Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 20.12.2011, Az. 2 B 49/11

2. Senat | REWIS RS 2011, 232

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Gegenstand

Ablieferung von Vergütungen aus Nebentätigkeiten; Verzicht auf den Ablieferungsanspruch


Gründe

1

Der Kläger war hauptamtlicher [X.]ürgermeister der beklagten [X.]. Er wendet sich gegen die Verpflichtung zur Ablieferung von Vergütungen aus Nebentätigkeiten in der [X.] von 1990 bis 2001. Der Kläger war unter anderem Geschäftsführer der ... [X.], an der die [X.]eklagte zu 92 % beteiligt war. Die weiteren 8 % entfielen auf die [X.], eine Anstalt des öffentlichen Rechts. Dem Kläger ist die Tätigkeit nach den nicht mit einer Verfahrensrüge angegriffenen und damit in einem Revisionsverfahren gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindenden tatsächlichen Feststellungen des [X.]erufungsgerichts mit Rücksicht auf seine dienstliche Stellung übertragen worden, da die Stellung als [X.]ürgermeister der [X.] aufgrund von § 6 Satz 2 des Gesellschaftsvertrags zwingend mit derjenigen des Geschäftsführers der [X.] verbunden war. Gegenstand des insoweit erfolglosen [X.]erufungsverfahrens war unter anderem noch ein [X.]etrag von 9 151,88 € für die "Übernahme eines Pkw der ... [X.]". Die hiergegen erhobene [X.]eschwerde des [X.] bleibt ohne Erfolg.

2

1. Die [X.]eschwerde hält die Frage,

handelt es sich bei der Verpflichtung auf Ablieferung von Vergütungen aus Nebentätigkeiten nach § 5 Abs. 3 LNTVO [X.]W um zwingendes Recht in dem Sinne, dass eine Ausnahme von dieser Verpflichtung rechtlich auch bei gewichtigen Gründen schlicht nicht denkbar und absolut ausgeschlossen ist,

für grundsätzlich bedeutsam im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, § 127 Nr. 2 [X.]. Nach Ansicht der [X.]eschwerde müsse von der Ablieferungspflicht abgesehen werden, wenn die [X.]eklagte hierauf - im Vorhinein - verzichtet habe. Dann stehe ihrem Anspruch der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegen. Es solle geklärt werden, ob es trotz gesetzlich vorgesehener ausnahmsloser Ablieferungspflicht aus übergeordneten rechtlichen bzw. rechtsstaatlichen Grundsätzen und unter bestimmten Voraussetzungen möglich sei, dass die Ablieferungspflicht entfalle oder nicht mehr durchgesetzt werden könne. Der Kläger habe die Tätigkeit auf ausdrücklichen Wunsch der [X.] aufgenommen, die Vergütung sei bekannt gewesen und gutgeheißen worden.

3

Eine Rechtssache hat grundsätzliche [X.]edeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, § 127 Nr. 2 [X.]), wenn sie eine abstrakte, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage des revisiblen Rechts mit einer über den Einzelfall hinausgehenden allgemeinen [X.]edeutung aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder im Interesse der Rechtsfortbildung in einem Revisionsverfahren geklärt werden muss (stRspr, vgl. [X.]eschluss vom 2. Oktober 1961 - [X.]VerwG 8 [X.] 78.61 - [X.]VerwGE 13, 90 <91> = [X.] 310 § 132 VwGO Nr. 18). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, wenn die von der [X.]eschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen bereits geklärt sind oder sich anhand der bisherigen Rechtsprechung unter Zuhilfenahme des Gesetzestextes ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens eindeutig beantworten lassen. So verhält es sich hier.

