Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.07.2012, Az. III ZR 116/11

III. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 4967

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
III ZR 116/11
Verkündet am:

5. Juli 2012

K i e f e r

Justizangestellter

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

HGB § 25
Zur Haftung einer GmbH für die fehlerhafte Anlageberatung durch eine
namensgleiche Einzelfirma unter den Gesichtspunkten der Firmenfortführung und der Rechtsscheinhaftung.
[X.], Urteil vom 5. Juli 2012 -
III ZR 116/11 -
Thüringer OLG [X.]

[X.]
-
2
-

Der III.
Zivilsenat des [X.] hat auf
die mündliche Verhandlung vom 5. Juli
2012 durch den Vizepräsidenten [X.] und [X.], [X.],
Tombrink
und Dr. Remmert

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 5. Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 3. Mai 2011 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Urteil des [X.] vom 13. Oktober 2009 auf die Berufung der [X.] zu 1 abgeändert worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagte zu 1 (im Folgenden
nur: Beklagte) unter dem Vorwurf einer fehlerhaften Kapitalanlageberatung auf Schadensersatz in Anspruch.

Auf Empfehlung des Zeugen K.

-H.

B.

zeichnete die Klägerin im Juli 2002 Beteiligungen als atypisch stille Gesellschafterin bei der [X.]

1
2
-
3
-

S.

AG. Die Gesamteinlagesumme von 131.000

und war in Gestalt [X.]"
von 32.000

wie
in 180 monatlichen Raten zu je 550

zu erbringen.
Bei allen Zahlungen
fiel zusätzlich ein Agio von 5
% an.

Die Klägerin hat geltend gemacht, die Beklagte müsse für -
im Einzelnen vorgetragene
-
Beratungsfehler des [X.]

durch Ersatz des [X.] einstehen. Der Zeuge B.

habe als Mitarbeiter der ([X.] P.

mit Vertretungsbefugnis gehandelt. Die beklagte P.

GmbH sei
für die Verbindlichkeiten der Firma P.

unter dem Gesichtspunkt der Rechtsnachfolge beziehungsweise der Firmenfortführung
haftbar.

Das [X.] hat eine Haftung der [X.] bejaht und der Klage überwiegend stattgegeben. Auf die hiergegen eingelegte Berufung der [X.] hat das [X.] nach Vernehmung des [X.]

eine Haftung der

im Laufe des Berufungsverfahrens in das Liquidationsstadium getretenen

[X.] verneint, das [X.]surteil teilweise abgeändert und die Klage insgesamt
abgewiesen.
Mit ihrer vom erkennenden Senat
zuge-lassenen Revision begehrt
die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzli-chen
Urteils.

Nach Zulassung der Revision hat der Prozessbevollmächtigte der [X.] die Mitteilung des [X.] über eine am [X.] 2011 erfolgte Eintragung in das Handelsregister vorgelegt, wonach
die [X.] der [X.] beendet und die Gesellschaft erloschen ist.
3
4
5
-
4
-

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist begründet. Sie führt im Umfang der Anfechtung zur
Auf-hebung des Berufungsurteils und zur
Zurückverweisung der Sache an das [X.].

I.

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausge-führt: Aufgrund der Aussage des [X.]

stehe fest, dass zwischen der Klägerin und der Einzelfirma P.

kein Anlageberatungsvertrag zustan-de gekommen sei, welchen sich die Beklagte unter dem Gesichtspunkt der [X.] gemäß §
25 HGB zurechnen lassen müsste. Der Zeuge habe eindeutig ausgesagt, dass es sich bei der streitgegenständlichen Kapitalanlage um eine Direktvermittlung durch ihn selbst gehandelt habe. Unbeschadet des-sen
müsse die Beklagte für eine etwaige Haftung der Einzelfirma P.

nicht gemäß §
25 HGB einstehen, weil keine Firmenübernahme oder Firmenfortfüh-rung durch die Beklagte vorgelegen habe. Nach Aussage des [X.]

hätten vielmehr beide Firmen -
die Einzelfirma P.

und die im August 2004 in das Handelsregister
eingetragene
beklagte
GmbH
-
nebeneinander existiert. Die Altkunden, die -
wie die Klägerin
-
bereits vor der Gründung der [X.] Beteiligungsgeschäfte abgeschlossen hätten, seien bei der Einzelfirma P.

geblieben. Die Beklagte habe auch nicht erklärt, für bereits von der Einzelfirma P.

abgeschlossene Kapitalanlagen die Haftung übernehmen oder deren Geschäfte fortführen zu wollen.

