Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 03.09.2020, Az. 3 C 10/18

3. Senat | REWIS RS 2020, 4224

© Bundesverwaltungsgericht, Foto: Michael Moser

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Keine Erlaubnisfreiheit zur Herstellung von Wirkstoffen tierischer Herkunft für Ärzte


Leitsatz

§ 13 Abs. 2b Satz 1 AMG befreit Ärzte nur von der Erlaubnispflicht nach § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AMG für die Herstellung eines Arzneimittels; einen Wirkstoff tierischer Herkunft dürfen auch Ärzte nicht ohne die nach § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AMG erforderliche Erlaubnis herstellen, selbst wenn Wirkstoff und Arzneimittel "in einem Zug" hergestellt werden und der Arzt das Arzneimittel persönlich bei einem bestimmten Patienten anwenden will.

Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs [X.] vom 13. März 2018 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Tatbestand

1

Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob das so genannte [X.] nach § 13 Abs. 2b Satz 1 [X.] nicht nur die Herstellung von Arzneimitteln, sondern als Zwischenschritt auch die Herstellung von Wirkstoffen tierischer Herkunft erfasst.

2

Der Kläger ist praktizierender Arzt. Er hat in der Vergangenheit Arzneimittel mit Organextrakten tierischer Herkunft - insbesondere dem Thymus von Schweinen - zur Anwendung bei seinen Patienten hergestellt. Im Februar 2010 zeigte er dem [X.] die Verwendung selbst hergestellter Organextrakte und Infusionslösungen an. Auf Nachfrage erläuterte der Kläger, für die patientenindividuelle Zusammensetzung der Arzneimittel mische er Ampullenpräparate aus verschiedenen Substanzklassen - u.a. Organextrakten - und fülle sie in [X.] ab. Für die Herstellung des Thymus-Zellextrakts werde der Ausgangsstoff tierischen Ursprungs nach Überprüfung durch einen Veterinärmediziner und einen Diplom-Biologen unter seiner unmittelbaren fachlichen Verantwortung in einem Reinraumlabor der Firma [X.] tiefgefroren. Hieraus gewinne er in einem definierten Herstellungsprozess durch spezielle Trennungs- und Reinigungsschritte den Wirkstoff.

3

Mit Schreiben vom 2. Mai 2012 wies der Beklagte den Kläger darauf hin, dass bereits die Herstellung von Wirkstoffen tierischer Herkunft einer Erlaubnis bedürfe. Dies gelte auch für Ärzte, weil sich die für diese Personengruppe geltende Ausnahme nur auf Arzneimittel beziehe. Die Herstellung von Wirkstoffen tierischer Herkunft unterfalle auch dann der Erlaubnispflicht, wenn sie durch einen Arzt zur Herstellung eines patientenindividuellen Arzneimittels erfolge. Der Beklagte wies auf die Strafbarkeit der gerügten Verfahrensweisen hin und bat den Kläger, zur Vermeidung entsprechender Anordnungen die Herstellung von Organextrakten tierischer Herkunft unverzüglich einzustellen sowie sicherzustellen, dass noch vorhandene Extrakte nicht mehr zur Anwendung an Patienten verwendet würden.

4

Der Kläger teilte daraufhin mit, er halte an seiner Rechtsauffassung fest, werde die beanstandete Herstellung von Organextrakten tierischer Herkunft aber zunächst einstellen. Im Juni 2014 zeigte der Kläger erneut die Absicht an, Organextrakte zur Anwendung an seinen Patienten herzustellen. Nachdem der Beklagte seine ablehnende Rechtsauffassung bekräftigte, hat der Kläger im November 2014 Klage erhoben und die Feststellung beantragt, dass die Herstellung des Arzneimittels Thymus [X.] sowie die Herstellung anderer Arzneimittel aus tierischen Ausgangsmaterialien durch ihn unter seiner unmittelbaren fachlichen Verantwortung zum Zweck der persönlichen Anwendung bei einem bestimmten Patienten gemäß § 13 Abs. 2b [X.] erlaubnisfrei sei.

