Bundesfinanzhof, Beschluss vom 05.02.2014, Az. V B 2/14

5. Senat | REWIS RS 2014, 8142

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Gegenstand

Reverse charge im Baubereich


Leitsatz

NV: Es ist ernstlich zweifelhaft, ob ein Bauträger Steuerschuldner gemäß § 13b Abs. 2 Satz 2 UStG 2005 ist, wenn er eine von ihm bezogene bauwerksbezogene Werklieferung für nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerfreie Grundstückslieferungen, nicht aber zur Erbringung einer eigenen bauwerksbezogenen Werklieferung verwendet (Folgeentscheidung 22. August 2013 V R 37/10, BStBl II 2014, 128).

Tatbestand

1

I. Der in [X.] ansässige Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) ist Einzelunternehmer und als Bauträger tätig.

2

Im [X.] an eine [X.] ging der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt --[X.]--) davon aus, dass der Antragsteller im Inland drei Mehrfamilienhäuser mit 30 Wohnungen erstellen ließ, von denen er 28 vor der Fertigstellung veräußert habe. Insoweit lägen [X.] vor, so dass der Antragsteller für die von ihm bezogenen Bauleistungen Steuerschuldner nach § 13b Abs. 5 Satz 2 des Umsatzsteuergesetzes 2005 (UStG) sei. Dem stehe nicht entgegen, dass die Lieferung der Wohnungen nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerfrei gewesen sei. Der Antragsteller sei aus den von ihm bezogenen Leistungen nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt. Dementsprechend setzte das [X.] gemäß § 164 der Abgabenordnung durch die Umsatzsteuerbescheide vom 30. Juli 2012 Umsatzsteuer in Höhe von 116.782,33 € (2009) und 55.483,19 € (2010) fest. Die nicht streitige Umsatzsteuer belief sich dabei auf 45.912,33 € (2009) und 55.483,19 € (2010). Der Antragsteller legte hiergegen Einspruch ein, über den noch nicht entschieden ist.

3

Einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) lehnte zunächst das [X.] und dann das Finanzgericht ([X.]) als unbegründet ab. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers.

Entscheidungsgründe

4

II. Die gemäß § 128 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) zulässige Beschwerde des Antragstellers ist begründet. Der Beschluss des [X.] ist aufzuheben und dem Antragsteller AdV zu gewähren.

5

1. Nach § 128 Abs. 3 i.V.m. § 69 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 [X.]O ist die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes ganz oder teilweise auszusetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen. Ernstliche Zweifel i.S. von § 69 Abs. 2 Satz 2 [X.]O liegen bereits dann vor, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Bescheides neben für seine Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung entscheidungserheblicher Tatfragen bewirken (ständige Rechtsprechung seit dem Beschluss des [X.] --BFH-- vom 10. Februar 1967 III B 9/66, [X.], 447, [X.] 1967, 182; [X.] vom 8. April 2009 I B 223/08, [X.], 1437). Die Entscheidung hierüber ergeht bei der im AdV-Verfahren gebotenen summarischen Prüfung aufgrund des Sachverhalts, der sich aus dem Vortrag der Beteiligten und der Aktenlage ergibt (vgl. [X.] vom 7. September 2011 I B 157/10, [X.], 215, [X.], 590, unter II.2., m.w.N.). Zur Gewährung der AdV ist es nicht erforderlich, dass die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe im Sinne einer Erfolgswahrscheinlichkeit überwiegen ([X.] in [X.], 215, [X.], 590, unter II.2.).

6

2. Entgegen dem Beschluss des [X.] bestehen ernstliche Zweifel an einer Steuerschuldnerschaft des Antragstellers gemäß § 13b Abs. 5 Satz 2 UStG in seiner in den Streitjahren geltenden Fassung.

7

a) Nach dem Senatsurteil vom 22. August 2013 V R 37/10 ([X.], 128, [X.], 130) ist § 13b Abs. 2 Satz 2 UStG entgegen Abschn. 182a Abs. 11 der [X.] 2005 einschränkend dahingehend auszulegen, dass es für die Entstehung der Steuerschuld darauf ankommt, ob der Leistungsempfänger die an ihn erbrachte [X.] oder sonstige Leistung, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dient, seinerseits zur Erbringung einer derartigen Leistung verwendet. Auf den Anteil der vom Leistungsempfänger ausgeführten bauwerksbezogenen [X.]en oder sonstigen Leistungen i.S. des § 13b Abs. 2 Satz 2 UStG an den insgesamt von ihm erbrachten steuerbaren Umsätzen kommt es entgegen Abschn. 182a Abs. 10 [X.] 2005 nicht an. Danach ist ein Bauträger nicht Steuerschuldner gemäß § 13b Abs. 2 Satz 2 UStG, wenn er eine von ihm bezogene bauwerksbezogene [X.] für nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerfreie Grundstückslieferungen, nicht aber zur Erbringung einer eigenen bauwerksbezogenen [X.] verwendet (II.3.c der Entscheidungsgründe im BFH-Urteil in [X.], 128, [X.], 130).

8

b) Im Streitfall hat der Antragsteller die von ihm bezogenen bauwerksbezogenen Leistungen als Bauträger für nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerfreie Grundstückslieferungen verwendet. Es ist daher zumindest ernstlich zweifelhaft, ob er gemäß § 13b Abs. 5 Satz 2 UStG in seiner in den Streitjahren geltenden Fassung Steuerschuldner für bauwerksbezogene Leistungen ist, die er als Leistungsempfänger bezogen hat.

Meta

V B 2/14

05.02.2014

Bundesfinanzhof 5. Senat

Beschluss

vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg, 27. November 2013, Az: 14 V 2996/12, Beschluss

§ 13b Abs 2 S 2 UStG 2005, § 69 FGO, UStG VZ 2009, UStG VZ 2010

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 05.02.2014, Az. V B 2/14 (REWIS RS 2014, 8142)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 8142

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(AdV von nach § 27 Abs. 19 UStG geänderten Umsatzsteuerbescheiden)


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