Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.04.2000, Az. I ZR 205/97

I. Zivilsenat | REWIS RS 2000, 2576

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[X.] DES VOLKESURTEILI ZR 205/97Verkündet am:6. April 2000WalzJustizamtsinspektorals Urkundsbeamterder Geschäftsstellein dem [X.] 2 -Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 6. April 2000 durch [X.] Dr. [X.]und [X.], Prof. [X.], [X.] und Raebelfür Recht erkannt:Auf die Revision der [X.]n wird das Urteil des [X.] vom 19. Juni 1997 aufgehoben.Auf die Berufung der [X.]n wird das Urteil der [X.] [X.] des [X.] vom 15. Mai 1996 ab-geändert.Die Klage wird abgewiesen.Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.Von Rechts wegen- 3 -Tatbestand:Die Klägerin, die u.a. Stanzmaschinen für die Herstellung von Produktenfür die Verpackungsindustrie sowie Ausrüstungen und Hilfsartikel für derartigeMaschinen herstellt, war Inhaberin der am 17. Juni 1994 angemeldeten und am2. Februar 1995 eingetragenen Marke Nr. 2 901 156 "[X.]", die fürmaschinelle Geräte zum Einsetzen von Stanz-, Ausbrech- und Nutzentrenn-werkzeugen für Pappe-, Papier- und Wellpappebearbeitungsmaschinen [X.] vorstehend genannter Geräte Schutz genoß. Die Marke ist im Laufe [X.] gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 3 [X.] gelöscht worden, [X.] entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] eingetragen worden war.Die [X.] stellt u.a. Ausrüstungen und Zubehörartikel für die Verpak-kungsindustrie her und vertreibt diese. In ihrem Prospekt "[X.]" [X.] die [X.] ein Gerät "M. [X.]". Sie hat den Begriff "[X.]"auch in Alleinstellung verwendet.Die Klägerin hat die [X.] aus ihrer Marke erfolglos abgemahnt. [X.] geltend gemacht, sie vertreibe ihr Zentriersystem in [X.] bereitsseit etwa zehn Jahren unter der Bezeichnung "[X.]". Die [X.] ver-wende die Bezeichnung "[X.]", "M. [X.]" bzw. "Mi./[X.]" für Geräte, die denselben Zwecken dienten. Bei "[X.]" [X.] es sich um einen Phantasiebegriff mit hoher Assoziationskraft. Die [X.] könne sich nicht auf § 23 [X.] berufen, denn auch wenn "[X.]" in [X.] Übersetzung so viel bedeute wie "Mittellinie" bzw. "[X.]", folge daraus noch nicht, daß es sich für die im Warenverzeichnis der [X.] genannten Geräte um eine freihaltungsbedürftige glatte [X.] 4 -heitsangabe handele. Im übrigen verstoße die [X.] mit ihrem Verhaltengegen die guten Sitten. Sie, die Klägerin, benutze bereits seit etwa zehn Jah-ren "[X.]" als eingeführte und bei den Fachkreisen bestens bekannteKennzeichnung für ihre Geräte. Die [X.] versuche, sich an ihren guten Rufanzuhängen. Die Klägerin hat die Verurteilung der [X.]n zur Unterlassungder Verwendung der angegriffenen Bezeichnungen, zur Entfernung der ange-griffenen Bezeichnungen auf Maschinen und zur Vernichtung der zur Kenn-zeichnung benutzten oder bestimmten Vorrichtungen sowie zur [X.] über derartige Handlungen und die Feststellung von deren Schadens-ersatzpflicht, die beiden letzteren auf die [X.] seit dem Zugang der Abmahnungbeschränkt, begehrt.Die [X.] ist dem entgegengetreten und hat geltend gemacht, bei"[X.]" handele es sich um eine rein beschreibende Angabe. Sie [X.] den Begriff auch in dieser Weise, um über Merkmale und Eigenschaften derentsprechend gekennzeichneten Geräte zu unterrichten. Diese Art der Ver-wendung verstoße nicht gegen die