Bundesfinanzhof, Urteil vom 07.10.2010, Az. V R 4/10

5. Senat | REWIS RS 2010, 2564

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Gegenstand

Beschränkte Anwendung der Mindestbemessungsgrundlage


Leitsatz

Die Anwendung der Mindestbemessungsgrundlage gemäß § 10 Abs. 5 UStG setzt voraus, dass die Gefahr von Steuerhinterziehungen oder -umgehungen besteht. Hieran fehlt es, wenn der Unternehmer von einer nahestehenden Person zwar ein niedrigeres als das marktübliche Entgelt verlangt, seine Leistung aber in Höhe des marktüblichen Entgelts versteuert .

Tatbestand

1

I. Der Kläger, Revisionskläger und Anschlussrevisionsbeklagter (Kläger) ist ein in der Rechtsform eines nichtrechtsfähigen Vereins bestehender [X.] des § 5 Abs. 1 Nr. 5 des Körperschaftsteuergesetzes. Er unterhielt in gepachteten Baulichkeiten zwei Ferien- und [X.]. Die Heime wurden durch Gewerkschaftsmitglieder und deren Familienangehörige gegen Entgelt genutzt. Sowohl der marktübliche Preis als auch die Selbstkosten überstiegen die von den Mitgliedern entrichteten "[X.]" wie folgt:

2

Halbpensionspreis (Entgelt)

4.797.159 [X.]

Marktüblicher Preis

5.249.691 [X.]

Selbstkosten

8.100.148 [X.]

Differenz Entgelt/marktüblicher Preis

452.532 [X.]

Differenz marktüblicher Preis/Selbstkosten

2.850.457 [X.]

3

Darüber hinaus betrieb der Kläger im Streitjahr "[X.]" in vier Schulungsheimen, in denen er Getränke und sonstige Kantinenwaren an Seminarteilnehmer zu nicht kostendeckenden Entgelten verkaufte. Entgelte und Kosten entstanden in folgender Höhe:

4

Entgelt

815.270 [X.]

Wareneinsatz

432.353 [X.]

Selbstkosten

1.041.903 [X.]

Durch Entgelt nicht gedeckte Selbstkosten

226.633 [X.]

5

Der Kläger ging davon aus, dass die von ihm in den [X.] verlangten Entgelte marktüblich gewesen seien, da die [X.] für die Allgemeinheit zugänglich waren.

6

In seiner Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr 1994 vom 31. Mai 1996 erfasste der Kläger die Umsätze in den Ferien- und [X.]n nicht nach dem Entgelt, sondern nach dem höheren marktüblichen Preis. Die [X.]umsätze versteuerte der Kläger nicht nach den Entgelten, sondern nach den höheren Selbstkosten.

7

Der Beklagte, Revisionsbeklagte und Anschlussrevisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) ging demgegenüber davon aus, dass die Umsätze aus dem Betrieb der beiden Ferien- und [X.] um die Differenz zwischen dem von dem Kläger erklärten marktüblichen Entgelt und den Selbstkosten von 8.100.148 [X.] um 2.850.457 [X.] zu erhöhen seien und erhöhte die Umsatzsteuer 1994 mit [X.] vom 16. Mai 1997 um 427.568 [X.] auf 1.575.268 [X.].

8

Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein und beantragte im Einspruchsverfahren nach § 164 der Abgabenordnung ([X.]) --entgegen seiner [X.], die [X.]umsätze nur in Höhe der Entgelte anstelle der Selbstkosten zu erfassen. Einspruch und Antrag hatten keinen Erfolg.

9

Das Finanzgericht ([X.]) gab der Klage teilweise statt und änderte den angefochtenen Steuerbescheid dahingehend, dass die Umsatzsteuer für das Streitjahr auf 1.523.387,38 [X.] herabgesetzt wurde. Das [X.] habe die Pensionsleistungen in den Ferien- und [X.]n gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 1 i.V.m. Abs. 4 des Umsatzsteuergesetzes 1993 (UStG) zu Recht nach den hierfür angefallenen Kosten bemessen, zu denen auch die nicht vorsteuerbelasteten Aufwendungen gehörten. Eine Beschränkung auf ein marktübliches Entgelt komme nicht in Betracht, da der Kläger mit den [X.] kein marktübliches Entgelt vereinbart habe. Demgegenüber seien die [X.]umsätze nur in Höhe der Entgelte von 815.270 [X.] zu erfassen. Eine Anwendung der [X.]n nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 i.V.m. Abs. 4 UStG sei nicht möglich, da der Kläger für die gelieferten Getränke und sonstigen Kantinenwaren als Wareneinsatz nur 432.353 [X.] aufgewendet habe, so dass der Einkaufspreis zuzüglich Nebenkosten die tatsächlichen Entgelte nicht überstiegen habe. Hieraus ergebe sich eine Minderung der für das Streitjahr festgesetzten Umsatzsteuer in Höhe von 33.995 [X.]. Im Hinblick auf einen in der Revision nicht mehr verfolgten Streitpunkt ergab sich eine weitere Minderung der Steuer um 17.886 [X.].

