Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.03.2014, Az. XII ZB 19/13

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 6993

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

BESCHLUSS
XII ZB 19/13
Verkündet am:

19. März 2014

Breskic,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in der Familiensache

Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
BGB §§ 242 [X.], 313, 1581, 1609
Zur Anpassung einer Vereinbarung zum nachehelichen Unterhalt
und Kindes-unterhalt
bei späterem Hinzutreten weiterer Unterhaltspflichten (Kindesunterhalt und Ehegattenunterhalt).

BGH, Beschluss vom 19. März 2014 -
XII ZB 19/13 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 19.
März 2014 durch den Vorsitzenden Richter
Dose und [X.]
Klinkhammer,
Schilling, Dr.
Nedden-Boeger und Guhling
für Recht erkannt:
Auf die Rechtsbeschwerde des [X.]s wird der Be-schluss des 5. Familiensenats in [X.] des [X.] vom 21.
Dezember
2012 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als
der [X.] für die [X.] ab März 2012 zur Zahlung von Ehegattenunterhalt an die Antragstellerin zu 1
ver-pflichtet worden ist.
Im Übrigen wird die Rechtsbeschwerde zurückgewiesen.
Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur weiteren Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das [X.] zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:
A.
Die Beteiligten streiten noch um nachehelichen Unterhalt und Kindesun-terhalt
für die [X.] ab März 2011. Die 1993 geschlossene Ehe der Antragstelle-rin zu 1 (im Folgenden: Antragstellerin) und des [X.]s wurde im [X.]
-
3
-
tober 2005 geschieden. Aus der Ehe ist der 1997 geborene Antragsteller zu 2 (im Folgenden: Antragsteller) hervorgegangen, der bei der Antragstellerin lebt.
Die Eheleute hatten am 25.
Februar 2005 eine privatschriftliche Schei-dungsfolgenvereinbarung unter anderem zum Ehegatten-
und Kindesunterhalt
abgeschlossen, die sie durch eine weitere Vereinbarung vom 7.
April 2006 er-gänzten. In §
2 der Ergänzungsvereinbarung verpflichtete sich der Antragsgeg-ner ab der -
unentgeltlichen
-
Übertragung des Miteigentumsanteils am [X.] Hausgrundstück durch die Antragstellerin für die Dauer von 14 Jahren zur Zahlung eines monatlichen Unterhalts von 2.070

Kindesunter-halt
von 700

enthalten sein sollte. Nach §
9 der ursprünglichen Vereinbarung
sollten den Antragstellern nur noch die gesetzlichen Unterhaltsansprüche zu-stehen, falls sich die Einkommensverhältnisse des [X.]s wesentlich verschlechtern sollten oder dieser arbeitslos werden
sollte. Sollten die vertrag-lich geschuldeten Unterhaltsleistungen allerdings über einen längeren [X.]raum als ein halbes Jahr nicht erbracht werden, sollte der Differenzbetrag zur er-brachten Leistung lediglich als gestundet gelten.

Der [X.]
war bereits vor der mit der Antragstellerin [X.] verheiratet gewesen. Nach der Scheidung von der Antragstellerin war er von 2007 bis 2010 wiederum verheiratet. Nachdem auch diese Ehe ge-schieden worden war, heiratete er im
Dezember 2010 erneut. Aus der nunmehr vierten Ehe des [X.]s ist ein im Oktober 2011 geborener [X.]. Außerdem hat der Antragsteller die im Juli 2007 geborene [X.] seiner heutigen Ehefrau im September 2011 adoptiert.
Der 1961 geborene [X.] ist Elektroingenieur und war bei meh-reren Unternehmen in leitender Stellung beschäftigt, unter anderem als [X.]. Bis November 2008
war er mit einem Monatsverdienst von brutto 2
3
4
-
4
-
10.000

(bei 13 Monatsgehältern und nebst Zulagen)
bei einem niederländi-schen Unternehmen beschäftigt. Dort schied er gegen Zahlung einer Abfindung aus. Im [X.] daran gründete er mit seiner heutigen Ehefrau
eine [X.], die zunächst Verluste und später geringe Gewinne erwirt-schaftet hat.
Seit Juli 2010 ist der [X.]
außerdem wieder als [X.] beschäftigt, zunächst als Geschäftsführer der [X.] S-AG und seit März 2012 als Leiter Marketing und Sales bei einem anderen [X.] Unter-nehmen.
Die
ebenfalls 1961 geborene Antragstellerin war vor und während der Ehe als Bürogehilfin bei einer Krankenkasse tätig. Nach zwischenzeitlicher Ar-beitslosigkeit war
sie seit Januar 2011 mit einem durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen von rund 720

und hat insoweit eine Kündigung ihres Arbeitgebers zum Mai 2012 vorgelegt.
Der [X.] leistete den vereinbarten Unterhalt bis einschließlich Juni 2009. Ab
Juli 2009 zahlte er monatlich 200

