Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.01.2017, Az. VII ZR 181/16

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 17173

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:180117BVIIZR181.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS

VII ZR 181/16

vom

18.
Januar 2017

in dem Rechtsstreit

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2
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Der VII.
Zivilsenat des [X.] hat am
18.
Januar
2017
durch [X.]
Eick, den
Richter [X.] und die Richterinnen [X.], [X.] und [X.]
beschlossen:
Der Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision
wird stattgegeben.
Das Urteil des 7.
Zivilsenats des [X.] Ober-landesgerichts vom 2.
Juni 2016 wird gemäß §
544 Abs.
7 ZPO aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Streitwert: 43.057,83

Gründe:
I.
Die Klägerin nimmt den Beklagten, der unter anderem Erdbauarbeiten durchführt, auf Schadensersatz
in Anspruch.
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Die Klägerin beabsichtigte in den Jahren 2013/2014 den

mittlerweile fertiggestellten

Neubau eines Cafés im Stadtpark
von H. Der Beklagte erhielt aufgrund Angebots vom 21.
November
2013
den Auftrag,
die [X.]. In diese sollte ein sogenannter "[X.]" der
J.-S.
GmbH, ein aus Fertigteilen zusammengesetzter
Keller, eingebaut werden.
Ein Mitarbeiter der Beklagten hob die Baugrube zwischen dem 29.
November 2013 und dem 4.
Dezember 2013 aus. Dabei erfolgte vor Ort vor Beginn der Arbeiten eine Einweisung durch den Zeugen [X.] (Ehemann der Klä-gerin) sowie durch den als Bauleiter der Klägerin
agierenden Zeugen W.
Durch diese wurde auch der sogenannte Nullpunkt vorgegeben.
Der Beklagte rechnete seine Arbeiten unter dem 4.
Dezember
2013
mit 9.037,43

von der Klägerin gezahlt.
Im Frühjahr 2014 wurde [X.] geliefert und eingebaut, wobei dieser rund 80
cm über die Geländeoberfläche hinausragte. Weil dies nicht den ge-nehmigten Bauplänen entsprach, forderte die
Stadt
H.
von der Klägerin den Rückbau des [X.] und die Errichtung des Gebäudes nach den genehmigten Planungen.
Mit Anwaltsschreiben vom 16.
Mai 2014
forderte die Klägerin den [X.] auf, bis zum 29.
Mai
2014 mitzuteilen, ob er "an einer einvernehmlichen Vertiefung [X.]grube gegen Übernahme der Kosten auf Ihre Rechnung bei gleichzeitiger Vertiefung interessiert" sei. Zudem ließ sie "hiermit hinsichtlich des Rückbaus des [X.] um 80
cm Tiefe" den Beklagten "ausdrücklich in [X.]" setzen und kündigte "nach Ablauf der Frist die kostenmäßig gegen Sie gewandte Ersatzvornahme durch einen dritten Unternehmer" an.

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Der Beklagte lehnte dies mit Anwaltsschreiben vom 20.
Mai
2014 unter Hinweis darauf ab, er habe die Baugrube ordnungsgemäß
ausgehoben.
Mit weiterem Schreiben vom 6.
Juni 2014 ließ die Klägerin dem Beklagten eine Frist zur ordnungsgemäßen Herstellung der Baugrube bis zum 13.
Juni
2014 setzen. Diese Frist verstrich
ergebnislos.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der Beklagte sei
ihr wegen mangelhaften [X.] der Baugrube zum Schadensersatz verpflichtet.
Sie
hat in erster Instanz beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie 68.246,50

e-zeichneter Zinsen zu zahlen.
Das [X.] hat die Klage nach Beweisaufnahme abgewiesen.
Die Berufung der Klägerin, mit der sie einen
Schadensersatzanspruch in

ist erfolglos geblieben. Die Revision hat das Berufungsgericht nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Klägerin, die ihren [X.] weiterverfolgt.