Das Urteil des [X.] ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 759 veröffentlicht.

Mit der Revision rügt der Kläger Verletzung materiellen und formellen Rechts. Da die Umsätze in den Ferien- und [X.]n im Fall der Unentgeltlichkeit zu einem Verwendungseigenverbrauch geführt hätten, seien bei Anwendung der [X.] nur die vorsteuerbelasteten Kosten zu berücksichtigen. Diese seien niedriger als das marktübliche Entgelt. Eine höhere Bemessungsgrundlage als das marktübliche Entgelt ergebe sich aus § 10 Abs. 5 UStG nicht. Dabei komme es nicht darauf an, ob vom Leistungsempfänger ein marktübliches oder ein niedrigeres Entgelt verlangt werde.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des [X.] insoweit aufzuheben, als es seine Umsätze im Rahmen der Ferien- und [X.] betrifft, und den Umsatzsteuerbescheid 1994 vom 16. Mai 1997 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 17. Oktober 2003 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer auf 534.721,71 € (= 1.045.824,76 [X.]) herabgesetzt wird.

Das [X.] beantragt,

die Revision zurückzuweisen, das Urteil des [X.] insoweit aufzuheben, als das [X.] zum Nachteil des [X.] entschieden hat und die Klage insoweit abzuweisen.

Hinsichtlich der [X.] liege kein Verwendungseigenverbrauch vor, da es sich bei den Ferien- und [X.]n um hotelähnliche Einrichtungen gehandelt habe, so dass die Leistung nicht durch eine bloße Überlassung von Gegenständen geprägt worden sei. Dies ergebe sich bereits aus der Höhe der angefallenen Personalkosten. Da es sich um einen Dienstleistungseigenverbrauch handele, seien alle Kosten einzubeziehen, was der [X.] vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/[X.] (Richtlinie 77/388/[X.]) entspreche.

Zugleich rügt das [X.] mit der selbständigen Anschlussrevision, dass das [X.] der Klage im Hinblick auf die [X.]umsätze stattgegeben habe. Entgegen dem [X.]-Urteil handele es sich insoweit um sonstige Leistungen, die nach den die Entgelte übersteigenden Gesamtkosten von 1.041.903 [X.] zu bemessen seien.

Hiergegen beruft sich der Kläger auf das Vorliegen von Lieferungen nach dem im Streitjahr geltenden nationalen Recht.

Entscheidungsgründe

II. Auf die Revision des [X.] ist das Urteil des [X.] aufzuheben und der angefochtene Umsatzsteuerjahresbescheid für das Streitjahr dahingehend zu ändern, dass die dem Regelsteuersatz unterliegenden Umsätze aus dem Betrieb der Heime um 2.850.457 [X.] zu mindern sind. Demgegenüber hat die Klage hinsichtlich der [X.] keinen Erfolg. Die Anschlussrevision des [X.] ist deshalb im Ergebnis unbegründet.

Das [X.] ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die [X.] nach § 10 Abs. 5 i.V.m. Abs. 4 UStG mit einer höheren Bemessungsgrundlage anzusetzen sind als das marktübliche Entgelt. Entgegen der Auffassung des [X.] sind als Bemessungsgrundlage nicht nur die vorsteuerbelasteten Aufwendungen zu berücksichtigen. Auch bei den [X.]n sind als Bemessungsgrundlage nicht nur die vorsteuerbelasteten Kosten anzusetzen. Da die Sache spruchreif ist, kann der Senat selbst entscheiden (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--).

1. Die [X.] sind in Höhe des marktüblichen Entgelts zu versteuern.

a) Nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 UStG unterliegen entgeltliche Leistungen, die Körperschaften, Personenvereinigungen sowie Gemeinschaften im Rahmen ihres Unternehmens an ihre Anteilseigner, Gesellschafter, Mitglieder, Teilhaber oder diesen nahestehende Personen (nahestehende Personen) ausführen, der sog. [X.]. Gegenüber nahestehenden Personen wie den Mitgliedern des [X.] erfolgt die Besteuerung dann nicht auf der Grundlage des vereinbarten Entgelts, sondern nach den Bemessungsgrundlagen des § 10 Abs. 4 UStG.

