Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.09.2007, Az. II ZR 284/05

II. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 1856

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 24. September 2007 [X.] Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: ja [X.]R: ja HGB § 160 Abs. 1 n.F. Wird das Ausscheiden des [X.]ers einer [X.] nicht in das Handelsregister eingetragen, beginnt - wie im [X.] - der Lauf der fünfjährigen Enthaftungsfrist mit der positiven Kenntnis des [X.]sgläubigers vom [X.]; die Eintragung des Ausscheidens im Handelsregister ist für den Fristbeginn nicht konstitutiv. [X.], Urteil vom 24. September 2007 - [X.] - [X.] - 2 - [X.] [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 24. September 2007 durch [X.], [X.], [X.] und Dr. Drescher für Recht erkannt: Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des [X.] vom 14. September 2005 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen. Von Rechts wegen
Tatbestand: Die Klägerin, eine Raiffeisenbank in der Rechtsform der eingetragenen Genossenschaft, macht gegen die Beklagte in deren Eigenschaft als frühere [X.]erin einer [X.] in Höhe von ins-gesamt 12.106,41 • zuzüglich Zinsen geltend. 1 Die Beklagte hatte mit den Eheleuten [X.]. und [X.]

Ende April 1996 einen undatierten "[X.]svertrag einer offenen Handelsgesell-schaft" zur Gründung einer [X.] unter der Firma "[X.]

" [X.]. In das Handelsregister wurde die [X.] nicht eingetragen. 2 - 3 - Unter dem 30. Mai 1996 schlossen die Beklagte und die Eheleute [X.]

als "T.

[X.] und J. GbR - [X.].

[X.] , R. [X.]

und [X.]

" mit der [X.]als Zweigniederlassung der Raiffeisenbank O.