6
7
-
5
-

II.

Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung
nicht stand.
Die [X.] trägt eine Ablehnung der
Haftung der [X.] nicht.

1.
Mit Recht beanstandet die Revision, dass das Berufungsgericht bei der
Beurteilung der Frage, ob der Zeuge B.

bei der Beratung der Klägerin im eigenen Namen oder im Namen eines Dritten
-
hier: der Einzelfirma
([X.] Unternehmen)
P.

-
gehandelt hat, nicht die maßgebli-chen rechtlichen Kriterien zugrunde gelegt und
sich -
ohne Berücksichtigung der weiteren Fallumstände
-
allein auf die Aussage des Zeugen gestützt hat.

a) Gemäß §
164 Abs.
1 und 2 [X.] kommt es für die Frage, ob ein Ei-gen-
oder ein Vertreterhandeln vorliegt, darauf an, wie der andere Teil die [X.] und das Gesamtverhalten der betreffenden Person verstehen und werten durfte; entscheidend ist die objektivierte Empfängersicht, wobei alle Um-stände zu berücksichtigen sind, die zum Vertragsschluss geführt haben (s. etwa Senatsurteil vom 27. Oktober 2005
-
III
ZR 71/05, NJW-RR 2006, 109, 110 mwN).

b) Aus der Aussage des [X.]

, wonach er "für beide Gesell-schaften"
(das heißt: für die Einzelfirma P.

und sodann auch für die [X.]) tätig gewesen sei,
die Klägerin in Bezug auf die hier im Streit stehende Kapitalanlage indes
eigenständig, im Rahmen eines "[X.]"
mit der [X.]

, beraten habe, ergibt sich nicht,
wie das Auftreten des Zeugen aus der maßgeblichen Sicht des objektivierten Empfängers (hier: der Klägerin) [X.] war. Die Revision macht in diesem Zusammenhang zutreffend darauf 8
9
10
11
-
6
-

aufmerksam, dass insbesondere die dem Beratungsgespräch vom 23. Juli 2002 vorangehende Informationsveranstaltung der Firma P.

vom 19. Juni 2002 (an der die Klägerin teilnahm und zu der sie
eingeladen worden war), die der Klägerin vom [X.]

überreichte
Visitenkarte
(die das Logo und den Namen der Firma P.

trägt), sowie
die Angabe "P.

" in der Rubrik
"Vermittler"
im [X.]
bedeutsame
Indizien für ein Handeln des [X.]

im Namen der ([X.] P.

darstellen. Hiermit hat sich das Berufungsgericht nicht -
wie geboten
-
auseinandergesetzt.

2.
Mangels konkreter gegenteiliger Feststellungen des Berufungsgerichts ist revisionsrechtlich davon auszugehen, dass der Zeuge B.

im Falle ei-nes Handelns
für die Einzelfirma P.

auch mit der erforderlichen Vertre-tungsmacht (Vollmacht, §
167 [X.]) gehandelt hat.

Wenn es auch hinsichtlich der Erteilung der Vertretungsmacht an konkre-tem Sachvortrag fehlt,
so kommt, worauf auch das [X.]surteil abgestellt hat, eine Haftung der Einzelfirma P.

als Vertragspartnerin der Klägerin unter
dem Gesichtspunkt der Duldungs-
und Anscheinsvollmacht
in Betracht.