Unionsrechtlich handelt es sich bei § 10 Abs. 5 UStG um eine Sondermaßnahme nach Art. 27 der [X.]/[X.]. Auf diese Bestimmung gestützte Sondermaßnahmen zur Verhütung von Steuerhinterziehungen oder -umgehungen sind nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] ([X.]) eng auszulegen und dürfen von der [X.]/[X.] nur insoweit abweichen, als dies für die Erreichung des Ziels, der Gefahr der Steuerhinterziehung oder -umgehung entgegen zu wirken, unbedingt erforderlich ist ([X.]-Urteil vom 29. Mai 1997 [X.]/96, [X.], [X.]. 1997, [X.], [X.] 1997, 841 [X.]. 24 f.). Eine derartige Gefahr besteht nicht, wenn sich aus objektiven Umständen ergibt, dass der Steuerpflichtige korrekt gehandelt hat. Eine Regelung, nach der bei einem Umsatz zwischen nahestehenden Personen die entstandenen Kosten die Besteuerungsgrundlage auch dann bilden, wenn das vereinbarte Entgelt dem marktüblichen Entgelt entspricht, aber offensichtlich niedriger ist als diese Kosten, beschränkt sich nicht auf die Einführung der Maßnahmen, die unbedingt erforderlich sind, um die Gefahr einer Steuerhinterziehung oder -umgehung zu verhüten und ist demnach durch Art. 27 der [X.]/[X.] nicht gedeckt ([X.]-Urteil [X.] in [X.]. 1997, [X.], [X.] 1997, 841 Rdnr. 26). Dies ist bei der Anwendung des § 10 Abs. 5 UStG im Rahmen der richtlinienkonformen Auslegung dieser Vorschrift zu berücksichtigen (Urteil des [X.] --BFH-- vom 8. Oktober 1997 [X.], [X.], 314, [X.] 1997, 840, unter II.1.).

b) Entgegen dem Urteil des [X.] ist der Umsatz nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 UStG zumindest auch dann nach dem marktüblichen Entgelt zu bemessen, wenn der Unternehmer für die Leistung an die nahestehende Person zwar ein niedrigeres als das marktübliche Entgelt vereinbart hat, seine Leistung aber nach dem marktüblichen Entgelt versteuert. Es besteht dann keine Rechtfertigung für eine Besteuerung nach der das marktübliche Entgelt übersteigenden Bemessungsgrundlage des § 10 Abs. 4 UStG. Allgemein hat der [X.] in seinem Urteil [X.] in [X.]. 1997, [X.], [X.] 1997, 841 die Besteuerung nach einem höheren als dem mit der nahestehenden Person vereinbarten marktüblichen Entgelt zur Verhütung von Steuerhinterziehungen oder -umgehungen als nicht erforderlich angesehen. Eine Gefahr von Steuerhinterziehungen oder -umgehungen besteht darüber hinaus auch dann nicht, wenn der Unternehmer --wie im Streitfall der [X.] von einer nahestehenden Person nur ein niedrigeres als das marktübliche Entgelt verlangt, seine Leistung aber in Höhe des marktüblichen Entgelts versteuert. Es kann dann durch die Vereinbarung eines unter dem marktüblichen Entgelt liegenden Preises nicht zu einer Gefahr von Steuerhinterziehungen oder -umgehungen kommen. Dass der Kläger nach Abgabe der Steuererklärung beantragt hat, nach einem niedrigeren als dem marktüblichen Entgelt besteuert zu werden, vermag gleichfalls nicht die Gefahr einer Steuerhinterziehung oder -umgehung zu begründen.

c) Der weiter gehenden Auffassung des [X.], die [X.] nur in Höhe der nicht vorsteuerbelasteten Aufwendungen anstelle in Höhe des marktüblichen Entgelts zu bemessen, war nicht zu folgen.

aa) Nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. b UStG liegt Eigenverbrauch vor, wenn ein Unternehmer im Rahmen seines Unternehmens sonstige Leistungen der in § 3 Abs. 9 UStG bezeichneten Art für Zwecke ausführt, die außerhalb des Unternehmens liegen. Beim Eigenverbrauch nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. b UStG ist der Umsatz gemäß § 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG nach den bei der Ausführung dieser Umsätze entstandenen Kosten zu bemessen. Eine Beschränkung der Besteuerung auf Kosten, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, sieht diese Vorschrift nicht vor.

bb) Der Kläger kann sich für seine gegenteilige Auffassung nicht auf Art. 6 Abs. 2 der [X.]/[X.] berufen.

