Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.07.2013, Az. IV ZR 158/12

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 3722

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 158/12
vom

31. Juli
2013

in dem Rechtsstreit

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Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die
Vorsitzen-de Richterin [X.], [X.], [X.], die Richterin
[X.] und [X.]

am 31.
Juli
2013

beschlossen:

Auf die Beschwerde des Beklagten wird die Revision ge-gen das Urteil des 7. Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 11.
April 2012 zugelassen.

Nach §
544 Abs.
7 ZPO wird das vorgenannte Urteil
auf-gehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Ent-scheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Streitwert: 25.000

Gründe:

[X.] Der Kläger nimmt den Beklagten aus einem Darlehensvertrag auf Rückzahlung eines Teilbetrages in Höhe von 25.000

Im Juli 1999 gründeten die [X.]en eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, deren Zweck der Erwerb und die Verwaltung mehrerer [X.] war. Den in dem notariellen Kaufvertrag vom 14.
Juli 1999 ver-1
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einbarten Kaufpreis von 140.000

l-zahlungen auf ein [X.]. Am 1.
Mai 2000 unterzeichneten die [X.]en einen Darlehensvertrag, wonach der Kläger dem Beklagten ein Darlehen in Höhe von 63.750
DM zu einem Zinssatz von 6% gewährte.

Der Kläger hat behauptet, Anlass für das Darlehen sei der [X.] Erwerb der Grundstücke gewesen. Der Beklagte habe keine finan-ziellen Mittel gehabt, um seinen Kaufpreisanteil bezahlen zu können.

Der Beklagte hat vorgetragen, der vom Kläger gezahlte Kaufpreis sei die Einlage in die Gesellschaft gewesen. Hilfsweise hat er in Höhe von 20.451,68

r-tigter Bereicherung erklärt.

Das [X.] hat einen Darlehensrückzahlungsanspruch ver-neint und die Klage abgewiesen.

Der Beklagte hat erstmals im Berufungsverfahren die Einrede der Verjährung erhoben.

Das [X.] hat der Klage stattgegeben. Es hat einen Anspruch des [X.] auf Darlehensrückzahlung mindestens in Höhe der streitgegenständlichen 25.000

der Beklagte präkludiert, da die den [X.] begründenden Tatsachen streitig seien. Bei Zugrundelegung des Vortrags des [X.] wäre der Rückzahlungsanspruch aus dem Darlehensvertrag vom 1.
Mai 2000 nach Art.
229 §
6 Abs.
1 Satz
1 und 2, Abs.
4 Satz
1 EGBGB mit Ablauf des 31.
Dezember 2004 verjährt. Anders läge es nach dem
bestrittenen Vortrag des [X.], dass der Beklagte am 28.
Juni 2002 3
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eine Barzahlung von 20.000
DM vorgenommen und danach bis Ende 2008 im Wege der Aufrechnung weitere Tilgungsleistungen erbracht ha-be. Mit diesen Teilzahlungen hätte die dreijährige Verjährungsfrist ge-mäß Art.
229 §
6 Abs.
1 Satz
2 EGBGB [X.]. §
212 Abs.
1 Nr.
1 BGB jeweils erneut zu laufen begonnen. Der Beklagte habe keine Tatsachen dargelegt, die gegen eine Nachlässigkeit i.S. des §
531 Abs.
2 Satz
1 Nr.
3 ZPO sprächen.

Die in der Berufungsinstanz erstmals mit einem nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten
Schriftsatz
erklärte [X.]
sei verspätet. Diese
sei nicht Gegenstand der [X.]
gewesen, da eine zumindest pauschale Bezugnahme auf das erstin-stanzliche Vorbringen gefehlt habe.

Das [X.] hat die Revision nicht zugelassen. Hierge-gen wendet sich der Beklagte mit der Nichtzulassungsbeschwerde.

I[X.] [X.] hat Erfolg und führt gemäß §
544 Abs.
7 ZPO zur Aufhebung des angegriffenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die angefochtene Entscheidung verletzt den Anspruch des Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art.
103 Abs.
1 GG).

1. Die Zulassung der Revision ist nicht, wie die Beschwerde meint, geboten, soweit das Berufungsgericht die Voraussetzungen des vom Kläger geltend gemachten Darlehensrückzahlungsanspruchs bejaht hat. Von einer näheren Begründung wird gemäß
§
544 Abs.
4 Satz
2 Halb-satz
2 ZPO abgesehen.
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2. Die Revision ist aber zur Sicherung einer einheitlichen Recht-sprechung gemäß
§
543 Abs.
2 Satz
1 Nr.
2 Alt.
2 ZPO zuzulassen, weil das Berufungsgericht unter Verletzung des rechtlichen Gehörs des Be-klagten
seine Verjährungseinrede und die von ihm erklärte [X.] wegen Verspätung nicht berücksichtigt hat.

a) Das Berufungsgericht hätte das Vorbringen des Beklagten zur Verjährung gemäß §
531 Abs.
2 Satz
1 Nr.
1 ZPO zulassen müssen.