eG einen Darlehensvertrag über ein Darlehen in Höhe von 40.000,00 DM, das mit Vertrag vom 7. November 1996 auf 55.299,08 DM aufgestockt wurde. Die [X.] ist zwischenzeitlich auf die Klägerin verschmolzen worden. 3 Am 9. Februar 1998 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie "zum 1. Januar 1998 aus der GbR ausgeschieden" sei. Ihren [X.]santeil hat-te die Beklagte mit Vertrag vom 9. Februar 1998 an die Eheleute [X.] über-tragen. Da die [X.] nach wie vor nicht in das Handelsregister eingetragen war, wurde auch der Austritt der [X.] nicht nach § 160 Abs. 1 Satz 2 n.F. HGB verlautbart. 4 Im Dezember 1999 wurden die monatlichen Darlehensraten - ohne dass die Beklagte hiervon in Kenntnis gesetzt wurde - von 1.000,00 DM auf 250,00 DM herabgesetzt, die bis [X.] 2003 ordnungsgemäß entrichtet [X.]; danach wurden die Zahlungen eingestellt. Nachdem die Klägerin im [X.] und März 2004 die Rückstände nicht nur gegenüber den Eheleuten [X.] , sondern auch gegenüber der [X.] wiederholt erfolglos [X.] hatte, kündigte sie den Darlehensvertrag mit Schreiben vom 26. Mai 2004 sowohl gegenüber den Eheleuten [X.]
als auch gegenüber der [X.] und forderte diese vergeblich zur Zahlung der seinerzeit noch offenen 12.034,27 • bis zum 14. Juni 2004 auf. 5 Das [X.] hat der Mitte 2004 erhobenen Klage auf Rückzahlung des restlichen Darlehens (nebst Zinsen) zum ganz überwiegenden Teil entspro-chen; das Berufungsgericht hat auf die Berufung der [X.] die Klage ab-6 - 4 - gewiesen. Dagegen richtet sich die - vom Berufungsgericht zugelassene - Revi-sion der Klägerin. Entscheidungsgründe: 7 Die Revision hat keinen Erfolg. [X.] Das Berufungsgericht meint, die Beklagte schulde der Klägerin die Rückzahlung des restlichen Darlehens nicht, weil diese positive Kenntnis von dem Ausscheiden gehabt habe und sich nach Ablauf der Frist des § 160 Abs. 1 Satz 2 n.F. HGB nicht darauf berufen dürfe, das Ausscheiden der [X.] aus der [X.] sei im Handelsregister nicht eingetragen worden. § 160 Abs. 1 n.F. HGB sei in teleologischer Reduktion so zu lesen, dass die Enthaftung "[X.]" mit der Eintragung des Ausscheidens des [X.]ers, davor [X.] bereits bei positiver Kenntnis des Gläubigers vom Ausscheiden des [X.] beginne. Nur deswegen ergebe auch § 736 Abs. 2 BGB zur Nach-haftung in der GbR einen Sinn, nach der § 160 HGB "sinngemäß" gelten solle. Denn "sinngemäß" könne hier nur bedeuten, dass die hinsichtlich der GbR gar nicht mögliche Eintragung durch Kenntnis des Gläubigers ersetzt werde. II. Das hält den Angriffen der Revision stand. 9 Die Beklagte kann gegenüber dem Anspruch der Klägerin aus § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB i.V.m. § 128 Satz 1 HGB einwenden, es sei gemäß § 160 Abs. 1 n.F. HGB, der gemäß der Übergangsvorschrift des Art. 35 Abs. 1 [X.] Anwendung findet, Enthaftung eingetreten. 10 1. Das Berufungsgericht geht zu Recht davon aus, dass der hier maß-gebliche Darlehensvertrag vom 7. November 1996 - ungeachtet des Auftretens 11 - 5 - der [X.] als "GbR" im Rechtsverkehr - nicht mit einer GbR, sondern mit einer [X.] im Sinne von § 105 HGB i.V.m. § 1 Abs. 2 Nr. 1 a.F. HGB zustande gekommen ist, deren [X.]er die Beklagte sowie die Eheleute [X.] waren, und dass der Rückzahlungsanspruch der Klägerin aufgrund wirksamer Kündigung des Darlehensvertrages wegen Zahlungsverzugs entstanden ist. Hiergegen wird auch von der [X.] in der Revisionsinstanz nichts mehr erinnert. 2. Bei dem seitens der Klägerin geltend gemachten Darlehensrückzah-lungsanspruch handelt es sich um eine Altverbindlichkeit der [X.], auf die sich die befristete Nachhaftung des ausgeschiedenen [X.]ers, hier der [X.], nach § 160 Abs. 1 Satz 1 n.F. HGB grundsätzlich erstreckt (vgl. [X.] 55, 267, 269 f.). Die Herabsetzung der monatlichen Darlehensraten von 1.000,00 DM auf 250,00 DM wandelte den Kreditvertrag nicht in eine Neuver-bindlichkeit um, weil dies nur angenommen werden könnte, wenn die Änderung des Vertrages zu einer Erweiterung der Schuld nach Inhalt und Umfang geführt hätte (vgl. hierzu MünchKommHGB/[X.] 2. Aufl. § 128 Rdn. 52). 12 3. Die Beklagte kann gegenüber der erst Mitte 2004 erhobenen Klage Enthaftung nach § 160 Abs. 1 Satz 2 n.F. HGB einwenden, da der Lauf der Nachhaftungsfrist schon mit der positiven Kenntnis der Klägerin von ihrem [X.], d.h. am 9. Februar 1998, begonnen hatte und ihre Haftung deshalb mit Ablauf des 9. Februar 2003 (§ 188 Abs. 2 BGB) endete. 13 a) Zwar wird aufgrund des Wortlauts des § 160 Abs. 1 Satz 2 n.F. HGB, wonach die fünfjährige Enthaftungsfrist mit dem Ende des Tages beginnt, an dem das Ausscheiden des [X.]ers in das Handelsregister des für den Sitz der [X.] eingetragen wird, im Schrifttum ganz überwiegend die Ansicht vertreten, die Eintragung des Ausscheidens des [X.] - 6 - sellschafters in das Handelsregister sei unabdingbare, konstitutive Vorausset-zung für den Beginn des Laufs dieser Haftungsausschlussfrist (vgl. nur Baum-bach/[X.], HGB 32. Aufl. § 160 Rdn. 2 i.V.m. § 159 Rdn. 6; [X.]