4

Nach § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 LNTVO [X.]W in der hier anzuwendenden und bis zum 12. Mai 2005 gültigen Fassung sind Vergütungen für im öffentlichen oder diesem gleichstehenden Dienst ausgeübte Nebentätigkeiten von dem [X.]eamten insoweit an seinen Dienstherrn im Hauptamt abzuliefern, als die Vergütungen für die in einem Kalenderjahr ausgeübten Nebentätigkeiten bestimmte [X.]eträge, beim Kläger 9 600 DM, übersteigen. Sieht eine Norm wie § 5 Abs. 3 LNTVO [X.]W eine Ablieferungspflicht für eine Vergütung aus einer Nebentätigkeit aus einer öffentlichen Kasse vor, ohne hiervon eine Ausnahme vorzusehen, so handelt es sich hierbei um zwingendes Recht mit der Folge, dass der Dienstherr auf den [X.] nicht verzichten kann. Ein solcher Verzicht stünde im Widerspruch zu dem Zweck solcher Vorschriften. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats entspricht die dadurch zum Ausdruck kommende Einschränkung solcher Nebenverdienstmöglichkeiten des [X.]eamten im öffentlichen Dienst dem [X.] und der einheitlichen und umfassenden Dienstleistungspflicht des [X.]eamten. Für die ihm im öffentlichen Dienst insgesamt obliegende Pflichterfüllung hat der [X.]eamte nur einmal Anspruch auf angemessenen Unterhalt in Gestalt der Dienstbezüge. Er soll öffentliche Kassen nicht doppelt in Anspruch nehmen. Insoweit haben die Ablieferungsvorschriften die gleiche Zielrichtung und Funktion wie die Vorschriften über die Anrechnung von Einkommen aus einer Verwendung im öffentlichen Dienst auf die Versorgungsbezüge. Der Dienstherr genügt seiner Alimentationspflicht gegenüber dem [X.]eamten, wenn er diesem die ihm zustehende [X.]esoldung zahlt und andere [X.]ezüge, die die öffentliche Hand aufgrund eines zweiten [X.]eschäftigungsverhältnisses an den [X.]eamten leistet, bis zu den Höchstgrenzen der Nebentätigkeitsverordnung zur Entlastung seines öffentlichen Haushalts einfordert (Urteile vom 3. Juli 2003 - [X.]VerwG 2 C 17.02 - [X.] 237.8 § 72 RhPL[X.]G Nr. 1 S. 3 m.w.[X.] und vom 31. März 2011 - [X.]VerwG 2 C 12.09 - NVwZ-RR 2011, 739 ff.). Deshalb kann über die Ablieferung auch nicht gemäß anderen beamtenrechtlichen Vorschriften, die andere Zahlungen des Dienstherrn erfassen, unter [X.] entschieden werden. Härten, die sich insoweit ergeben können, sind in Anwendung der allgemeinen Vorschriften zu berücksichtigen (Urteil vom 3. Juli 2003 a.a.[X.]). Zwar kommt es im Rahmen einer Grundsatzrüge nicht darauf an, ob das [X.]erufungsgericht diese Rechtssätze auch richtig angewandt hat, dies ist indes der Fall: Das [X.]erufungsgericht hat im Einklang hiermit entschieden, dass der Ablieferungspflicht aus § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 LNTVO [X.]W nicht der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung mit der [X.]egründung entgegengehalten werden könne, die Gemeinderatsmitglieder hätten Kenntnis von allen maßgeblichen Umständen gehabt und mit dem Landratsamt sei abgeklärt worden, dass die getroffene Vergütungsregelung nebentätigkeitsrechtlich unbedenklich sei. Es handele sich bei der Ablieferungspflicht nach § 5 Abs. 3 LNTVO [X.]W um zwingendes Recht, sodass die [X.]eklagte hierauf nicht verzichten könne. Daher habe auch das zunächst - während der Amtszeit des [X.] - als Rechtsaufsichtsbehörde handelnde Landratsamt nicht für die [X.]eklagte auf die Ablieferungspflicht verzichten können. Auf die dortige Kenntnis der maßgeblichen Umstände komme es insoweit nicht an. Eine Möglichkeit zum Absehen von der Rückforderung sei nicht normiert.

