Bundesfinanzhof, Urteil vom 25.09.2013, Az. VII R 7/12

7. Senat | REWIS RS 2013, 2497

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Gegenstand

(Kein Erlass der Mineralölsteuer aus sachlichen Billigkeitsgründen bei Steuerentstehung nach § 26 Abs. 6 Satz 1 MinöStG 1993 in der bis zum 29. Juli 2002 geltenden Fassung)


Leitsatz

1. NV: Ein Erlass der Steuer aus sachlichen Billigkeitsgründen nach § 227 AO kann in Betracht kommen, wenn trotz Erfüllung des gesetzlichen Tatbestands eine Besteuerung den Wertungen des Gesetzgebers zuwiderlaufen würde.

2. NV: Härten, die der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung einer steuerrechtlichen Regelung bewusst in Kauf genommen hat, können einen Billigkeitserlass grundsätzlich nicht rechtfertigen.

3. NV: Bei der Konzipierung der in § 26 Abs. 6 Satz 1 MinöStG a.F. getroffenen Regelung hat der Gesetzgeber eine Doppelbesteuerung des in Heizöl/Dieselkraftstoff-Gemischen vorgefundenen Dieselkraftstoffs insbesondere aus Gründen der Missbrauchsprävention beabsichtigt, so dass eine Besteuerung den Wertungen des Gesetzgebers nicht zuwiderläuft.

4. NV: Bei einer Vermischung von Heizöl und Dieselkraftstoff im Rahmen der wechselseitigen Abgabe dieser Mineralöle aus Tanklastwagen handelt es sich nicht um einen atypischen Fall.

Tatbestand

1

I. Die Rechtsvorgängerin der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) handelte von ihren Niederlassungen aus mit Dieselkraftstoff und leichtem Heizöl. In den Jahren 2000 und 2001 ließ sie durch ihre Fahrer mit ihren [X.] Dieselkraftstoff und Heizöl wechselweise an ihre Kunden ausliefern. Mit Schreiben vom 4. Oktober 2001 zeigte die Rechtsvorgängerin der Klägerin dem damaligen Hauptzollamt, dessen Zuständigkeit auf den Beklagten und Revisionsbeklagten (das Hauptzollamt --[X.]--) übergegangen ist, an, dass es nach einer von ihr durchgeführten internen Prüfung im [X.] bei der wechselseitigen Abgabe von Dieselkraftstoff und Heizöl zu Überschreitungen der in § 9 Abs. 1 Satz 1 der [X.] ([X.]) geregelten Höchstmengen gekommen sei. Beamte des [X.] stellten im Rahmen einer daraufhin angeordneten Außenprüfung fest, dass mit den [X.] der Rechtsvorgängerin der Klägerin im [X.] insgesamt 1 402 190 Liter und im Jahr 2001 insgesamt 330 062 Liter [X.] als [X.]stoffe abgegeben worden sind. Mit Bescheid vom 22. Mai 2003 setzte das [X.] gegenüber der Rechtsvorgängerin der Klägerin insgesamt 665.533,41 € Mineralölsteuer fest. Der Bescheid ist bestandskräftig. Die Klägerin begehrt den Erlass der Steuer. Die deswegen nach erfolglosem Verwaltungsverfahren erhobene Klage hat das Finanzgericht ([X.]) abgewiesen. Es urteilte, die Besteuerung des [X.] widerspreche nicht den Wertungen des auf die Streitjahre anzuwendenden § 26 Abs. 6 Satz 6 des Mineralölsteuergesetzes 1993 a.F. ([X.]). [X.] sei die Neufassung der Vorschrift (Art. 1 Nr. 9 des Gesetzes zur Änderung des Mineralölgesetzes vom 23. Juli 2002, [X.], 2778), die erst am 30. Juli 2002 in [X.] getreten und vom Gesetzgeber in zulässiger Weise bewusst ohne Rückwirkung ausgestattet worden sei. Keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestünden gegen die "Doppelversteuerung" des im Streitfall anteilmäßig weit überwiegenden Dieselkraftstoffs. Der Beschluss des [X.] ([X.]) vom 13. Dezember 1994  2 BvR 89/91 ([X.] --HFR-- 1995, 220) sei auf den Streitfall nicht übertragbar. Eine Billigkeitsmaßnahme wegen eines Überhangs der generalisierenden gesetzlichen Regelung sei nicht gerechtfertigt. Entscheidend sei allein die Abgabe unzulässiger [X.], so dass es nicht darauf ankomme, ob die Klägerin daraus einen Steuervorteil erzielt habe. Daran könne auch die Selbstanzeige der Rechtsvorgängerin der Klägerin nichts ändern, deren Niederlassungsleiter sich eigenmächtig über die ihnen erteilten Anweisungen hinweggesetzt hätten, weshalb die aufgetretenen Vermischungen nicht als entschuldbar angesehen werden könnten. Das Urteil ist in der Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern ([X.]) 2012, Beilage 2, 31 veröffentlicht.