Eine Duldungsvollmacht wird bejaht, wenn der Vertretene es wissentlich geschehen lässt, dass ein anderer für ihn als Vertreter auftritt, und der Ge-schäftsgegner dieses Dulden dahin versteht und nach [X.] und Glauben auch verstehen darf, dass der als Vertreter Handelnde bevollmächtigt ist (s. z.B. [X.], Urteile vom 14. Mai 2002 -
XI
ZR
155/01, NJW 2002, 2325, 2327;
vom 10. März 2004 -
IV
ZR 143/03, NJW-RR 2004, 1275, 1277 und vom 10.
Januar 2007 -
VIII
ZR 380/04, NJW 2007, 987, 988 Rn.
19; [X.]/[X.], [X.], 71.
Aufl., §
172 Rn.
8). Eine Anscheinsvollmacht erfordert, dass der Vertretene das Handeln des Vertreters bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen und 12
13
14
-
7
-

verhindern können und der Geschäftsgegner nach [X.] und Glauben anneh-men durfte, der Vertretene kenne und
dulde das Handeln des Vertreters; damit dem Vertretenen eine schuldhafte Veranlassung des Rechtsscheins einer Voll-macht angelastet werden kann, muss es sich um ein Verhalten von einer ge-wissen Dauer und Häufigkeit handeln (s. z.B. Senatsurteil vom 5.
März 1998
-
III
ZR 183/96, [X.], 1854, 1855 und [X.], Urteil vom 10.
Januar 2007 aaO S.
989 Rn.
25; [X.]/[X.] aaO Rn.
11 ff).

Nach den bereits
erwähnten [X.] (Einladung und Informati-onsveranstaltung; Visitenkarte; Angabe im [X.]) liegt
hier die [X.] sowohl einer Duldungsvollmacht als auch einer Anscheinsvollmacht
-
wie sie
das Berufungsgericht auch selbst erwogen, dann aber offengelassen hat
-
nahe.

3.
Die Ansicht des Berufungsgerichts, die Beklagte müsse für eine Anlage-beratungshaftung der Einzelfirma P.

gegenüber der Klägerin nicht einste-hen, hält der revisionsgerichtlichen Nachprüfung
ebenfalls nicht stand. Das [X.] hat die Voraussetzungen einer Haftung des Firmenübernehmers nach §
25 Abs.
1 Satz 1 HGB sowie einer möglichen Rechtsscheinhaftung der [X.] verkannt und eine unzureichende tatrichterliche Würdigung vorge-nommen.

a) Die Revision rügt zu Recht, dass sich das Berufungsgericht nicht mit den Umständen des Einzelfalls auseinandergesetzt hat, die vorliegend für eine Firmenfortführung gemäß §
25 Abs.
1 Satz 1 HGB
sprechen.

aa) Die Haftung nach
§
25 Abs.
1 Satz
1 HGB greift nach gefestigter Rechtsprechung des [X.] ein, wenn zwar der Unternehmens-15
16
17
18
-
8
-