II.
Das Berufungsgericht führt, soweit für das Revisionsverfahren von [X.], im Wesentlichen Folgendes aus:
Im Ergebnis zutreffend habe das [X.] die Klage abgewiesen.
Entgegen der Auffassung des [X.]s scheiterten Schadensersatz-ansprüche der Klägerin aus §
634 Nr.
4, §
636 BGB nicht an einer fehlenden Fristsetzung zur Mängelbeseitigung. Es fehle vielmehr an der Grundvorausset-7
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zung werkvertraglicher Gewährleistungsansprüche, nämlich einem Mangel der vom Beklagten ausgehobenen Baugrube. Ein Mangel im Sinne von §
633 Abs.
1 BGB folge nicht schon daraus, dass der [X.] rund 80
cm aus der Baugrube herausragte. Dies wäre nur dann der Fall, wenn dem Beklagen die klare Vorgabe gemacht worden wäre, dass die Oberkante des [X.] nach Einbau ohne weitere Maßnahmen eben mit dem Gelände abschließen sollte. Dies ergebe sich nicht bereits aus der Skizze Anlage K
9.
Maßgeblich für einen Mangel der Erdarbeiten des Beklagten sei viel-mehr, ob dieser vom sogenannten Nullpunkt aus hinreichend tief in die Baugru-be ausgehoben habe. Diesen Nullpunkt vorzugeben, sei Sache des [X.] gewesen, mithin der Klägerin. Dabei sei schon erstinstanzlich unstreitig gewesen, dass genau dies vor Ausführung der Arbeiten durch die Zeugen [X.]
und W. erfolgt sei. Nach dem detaillierten Vorbringen des Beklagten, das
er anschaulich im Rahmen seiner persönlichen Anhörung vor dem Berufungsge-richt ergänzt habe und dem die Klägerin in erheblicher Weise nicht entgegenge-treten sei, sei ihm unter dem 21.
November
2013 der Fußpunkt einer ca. 3,50
m südöstlich von der geplanten Baugrube entfernten Eiche als Nullpunkt vorgege-ben worden. Dass davon ausgehend der Beklagte die Baugrube nicht ord-nungsgemäß ausgehoben
hätte, habe die darlegungs-
und beweispflichtige Klägerin weder substantiiert behauptet noch unter Beweis gestellt.

III.
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision führt gemäß §
544 Abs.
7 ZPO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und
zur Zurückverweisung
der Sache
an das Berufungsgericht.
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1. Ohne Erfolg wendet sich die Beschwerde allerdings gegen die -
von der Klägerin in der Berufungsinstanz erfolglos mit einem Tatbestandsberichti-gungsantrag beanstandete -
Feststellung des Berufungsgerichts, dass der Null-punkt von den
im Lager der Klägerin stehenden Zeugen [X.] und W.
vorgegeben wurde. Die diesbezüglichen
Gehörsrügen
hat der Senat geprüft und für nicht durchgreifend erachtet. Von einer näheren Begründung wird gemäß § 544
Abs. 4 Satz
2 Halbsatz 2
ZPO abgesehen.
2. Die Nichtzulassungsbeschwerde rügt indes zu Recht, dass das [X.] bezüglich des Vorbringens der Klägerin in der Berufungsbegrün-dung vom 4. November 2015, Seite 10, der
Beklagte habe unter Berücksichti-gung der erhaltenen Bauzeichnungen (Anlage [X.]) jedenfalls gegen seine
Pflicht verstoßen, auf den Widerspruch zwischen der Vorgabe des [X.] und der sich aus den Bauzeichnungen ergebenden Lage des [X.] hinzuwei-sen, den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör verletzt hat.
a) Das Gebot des rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, die [X.] der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG setzt voraus, dass im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, dass tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist. Geht das Berufungsgericht in den Gründen des Berufungsurteils auf [X.] des Vorbringens
einer Partei zu einer Frage nicht ein, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, so lässt dies auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder offensichtlich unsubstantiiert war (vgl. [X.], Beschluss vom 23.
Februar 2016
-
VII ZR 28/15, IHR 2016, 124, juris
Rn.
7; Beschluss vom 20. Mai 2014 -
VII ZR 187/13 Rn. 6; 17
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7
-
Beschluss vom 16. März 2011
-
VIII ZR 338/09, [X.], 300 Rn. 3; [X.], NJW 2009, 1584 Rn. 14 m.w.N.).