5

Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Der Verwaltungsgerichtshof [X.] hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, § 13 Abs. 1 [X.] enthalte für das Herstellen von Arzneimitteln und das Herstellen von Wirkstoffen tierischer Herkunft gesonderte Erlaubnistatbestände. Die vom Kläger in Anspruch genommene Ausnahmevorschrift des § 13 Abs. 2b [X.] betreffe nur die Herstellung von Arzneimitteln; für die Herstellung von Wirkstoffen tierischer Herkunft sei die Privilegierung dagegen nicht anwendbar. Dies gelte auch dann, wenn die Wirkstoffherstellung nur als Zwischenschritt im Rahmen der "in einem Zug" erfolgenden ärztlichen Herstellung eines Arzneimittels stattfinde. Bereits der Wortlaut des § 13 Abs. 2b [X.] nehme nur Arzneimittel in Bezug, die Wirkstoffherstellung werde dagegen nicht benannt. Dem entspreche, dass das [X.] auch im Übrigen zwischen Arzneimitteln und Wirkstoffen differenziere. Wirkstoffen tierischer Herkunft habe der Gesetzgeber ein besonderes Risikopotential beigemessen und deren Herstellung einer Erlaubnispflicht unterworfen. Sie gelte auch für Ärzte, denen keine besondere Fachkompetenz in Bezug auf die Herstellung solcher Wirkstoffe zukomme. Zur Absicherung des gerade bei Wirkstoffen tierischer Herkunft wesentlichen Herstellungsverfahrens gelte das Erfordernis einer gesonderten Erlaubnis auch für diese Personengruppe.

6

Mit der vom Berufungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren hinsichtlich des Arzneimittels Thymus [X.] weiter. Zwar werde die isolierte Wirkstoffherstellung aus tierischem Ausgangsmaterial nicht von der Ausnahmevorschrift des § 13 Abs. 2b [X.] erfasst. Dies gelte auch für Ärzte, die einen Wirkstoff zur Abgabe an Dritte oder zur Lagerung herstellten. Anders sei es jedoch, wenn der Wirkstoff nicht als solcher, sondern nur als Zwischenschritt im Rahmen der [X.] Herstellung eines Arzneimittels durch einen Arzt zur Anwendung an seinen Patienten hergestellt werde. Erweise sich die Wirkstoffherstellung nur als notwendiges Durchgangsstadium der "in einem Zug" erfolgenden Herstellung eines Arzneimittels, müsse auf das Endprodukt abgestellt werden. Dieses Arzneimittel dürfe ein Arzt gemäß § 13 Abs. 2b [X.] aber erlaubnisfrei herstellen. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Aufspaltung des einheitlichen und allein auf die Herstellung eines Arzneimittels gerichteten Herstellungsprozesses sei artifiziell und werde dem tatsächlichen Geschehen nicht gerecht. Sie finde auch keine Grundlage im Gesetz; vielmehr habe der Gesetzgeber nur die Herstellung xenogener Arzneimittel sowie von Arzneimitteln für neuartige Therapien von der [X.] ärztlichen Eigenherstellung ausgeschlossen.

7

Der Beklagte tritt der Revision entgegen. § 13 Abs. 2b [X.] sei eine eng auszulegende Ausnahmevorschrift, die nicht auf die Herstellung von Wirkstoffen tierischer Herkunft erweitert werden dürfe. Die von der Revision vertretene Auffassung sei weder vom Wortlaut des § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 [X.] gedeckt noch mit Blick auf das Risikopotential der dort genannten Wirkstoffe zu vertreten. Die Eigenständigkeit der Herstellung von Wirkstoff und Arzneimittel werde auch im Fall der Erlaubniserteilung deutlich, bei der auch der Wirkstoff in die Erlaubnis aufgenommen werde. Eine Unterscheidung danach, ob der Wirkstoff als Zwischenschritt oder Endprodukt hergestellt werde, finde sich in § 13 [X.] nicht.