träger wechselt, das Unternehmen selbst aus der Sicht des maßgeblichen [X.] aber im
Wesentlichen unverändert unter der alten Firmenbezeichnung fortgeführt wird ([X.], Urteile vom 1.
Dezember 1986 -
II
ZR 303/85, NJW 1987, 1633; vom 4.
November 1991 -
II
ZR 85/91, [X.], 911, 912; vom 28. November 2005 -
II
ZR 355/03, [X.], 1001, 1002 Rn.
7; vom 24.
September 2008 -
VIII
ZR 192/06, NJW-RR 2009, 820 Rn.
12 und vom 16.
September 2009 -
VIII
ZR 321/08, [X.], 236, 237 Rn.
13). §
25 Abs.
1 Satz 1 HGB knüpft allein an die nach außen in Erscheinung tretende Kontinuität des Unternehmens als tragenden Grund für die Erstreckung der Haftung auf den Erwerber ([X.], Urteile vom 4.
November 1991 aaO; vom 15.
März 2004 -
II
ZR 324/01, NJW-RR 2004, 1173; vom 28.
November 2005 aaO Rn.
7 und 14; vom 24.
September 2008 aaO S.
821 Rn.
19 und vom 16.
September 2009 aaO Rn.
15). Von einer Unternehmensfortführung im Sinne des §
25 Abs.
1 Satz 1 HGB geht der maßgebliche Verkehr aus, wenn ein Betrieb von einem neuen Inhaber in seinem wesentlichen Bestand unverändert weitergeführt wird, der Tätigkeitsbereich, die innere Organisation und die Räumlichkeiten ebenso wie Kunden-
und Lieferantenbeziehungen jedenfalls im [X.] beibehalten und/oder Teile des Personals übernommen werden (s. [X.], Urteile vom 4.
November 1991 aaO S.
911; vom 28.
November 2005 aaO Rn.
9 mwN; vom 24.
September 2008 aaO S.
820 Rn.
13 und vom 16.
September 2009 aaO S.
238 Rn.
18). Die [X.] aus §
25 Abs.
1 HGB kommt daher auch dann zum Zuge, wenn einzelne Vermögensbestandteile oder Betätigungsfelder von der Übernahme ausgenommen sind,
solange nur der den Schwerpunkt des Unternehmens bildende wesentliche [X.] desselben übernommen wird, so dass sich der nach außen für die beteiligten Verkehrskreise in Erscheinung tre-tende Tatbestand als Weiterführung des Unternehmens in seinem wesentlichen Bestand darstellt (s. [X.], Urteile vom 4.
November 1991 aaO mwN und vom 16.
September 2009 aaO Rn.
17 f; Beschluss vom 7.
Dezember 2009 -
II
ZR -
9
-

229/08, NJW-RR 2010, 246, 247 Rn.
2). Die Frage, ob eine Firmenfortführung vorliegt, ist aus der Sicht der maßgeblichen Verkehrskreise zu beantworten, für die allein entscheidend ist, dass die unter dem bisherigen Geschäftsinhaber tatsächlich geführte und von dem Erwerber weiter geführte Firma [X.] besitzt, dass der Verkehr sie mit dem Unternehmen gleichsetzt und in dem Verhalten des Erwerbers eine Fortführung der bisherigen Firma sieht. Dass die alte Firma nicht unverändert fortgeführt wird, ist unerheblich, sofern der prägende Teil der alten in der neuen Firma beibehalten ist und [X.] die mit dem jeweiligen Unternehmen in geschäftlichem Kontakt stehen-den Kreise des Rechtsverkehrs die neue Firma noch mit der alten identifizieren (s. [X.], Urteile vom 15.
März 2004 aaO S.
1174; vom 28.
November 2005 aaO Rn.
12 und vom 24.
September 2008 aaO
S.
821 Rn.
19). Unerheblich ist ins-besondere die Hinzufügung oder Weglassung eines auf die Gesellschaft (KG, GmbH usw.) deutenden Zusatzes (s. [X.], Urteile vom 4.
November 1991 aaO S.
912 und vom 15.
März 2004 aaO). §
25 Abs.
1 Satz 1 HGB gelangt schließ-lich auch dann zur Anwendung, wenn eine "sukzessiv erfolgende Unterneh-mensübernahme"
vorliegt, es also zeitweilig zu einer parallelen Existenz von Alt-
und Neuunternehmen kommt, sofern sich für den Rechtsverkehr die Betäti-gung des übernehmenden Unternehmens
als Weiterführung des ursprünglichen Unternehmens in seinem wesentlichen Bestand darstellt ([X.], Urteil vom 24.
September 2008 aaO S.
820 Rn.
15 f).

bb) Nach diesen Grundsätzen kommt eine Haftung der [X.] für ei-ne etwa bestehende Verbindlichkeit
der Einzelfirma P.

gemäß §
25 Abs.
1 Satz 1 HGB ernsthaft in Betracht. Maßgeblich ist, wie vorstehend ausgeführt und vom Berufungsgericht nicht zureichend beachtet, ob die beteiligten [X.]kreise von einer Unternehmensfortführung ausgehen, die
Beklagte mit der Einzelfirma P.