[X.]) Nach dieser Vorschrift sind neue Angriffs-
und [X.] zuzulassen, wenn sie einen Gesichtspunkt betreffen, der vom [X.] des ersten [X.] erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist. Die [X.]en müssen in diesem Fall Gelegenheit er-halten, sich auf die gegenüber der Auffassung des erstinstanzlichen [X.]s abweichende rechtliche Beurteilung durch das Berufungsgericht einzustellen und deshalb erforderlich gewordene neue Angriffs-
und Ver-teidigungsmittel vorzubringen. Hierbei kann es sich auch um Gegenrech-te handeln, deren Geltendmachung die [X.] erst im Hinblick auf den neuen Gesichtspunkt für notwendig erachtet. Darauf, ob es ihr möglich gewesen wäre, das Gegenrecht schon in erster Instanz vorzubringen, kommt es nicht an. Die [X.]en sollen nicht gezwungen sein, in erster Instanz vorsorglich auch solche Angriffs-
und Verteidigungsmittel vorzu-tragen, die vom Standpunkt des erstinstanzlichen Gerichts aus erkenn-bar unerheblich sind. Allerdings findet §
531 Abs.
2 Satz
1 Nr.
1 ZPO nur unter der weiteren ungeschriebenen Voraussetzung Anwendung, dass die (objektiv fehlerhafte) Rechtsansicht des Gerichts den erstinstanzli-chen Sachvortrag der [X.] beeinflusst hat und daher, ohne dass [X.] ein Verfahrensfehler gegeben wäre, mitursächlich dafür geworden 12
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ist, dass sich [X.]vorbringen in das Berufungsverfahren verlagert. [X.] Voraussetzung ist unter anderem erfüllt, wenn die [X.] durch die Prozessleitung des Erstrichters davon abgehalten worden ist, zu be-stimmten Gesichtspunkten (weiter) vorzutragen oder ein vorhandenes Gegenrecht in den Prozess einzuführen. Gehörte ein bestimmter Ge-sichtspunkt hingegen zum erstinstanzlichen Streitstoff und konnte die [X.] nicht darauf vertrauen, dass das Gericht ihn für unerheblich halten
würde, muss sie ihre Prozessführung auch auf diesen Gesichtspunkt ein-richten ([X.], Urteile vom 30.
Juni 2006
[X.], NJW-RR 2006, 1292 Rn.
16
ff.; vom 23.
September 2004

[X.], NJW-RR 2005, 167 unter [X.] b [X.]; vom 19.
Februar 2004 -
III
ZR 147/03,
NJW-RR 2004, 927
unter II 2 a; jeweils m.w.N.).

bb) Der Beklagte wurde durch die Prozessleitung des [X.]s davon abgehalten, zu Gegenrechten vorzutragen, etwa die Einrede der Verjährung zu erheben. Auf die Frage der Verjährung kam es nach [X.] des [X.]s nicht an, da es einen Rückzahlungsanspruch des [X.] schon dem Grunde nach verneinte. Mit Beschluss vom 8.
Oktober 2010 hat es die [X.]en darauf hingewiesen, dass es eine Valutierung des Darlehens nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme für nicht erwiesen erachte. Mit Blick darauf bestand für den Beklagten kein Anlass, die Verjährungseinrede zu erheben und dazu vorzutragen.

b) Zu Unrecht und unter Verletzung des rechtlichen Gehörs hat das Berufungsgericht den Beklagten gemäß den §§
525 Satz
1, 296a Satz
1 ZPO als mit der Hilfsaufrechnung ausgeschlossen angesehen, da diese mangels Bezugnahme auf das erstinstanzliche Vorbringen nicht Gegenstand der [X.] gewesen sei. Mit seiner [X.], die [X.] hätte mindestens eine pauschale Bezug-15
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nahme auf das erstinstanzliche Vorbringen enthalten müssen, hat das Berufungsgericht die neuere höchstrichterliche Rechtsprechung ver-kannt, nach der keine Regelung existiert, die es dem Berufungsbeklagten auferlegte, erstinstanzliches Vorbringen zu wiederholen oder jedenfalls in Bezug zu nehmen. Dem Berufungsbeklagten obliegt es nur, seine Ver-teidigungsmittel insoweit vorzubringen, als es nach der Prozesslage ei-ner sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten [X.] entspricht. Er darf sich in erster Linie darauf beschränken, die zu seinen Gunsten ergangene Entscheidung zu verteidigen und neue An-griffsmittel des Berufungsbeklagten abzuwehren (BVerfG
NJW 2000, 131).
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c)
Das Berufungsurteil
beruht auf den
Gehörsverletzungen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre, wenn es die Verjährungseinrede des Beklagten sowie sein Vorbringen zur Hilfsaufrechnung berücksichtigt [X.].

[X.] [X.] [X.]

[X.] Dr.
Karczewski
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 21.04.2011 -
3 O 1520/09 -

OLG [X.], Entscheidung vom 11.04.2012 -
7 [X.] -

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Meta

IV ZR 158/12

31.07.2013

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.07.2013, Az. IV ZR 158/12 (REWIS RS 2013, 3722)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 3722

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