Ehegatten-
und 400

Kin-desunterhalt
und ab Dezember 2009 nur noch 377

Kindesunterhalt.
Die Antragsteller haben die Zahlung von Ehegatten-
und Kindesunterhalt
entsprechend den getroffenen Vereinbarungen geltend gemacht. Sie haben die Auffassung vertreten, dass die Vereinbarungen unverändert gültig seien.
Der [X.] hat den Kindesunterhalt
teilweise anerkannt. Das Amtsgericht
hat
ihn für die [X.] ab März 2011 antragsgemäß zur Zahlung des vollen vereinbarten Unterhalts verpflichtet. Auf die Beschwerde des Antrags-gegners hat das [X.] die [X.] für die [X.] bis [X.] 2012 -
als derzeit unbegründet
-
abgewiesen und den Unterhalt ab März 2012
herabgesetzt
sowie den Ehegattenunterhalt zum Teil als derzeit unbe-gründet abgewiesen.
Es hat den [X.] zu einem Ehegattenunterhalt in 5
6
7
8
-
5
-
Höhe von
860,74

in Höhe von
810,74

Januar 2013 bis Mai 2020 verpflichtet. Hinsichtlich des Kindesunterhalts
hat es
den Antragsteller für die [X.] ab März 2012 zur Zahlung von monatlich weiteren 111

insgesamt -
einschließlich des Teilanerkenntnisurteils
-
also 488

)
ver-pflichtet.

Dagegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde des Antrags-gegners, der -
soweit er den Unterhalt nicht anerkannt hat
-
seine Abweisungs-anträge weiterverfolgt.

B.
Die zulässige Rechtsbeschwerde ist teilweise begründet. Sie führt inso-weit zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.], als der [X.] zur Zahlung von Ehegattenunterhalt verpflichtet worden ist.

I.
Die Rechtsbeschwerde ist in vollem Umfang zulässig. Zwar wendet sich der [X.] gegen den angefochtenen Beschluss auch insoweit, als die
[X.] für die [X.] von März 2011 bis Februar 2012 und für den teil-weise gestundeten Ehegattenunterhalt ab März 2012 abgewiesen worden sind. Das [X.] hat aber in den
Gründen seiner Entscheidung darauf hingewiesen, dass die Anträge
teilweise
nur
als derzeit unbegründet [X.] worden sind, weil der Unterhalt insoweit gestundet sei. Damit entfaltet der
angefochtene Beschluss
gemäß §§
113 Abs.
1 Satz
2 FamFG, 322 ZPO nur 9
10
11
-
6
-
eine entsprechend eingeschränkte materielle Rechtskraft (vgl. [X.]/Vollkommer ZPO 30.
Aufl. Vor §
322 Rn.
56 ff. [X.]) und schließt eine spätere Geltendmachung der gestundeten Beträge nicht aus. Da dem auf endgültige Abweisung gerichteten Antrag des [X.]s nicht in vollem Umfang ent-sprochen worden ist, ist der [X.] durch den angefochtenen Be-schluss
auch insoweit beschwert
([X.], 242 = NJW 2000, 2988 f. [X.]; [X.]/[X.] ZPO 30.
Aufl. Vor §
511 Rn. 21; [X.]/[X.] ZPO 10. Aufl. Vor §
511 Rn.
21).