(1) Nach Art. 6 Abs. 2 der [X.]/[X.] werden den Dienstleistungen gegen Entgelt gleichgestellt

"a) die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands für den privaten Bedarf des Steuerpflichtigen, für den Bedarf seines Personals oder allgemein für unternehmensfremde Zwecke, wenn dieser Gegenstand zum vollen oder teilweisen Abzug der Mehrwertsteuer berechtigt hat;

b) die unentgeltliche Erbringung von Dienstleistungen durch den Steuerpflichtigen für seinen privaten Bedarf oder für den Bedarf seines Personals oder allgemein für unternehmensfremde Zwecke."

Nach Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. c der [X.]/[X.] ist Besteuerungsgrundlage in den beiden Fällen des § 6 Abs. 2 der [X.]/[X.] der Betrag der Ausgaben des Steuerpflichtigen für die Erbringung der Dienstleistung.

Hierzu hat der [X.] entschieden, dass Art. 6 Abs. 2 Buchst. a der [X.]/[X.] die Besteuerung der privaten Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands, bei dessen Lieferung der Steuerpflichtige die Mehrwertsteuer abziehen konnte, ausschließt, soweit diese Verwendung Dienstleistungen umfasst, die der Steuerpflichtige von Dritten zur Erhaltung oder zum Gebrauch des Gegenstands ohne die Möglichkeit zum Vorsteuerabzug in Anspruch genommen hat und dass sich Steuerpflichtige hierauf vor den nationalen Gerichten berufen können ([X.]-Urteil vom 25. Mai 1993 [X.]/91, [X.], [X.]. 1993, I-2615, [X.] 1993, 812, Leitsätze 1 und 2).

(2) Die Berufung des [X.] auf das Unionsrecht führt nicht dazu, dass nur vorsteuerbelastete Kosten in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen sind.

(a) Bei der vom Kläger erbrachten Leistung handelt es sich nicht um die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands (Art. 6 Abs. 2 Buchst. a der [X.]/[X.]), sondern um die unentgeltliche Erbringung von Dienstleistungen (Art. 6 Abs. 2 Buchst. b der [X.]/[X.]).

Die vom Kläger erbrachten Leistungen in den Ferien- und Erholungsheimen beschränkten sich nicht auf die bloße Überlassung von Räumen, sondern umfassten auch pensions- und hotelübliche Serviceleistungen wie Reinigung und Verpflegung. In seinen Ferien- und Erholungsheimen erbrachte der Kläger Beherbergungs- und Verpflegungsleistungen zu einem im Voraus festgelegten "[X.]". Danach beschränkten sich die vom Kläger erbrachten Leistungen nicht auf die Verwendung eines Unternehmensgegenstandes, wie bei der Überlassung einer Wohnung ohne weitere Dienstleistungselemente. Es handelte sich vielmehr um eine Vielzahl von Leistungen, die u.a. auch ein wesentliches Verpflegungselement enthielten.

(b) Für seine gegenteilige Auffassung kann sich der Kläger nicht auf das von ihm angeführte Senatsurteil vom 15. Januar 2009 [X.] ([X.], 166, [X.] 2010, 433) berufen. Aus diesem Urteil folgt entgegen der Auffassung des [X.] nicht, dass Verpflegungsleistungen als Nebenleistung zu einer Nutzungsüberlassung anzusehen sind, sondern nur, dass die Verpflegung von Hotelgästen zu den traditionellen Aufgaben eines Hoteliers gehört, so dass es sich bei derartigen Verpflegungsleistungen um Nebenleistungen zur [X.] handelt (BFH-Urteil in [X.], 166, [X.] 2010, 433, unter II.2.). Bloße Nutzungsüberlassung und [X.] unterscheiden sich dabei durch die zusätzlichen Dienstleistungen, die zwar bei einer [X.] vorliegen, nicht jedoch bei einer bloßen Nutzungsüberlassung, bei der der Empfänger der Nutzungsüberlassung z.B. für die Reinigung selbst zuständig ist.