2

Mit der Revision wendet sich die Klägerin gegen eine vermeintlich unzutreffende Anwendung des § 102 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) und gegen eine Fehlinterpretation des § 26 Abs. 6 [X.] durch das [X.]. Auch nach der alten Rechtslage sei eine Billigkeitsmaßnahme möglich gewesen. Sinn und Zweck der in dieser Vorschrift getroffenen Regelung, die hauptsächlich die Überprüfung von Fahrzeugen und Antriebsanlagen zum Gegenstand habe, sei es gewesen, die sog. Heizölverdieselung zu verhindern und [X.] zu vermeiden. Aus dem gesetzgeberischen Anliegen, Ermittlungen in Bezug auf bereits zuvor besteuerte Anteile entbehrlich zu machen, dürfe nicht auf das Erfordernis einer ausnahmslosen Doppelbesteuerung des Gesamtgemisches geschlossen werden, die einer strafähnlichen Sanktion gleichkomme. Aus der späteren Neufassung des Gesetzes könne nicht auf den früheren Gesetzeszweck geschlossen werden. Die Gesetzesmaterialien ließen keine Rückschlüsse auf eine frühere [X.] zu. Sämtliche vom [X.] angeführten Gründe belegten einen Ermessensfehlgebrauch. Im Streitfall hätten keine [X.] bestanden; auch sei durch die Klägerin kein Steuervorteil erzielt worden. Zu berücksichtigen sei der Umstand, dass 97 % des Gemisches einer Doppelbesteuerung unterworfen worden seien. Der Zweck des § 26 Abs. 6 [X.] gebiete im Streitfall selbst dann einen [X.], wenn von einem nicht entschuldbaren Handeln der Tankwagenfahrer und Niederlassungsleiter auszugehen sei, da deren Verhalten der Rechtsvorgängerin der Klägerin nicht zugerechnet werden könne. Im Rahmen seiner Entscheidungsfindung habe sich das [X.] über die bisherige höchstrichterliche Rechtsprechung hinweggesetzt. Unberücksichtigt habe es auch den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung und die Verwaltungsanweisungen zur Anwendung des § 227 der Abgabenordnung ([X.]) gelassen. Schließlich habe es unter Verstoß gegen § 96 Abs. 1 [X.]O den Prüfungsbericht des [X.] und dessen Schreiben vom 30. April 2003 nicht berücksichtigt. Darin habe das [X.] einen Teilerlass der wesentlichen Steuernachforderungen ausdrücklich bejaht. Auf diese Umstände gehe das [X.] in seiner Urteilsbegründung verfahrensfehlerhaft nicht ein.

3

Die Klägerin beantragt die Aufhebung des Urteils des [X.] und der angefochtenen Verwaltungsentscheidungen sowie, das [X.] zu verpflichten, den Billigkeitsantrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des [X.] ([X.]) neu zu bescheiden; hilfsweise die Sache an das [X.] zurückzuverweisen.

4

Das [X.] beantragt die Zurückweisung der Revision als unbegründet.

