Bundessozialgericht, Beschluss vom 03.05.2018, Az. B 8 SO 45/17 B

8. Senat | REWIS RS 2018, 9707

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Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - Erledigung im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren - Kostenerstattung - Maßstab


Tenor

Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen zur Hälfte zu erstatten.

Gründe

1

Der Rechtsstreit des [X.] um Leistungen der Hilfe zur Pflege nach dem [X.] - ([X.]) ist im Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] ([X.]) vom 28.4.2017 - L 8 [X.] 128/16 - auf den Hinweis des Senats, dass der Kläger infolge eines zwischenzeitlich durch die Beklagte erlassenen unbefristeten [X.] klaglos gestellt sei (Schreiben vom 7.11.2017) nach Rücknahme der Klage durch den Kläger (Schriftsatz vom 20.12.2017) unstreitig beendet worden. Der Kläger beantragt, der Beklagten die Kosten des gesamten Verfahrens aufzuerlegen (Schriftsatz vom 20.12.2017).

2

Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen zur Hälfte zu erstatten. Wird ein Verfahren anders als durch Urteil beendet, entscheidet das Gericht auf Antrag durch Beschluss, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben (§ 193 Abs 1 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz <[X.]>). Die Entscheidung, ob und in welchem Umfang die Beteiligten bei Erledigung des Verfahrens ohne Urteil einander Kosten zu erstatten haben, erfolgt nach sachgemäßem bzw billigem Ermessen. Dabei steht grundsätzlich der nach dem Sach- und Streitstand zum Zeitpunkt der Erledigung zu beurteilende Verfahrenserfolg im Vordergrund. Aber auch die Gründe für die Klageerhebung und die Erledigung des Rechtsstreits können zu berücksichtigen sein (vgl [X.]: [X.]-1500 § 193 [X.]; [X.]-2400 § 22 [X.] 4; [X.] 3-1500 § 193 [X.] 10; [X.] 3-1500 § 193 [X.] 2). Auch kann maßgeblich sein, ob und inwieweit die Beteiligten Änderungen im Verfahren unmittelbar Rechnung getragen haben (vgl dazu nur [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], 12. Aufl 2017, § 193 Rd[X.] 13 mwN).

3

Maßstab für die vom Senat zu treffende Kostenentscheidung und die Beurteilung des Erfolgs zum Zeitpunkt seiner Erledigung ist vorliegend das in der Hauptsache verfolgte Begehren des [X.], Leistungen der Hilfe zur Pflege unbefristet zu erhalten, und nicht - wie die Beklagte meint - (allein) die Frage nach dem Erfolg der Nichtzulassungsbeschwerde (vgl [X.] Beschluss vom 1.4.2010 - B 13 R 233/09 B - Juris). Dafür sprechen sowohl der Wortlaut als auch Sinn und Zweck der Regelung des § 193 Abs 1 Satz 3 [X.]. Infolge der Klagerücknahme entfalten die in den Vorinstanzen ergangenen Urteile keine Wirkung mehr. Die nach § 193 Abs 1 [X.] zu treffende Kostenentscheidung betrifft deshalb die Kosten aller Rechtszüge ([X.] Beschluss vom 1.4.2010 - B 13 R 233/09 R - Juris Rd[X.] 7; [X.], [X.], 2. Aufl 2010, Rd[X.] 941; aA in einer hier nicht vorliegenden Konstellation (s sogleich) [X.] Beschluss vom 12.9.2011 - [X.] [X.]/11 B - [X.]-1500 § 193 [X.]). Die isolierte Übernahme der Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens ist hingegen nicht denkbar.

4

Danach erscheint es billig, dass die Beklagte dem Kläger seine außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zur Hälfte erstattet. Der Kläger hat das ursprünglich mit seiner Klage verfolgte Ziel einer unbefristeten Gewährung der Hilfe zur Pflege im Ergebnis erreicht, denn die Beklagte hat ihm mittlerweile Leistungen der Hilfe zur Pflege unbefristet gewährt (Bescheid vom [X.]). Allerdings wäre im vorliegenden Beschwerdeverfahren allein über eine verfahrensrechtliche Frage zu entscheiden gewesen. Nur wenn (was der Kläger mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde geltend macht) das [X.] verfahrensfehlerhaft angenommen hat, dass der hier streitgegenständliche Bescheid durch Klageänderung nach § 99 [X.] bereits Gegenstand des Klageverfahrens gegen den den vorangehenden Bewilligungsabschnitt betreffenden befristeten Bewilligungsbescheid war, wäre eine Zurückverweisung mit der Folge einer Entscheidung über die Hauptsache in Betracht gekommen. Aufgrund dieser verfahrensspezifischen Besonderheit ist der Ausgang des vorliegenden Verfahrens als offen zu betrachten, sodass eine hälftige Kostenentscheidung angemessen erscheint. Dass der Kläger seine Klage zurückgenommen hat, steht dem nicht entgegen, weil die Beklagte durch ihre nur befristete Bewilligung Veranlassung zur Klage gegeben hat (vgl den insoweit anders gelagerten Fall einer Klagerücknahme im Beschluss vom 12.9.2011 - [X.] [X.]/11 B - [X.]-1500 § 193 [X.]). Darauf, dass er mit dem Bescheid vom [X.] klaglos gestellt wurde, hat der Kläger unverzüglich reagiert und folglich keine Veranlassung zur Fortführung des Rechtsstreits gegeben.

Meta

B 8 SO 45/17 B

03.05.2018

Bundessozialgericht 8. Senat

Beschluss

Sachgebiet: SO

vorgehend SG München, 20. Mai 2016, Az: S 22 SO 447/15, Urteil

§ 193 Abs 1 S 3 SGG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 03.05.2018, Az. B 8 SO 45/17 B (REWIS RS 2018, 9707)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 9707

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