(c) Handelt es sich somit um eine Leistung i.S. von Art. 6 Abs. 2 Buchst. b der [X.]/[X.] und nicht um eine Leistung nach Art. 6 Abs. 2 Buchst. a der [X.]/[X.], kommt nach dem Wortlaut dieser Bestimmungen eine Beschränkung des [X.] auf vorsteuerbelastete Kosten nicht in Betracht. Denn nur Art. 6 Abs. 2 Buchst. a, nicht aber Buchst. b der [X.]/[X.] sieht eine Einschränkung auf "die Verwendung eines ... Gegenstands ..., wenn dieser Gegenstand zum vollen oder teilweisen Abzug der Mehrwertsteuer berechtigt hat" vor.

Hierin liegt entgegen der Auffassung des [X.] kein Verstoß gegen den Grundsatz der steuerrechtlichen Neutralität, nach dem gleichartige und deshalb miteinander im Wettbewerb stehende Leistungen hinsichtlich der Mehrwertsteuer nicht unterschiedlich behandelt werden dürfen. Es ist bereits nicht ersichtlich, aus welchen Gründen die nach Art. 6 Abs. 2 Buchst. a und b der [X.]/[X.] unterschiedlich zu behandelnden Arten unentgeltlicher Leistungen entgegen dieser gesetzlichen Differenzierung gleichartig sein oder sogar miteinander im Wettbewerb stehen sollten.

(d) Der Kläger kann sich für seine Auffassung auch nicht auf das von ihm zitierte BFH-Urteil vom 18. Dezember 1996 [X.] ([X.], 395, [X.] 1997, 374) berufen, das zu einer Vermietung ergangen ist und bei Unentgeltlichkeit den Fall der Verwendung nach Art. 6 Abs. 2 Buchst. a der [X.]/[X.], nicht aber den der Dienstleistung nach Art. 6 Abs. 2 Buchst. b der [X.]/[X.] betrifft.

2. Die Verfahrensrügen des [X.] greifen nicht durch.

a) Soweit das [X.] nach Auffassung des [X.] gegen die Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 Satz 1 [X.]O) verstoßen habe, scheitert seine Rüge daran, dass der in der mündlichen Verhandlung fachkundig vertretene Kläger ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 10. Dezember 2009 das Unterbleiben einer weiteren Sachaufklärung nicht gerügt hat, so dass von einem Rügeverzicht auszugehen ist.

Zur ordnungsgemäßen Rüge eines dahingehenden [X.] hätte dargelegt werden müssen, weshalb in der mündlichen Verhandlung keine entsprechenden Beweisanträge gestellt wurden, da ein Verfahrensmangel nach § 155 [X.]O i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung nicht mehr erfolgreich geltend gemacht werden kann, wenn er eine Verfahrensvorschrift betrifft, auf deren Einhaltung die Prozessbeteiligten verzichten können und auch verzichtet haben, indem sie ihre Verletzung nicht gerügt haben (z.B. [X.] vom 22. Oktober 2009 [X.]/08, [X.], 170; vom 29. Oktober 2004 [X.], [X.] 2005, 566, m.w.N.). So ist es im Streitfall.

b) Soweit der Kläger eine fehlerhafte Beweiswürdigung durch das [X.] geltend macht, liegt kein Verstoß gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 [X.]O, sondern eine Rüge der Verletzung materiellen Rechts vor. Entgegen der Auffassung des [X.] ist die Beweiswürdigung des [X.] revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Auch wenn der Kläger höhere Löhne als andere Heimbetreiber bezahlt hat, konnte das [X.] davon ausgehen, dass hohe Personalkosten als Indiz für weitere Leistungen neben einer bloßen Nutzungsüberlassung von Räumlichkeiten anzusehen sind. Das [X.] hat insoweit auch nicht gegen seine Begründungspflicht (§ 96 Abs. 1 Satz 3 [X.]O) verstoßen.

3. Das [X.] ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die nach § 10 Abs. 5 i.V.m. Abs. 4 UStG anzusetzende Bemessungsgrundlage für die Umsätze in den [X.] hinter den hierfür vereinnahmten Entgelten zurückblieb. Selbst wenn man die in den [X.] erbrachten Umsätze aufgrund der im Streitjahr nach nationalem Recht bestehenden Rechtslage (§ 12 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 und 3 UStG) als Lieferungen ansieht, sind diese Umsätze nach den Selbstkosten und nicht nach dem Wareneinsatz zu bemessen.