5

§ 26 Abs. 6 [X.] sei eine generalisierende Regelung, deren Ziel es sei, die jeweilige Gesamtmenge an Gemischen oder Mineralölen unabhängig von einem Verschulden oder Vor- und Teilversteuerungen insgesamt zu besteuern. Soweit die Klägerin die auf den Dieselkraftstoff entfallende Mineralölsteuer auf ihre Kunden abgewälzt habe, liege keine Doppelbesteuerung vor. Die zahlreichen, über einen längeren Zeitraum aufgetretenen Vermischungen könnten nicht als entschuldbar angesehen werden, weshalb ein Erlass aus Billigkeitsgründen nicht in Betracht komme.

Entscheidungsgründe

6

II. Die Revision ist unbegründet und daher gemäß § 126 Abs. 2 [X.]O zurückzuweisen. Der Klägerin steht kein Anspruch nach § 227 AO auf Erlass der [X.]teuer zu, die das [X.] auf den in den abgegebenen [X.]n enthaltenen Dieselkraftstoff erhoben hat.

7

1. Nach § 227 AO können die Finanzbehörden Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre, oder unter den gleichen Voraussetzungen bereits entrichtete Beträge erstatten oder anrechnen. Die Entscheidung über eine [X.] ist eine Ermessensentscheidung, die gerichtlich nur in den durch § 102 [X.]O gezogenen Grenzen nachprüfbar ist (Beschluss des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des [X.] vom 19. Oktober 1971 GmS-OGB 3/70, [X.], 101, [X.] 1972, 603). Danach ist die Prüfung darauf beschränkt, ob die Behörde bei ihrer Entscheidung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem ihr eingeräumten Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat.

8

2. Entgegen der Auffassung des [X.] ist ein [X.] auch dann möglich, wenn eine Steuer nach § 26 Abs. 6 Satz 1 [X.] a.F. entstanden und festgesetzt worden ist. Zwar hat der Gesetzgeber bewusst davon abgesehen, durch Normierung entsprechender Entlastungstatbestände Regelungen zu schaffen, mit denen evtl. Vorversteuerungen von Dieselkraftstoffanteilen in Gemischen aus leichtem Heizöl und Dieselkraftstoff im Fall der nochmaligen Steuerentstehung nach § 26 Abs. 6 [X.] a.F. rückgängig gemacht werden können ([X.] in [X.]/ [X.]/Reiche, [X.], [X.], § 26 Rz 57), doch kann daraus nicht gefolgert werden, § 227 AO müsse in jedem Fall unangewendet bleiben. Wie der Senat unter Hinweis auf den [X.]-Beschluss in [X.] 1995, 220 entschieden hat, ist ein Ausgleich eines möglichen gesetzlichen Überhangs der generalisierenden Regelung im [X.] nicht von vornherein ausgeschlossen (Senatsbeschlüsse vom 17. März 2003 VII B 269/02, [X.] 2003, 825, und vom 20. April 2000 VII B 25/99, [X.] 2000, 1366).

9

3. Unter Berücksichtigung der dargelegten Grundsätze erweist sich die Entscheidung des [X.] als rechtmäßig, da --wie das [X.] zutreffend entschieden hat-- kein Ermessensmissbrauch vorliegt.

a) Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] setzt ein Erlass aus Billigkeit persönliche oder sachliche Gründe voraus. Persönliche [X.] führt die Klägerin nicht an, so dass im Streitfall allenfalls ein Erlass aus sachlichen [X.]n gewährt werden könnte. Ein solcher kommt nach ständiger Rechtsprechung des [X.] in Betracht, wenn es sich um einen atypischen Fall handelt, dessen Besteuerung mit dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Bestimmung unvereinbar ist. Die Besteuerung muss trotz Erfüllung des gesetzlichen Tatbestands den Wertungen des Gesetzgebers zuwiderlaufen ([X.]-Urteile vom 9. September 1994 III R 17/93, [X.]E 175, 395, [X.] 1995, 8, und vom 17. September 1987 III R 225/83, [X.]E 151, 373, [X.] 1988, 324, m.w.N.). Nach dem Willen des Gesetzgebers muss angenommen werden können, dass dieser die im Billigkeitswege zu entscheidende Frage --hätte er sie geregelt-- im Sinne der beabsichtigten [X.] entschieden hätte ([X.]-Urteil vom 17. Juni 2004 IV R 9/02, [X.] 2004, 1505, m.w.N.). Härten, die dem [X.] entsprechen und die der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des Tatbestands bewusst in Kauf genommen hat, können dagegen einen [X.] nicht rechtfertigen, sondern sind allenfalls durch eine Gesetzeskorrektur zu beheben (Beschluss des [X.] in [X.] 1995, 220; [X.]-Urteile vom 20. Januar 1997 V R 28/95, [X.]E 183, 353, [X.] 1997, 716; vom 9. September 1993 V R 45/91, [X.]E 172, 237, [X.] 1994, 131, und vom 5. Juni 1996 [X.], [X.]E 180, 240, [X.] 1996, 503).