also in diesem Sinne "identifizieren". Die Identität bezie-19
-
10
-

hungswiese große Ähnlichkeit des
Betätigungsfelds
("Beteiligungsgeschäft"), der Firma, des Firmenlogos, des Geschäftssitzes, der Telefon-
und Telefax-Nummer
und
der E-Mail-Adresse sowie
die Selbstdarstellung der [X.] in Schreiben und im [X.], die eine 20 Jahre (bis 1987)
zurückreichende Unter-nehmensgeschichte schildert, sprechen deutlich für eine nach außen in Er-scheinung getretene Unternehmenskontinuität. Der von der [X.] geführte Zusatz "GmbH"
ist insoweit ohne Belang.

Dem
vom Berufungsgericht maßgeblich herangezogenen
Umstand, dass nach Aussage des [X.]

zwar nach der Gründung der GmbH [X.] grundsätzlich über
diese abgewickelt worden, die "Altkunden"
jedoch bei der weiter fortbestehenden Einzelfirma P.

verblieben seien, kommt demgegenüber kein so entscheidendes Gewicht zu, dass daneben alle anderen Gesichtspunkte vernachlässigt werden könnten, zumal
die beklagte GmbH -
und
nicht die Einzelfirma P.

-
noch im April 2008 mit
der Klägerin korrespondiert und diese über das Ausscheiden von Mitarbeitern informiert hat. Insoweit ist im Übrigen zu bedenken, dass eine Firmenfortführung nach §
25 Abs.
1 Satz
1 HGB auch dann anzunehmen ist, wenn bei der -
fortbestehen-den
-
früheren Firma nur unwesentliche Betätigungsfelder verbleiben und der den Schwerpunkt des Unternehmens bildende wesentliche [X.] des Geschäfts vom Nachfolger
übernommen wird
oder wenn eine "sukzessiv erfolgende Un-ternehmensübernahme"
vorliegt
(vgl. hierzu neben [X.], Urteil vom 24.
Sep-tember 2008 aaO auch [X.], NJW-RR 1999, 396, 397).

b) Sollte nach tatrichterlicher Gesamtwürdigung aller Umstände eine Haf-tung der [X.] nach §
25 Abs.
1 Satz 1 HGB gleichwohl zu verneinen sein, so wäre, worauf die Revision zu Recht aufmerksam macht, eine (von §
25 20
21
-
11
-

Abs.
1 Satz 1 HGB unabhängige, allgemeine) Rechtsscheinhaftung der [X.]
in Erwägung zu ziehen.

aa) Eine solche Rechtsscheinhaftung kann in Betracht kommen, wenn der Anschein entsteht, dass zwei voneinander unabhängige Rechtssubjekte eine Einheit bilden. Mithin muss ein Unternehmen einen zurechenbar erzeugten Rechtsschein, mit einem anderen Unternehmen identisch zu sein, gegen sich gelten lassen. Erweckt ein Unternehmen im Geschäftsverkehr den Eindruck, ein fast namensgleiches Unternehmen fortzuführen, so verstößt es gegen [X.] und Glauben, wenn es geltend macht, für einen gegen das andere Unternehmen gerichteten Schadensersatzanspruch nicht passivlegitimiert zu sein. Tritt ein Unternehmen aufgrund der nach außen angezeigten Rechtsnachfolge als Schuldner einer Forderung auf, ist ihm folglich der Einwand fehlender Passivle-gitimation verwehrt (s. [X.], Beschluss vom 21.
Dezember
2010 -
IX
ZR 199/10, [X.], 107 Rn.
7 mwN).

bb) Zutreffend weist die Revision darauf hin, dass einige Verlautbarun-gen der [X.] den Eindruck erwecken (können), sie sei "Rechtsnachfolger"
der Einzelfirma P.

oder
mit dieser "identisch"
([X.]auftritt; Schreiben der [X.] aus April und August 2008).
Eine Würdigung hat das Berufungs-gericht unter diesem Gesichtspunkt nicht vorgenommen. Maßgeblich ist inso-fern nicht, ob die Beklagte öffentlich bekundet hat, für Verbindlichkeiten der Einzelfirma P.

einstehen zu wollen, sondern ob sie zurechenbar den Rechtsschein gesetzt hat, mit der Einzelfirma P.

identisch oder deren Rechtsnachfolger zu sein.