8

Der Vertreter des [X.] beim [X.] beteiligt sich an dem Verfahren und verteidigt in Übereinstimmung mit dem [X.] das Berufungsurteil. Zwar sei die Herstellung von Wirkstoffen im Rahmen der Arzneimittelherstellung grundsätzlich erlaubnisfrei, da die Sicherung ihrer Qualität von der Erlaubnis zur Herstellung des Arzneimittels mitabgedeckt werde. Für Wirkstoffe tierischer Herkunft enthalte § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 [X.] aber eine Ausnahme.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision des [X.] ist nicht begründet. Das angefochtene [X.]erufungsurteil verletzt kein revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 VwGO). Der Kläger kann nicht die Feststellung verlangen, dass er das Arzneimittel Thymus [X.] aus tierischen Ausgangsmaterialien unter seiner unmittelbaren fachlichen Verantwortung zum Zweck der persönlichen Anwendung bei einem bestimmten Patienten gemäß § 13 Abs. 2b des [X.] mit Arzneimitteln ([X.] - [X.]) in der maßgeblichen aktuellen Fassung vom 28. April 2020 ([X.]) erlaubnisfrei herstellen darf.

Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 [X.] bedarf, wer Arzneimittel (Nr. 1) oder Wirkstoffe, die tierischer Herkunft sind (Nr. 3), gewerbs- oder berufsmäßig herstellt, einer Erlaubnis der zuständigen [X.]ehörde. Die Regelung gilt auch für Ärzte, die die Wirkstoffe oder Arzneimittel nicht in den Verkehr bringen, sondern ausschließlich zur [X.]ehandlung an eigenen Patienten einsetzen wollen ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 20. Dezember 2019 - 3 [X.] 20.19 [[X.]:[X.]:[X.]VerwG:2019:201219[X.]3[X.]20.19.0] - NVwZ-RR 2020, 539 Rn. 9 ff.). Die Ausnahmebestimmung in § 13 Abs. 2b Satz 1 [X.], auf die sich der Kläger beruft, enthält das sog. [X.]. Danach bedarf einer Erlaubnis nach § 13 Abs. 1 [X.] nicht eine Person, die Arzt, Zahnarzt oder sonst zur Ausübung der Heilkunde bei Menschen befugt ist, soweit die Arzneimittel unter ihrer unmittelbaren fachlichen Verantwortung zum Zwecke der persönlichen Anwendung bei einem bestimmten Patienten hergestellt werden.

§ 13 Abs. 2b Satz 1 [X.] befreit Ärzte nur von der Erlaubnispflicht nach § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] für die Herstellung eines Arzneimittels; einen Wirkstoff tierischer Herkunft dürfen auch Ärzte nicht ohne die nach § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 [X.] erforderliche Erlaubnis herstellen. Dies gilt auch dann, wenn Wirkstoff und Arzneimittel "in einem Zug" hergestellt werden und der Arzt das Arzneimittel persönlich bei einem bestimmten Patienten anwenden will. Das folgt aus dem Wortlaut (1.), der Entstehungsgeschichte (2.), der Systematik (3.) sowie dem Sinn und Zweck (4.) der Regelungen. Die Herstellung von Wirkstoffen tierischer Herkunft, wie dem vom Kläger für das Arzneimittel Thymus [X.] hergestellten Organextrakt aus dem Thymus von Schweinen, ist danach nicht erlaubnisfrei.

1. Nach seinem Wortlaut bezieht sich der Ausnahmetatbestand des § 13 Abs. 2b Satz 1 [X.] auf eine "Erlaubnis nach Absatz 1". Das könnte für sich genommen auch die nach § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 [X.] erforderliche Erlaubnis für die Herstellung von Wirkstoffen aus tierischer Herkunft einschließen. Die in der Vorschrift enthaltene Einschränkung auf "Arzneimittel" grenzt den Anwendungsbereich der Regelung aber bereits begrifflich auf die Erlaubnispflicht für die Herstellung von Arzneimitteln nach § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] ein.