b) Die vom [X.] vorgenommene Besteuerung der [X.] läuft den Wertungen und Zielen des Gesetzgebers nicht zuwider.

aa) Nach § 26 Abs. 4 Satz 1 [X.] a.F. darf gekennzeichnetes Mineralöl mit anderem Mineralöl grundsätzlich nicht gemischt werden. Das Mischverbot ist eine notwendige Konsequenz aus der seit 1975 vorgeschriebenen Heizölkennzeichnung, die es ermöglicht, gekennzeichnetes und gegenüber Kraftstoffen ermäßigt besteuertes Heizöl von Dieselkraftstoff zuverlässig zu unterscheiden und zu trennen. Insbesondere soll damit das "Strecken" von Dieselkraftstoff mit Heizöl verhindert und ausgeschlossen werden, dass sich der Verwender eines [X.] auf das zulässige Mischen eines Vorbesitzers berufen kann ([X.] in Schädel/[X.]/[X.], [X.], § 12 Rz 53). Als Folge einer unzulässigen Mischung ordnete § 12 Abs. 9 [X.] a.F. --die Vorgängerregelung des § 26 Abs. 6 [X.] a.F.-- die Besteuerung des gesamten Gemisches an. Ausweislich der Gesetzesbegründung hat der Gesetzgeber diese Regelung als erforderlich angesehen, um gekennzeichnetes Mineralöl zweifelsfrei und zügig vor allem im [X.] an Verkehrskontrollen --unabhängig von einem etwaigen Verschulden des [X.] besteuern zu können, wobei bewusst von einer Anrechnung einer bereits vorher entstandenen Steuer auf die infolge der Vermischung entstandene Steuer abgesehen wurde (BTDrucks 7/1944, S. 11). Die Formulierung "vor allem" belegt, dass der Gesetzgeber nicht ausschließlich im Straßenverkehr vorgefundene [X.] gemeint hat. Vielmehr galt die Regelung auch für die Mineralölwirtschaft und für die Fälle des Produktwechsels, bei dem aus technischen Gründen nahezu unvermeidbar Restmengen eines vorherigen Produkts in Tanks und Rohrleitungssystemen von [X.] verbleiben ([X.] in Schädel/[X.]/[X.], a.a.[X.], § 12 Rz 54). Den damit verbundenen steuerrechtlichen Folgen begegnete der Gesetzgeber mit den in den §§ 8 und 9 [X.] festgelegten Ausnahmen, nach denen unter den dort aufgeführten Bedingungen --insbesondere unter Beachtung der für Vermischungsanteile festgelegten [X.] trotz zumutbaren Aufwands unvermeidbare Mischungen von einer Besteuerung ausgenommen werden (vgl. im Einzelnen Urteil des [X.] München vom 11. November 1998  3 K 920/94, [X.] 1999, 207, 208).