4.
Das Berufungsurteil ist aufzuheben (§
562 Abs.
1 ZPO)
und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzu-22
23
24
-
12
-

verweisen, weil dem Senat eine abschließende Entscheidung nicht möglich ist (§ 563 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 ZPO).

a) Die Klage kann derzeit nicht wegen fehlender [X.]fähigkeit der [X.] als unzulässig abgewiesen werden.

Die [X.]fähigkeit jeder an einem Rechtsstreit beteiligten [X.] gehört zu den Prozessvoraussetzungen, deren Mangel das Gericht nach § 56 Abs. 1 ZPO in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu berücksichtigen hat
(s. etwa [X.], Urteil vom 4. Mai 2004 -
XI ZR 40/03, [X.]Z 159, 94, 98, 99).

Die -
vorliegend im Laufe des (Nichtzulassungs-)Beschwerdeverfahrens erfolgte
-
Löschung einer GmbH hat im Allgemeinen zur Folge, dass die Gesell-schaft ihre Rechtsfähigkeit verliert und damit nach §
50 Abs.
1 ZPO auch ihre Fähigkeit, [X.] eines Rechtsstreits zu sein; die Gesellschaft ist materiell-rechtlich nicht mehr existent. Bestehen dagegen Anhaltspunkte dafür, dass noch verwertbares Vermögen vorhanden ist, bleibt die Gesellschaft trotz der Löschung rechts-
und parteifähig. Dafür reicht bei einem Aktivprozess schon die bloße Tatsache, dass die Gesellschaft einen Vermögensanspruch geltend macht. Bei einem (wie hier) [X.] ist die gelöschte [X.] dann parteifähig, wenn die [X.] (substantiiert) behauptet, es sei bei der Gesellschaft noch Vermögen vorhanden (vgl. zu alldem [X.], Urteile vom 6. Februar 1991 -
VIII
ZR 26/90, NJW-RR 1991, 660 mwN [zur Löschung einer GmbH nach Beendigung der Liquidation] und vom 25. Oktober 2010 -
II ZR 115/09, NJW-RR 2011, 115, 116 Rn. 22 mwN [zur Löschung einer vermögens-losen GmbH]).

25
26
27
-
13
-

Mithin kommt es entscheidend darauf an, ob die Beklagte "vermögens-los"
ist oder nicht. Der Klägerin muss vor diesem Hintergrund Gelegenheit ge-geben werden, zu den Vermögensverhältnissen der gelöschten [X.] vor-zutragen. Erst dann lässt sich abschließend beurteilen, ob diese Gesellschaft infolge ihrer Löschung im Handelsregister ihre Rechts-
und [X.]fähigkeit ver-loren hat
(vgl. [X.], Urteil vom 25. Oktober 2010 aaO Rn. 23).

b) Sollte das Berufungsgericht zu dem Ergebnis kommen, dass die [X.]
trotz Löschung im Handelsregister weiterhin parteifähig
ist, wird es
unter Berücksichtigung der obigen
Ausführungen (unter 1. bis 3.) erneut zu würdigen haben, ob die Beklagte für mögliche
Beratungsfehler des [X.]

ein-stehen muss.

[X.]
[X.]

[X.]

Tombrink
Remmert
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 13.10.2009 -
9 O 79/09 -

OLG [X.], Entscheidung vom 03.05.2011 -
5 [X.] -

28
29

Meta

III ZR 116/11

05.07.2012

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.07.2012, Az. III ZR 116/11 (REWIS RS 2012, 4967)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 4967

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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III ZR 116/11

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