/[X.], HGB 4. Aufl. § 160 Rdn. 16 i.V.m. § 159 Rdn. 17; v. [X.] in [X.]/[X.] v. Westphalen, HGB 2. Aufl. §§ 159, 160 Rdn. 11; [X.]/Sonnenschein/ [X.], [X.]. § 160 Rdn. 14; [X.] in [X.] Kommentar HGB, 7. Aufl. §§ 159, 160 Rdn. 2; Ensthaler in Ensthaler, [X.] zum HGB, 7. Aufl. § 159 Rdn. 4; Hofmeister NJW 2003, 93, 96 f.; vgl. auch [X.], [X.], 4. Aufl. [X.] und Schlegelberger/[X.], HGB 5. Aufl. § 159 Rdn. 26 - jeweils zu § 159 a.F. HGB). Insbesondere wenn der [X.]er oder gar die Gesell-schaft noch gar nicht eingetragen seien, müssten für den Fristbeginn diese [X.] zuvor nachgeholt und sodann das Ausscheiden eingetragen werden (siehe hierzu etwa [X.]/[X.] aaO; [X.]/[X.] aaO § 159 Rdn. 6). b) Dem vermag der Senat jedoch in Übereinstimmung mit [X.] (NJW 2000, 2529, 2530 ff.) und [X.] (MünchKommHGB aaO § 160 Rdn. 27) für das neu gefasste [X.] nicht zu folgen. 15 Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob die Ansicht der herrschenden Lehre für § 159 a.F. HGB zutreffend gewesen ist (a.A. insoweit [X.] aaO Seite 2530 ff.). Denn jedenfalls für die konzeptionelle Neuregelung des Enthaf-tungsrechts der Personengesellschaften durch das Nachhaftungsbegrenzungs-gesetz vom 18. März 1994 ([X.] [X.] ff.), wie sie in § 736 Abs. 2 BGB einerseits und § 160 Abs. 1 Satz 2 n.F. HGB andererseits zum Ausdruck kommt, lässt sie sich nicht aufrecht erhalten. Sie beachtet nicht genau genug den vom Gesetzgeber mit der Bestimmung des § 160 Abs. 1 Satz 2 n.F. HGB verfolgten Sinn und die von ihm mit dem Nachhaftungsbegrenzungsgesetz [X.] Einheitlichkeit der Haftungsbegrenzung im Personengesellschaftsrecht 16 - 7 - (BT-Drucks. 12/1868, [X.]). Zudem führt sie zu einer sachlich nicht zu rechtfer-tigenden Besserstellung der [X.]sgläubiger einer [X.] im Verhältnis zu den Gläubigern einer [X.]. 17 aa) Hinsichtlich der GbR entspricht es der ganz herrschenden Meinung, dass die [X.] in der in § 736 Abs. 2 BGB geregelten sinngemäßen Anwendung des § 160 Abs. 1 n.F. HGB mit der - durch die Kundgabe seitens des [X.]ers erlangten - positiven Kenntnis des jeweiligen Gläubigers von dem Ausscheiden des [X.]ers aus der [X.] beginnt, da man insoweit - anders als bei einer Personenhandelsgesellschaft - nicht an die Publizität durch Registereintragung des Ausscheidens anknüpfen kann (vgl. nur [X.]/[X.], BGB [2003] § 736 Rdn. 18; [X.]/ [X.] 4. Aufl. § 736 Rdn. 27 jew. m.w.Nachw.; ebenso schon [X.] 117, 168, 178 f. zu § 159 a.F. HGB). Wollte man an die mit der Kundgabe verbundene positive Kenntnis des Gläubigers einer [X.] von dem Ausscheiden des [X.]ers nicht diesel-ben Rechtsfolgen knüpfen, verfehlte man den Sinn der für die [X.] getroffenen besonderen Regelung des § 160 Abs. 1 Satz 2 n.F. HGB. Sie soll den Gesell-schafter einer [X.] der Notwendigkeit entheben, alle Gläubiger einzeln in Kenntnis zu setzen; stattdessen lässt es der Gesetzgeber für den Fristbeginn ausreichen, dass die Gläubiger von dem Ausscheiden durch Einsichtnahme in das Handelsregister und die dortige Eintragung Kenntnis erlangen können. 18 Hat der Gläubiger einer [X.] infolge positiver Kenntnis vom Ausschei-den taggenau volle fünf [X.], seine Ansprüche gegenüber dem ausge-schiedenen [X.]er durchzusetzen, kann ihm nicht gestattet werden, sich auf die fehlende Eintragung des Ausscheidens zu berufen. Darin läge, weil mit dem [X.] der positiven Kenntnis die fristgebundene Möglichkeit der 19 - 8 - Anspruchsverfolgung eröffnet ist und der gebotene Interessenausgleich herge-stellt werden kann, eine zweckwidrige Ausnutzung einer formalen Rechtspositi-on, welche vor dem Hintergrund der mit dem Nachhaftungsbegrenzungsgesetz beabsichtigten Einheitlichkeit der Haftungsbegrenzung im Personengesell-schaftsrecht zu einer nicht vertretbaren Besserstellung der Gläubiger eines [X.]-[X.]ers führt. bb) Die Ansicht der herrschenden Lehre steht weiterhin nicht nur ange-sichts der Existenz von einerseits eintragungspflichtigen und andererseits nur eintragungsfähigen offenen Handelsgesellschaften, sondern ebenso bei der identitätswahrenden Umwandlung einer [X.] in eine [X.] und 20 - 9 - umgekehrt in einem unauflöslichen Widerspruch zu der mit dem [X.] bezweckten Einheitlichkeit der Haftungsbegrenzung (vgl. dazu MünchKommHGB/[X.] aaO § 160 Rdn. 27). [X.]Kurzwelly [X.] [X.]

Drescher Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 31.03.2005 - 2 O 1211/04 - [X.], Entscheidung vom 14.09.2005 - 4 U 36/05 -

Meta

II ZR 284/05

24.09.2007

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.09.2007, Az. II ZR 284/05 (REWIS RS 2007, 1856)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 1856

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