b)
Nach diesen Maßstäben ist Art.
103 Abs.
1 GG im Streitfall verletzt.
[X.]) In der Berufungsbegründung Seite 10 hat die Klägerin unter anderem Folgendes geltend gemacht:
"Danach kommt es auch nicht darauf an, ob dem Beklagten ein geson-derter '0-Punkt'
vorgegeben worden ist, an dem er sich bei dem Ausheben der Baugrube orientiert haben will. Selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte (was nicht zutrifft) führt schlichte Denklogik zu dem Schluss, dass der Nullpunkt 80 cm zu hoch hätte angebracht werden müssen, da der dann eingebaute Kel-ler das Bodenniveau um 80 cm überragte. Dann hätte jedoch ein ganz erhebli-cher und offensichtlicher
Widerspruch zwischen der Bauzeichnung mit dem Kel-ler unter Niveau und dem angeblichen 0-Punkt mit der Folge eines 80 cm über Niveau ragenden [X.] bestanden. Selbst wenn somit der vom Beklagten be-hauptete (angebliche) Nullpunkt vorgegeben worden wäre, wäre es nach den Maßgaben der Rechtsprechung seine
Pflicht gewesen, auf den Widerspruch zwischen Höhe des (angeblichen) [X.] und der Bauzeichnung hinzuwei-sen und den Widerspruch aufzuklären. Dieser Pflicht ist er jedoch weder bei der Auftragsvergabe noch vor Beginn oder während der Ausschachtungsarbeiten

[X.]) Für die Revisionsinstanz ist mangels gegenteiliger Feststellungen des Berufungsgerichts davon auszugehen, dass der Beklagte die Bauzeich-nungen gemäß Anlage [X.] vor Beginn des [X.] von der Klägerin erhalten hat.

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Hieraus ergab sich in Verbindung mit den vorgelegten Fotografien (Anla-gen
K 10, [X.]), dass die Kelleroberkante ebenerdig mit der umliegenden [X.] abschließen sollte und ein Gefälle nicht vorhanden war. Die in den
Bauzeichnungen
Anlage [X.] eingezeichnete Außentreppe führte von der [X.] auf die Sohle des [X.]. Dies steht im Widerspruch zu der von dem Berufungsgericht festgestellten Vorgabe des [X.]. Mit diesem [X.] und dem aufgezeigten Widerspruch, auf den die Klägerin ihr Vorbringen erkennbar gestützt hat, hat sich das Berufungsgericht nicht hinrei-chend auseinandergesetzt und damit [X.] des klägerischen Vorbringens nicht erfasst und nicht verbeschieden.
c)
Auf dieser Verletzung des Anspruchs der Klägerin auf rechtliches Ge-hör kann das angefochtene Urteil
auch beruhen. Es kann nicht ausgeschlossen

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werden, dass das Berufungsgericht zu einem für die Klägerin günstigeren Er-gebnis gelangt wäre, wenn es das betreffende Vorbringen zur Kenntnis ge-nommen und bei der Entscheidung erwogen hätte.

Eick
Kartzke
[X.]

[X.]

[X.]

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 21.07.2015 -
7 O 159/14 -

OLG Schleswig, Entscheidung vom 02.06.2016 -
7 [X.] -

Meta

VII ZR 181/16

18.01.2017

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.01.2017, Az. VII ZR 181/16 (REWIS RS 2017, 17173)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 17173

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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