guten Sitten. Die Anträge seien schon [X.] größtenteils unschlüssig, weil sie, die [X.], die in Frage stehendenGeräte nicht mit den beanstandeten Bezeichnungen versehe und derartige Ge-räte nicht anbiete oder sonst in den Verkehr bringe. Für den Vernichtungsan-spruch fehle jeder substantiierte Vortrag.Das [X.] hat die [X.] im wesentlichen antragsgemäß [X.].Die Berufung der [X.]n ist erfolglos [X.] 5 -Mit der Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, [X.] [X.] ihr Klageabweisungsbegehren weiter.Entscheidungsgründe:Die Revision führt zur Klageabweisung.[X.] Das Berufungsgericht hat in dem angegriffenen Verhalten der Beklag-ten eine Verletzung der Marke der Klägerin gesehen und eine beschreibendeVerwendung des Markenworts i.S. des § 23 Nr. 2 [X.] verneint.I[X.] Hiergegen wendet sich die Revision mit Erfolg.1. Nach der Löschung der [X.] kann das Klagebegehren nichtmehr mit Erfolg auf die [X.] "[X.]" gestützt werden. [X.] ist, wie die [X.] in der Revisionsinstanz unwidersprochen vorgetra-gen hat, in dem von ihr angestrengten Löschungsverfahren aufgrund des [X.] vom 23. Juli 1997, der nach Rücknahme derhiergegen gerichteten Beschwerde der Klägerin rechtskräftig geworden ist,gelöscht worden.Diese Veränderung der Schutzrechtslage ist im Markenverletzungsstreitebenso wie eine Gesetzesänderung, die die gesetzliche Anspruchsgrundlagebetrifft, auch noch in der Revisionsinstanz zu beachten (st. Rspr. zum Patent-und Gebrauchsmusterrecht, vgl. [X.]/[X.], [X.], Gebrauchsmu-stergesetz, 9. Aufl., § 139 [X.] Rdn. 4, 145 m.w.N.). Das gilt in markenrechtli-- 6 -chen Verfahren nicht nur im Rechtsbeschwerdeverfahren ([X.], [X.]. v.13.3.1997 - [X.], [X.], 634 = [X.], 758 - [X.], m.w.N.),sondern, wie der Senat bereits ausgesprochen hat, ebenso im markenrechtli-chen Verletzungsverfahren ([X.], Urt. v. [X.] - I ZR 168/97, [X.]. S. 13- Ballermann).Angesichts der Löschung der [X.] fehlt es an einer markenrecht-lichen Anspruchsgrundlage für die von der Klägerin geltend gemachten [X.], so daß die Verurteilung der [X.]n aus Markenrecht nicht [X.] bleiben kann.2. Das angefochtene Urteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründenals richtig dar (§ 563 ZPO).a) Die Revisionserwiderung hat zwar vorgebracht, daß die Klägerin In-haberin zweier (weiterer) eingetragener Marken "[X.]" ist ([X.]. , die u.a. für maschinelle Geräte zum Einsetzen von [X.] und Nutzertrennwerkzeugen für Pappe-, Papier- und Wellpappebe-arbeitungsmaschinen Schutz genießt, und [X.] Nr. deren [X.], ducarton et du carton ondulé pour l'industrie de la fabrication des emballages"enthält). Sie verkennt aber selbst nicht, daß die geltend gemachten Ansprüchein diesen Marken keine Stütze finden können, weil insoweit eine Änderung [X.] vorläge, die in der Revisionsinstanz unzulässig ist ([X.]Z 28,131, 136 [X.]) Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung sind die [X.] nicht aus § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt der Rufausbeutung begrün-- 7 -det. Hierzu macht die Revisionserwiderung geltend, die Klägerin habe [X.] den Instanzen jedenfalls teilweise entsprechende Tatsachen vorgetragen,aus denen sich die geltend gemachten Ansprüche ergäben. Damit vermag sienicht durchzudringen.Nach der Rechtsprechung des [X.] ergibt sich seit [X.] des [X.]es der Schutz gegen Rufausbeutung in ersterLinie aus § 9 Abs. 1 Nr. 3 und § 14 Abs. 2 Nr. 3 sowie aus § 15 Abs. 3[X.]