II.
Nach Auffassung des [X.]s
begründeten die geschiedenen Ehegatten durch die von ihnen geschlossenen Vereinbarungen einen eigen-ständigen vertraglichen Unterhaltsanspruch. Die Annahme einer vertraglichen, vom gesetzlichen Unterhaltsanspruch gelösten Unterhaltsregelung könne zwar nur bei besonderen dafür sprechenden Umständen bzw. Anhaltspunkten erfol-gen. Solche lägen hier aber vor. Dafür spreche die im Vertragstext vorgenom-mene Differenzierung zwischen dem gesetzlichen Unterhaltsanspruch und der Gewährung des vertraglichen Unterhalts. Außerdem spreche dafür, dass die Antragstellerin den [X.] während der Gewährung des vertraglichen Kindesunterhalts von dem gesetzlichen Anspruch auf Kindesunterhalt freizustel-len habe. Auch sei der vertragliche Kindesunterhalt zeitlich begrenzt und im Übrigen darauf verwiesen worden, dass dem Antragsteller für die [X.] nach [X.] des vertraglichen Unterhalts nur noch die gesetzlichen Unterhaltsansprü-che zustünden. Zudem verweise
§ 9 der ursprünglichen Vereinbarung für den Fall der Arbeitslosigkeit oder wesentlichen [X.] auf den gesetzlichen Unterhaltsanspruch. Aus der Vereinbarung ergebe sich somit 12
-
7
-
nicht nur eine Ausgestaltung der gesetzlichen Unterhaltsansprüche, sondern ein eigener vertraglicher Anspruch, wobei sich die Berechnung an der Berech-nung des gesetzlichen Unterhaltsanspruchs orientiert, diese jedoch aufgrund einiger Besonderheiten modifiziert habe.
Die Scheidungsfolgenvereinbarung halte auch einer Wirksamkeitskon-trolle stand. Zwar fänden die für die Inhaltskontrolle entwickelten Grundsätze auch für den Unterhaltsschuldner Anwendung, weil auch auf dessen Seite eine erhebliche Unterlegenheitsposition vorliegen könne, die zu einer offensichtlich einseitigen Aufbürdung vertraglicher Lasten führen könne. Den Ehegatten stehe aber insoweit ein größerer Gestaltungsspielraum zu. Die getroffenen Vereinba-rungen stellten keine einseitige, nicht gerechtfertigte Lastenverteilung zum Nachteil des [X.]s dar. Der aus den damaligen [X.] errechnete gesetzliche Ehegattenunterhalt sei geringfügig höher als der vertraglich vereinbarte. Die Regelung zur Dauer des [X.] habe zum damaligen [X.]punkt eine deutliche Benachteiligung
der Antragstellerin dargestellt. Auch für den Kindesunterhalt stelle die Vereinbarung keine einseiti-ge Lastenverteilung zum Nachteil des [X.]s dar.
Eine einseitige Lastenverteilung ergebe sich auch nicht daraus, dass die Vereinbarung keine Abänderung für den Fall des [X.] weiterer [X.] vorsehe. Die Regelung in §
9 der ursprünglichen Vereinbarung stelle zwar im Vergleich zur gesetzlichen Regelung eine Schlechterstellung des [X.]s dar. Auch dadurch werde seine Existenz aber nicht gefährdet. Vielmehr gewähre ihm die Stundung hinreichenden Schutz. In der [X.] sei von einer ausgewogenen Regelung auszugehen.
Die Vereinbarung halte indessen einer Ausübungskontrolle nicht stand. Durch das Hinzukommen zweier weiterer minderjähriger Unterhaltsberechtigter 13
14
15
-
8
-
und der unterhaltsberechtigten Ehefrau habe sich wie im Fall einer Verschlech-terung der wirtschaftlichen Situation das für jeden Unterhaltsberechtigten zur Verfügung stehende Einkommen erheblich verändert
und sei das [X.] des [X.]s nicht mehr gewahrt.
Das aktuelle bereinigte Nettoeinkommen des [X.]s betrage (einschließlich eines Einkommens aus der selbständigen Tätigkeit sowie eines Wohnvorteils und abzüglich von Hausverbindlichkeiten) 2.912,49

b-zug der vereinbarten Unterhaltsleistungen sowie des [X.] der wei-teren Kinder müsse aber nach den [X.] ein Selbstbehalt von 1.050

verbleiben, für die mit ihm zusammenlebende Ehefrau sei ein Bedarf von 840

anzusetzen. Der "Gesamtmindestbedarf"
des [X.]s und seiner Ehe-frau betrage einschließlich der Krankenversicherungskosten (451