§ 13 Abs. 1 Satz 1 [X.] sieht gesonderte Erlaubnistatbestände für die Herstellung von Arzneimitteln (Nr. 1) und bestimmten Wirkstoffen, etwa solchen aus tierischer Herkunft (Nr. 3), vor. Arzneimittel aus Wirkstoffen, deren Herstellung keine eigenständige Erlaubnis erfordert - wie etwa bei Wirkstoffen pflanzlicher Herkunft -, darf ein Arzt zum Zweck der persönlichen Anwendung bei einem bestimmten Patienten danach erlaubnisfrei herstellen. Verwendet ein Arzt bei der Arzneimittelherstellung dagegen Wirkstoffe tierischer Herkunft, für deren Herstellung es gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 [X.] einer gesonderten Erlaubnis bedarf, müssen diese von einem Inhaber der hierfür erforderlichen Erlaubnis hergestellt worden sein (vgl. [X.], in: [X.]/[X.]/[X.], [X.], 2. Aufl. 2016, § 13 Rn. 13). Damit wird sichergestellt, dass diese Wirkstoffe in jedem Fall nach den Grundsätzen der Guten Herstellungspraxis hergestellt werden (vgl. § 3 Abs. 2 Satz 3 der Verordnung über die Anwendung der Guten Herstellungspraxis bei der Herstellung von Arzneimitteln und Wirkstoffen und über die Anwendung der Guten fachlichen Praxis bei der Herstellung von Produkten menschlicher Herkunft vom 3. November 2006 <[X.]G[X.]l. I S. 2523>, zuletzt geändert durch Gesetz vom 9. August 2019 <[X.]G[X.]l. I S. 1202>).

Anhaltspunkte für die vom Kläger vertretene Auffassung, dass im Fall der "unselbständigen" Herstellung eines Wirkstoffs tierischer Herkunft zur unmittelbaren Weiterverarbeitung im Prozess der Herstellung eines Arzneimittels anderes gelten müsse, enthält der Wortlaut der Regelung nicht.

2. Gegen eine Erstreckung des [X.]s auf die Herstellung von Wirkstoffen tierischer Herkunft spricht auch die Entstehungsgeschichte der maßgeblichen Regelungen.

Der Erlaubnisvorbehalt für das Herstellen von Wirkstoffen u.a. tierischer Herkunft wurde durch das Fünfte Gesetz zur Änderung des [X.]es vom 9. August 1994 ([X.]G[X.]l. I S. 2071) in § 13 Abs. 1 Satz 1 [X.] eingefügt. Der Gesetzgeber wollte damit dem besonderen Risikopotenzial begegnen, das nach seiner [X.]ewertung mit Wirkstoffen u.a. tierischer Herkunft verbunden ist (vgl. hierzu die [X.]egründung des Gesetzentwurfs der [X.]undesregierung in [X.]T-Drs. 15/2109 S. 27 zum Zwölften Gesetz zur Änderung des [X.]es). Die Qualität eines Arzneimittels, das Wirkstoffe tierischer Herkunft enthält, wird in besonderer Weise durch das Herstellungsverfahren bestimmt. Die Sicherung der hier erforderlichen Standards ist nur im Herstellungsprozess möglich; eine nachgeschaltete Ex-Post-Prüfung kann die Einhaltung dieser Anforderungen nicht mehr gewährleisten (vgl. Prütting, in: [X.]/[X.], Arzneimittelrecht, Stand: April 2019, § 13 Rn. 25a). Der Gesetzgeber hat den Erlaubnisvorbehalt für die Herstellung von Wirkstoffen u.a. tierischer Herkunft damit bewusst erweitert und auf das Herstellungsverfahren vorverlagert (vgl. hierzu [X.]T-Drs. 16/12256 [X.] zu [X.]uchst. a).