a) Nach § 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG wurde im Streitjahr der Umsatz in den Fällen des Eigenverbrauchs i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. a UStG bei Entnahmen von Gegenständen aus dem Unternehmen für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, nach dem Einkaufspreis zuzüglich der Nebenkosten für den Gegenstand oder für einen gleichartigen Gegenstand oder mangels eines Einkaufspreises nach den Selbstkosten, jeweils zum Zeitpunkt des Umsatzes bemessen.

b) Entgegen dem [X.]-Urteil kommt eine Bemessung nach dem Einkaufspreis nur in Betracht, wenn der entnommene dem eingekauften Gegenstand entspricht. Dies setzt voraus, dass sich die (im Streitfall verbilligte) Entnahme auf den Gegenstand in der Form des [X.] bezieht. Das trifft auf die [X.] in "[X.]" z.B. glasweise erfolgende Abgabe von Getränken, die zuvor in Flaschen oder Fässern erworben wurden, nicht zu. Selbst wenn diese Abgabe als Lieferung anzusehen wäre, ist die Entnahme nach den Selbstkosten, die die Kosten des Betriebs der Bierstube einschließt, zu bemessen. Gleiches gilt für die Abgabe von in Küchen zubereiteten Speisen.

c) Sind somit die Selbstkosten maßgeblich, sind bei deren Ermittlung auch die nicht vorsteuerbelasteten Aufwendungen zu berücksichtigen.

aa) Bei einer Beurteilung nach der im Streitjahr gemäß nationalem Recht bestehenden Rechtslage waren die in den [X.] ausgeführten Umsätze als Lieferungen zu behandeln, obwohl "[X.]" nach dem Unionsrecht als sonstige Leistungen anzusehen sind (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 5. November 1998 [X.], [X.], 340, [X.] 1999, 326). Beruft sich der Kläger bei einer derartigen Abweichung nicht auf das Unionsrecht, erfolgt auch die Bemessung dieser Umsätze nach nationalem Recht. Maßgeblich sind danach gemäß § 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG die Kosten, ohne dass dabei eine Einschränkung auf vorsteuerbelastete Kosten erfolgt. Dass nach Art. 5 Abs. 6 der [X.]/[X.] bei Entnahmen --entgegen der im Streitjahr nach nationalem Recht bestehenden [X.] nur vorsteuerbelastete Bestandteile zu erfassen waren (BFH-Urteil vom 20. Dezember 2001 [X.], [X.], 347, [X.] 2002, 557) ist insoweit unerheblich.

Nach der im Streitjahr gemäß nationalem Recht bestehenden Rechtslage ist daher bei der Anwendung der [X.] nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 UStG von Entnahmen nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. a UStG auszugehen, die gemäß § 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG mit den Selbstkosten ohne Einschränkung auf vorsteuerbelastete Kosten anzusetzen sind. Anhaltspunkte dafür, dass diese Kosten ein marktübliches Entgelt überstiegen, bestehen nach den für den Senat bindenden Feststellungen des [X.] (§ 118 Abs. 2 [X.]O) nicht.

bb) Im Übrigen würde auch die Anwendung des Unionsrechts das Klagebegehren nicht stützen, da die dann gebotene Einordnung der [X.] als unentgeltliche Erbringung einer Dienstleistung (und nicht als unentgeltliche Verwendung eines Gegenstandes) dazu führt, dass ebenso wie bei den [X.]n alle Kosten und nicht nur die vorsteuerbelasteten Kosten in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen wären (s. oben II.1.c).

4. Die Sache ist spruchreif. Die Umsätze in den Ferien- und Erholungsheimen sind mit dem marktüblichen Entgelt anzusetzen und der angefochtene Umsatzsteuerbescheid vom 16. Mai 1997 mit der Maßgabe zu ändern, dass die dem Regelsteuersatz unterliegenden Umsätze um 2.850.457 [X.] gemindert werden. Im Übrigen hat die Revision des [X.] --auch soweit er die Änderung nach § 164 Abs. 2 [X.] begehrt (vgl. hierzu [X.] vom 11. März 1999 [X.], [X.], 128, [X.] 1999, 335, unter II.1.a)-- keinen Erfolg. Die Anschlussrevision des [X.] ist im Ergebnis unbegründet.

Meta

V R 4/10

07.10.2010

Bundesfinanzhof 5. Senat

Urteil

vorgehend Hessisches Finanzgericht, 10. Dezember 2009, Az: 6 K 4389/03, Urteil

§ 10 UStG 1993, Art 6 Abs 2 EWGRL 388/77, Art 27 EWGRL 388/77

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 07.10.2010, Az. V R 4/10 (REWIS RS 2010, 2564)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 2564

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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