist gebührenfrei; Kosten wer-den nicht erstattet. Gründe: Die gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 GKG a.F., § 72 Nr. 1 GKG n.F. statthafte Erinnerung der Klägerin vom 18. Juli 2005 ist unbegründet. 1 1. Ob und in welchem Umfang nach § 64 Abs. 3 Satz 2 [X.], auf den sich die Klägerin beruft, die Träger der Sozialhilfe im streitigen Verfahren vor den ordentlichen Gerichten von den Gerichtskosten befreit sind, ist streitig. 2 Während teilweise angenommen wird, für Träger der Sozialhilfe bestehe nach dieser Bestimmung umfassende persönliche Kostenfreiheit ([X.] MDR 1995, 1072), sind andere Oberlandesgerichte der Auffassung, aus dieser Vorschrift lasse sich für streitige Verfahren vor den Zivilgerichten [X.] - 3 - haupt keine Kostenfreiheit ableiten ([X.] 1989, 197; OLG Zwei-brücken KostRspr Nr. 24 zu § 2 GKG; OLG Düsseldorf MDR 1995, 102). Nach einer vermittelnden Ansicht findet die Vorschrift zwar auf streitige Verfahren vor den Zivilgerichten Anwendung, wenn die Ansprüche nach § 90 [X.] überge-leitet ([X.] NJW-RR 1999, 1669; [X.] MDR 1996, 208) oder nach § 91 [X.] übergegangen sind ([X.] OLGR 1999, 497) oder wenn ein untrennbarer Sachzusammenhang zwischen öffentlich-rechtlicher Verwaltungstätigkeit einerseits und dem konkreten [X.] andererseits besteht ([X.] [X.], 498), nicht aber bei kraft Gesetzes übergegangenen bürgerlich-rechtlichen Schadensersatzansprüchen ([X.] MDR 1995, 102). 2. Nach § 64 Abs. 3 Satz 2 [X.] sind die Träger der Sozialhilfe "in [X.] nach der Zivilprozessordnung" von den Gerichtskosten befreit. Dabei können schon dem Wortlaut nach nicht lediglich Verwaltungsverfahren der So-zialverwaltung gemeint sein, auf die die Vorschriften der ZPO anwendbar sind. Die entsprechende Meinung, die sich insbesondere auf den [X.] und die Entstehungsgeschichte der Vorschrift stützt, findet dort keine Grundlage. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 [X.] gelten die Vorschriften des Kapi-tels 1 des [X.], zu dem auch § 64 [X.] gehört, für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden nach diesem Gesetzbuch. Dies schließt es aber nicht aus, dass dort auch eine [X.] für die Kosten getroffen wird, die diesen Behörden in anderen Verfahren entstehen. Solche Regelungen enthält § 64 [X.] zweifelsfrei in Abs. 2 Satz 2 (vgl. von [X.], [X.] 5. Aufl. § 64 Rn. 12) oder in Abs. 3 Satz 2 bezüglich der Verfahren vor Gerich-ten der Sozial- und Finanzgerichtsbarkeit. Aus der Entstehungsgeschichte des § 64 [X.] ergibt sich nichts für die genannte enge Auslegung. Die [X.] des § 62 Abs. 3 Satz 2 des [X.] für das [X.], der un-4 - 4 - verändert als § 64 Abs. 3 Satz 2 Gesetz geworden ist, enthält zu dieser Vor-schrift keine besonderen Ausführungen. Sie nimmt lediglich darauf Bezug, dass die Vorschrift unter Zugrundelegung des § 118 [X.] die verschiedenen [X.] zusammenfasse (BT-Drucks. 8/2034, [X.] zu § 62). Bereits in § 118 [X.] in der bis zum Inkrafttreten des [X.] am 1. Januar 1981 gelten-den Fassung war bestimmt, dass im Verfahren nach der Zivilprozessordnung (sowie in anderen Verfahren) die Träger der Sozialhilfe von den Gerichtskosten befreit sind. Eine Änderung ist deshalb insoweit nicht eingetreten. Soweit das [X.] auf die Rechtslage vor dem Inkrafttreten des [X.] abstellt, betrifft dies Sozialversicherungsträger, die von der Regelung des § 64 Abs. 3 Satz 2 [X.] nicht erfasst werden. Hieraus ergibt sich, dass § 64 Abs. 3 Satz 2 [X.] den Trägern der So-zialhilfe Kostenfreiheit in Verfahren vor den Zivilgerichten einräumt ([X.]/ [X.], [X.] § 64 Rn. 12; Pickel/[X.], [X.] § 64 Rn. 20; von [X.], [X.] aaO § 64 Rn. 18). 5 3. Gleichwohl kann der Auffassung des [X.] (aaO) nicht ge-folgt werden, wonach für die Träger der Sozialhilfe nach § 64 Abs. 3 Satz 2 [X.] eine umfassende persönliche Kostenfreiheit besteht. Dies würde zu [X.] generellen Kostenfreiheit der Sozialhilfeträger vor den Zivilgerichten führen, was nicht das Anliegen von § 64 Abs. 3 Satz 2 [X.] sein kann (Hartmann, [X.] 35. Aufl. § 2 GKG Rn. 13 Stichwort Sozialleistung; BVerwG NVwZ-RR 2000, 189; [X.] NJW-RR 1999, 1669; [X.], 498). 6 Sinn und Zweck der Vorschrift setzen voraus, dass das konkrete Verfah-ren vom Träger der Sozialhilfe gerade in dieser Eigenschaft geführt wird. Das 7 - 5 - Verfahren muss also einen engen sachlichen Zusammenhang zur gesetzlichen Tätigkeit als Sozialhilfeträger haben. Dies ist etwa dann der Fall, wenn nach § 91 [X.] übergegangene ([X.] OLGR 1999, 497), nach § 90 [X.] übergeleitete ([X.] NJW-RR 1999, 1669; [X.] MDR 1996, 208) oder gemäß § 116 [X.] übergegangene Ansprüche geltend gemacht werden. 8 4. Ein solcher enger sachlicher Zusammenhang bestand im [X.], in dem die Klägerin, die für Frau S. Sozialhilfeleistungen er-bringt, aus übergegangenem Recht von deren geschiedenen Ehemann Unter-halt verlangte. Im vorliegenden Rechtsstreit nimmt die Klägerin ihren Prozess-bevollmächtigten wegen Verletzung von [X.] im Ausgangsverfahren auf Schadensersatz in Anspruch. Dieser Regressanspruch weist mit der 9 - 6 - Tätigkeit der Klägerin als Sozialhilfeträger nicht mehr den erforderlichen Zu-sammenhang auf. Vergleichbare Ansprüche können sich aus [X.] mit beliebigem Inhalt ergeben. Eine Kostenfreiheit besteht deshalb nicht. [X.] Ganter [X.]

[X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 12.06.1998 - 303 O 56/98 - [X.], Entscheidung vom [X.] - 12 U 83/99 -

Meta

IX ZR 189/02

10.11.2005

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.11.2005, Az. IX ZR 189/02 (REWIS RS 2005, 894)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 894

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