Das [X.] in seiner Ausgestaltung durch § 13 Abs. 2b [X.] geht auf das Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 17. Juli 2009 ([X.]G[X.]l. I S. 1990) zurück, das den Anwendungsbereich des [X.]es erweitert hat. Zuvor fand das [X.] nach § 4a Satz 1 Nr. 3 [X.] a.F. keine Anwendung auf Arzneimittel, die ein Arzt anwendet, soweit die Arzneimittel ausschließlich zu diesem Zweck unter seiner unmittelbaren fachlichen Verantwortung hergestellt worden sind. Entsprechend bedurfte einer Erlaubnis nach § 13 Abs. 1 Satz 1 [X.] a.F. nur, wer Arzneimittel oder die bezeichneten Wirkstoffe "zum Zwecke der Abgabe an andere" herstellen will. Diese Einschränkungen waren Folge der nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 19 GG bis zum Inkrafttreten des Gesetzes vom 28. August 2006 ([X.]G[X.]l. I S. 2034) auf den "Verkehr mit Arzneien" begrenzte Gesetzgebungskompetenz des [X.]undes (vgl. hierzu [X.]VerfG, Urteil vom 16. Februar 2000 - 1 [X.]vR 420/97 [[X.]:[X.]:[X.]VerfG:2000:rs20000216.1bvr042097] - [X.]VerfGE 102, 26). Nachdem das genannte Gesetz die Gesetzgebungskompetenz des [X.]undes auf das "Recht der Arzneien" erweitert hatte, hat der Gesetzgeber im Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 17. Juli 2009 die [X.]eschränkung des Anwendungsbereichs des [X.]es in § 4a Satz 1 Nr. 3 [X.] a.F. "aus Gründen der Arzneimittelsicherheit" gestrichen ([X.]T-Drs. 16/12256 [X.]). Auch die Erlaubnispflichten nach § 13 Abs. 1 wurden "aus Sicherheitsgründen" auf jede Herstellung, unabhängig von einer Abgabe an andere, erweitert ([X.]T-Drs. 16/12256 [X.]). Mit der Einfügung einer Ausnahme von der Erlaubnispflicht in § 13 Abs. 2b [X.] sollte es - so die Gesetzesbegründung - dabei bleiben, dass eine Person, die Ärztin oder Arzt oder sonst zur Ausübung der Heilkunde befugt ist, ohne Herstellungserlaubnis Arzneimittel für ihre eigenen Patienten herstellen darf ([X.]T-Drs. 16/122256 [X.]). Auch die Gesetzesbegründung nimmt damit, was die Reichweite des [X.]s betrifft, allein die Herstellung von Arzneimitteln in den [X.]lick. Unerwähnt bleibt dagegen die Herstellung von Wirkstoffen u.a. tierischer Herkunft. Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber, der in § 13 Abs. 1 [X.] mit der im Jahr 2009 erfolgten Änderung nicht nur die Herstellung von Arzneimitteln, sondern auch der bezeichneten Wirkstoffe aus Gründen der Arzneimittelsicherheit nunmehr unabhängig von einer Abgabe an andere erlaubnispflichtig gemacht hatte, bei der Regelung der zweckgebundenen Ausnahme für Ärzte in Absatz 2b nicht zwischen der Herstellung des Arzneimittels und des Wirkstoffs differenziert haben sollte, sind nicht ersichtlich.