Den ursprünglich gewählten Ansatz hat der Gesetzgeber auch bei der Einführung des § 26 Abs. 6 [X.] 1993 durch das [X.] vom 21. Dezember 1992 (vgl. BTDrucks 12/3432, S. 90) und bei dessen Änderungen beibehalten. Die Entstehungsgeschichte der Vorschrift lässt darauf schließen, dass der Gesetzgeber eine Doppelbesteuerung des in den Gemischen vorgefundenen Dieselkraftstoffs nicht nur bewusst in Kauf genommen, sondern gewollt hat. Nur unter bestimmten Voraussetzungen --insbesondere der Einhaltung der in § 9 Abs. 1 Satz 1 [X.] festgelegten [X.] hat er der Mineralölwirtschaft gewisse Erleichterungen zugestanden. Daraus lässt sich schließen, dass sich der Gesetzgeber auch für den Fall der Vermischung steuerlich begünstigten Heizöls mit Dieselkraftstoff in Tankwagen über die Folgen der von ihm getroffenen Regelung bewusst war. Die [X.] entspricht dem Sinn und Zweck der Regelung und wird durch die Systematik der Verbrauchsbesteuerung, die grundsätzlich auf die einmalige steuerliche Belastung einer verbrauchsteuerpflichtigen Ware abzielt, nicht ausgeschlossen.

bb) In seinem Beschluss in [X.] 1995, 220 hat das [X.] darauf hingewiesen, dass eine doppelte Steuerfestsetzung in der Funktion, Steuerverkürzungen entgegenzuwirken, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sei. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der Streitfall nicht mit dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Fall vergleichbar, bei dem es um die Anwendung des § 15 Abs. 1 der [X.] und die mehrmalige Vollziehung der auf den Verbrauch desselben [X.] bezogenen Steuerbescheide ging. Hierzu hat das [X.] ausgeführt, dem Gesetz könne nicht entnommen werden, der Gesetzgeber habe für den Fall der Aufnahme versteuerten [X.] in ein Steuerlager auch eine Mehrfachbelastung des nämlichen [X.] --die nach der damaligen Gesetzeslage durch die sich anschließende Entfernung des [X.] aus dem Steuerlager auftrat-- gewollt. Wie der Senat ausgeführt hat, diente die gesetzliche Anordnung des Entstehens einer bedingten Steuer (§ 50 AO) selbst bei Aufnahme bereits versteuerten [X.] in ein Steuerlager der praktikablen Handhabung des Steuerlagerregimes und damit der Rechtssicherheit (Senatsurteil vom 23. Juli 1968 VII 84/65, [X.]E 93, 114, [X.] 1969, 19). Nicht im Vordergrund stand danach die [X.] und die Kontrolle der bestimmungsgemäßen Verwendung gekennzeichneter und steuerbegünstigter Mineralöle. Im Streitfall hat der Gesetzgeber die Mehrfachbelastung des Dieselkraftstoffs im Fall des § 26 Abs. 6 [X.] a.F. nicht nur in Kauf genommen, sondern aus Gründen der [X.] und Verwaltungsvereinfachung auch beabsichtigt. Das Mischungsverbot soll Manipulationen entgegenwirken. Insbesondere soll durch die ausnahmsweise Gestattung von Höchstmengen unmerklicher Vermischungsanteile (§ 9 Abs. 1 [X.]) die Steueraufsicht sichergestellt werden. Zum einen wird durch die Begrenzung auf Kleinstmengen vermieden, dass Abnehmer infolge eines deutlich erhöhten Anteils an [X.] in den Verdacht der Steuerhinterziehung kommen, zum anderen kann bei einem zu hohen und deshalb unzulässigen Anteil an [X.] auf eine Hinterziehungsabsicht geschlossen werden. Die Anordnung der [X.] unter Einbeziehung des Mineralölhandels wirkt Manipulationen und Beeinträchtigungen der Steueraufsicht entgegen.

cc) Erst durch die Änderung des § 26 Abs. 6 [X.] 1993 mit Wirkung vom 30. Juli 2002 hat der Gesetzgeber die Besteuerung auf die in den Rohrleitungen, Armaturen oder im [X.] eines Transportmittels von der letzten Abgabe verbliebene Restmenge beschränkt und damit die ursprüngliche gesetzgeberische Entscheidung korrigiert. Ausweislich der Gesetzesbegründung soll die Begrenzung der Rechtsfolgen unverhältnismäßig hohe und deshalb existenzbedrohende Steuerfolgen vermeiden, die durch gelegentliche Verfahrensfehler bei der wechselweisen Abgabe steuerbegünstigten gekennzeichneten Heizöls und von Dieselkraftstoff aus Transportmitteln verursacht werden (BTDrucks 14/8711). Nicht in Frage gestellt wird allerdings die Grundkonzeption der Vorschrift des § 26 Abs. 6 [X.] 1993, nach der nach wie vor die missbräuchliche Verwendung von Heizöl bekämpft werden soll. Zutreffend hat das [X.] ausgeführt, dass die erst im Juli 2002 geschaffene Ausnahmeregelung keine Rückwirkung entfaltet und daher auf den Streitfall keine Anwendung finden kann.

