Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.10.2012, Az. I ZR 81/11

I. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 1963

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BUNDESGERICHTSHOF

HINWEISBESCHLUSS
I [X.]/11
vom

25. Oktober 2012

in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der [X.]
Zivilsenat des [X.] hat am
25.
Oktober 2012 durch [X.] Dr.
Bornkamm und [X.], Dr.
Kirchhoff, Dr.
Koch und Dr.
Löffler

einstimmig beschlossen:

Die Beklagte wird darauf hingewiesen, dass der [X.], ihre Revision gegen das Urteil des 2.
Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 6.
April 2011 gemäß §
552a Satz
1 ZPO zurückzuweisen.

Gründe:

[X.] Die Beklagte vermittelt Reiseleistungen
über das [X.]. Bei der Bu-chung von Flügen legt
sie

nachdem der
Kunde einen bestimmten Flug ausge-wählt hat

unaufgefordert ein Versicherungspaket in den [X.], das der Kunde erst zu einem späteren Zeitpunkt des Buchungsvorgangs wieder entfer-nen
kann. Die betreffende Rubrik enthält die voreingestellte Angabe

ELVIA Reiserücktritts-Vollschutz (für alle Reisenden im Preis inbegriffen).

Will der Kunde den Versicherungsschutz nicht in Anspruch nehmen, muss er die voreingestellte Auswahl ändern und die Option

Ich verzichte auf weiteren Versicherungsschutz (-

1
2
-
3
-
auswählen
("Opt-out"). Der Kläger, ein Verbraucherverband, sieht darin einen Verstoß gegen §
4 Nr.
11 UWG in Verbindung mit Art.
23 Abs.
1 Satz
4 der Verordnung ([X.]) Nr.
1008/2008 des [X.] und des Rates vom 24.
September 2008 über gemeinsame Vorschriften für die Durchführung von [X.] in der [X.] (ABl. [X.] Nr.
L
293, S.
3). Er nimmt die Beklagte auf Unterlassung und Zahlung von Abmahnkosten in An-spruch
und hat unter anderem beantragt,
der Beklagten zu untersagen,

gegenüber Verbrauchern auf der [X.]seite mit der Adresse www.

.de nach
Auswahl einer gewünschten Flugverbindung eine zusätzliche Versich-erungsleistung (hier: [X.]) in den virtuellen "[X.]"
einzustellen, ohne dass der Verbraucher zuvor eine Erklärung über die Auswahl solch einer Versicherungsleistung abgegeben hat und dem Verbrau-cher lediglich die Möglichkeit zu eröffnen, die voreingestellte Auswahl einer Versicherungsleistung zu ändern, wie geschehen in dem Buchungssystem, von dem [ein] Ausdruck einer Bildschirmkopie als Anlage beigefügt ist.

Das [X.] hat
der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen [X.], deren Zurückweisung der
Kläger
beantragt, verfolgt
die Beklagte ihren An-trag auf
Abweisung der Klage weiter.

I[X.] Der Senat beabsichtigt, die
Revision durch Beschluss
nach §
552a Satz
1 ZPO
zurückzuweisen, weil die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht (mehr)
vorliegen (dazu
1) und das Rechtsmittel auch
keine [X.] auf Erfolg hat (dazu
2).

1. Die Revision ist zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer [X.] Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] erfordert (§
543 Abs.
2 ZPO). Maßgeblich für die Beurteilung der Frage, ob die Voraus-setzungen für die Zulassung der Revision vorliegen, ist im Rahmen der Prüfung des §
552a ZPO der Zeitpunkt der Entscheidung des [X.] (vgl. 3
4
5
-
4
-
BGH, Beschluss vom 20.
Januar 2005
I
ZR
255/02, [X.], 448 = [X.], 508

SIM-Lock
II). Der [X.] hat nunmehr entschieden, dass
Kosten für eine Reiserücktrittsversicherung, die bei der Bu-chung von Flugleistungen vom Reisevermittler angeboten und nicht vom Luft-fahrtunternehmen
selbst, sondern von einem unabhängigen [X.] erbracht wird, fakultative Zusatzkosten im Sinne des Art.
23 Abs.
1 Satz
4 der
Verord-nung
1008/2008 sind
(Urteil vom 19.
Juli 2012

C-112/11, [X.], 2867 Rn.
17
ff.
ebookers.com). Danach ist die im vorliegenden Fall maßgebliche
Frage, ob das beanstandete Verhalten der Beklagten
gegen
§§
5, 5a UWG ver-stößt, nicht mehr
klärungsbedürftig.

2. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.

a) Ob das beanstandete Verhalten der Beklagten

wie vom Berufungs-gericht angenommen und von der Revision als rechtsfehlerhaft gerügt

gegen §
5 Abs.
1 Nr.
1 und 3 UWG und §
5a Abs.
2 und 3 Nr.
1, 3 UWG verstößt, kann vorliegend offenbleiben. Denn das angegriffene Urteil erweist sich jedenfalls aus anderen
Gründen als richtig (§
561
ZPO).

b) Der Klägerin steht
der
geltend gemachte
Unterlassungsanspruch aus §
8
Abs.
1, §§
3,
4 Nr.
11 UWG in Verbindung mit Art.
23 Abs.
1 Satz
4 der Verordnung
1008/2008
zu.

aa) Die Vorschrift des Art.
23 Abs.
1 Satz
4 der Verordnung 1008/2008 ist eine Marktverhaltensregel im Sinne des §
4 Nr.
11 UWG. Nach ihr müssen beim Angebot von innergemeinschaftlichen Flugdiensten fakultative Zusatzkos-ten zum einen auf klare, transparente und eindeutige Art und Weise am Beginn jedes Buchungsvorgangs mitgeteilt werden. Zum anderen darf die Annahme 6
7
8
9
-
5
-
dieser fakultativen
Zusatzkosten durch den Kunden nur auf Grundlage eines "Opt-in"-Verfahrens erfolgen.

cc)
Die von der Beklagten angebotene Versicherungsleistung, die von einem mit dem Luftfahrtunternehmen nicht verbundenen [X.] erbracht wird, stellt eine solche fakultative Zusatzleistung im Sinne des Art.
23 Abs.
1 Satz
4 der Verordnung 1008/2008 dar. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs
der [X.] Union
erfasst die Vorschrift die im Rahmen von Flugbuchungen
angebotenen Zusatzleistungen
entgegen der Auffassung der Revision

auch dann, wenn sie von einem Reisevermittler und nicht vom Luftfahrtunternehmen selbst angeboten werden. Zudem ist der Anwendungsbereich der Vorschrift

ebenfalls entgegen der Ansicht der Revision

nicht nur auf die Fälle be-schränkt, in denen die Zusatzleistung vom Luftfahrtunternehmen selbst oder von einem von ihm
abhängigen Unternehmen erbracht wird. Vielmehr erfasst Art.
23 Abs.
1 Satz
4 der Verordnung 1008/2008 auch solche Vertragsgestal-tungen, in denen die Zusatzleistung von einem mit dem Luftfahrtunternehmen nicht verbundenen [X.] erbracht wird,
die Kosten dafür aber in [X.] mit den Kosten für die Flugleistung erhoben werden
([X.], [X.], 2867 Rn.
17

ebookers.com).

[X.]) Das Buchungsverfahren der Beklagten entspricht nicht den [X.] des Art.
23 Abs.
1 Satz
4 der Verordnung
1008/2008. Danach muss sich der Verbraucher aktiv für den Einschluss der zusätzlich
angebotenen
Leistung in den Vertrag entscheiden können
("Opt-in"-Verfahren). Beim [X.] der Beklagten wird die zusätzlich angebotene Reiserücktrittsversicherung jedoch automatisch zum [X.] des Kunden hinzugefügt, so dass dieser

will er diese Leistung nicht in Anspruch nehmen

sich aktiv gegen deren
vor-eingestellten Einschluss entscheiden und die Option "Ich verzichte auf weiteren Versicherungsschutz (-16,00

"
auswählen
muss.
Erst dann 10
11
-
6
-
wird die Versicherungsleistung aus dem [X.] entfernt ("Opt-out"-Verfahren).

c) Der Zahlungsanspruch ergibt sich nach [X.] aus §
5 UKlaG
in Verbindung mit §
12 Abs.
1 Satz
2 UWG.

II[X.] Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von vier [X.] nach Zustellung dieses Beschlusses.

[X.] Streitwert für die
Revision: 15.000

Bornkamm
Pokrant
Kirchhoff

Koch
Löffler
Hinweis:

Das Revisionsverfahren ist durch [X.] erledigt worden.

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 13.08.2010 -
3 O 208/10 -

OLG [X.], Entscheidung vom 06.04.2011 -
2 U 783/10 -

12
13
14

Meta

I ZR 81/11

25.10.2012

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.10.2012, Az. I ZR 81/11 (REWIS RS 2012, 1963)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 1963

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Unterlassungsanspruch gegen Vermittler von Flugreisen wegen unzureichender Ausgestaltung des Opt-In-Verfahrens zur Auswahl fakultativer Zusatzleistungen


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I ZR 81/11

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