3. Die Unterscheidung von Arzneimitteln und zu ihrer Herstellung dienenden Ausgangsstoffen, zu denen die in § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] genannten Wirkstoffe gehören (§ 4 Abs. 19 [X.]), entspricht auch der systematischen Regelungsstruktur des [X.]es. So spricht das [X.] im Zusammenhang mit der Herstellung von Arzneimitteln von Ausgangsstoffen (vgl. etwa § 12 Abs. 1b Nr. 1, § 22 Abs. 7 Satz 3 und § 24b Abs. 5 Satz 1 [X.]), während zu den Ausgangsstoffen neben den Wirkstoffen auch die Hilfsstoffe zählen (vgl. etwa § 4b Abs. 9 Satz 1 Nr. 3 und § 39b Abs. 1 Satz 4 [X.]).

Aus der Normsystematik, insbesondere der in § 13 Abs. 2b Satz 2 Nr. 1 [X.] geregelten Rückausnahme für xenogene Arzneimittel - also solche, die lebende tierische Gewebe oder Zellen sind oder enthalten (§ 4 Abs. 21 [X.]) - folgt nichts anderes. Die Regelung schließt eine erlaubnisfreie Arzneimittelherstellung durch einen Arzt vielmehr auch dann aus, wenn der Wirkstoff selbst vom Inhaber einer Erlaubnis nach § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 [X.] hergestellt worden ist. Die Vorschrift ist dem erhöhten Risikopotential bei der Herstellung dieser Arzneimittel geschuldet (vgl. [X.]T-Drs. 17/9341 [X.]) und erweitert die Erlaubnispflicht in diesen Fällen auch auf die Herstellung des Arzneimittels durch einen Arzt. Sie lässt keine Rückschlüsse auf die Erlaubnisfreiheit der Herstellung von Wirkstoffen tierischer Herkunft zu.

4. Vor allem aber sprechen der Sinn und Zweck, den der Gesetzgeber mit der eigenständigen Erlaubnispflicht des § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 [X.] für die Herstellung von Wirkstoffen u.a. tierischer Herkunft verfolgt, dagegen, das [X.] aus § 13 Abs. 2b Satz 1 [X.] auf die Herstellung solcher Wirkstoffe zu erstrecken.

Mit der Einführung des Erfordernisses einer Erlaubnis bereits für das Herstellen von Wirkstoffen u.a. tierischer Herkunft in § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 [X.] wollte der Gesetzgeber dem besonderen Risikopotential begegnen, das mit diesen Wirkstoffen verbunden ist (vgl. [X.]T-Drs. 16/12256 [X.]; [X.], Urteil vom 10. Mai 2016 - 7 K 1627/14 - juris Rn. 29). Dem liegt die Erkenntnis zugrunde, dass der sachgemäßen Herstellung gerade bei Ausgangsprodukten tierischer Herkunft besondere [X.]edeutung zukommt, etwa zur Vermeidung der Übertragung von Krankheitserregern (vgl. Prütting, in: [X.]/[X.], Arzneimittelrecht, Stand: April 2019, § 13 Rn. 25a). Zur Gewährleistung der bei diesen Wirkstoffen gebotenen Sicherheitsanforderungen und damit der Arzneimittelsicherheit muss bereits auf der Stufe der Wirkstoffherstellung, die dem Inverkehrbringen oder der ärztlichen Anwendung des Arzneimittels vorgelagert ist, die Einhaltung der anerkannten Standards sichergestellt werden (vgl. [X.], [X.], 5. Aufl. 2020, Vor. §§ 13 - [X.] Rn. 2). Solche Wirkstoffe dürfen nur von dafür geeigneten Einrichtungen, die sachlich und personell über eine entsprechende Ausstattung verfügen, und gemäß den anerkannten Standards der Guten Herstellungspraxis hergestellt werden (vgl. hierzu auch Art. 46 der Richtlinie 2001/83/[X.] und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel , zuletzt geändert durch die Verordnung 2019/1243 des [X.] und des Rates vom 20. Juni 2019 ). Mit dem Erlaubnisvorbehalt und der damit einer Herstellung solcher Wirkstoffe vorgelagerten Überprüfung des Herstellers und seiner Einrichtungen wird die Einhaltung dieser Voraussetzungen sichergestellt.