und könne durch die (verbleibenden) Einkünfte der Eheleute nicht gedeckt wer-den. Das von der Ehefrau bezogene Erziehungsgeld (Elterngeld)
sei nicht anzu-rechnen.
Zwar werde die [X.] durch die [X.] aufgefangen und der [X.] insoweit hinreichend geschützt. [X.] gelte aber für das Hinzutreten dreier weiterer Unterhaltsberechtigter. Dieses
sei bei Vertragsschluss nicht vorhersehbar gewesen und erfordere eine Anpas-sung der Vereinbarungen. Die untere Grenze der Anpassung werde durch den gesetzlichen Unterhaltsanspruch gezogen. Ausgangspunkt sei das damalige Einkommen
des [X.]s, wie es in §
9 der ursprünglichen Vereinba-rung niedergelegt worden sei. Aufgrund dieses Einkommens sei der Unterhalt sämtlicher Berechtigter zu ermitteln. Es ergebe sich ein Kindesunterhalt von gerundet 1.065

. Der Ehefrau
sei in [X.] Zusammenhang nur der Mindestbedarf von 840

i-16
17
-
9
-
tere Herabsetzung des Unterhalts der Antragstellerin komme nicht in Betracht, weil sie der Ehefrau gegenüber vorrangig sei. Das ergebe sich abweichend von der gesetzlichen Rangfolge daraus, dass der Unterhalt auf eine vertragliche Grundlage gestellt worden sei.
Wegen des gesunkenen Einkommens werde ein hinreichender Schutz durch die Stundung gewährt.

Für die [X.] von März 2011 bis Februar 2012 greife die Stundung ein, weil der [X.] in dieser [X.] weiterhin über kein ausreichendes Ein-kommen verfügt habe, um den Unterhalt der Antragsteller
über den anerkann-ten Kindesunterhalt hinaus zahlen zu können.
Ab März 2012 habe sich die Einkommenssituation des [X.]s verbessert, sie erreiche aber nicht das gleiche Niveau, wie es der vertraglichen Vereinbarung zugrunde gelegt worden sei. Für den -
neu berechneten
-
Kin-desunterhalt sei der [X.] hinreichend leistungsfähig. Zur Deckung des [X.] der Antragstellerin in der vereinbarten Höhe sei der [X.] allerdings nur teilweise
leistungsfähig. Unter Wahrung seines Selbstbehalts stünden ihm von März bis Dezember 2012 für den Unterhalt der Antragstellerin 860,74

-
aufgrund des von 1.050

1.100

-
810,74

n-spruch eines nachrangigen Ehegatten sei dagegen nicht zu berücksichtigen. Zwar führe dieser Grundsatz dazu, dass der Ehefrau des [X.]s nur ihr Einkommen aus selbständiger Tätigkeit von 241,03

während sei. Damit sei zwar nicht einmal deren "Mindes"
gesi-chert. Vor dem Hintergrund, dass die Antragstellerin der neuen Ehefrau des [X.]s vorrangig sei, komme aber eine weitere Anpassung des ver-traglichen Unterhaltsanspruchs nicht in Betracht.
18
19
-
10
-
In Höhe der zum angepassten Ehegattenunterhalt (1.065

Differenz sei der vertragliche Unterhalt wiederum gestundet.
Der Unterhalt der Antragstellerin sei entsprechend der vertraglichen [X.] bis einschließlich Mai 2020 zu befristen.

III.
Das hält rechtlicher Überprüfung nicht in jeder Hinsicht stand.
1. Das [X.] hat die geltend gemachten Ansprüche auf-grund der Vereinbarungen vom 25.
Februar 2005 und vom 7.
April 2006
als rein vertragliche
Unterhaltsansprüche angesehen. Das steht mit der Rechtspre-chung des Senats nicht im Einklang. Vielmehr stellen die Vereinbarungen auch aufgrund der vom [X.] getroffenen Feststellungen lediglich Modi-fizierungen des gesetzlichen Unterhalts dar.
Der Wille der Parteien, den Unterhaltsanspruch
völlig auf eine vertragli-che Grundlage zu stellen und ihm
damit das Wesen eines gesetzlichen Unter-haltsanspruchs zu nehmen, kann nach ständiger
Rechtsprechung des Bundes-gerichtshofs und des Senats nur beim Vorliegen besonderer dafür sprechender Umstände angenommen werden (Senatsurteile
vom 21.
September 2011
-
XII
ZR 173/09
-
[X.], 699 Rn.
19 [X.]
und vom 25.
Januar
2012 -
XII
ZR 139/09
-
[X.], 525 Rn.
32 ff.).