. Das gilt auch für Kennzeichen, die wie die [X.], schon vordem 1. Januar 1995 angemeldet worden sind (§ 152 [X.]). Der Schutz derbekannten Marke im [X.] stellt sich als eine umfassende [X.] Regelung dar, mit der der bislang in der Rechtsprechung entwickelteSchutz fixiert und ausgebaut werden sollte. Diese Regelung ist an die [X.] bisherigen von der Rechtsprechung entwickelten Schutzes getreten undläßt in ihrem Anwendungsbereich für eine gleichzeitige Anwendung des § 1UWG oder des § 823 BGB grundsätzlich keinen Raum ([X.]Z 138, 349, 351 f.- [X.]; zustimmend wohl [X.]/Hefermehl, [X.]., § 1 UWG Rdn. 569; a.[X.], Markenrecht, 2. Aufl., § 14 Rdn. 411f.). Der von der Revisionserwiderung herangezogene Sachvortrag der Klägerinbezog sich auf den [X.] geregelten Anspruch und befaßte [X.] dem Begriff des Verstoßes gegen die guten Sitten i.S. des § 23 [X.].Vorliegend fehlt es bereits an einem schlüssigen Vortrag für die An-spruchsgrundlage aus § 1 UWG. Denn die Klägerin hat weder zum Tatbestandder Rufausbeutung noch zur Frage der Bekanntheit ihrer Kennzeichnung [X.] [X.] 8 -Auch der von der Revisionserwiderung herangezogene [X.] wettbewerbswidrigen Nachahmung von Kennzeichen (§ 1 UWG) greiftnicht durch. Insoweit fehlt es an jedem Sachvortrag der Klägerin in den Tatsa-cheninstanzen.3. Ohne Erfolg beruft sich die Revisionserwiderung auch darauf, daß esAufgabe des Berufungsgerichts gewesen wäre, in diesem Fall einen Hinweisgemäß § 278 Abs. 3, § 139 ZPO zu geben. Allerdings ist, worauf die Revisi-onserwiderung zutreffend hinweist, die richterliche Aufklärungspflicht grund-sätzlich großzügig zu handhaben. Gleichwohl liegt ein Verfahrensfehler [X.] nicht vor.a) Die Aufklärungsrüge greift hinsichtlich der von der [X.] erstmals im Revisionsverfahren neu eingeführten Anspruchsgrundlagenim Streitfall schon deshalb nicht durch, weil das Berufungsgericht der Klagestattgegeben hat und deshalb der in Rede stehende Hinweis nicht veranlaßtwar.b) Es greift aber auch nicht ausnahmsweise der Grundsatz des Vertrau-ensschutzes und der Anspruch der [X.]en auf ein faires Gerichtsverfahrenein, die es gebieten können, den Kläger nicht wegen eines Umstandes, dererstmals in der Revisionsinstanz bedeutsam geworden ist, die Rechtsfolge [X.] in Kauf nehmen zu lassen, die er vor dem Tatrichter nicht ab-zusehen vermochte (vgl. [X.], Urt. v. 5.6.1997 - I ZR 69/95, [X.], 489,492 = [X.], 42 - Unbestimmter Unterlassungsantrag III, m.w.N.). [X.] angeführten Grundsätze bedeuten nicht, daß eine [X.] auch ohne jegli-che Anhaltspunkte im vorgetragenen Sachverhalt auf theoretisch denkbare [X.] -spruchsgrundlagen hingewiesen und sie zu entsprechendem Sachvortrag [X.] werden müßte.II[X.] Danach war das angefochtene Urteil aufzuheben, auf die Berufungder [X.]n das landgerichtliche Urteil abzuändern und die Klage abzuwei-sen.Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.[X.][X.]BornkammRi[X.] [X.] und Ri[X.] Raebelsind infolge Urlaubs an der Unterschrifts-leistung verhindert.[X.]

Meta

I ZR 205/97

06.04.2000

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.04.2000, Az. I ZR 205/97 (REWIS RS 2000, 2576)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 2576

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