Das besondere Risikopotenzial von Wirkstoffen tierischer Herkunft besteht nicht nur bei der Herstellung durch einen [X.], sondern auch, wenn ein Arzt einen solchen Wirkstoff herstellt, um ihn für die Herstellung eines Arzneimittels zum Zwecke der persönlichen Anwendung bei einem bestimmten Patienten zu verwenden. Für die Herstellung von Wirkstoffen tierischer Herkunft wird dem Arzt typischerweise durch seine Ausbildung auch nicht die erforderliche Sachkunde vermittelt.

Die Therapiefreiheit von Ärzten, die durch das sog. [X.] im Hinblick auf die Möglichkeit der individuellen Arzneimittelherstellung geschützt werden soll, gebietet nicht, dem Arzt auch die Herstellung von Wirkstoffen u.a. tierischer Herkunft als Zwischenschritt für die Herstellung eines solchen Arzneimittels ohne Erlaubnis und eine damit verbundene vorherige Überprüfung des Herstellungsverfahrens zu gestatten (vgl. zur Eingrenzung des [X.]s auch [X.]VerfG, Urteil vom 16. Februar 2000 - 1 [X.]vR 420/97 - [X.]VerfGE 102, 26 <36>). Ob und inwieweit die Herstellung von Wirkstoffen tierischer Herkunft zur ärztlichen [X.]erufsausübung gehört, kann dabei offenbleiben. Die besonderen Risiken dieser Wirkstoffe rechtfertigen jedenfalls eine [X.]eschränkung der ärztlichen Eigenherstellung durch ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Verfassungsrechtliche [X.]edenken gegen eine auch für Ärzte geltende Erlaubnispflicht bestehen daher nicht.

Auch das in § 5 [X.] vorgesehene Verbot, bedenkliche Arzneimittel in den Verkehr zu bringen oder bei einem anderen Menschen anzuwenden, rechtfertigt keine andere [X.]eurteilung. Die Vorschriften regeln unterschiedliche Sachverhalte, die sich auf unterschiedliche zeitliche Phasen beziehen. § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 [X.] betrifft bereits die vorgelagerte Stufe der Wirkstoffherstellung, die von § 5 [X.] nicht erfasst wird. § 5 [X.] greift insbesondere ein, wenn ein aus Wirkstoffen tierischer Herkunft hergestelltes Arzneimittel zwar nicht gegen § 13 [X.] verstößt, gleichwohl aber der begründete Verdacht besteht, dass es bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädliche Wirkungen hat, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen (vgl. [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 20. Dezember 2019 - 3 [X.] 20.19 - NVwZ-RR 2020, 539 für aus Schafsföten hergestellte Gefrierzellen).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Meta

3 C 10/18

03.09.2020

Bundesverwaltungsgericht 3. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, 13. März 2018, Az: 9 S 1071/16, Urteil

§ 13 Abs 1 S 1 Nr 1 AMG, § 13 Abs 1 S 1 Nr 3 AMG, § 13 Abs 2b S 1 AMG, § 13 Abs 2b S 2 Nr 1 AMG, § 1 Abs 3 FrischZV

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 03.09.2020, Az. 3 C 10/18 (REWIS RS 2020, 4224)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 4224

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

RN 5 K 18.756 (VG Regensburg)

Rechtmäßigkeit der Sicherstellung von Arzneimittelchargen


3 B 20/19 (Bundesverwaltungsgericht)

Herstellung von Arzneimitteln durch einen Arzt; hier: Frischzellen


3 C 5/17 (Bundesverwaltungsgericht)

Ärzteprivileg zur Führung einer Gewebebank


5 StR 57/22 (Bundesgerichtshof)

Unerlaubtes Handeltreiben mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln unter Verstoß gegen die Apothekenpflicht durch den Verkauf von GcMAF


7 B 2260/18 (Verwaltungsgericht Oldenburg (Oldenburg))


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

1 BvR 420/97

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.