c) Entgegen der Auffassung der Revision ist die Besteuerung des in den Gemischen enthaltenen Dieselkraftstoffs keine Maßnahme mit strafähnlichem Charakter. Die Verhängung einer Sanktion, wie sie z.B. die Einziehung des Transportmittels oder die Anwendung erhöhter Steuersätze wäre, hat der Gesetzgeber mit der Anordnung der Besteuerung des gesamten Gemisches ohne Berücksichtigung einer Vorversteuerung nicht beabsichtigt ([X.] in Schädel/[X.]/[X.], a.a.[X.], § 12 Rz 81). Dabei ist zu berücksichtigen, dass es auf den Einzelfall bezogen --nämlich bei der Kontrolle eines Transportmittels im [X.] in der Regel nicht zu einer unverhältnismäßig hohen und existenzbedrohenden Steuerlast kommt. Im Streitfall ist nur deshalb eine verhältnismäßig hohe Steuerforderung entstanden, weil die Rechtsvorgängerin der Klägerin in einem Zeitraum von ca. zwei Jahren kontinuierlich [X.] als Kraftstoffe abgegeben hat. Für den Fall einer über einen längeren Zeitraum wiederholten Tatbestandserfüllung brauchte der Gesetzgeber jedoch keine besonderen gesetzlichen Vorkehrungen zu treffen. Die mit einer solchen Fallgestaltung verbundenen Härten sind vielmehr die unvermeidbaren Folgen der generalisierenden Regelung.

4. Entspricht danach die Besteuerung von [X.]n unter Aufrechterhaltung der Vorversteuerung der Intention des Gesetzgebers und dem Sinn und Zweck der Regelung, ist die Entscheidung der Finanzbehörde, einen Antrag nach § 227 AO auf Erlass der festgesetzten [X.]teuer wegen vermeintlicher sachlicher Unbilligkeit abzulehnen, unter Gesichtspunkten der Ermessensausübung nicht zu beanstanden. Daher kann im Streitfall nicht davon ausgegangen werden, dass das [X.] die Grenzen des ihm zustehenden Ermessens überschritten oder von der Ermächtigung in unzulässiger Weise Gebrauch gemacht hat.

5. Soweit die Revision darin einen Verstoß gegen § 96 Abs. 1 [X.]O sieht, dass das [X.] in den Akten vorgefundene Hinweise auf die Möglichkeit eines Teilerlasses unberücksichtigt gelassen hat, liegt der behauptete Verfahrensmangel nicht vor. Entgegen der Auffassung der Klägerin konnten diese verwaltungsinternen Einschätzungen einen Vertrauensschutz nicht begründen. Zu Recht führt die Klägerin selbst aus, die Äußerungen des [X.] stellten keine verbindliche Zusage dar. Deshalb musste sich das [X.] aus seiner maßgeblichen Sicht in der Urteilsbegründung nicht mit diesen --für die Entscheidung nicht erheblichen-- Einschätzungen auseinandersetzen, zumal das [X.] im Klageverfahren eine andere Auffassung vertreten und einen Erlass in vollem Umfang abgelehnt hat. Daran hält das [X.] auch im Revisionsverfahren fest. Ein Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten liegt demnach nicht vor.

Meta

VII R 7/12

25.09.2013

Bundesfinanzhof 7. Senat

Urteil

vorgehend FG Düsseldorf, 25. Januar 2012, Az: 4 K 2860/11 VM, Urteil

§ 26 Abs 6 S 1 MinöStG, § 9 Abs 1 HeizölkennzV, § 227 AO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 25.09.2013, Az. VII R 7/12 (REWIS RS 2013, 2497)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 2497

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