5

Das [X.]erufungsgericht hat einen Verzicht für nicht möglich erachtet. Es hat aber andere, nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen oder Vorschriften zu beachtende Ausnahmen dadurch nicht zugleich ausgeschlossen. Dies zeigt sich daran, dass es eine Verjährung für möglich hielt, jedoch im vorliegenden Fall für nicht gegeben ansah.

6

2. Die von der [X.]eschwerde geltend gemachte Divergenz im Sinne des § 127 Nr. 1 [X.], § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zum Urteil des [X.] vom 13. Dezember 2002 - 2 A 11104/02 - (NVwZ 2003, 889 ff.) und dem [X.]eschluss des [X.] vom 11. März 2010 - 2 A 145/09 - (juris) rechtfertigt die Zulassung der Revision ebenfalls nicht, weil die Entscheidungen zur [X.] Nebentätigkeitsverordnung und dem entsprechenden Landesbeamtenrecht sowie zum Einigungsvertrag bzw. § 69 [X.][X.]G a.F und den Vorschriften der [X.] und damit zu anderen Rechtsvorschriften ergangen sind. Es ist unerheblich, ob die Rechtsfrage, die von den Obergerichten bei der Auslegung und Anwendung von sich im Wortlaut nur wenig voneinander unterscheidenden Vorschriften zu beantworten waren, gleichartig ist. Denn auch die Divergenzrevision nach § 127 Nr. 1 [X.] beruht - nicht anders als die Divergenzrevision nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO - auf dem Grundgedanken, dass nicht allgemeine auf mehreren Rechtsgebieten oder in mehreren Gesetzen auftretende Rechtsfragen übereinstimmend beantwortet werden sollen, sondern dass die Einheitlichkeit der Rechtsprechung in der Auslegung ein und derselben Rechtsvorschrift gesichert werden soll (stRspr, vgl. [X.]eschlüsse vom 10. April 1963 - [X.]VerwG 8 [X.] 16.62 - [X.]VerwGE 16, 53 m.w.[X.], vom 21. Juli 1988 - [X.]VerwG 1 [X.] 44.88 - [X.] 130 § 8 RuStAG Nr. 32 S. 5 und vom 12. Dezember 1991 - [X.]VerwG 5 [X.] 68.91 - [X.] 310 § 132 VwGO Nr. 302).

7

Unabhängig davon gilt: Das [X.]erufungsgericht hat ebenso wie das [X.] die Möglichkeit einer Verjährung des [X.]s der [X.] nicht generell verneint. Es hat im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats angenommen, dass [X.] als regelmäßig wiederkehrende Leistungen den hierfür geltenden Verjährungsvorschriften des [X.]ürgerlichen Gesetzbuchs unterliegen (vgl. Urteil vom 31. Oktober 2001 - [X.]VerwG 2 C 61.00 - [X.]VerwGE 115, 218 = [X.] 237.6 § 75a [X.]NdsL[X.]G Nr. 1) Das [X.]erufungsgericht hat die Möglichkeit des Einwands der unzulässigen Rechtsausübung für nicht gegeben erachtet, weil ein Verzicht auf den [X.] ausgeschlossen sei. Damit befasst sich weder die Entscheidung des [X.] noch diejenige des [X.]. Letzteres hat ausnahmsweise aufgrund besonderer Umstände einen Vertrauensschutz bei unklarer Rechtslage und einer Gesetzesänderung im Hinblick auf davor liegende Tatbestände angenommen. Hierzu hat das [X.]erufungsgericht keinen abstrakten Rechtssatz aufgestellt.

Meta

2 B 49/11

20.12.2011

Bundesverwaltungsgericht 2. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, 26. Oktober 2010, Az: 4 S 471/10, Urteil

§ 5 Abs 3 NTV BW

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 20.12.2011, Az. 2 B 49/11 (REWIS RS 2011, 232)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 232

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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