Solche Umstände sind hier nicht festgestellt. Die in der Vereinbarung verwendete
begriffliche Unterscheidung zwischen gesetzlichem und vertragli-chem Unterhalt vermag eine rein vertragliche Natur des Unterhalts nicht zu be-gründen. Aus der Vereinbarung
ergibt sich noch nicht, dass der Unterhalt nach 20
21
22
23
24
25
-
11
-
den Vorstellungen der Vertragsparteien völlig unabhängig von den gesetzlichen Voraussetzungen zu gewähren sein sollte.
Selbst wenn der gesetzliche Unter-halt in verschiedener Hinsicht, vor allem in Bezug auf die Höhe des Bedarfs,
die Bedürftigkeit sowie die Leistungsfähigkeit und Dauer einschließlich einer damit verbundenen eingeschränkten Abänderbarkeit modifiziert worden ist, folgt [X.] noch nicht, dass die Vertragsparteien gänzlich von der gesetzlichen Unter-haltsregelung Abstand nehmen
wollen. Dies gilt vor allem für den Kindesunter-halt. Dass die Antragstellerin nach §
3 der ursprünglichen Vereinbarung den [X.] von einem etwaigen weitergehenden gesetzlichen Anspruch auf Kindesunterhalt freigestellt hat, besagt nicht, dass der insoweit im Wege des Vertrags zugunsten Dritter nach §
328 BGB versprochene Unterhalt nicht den gesetzlichen
Unterhalt darstellt. Eine den Kindesunterhalt ändernde Regelung konnte schon mangels Beteiligung des Antragstellers nicht wirksam getroffen werden (vgl. auch §
1614 BGB). Dass der [X.] den vertraglich [X.] Kindesunterhalt zusätzlich zum gesetzlichen Kindesunterhalt zahlen sollte, liegt schließlich fern.
Die begriffliche Differenzierung zwischen vertraglichem und gesetzlichem Unterhalt weist demnach nur auf Abweichungen
von der gesetzlichen Regelung hin, ohne dass dem Unterhalt das
Wesen als gesetzlicher Unterhaltsanspruch genommen werden soll.
Dass die vorliegende Vereinbarung den gesetzlichen Unterhalt lediglich modifizieren sollte, liegt schon deshalb nahe, weil der zu zah-lende Unterhalt ausgehend vom gesetzlichen Unterhalt berechnet worden ist. Mit der Regelung in §
9 der ursprünglichen Vereinbarung haben die Vertrags-parteien entsprechend dem gesetzlichen Unterhaltsanspruch einer einge-schränkten Leistungsfähigkeit des [X.]s Rechnung getragen. Schließlich hat das [X.] selbst
die von ihm vorgenommene Ver-tragsanpassung zumindest
im Ausgangspunkt ebenfalls an der gesetzlichen Regelung orientiert.
Dass die vom [X.] durchgeführte Anpassung 26
-
12
-
wegen nachträglich [X.] Unterhaltspflichten geboten ist, lässt sich nur erklären, wenn der zu zahlende Unterhalt dem Grunde nach unverändert auf den gesetzlichen Vorschriften beruhen sollte,
und wäre bei einem rein ver-traglichen Anspruch jedenfalls grundsätzlich nicht gerechtfertigt.

Schließlich ist das [X.] der Sache nach der von ihm vertre-tenen
Qualifizierung selbst nicht gefolgt, indem es die Wirksamkeit der [X.] am Maßstab des gesetzlichen Unterhaltsrechts überprüft und auch die Anpassung
jeweils unter Rückgriff auf die
gesetzlichen Unterhaltsansprüche
durchgeführt hat.

2. Dass das [X.] die Vereinbarungen nicht nach §
138 BGB für unwirksam gehalten hat, steht mit der Rechtsprechung des Senats (Senatsurteil BGHZ 178, 322 = [X.], 198
Rn.
19 ff.)
im Einklang und wird von der Rechtsbeschwerde nicht in Frage gestellt.
Zu Recht hat das [X.]
aber wegen des von den
Vertrags-parteien bei Abschluss der Vereinbarungen nicht vorhersehbaren [X.]
weiterer Unterhaltsberechtigter
eine Notwendigkeit zur Anpassung der [X.] angenommen.
Diese ergibt sich allerdings nicht -
wie vom Oberlandes-gericht angenommen
-
aus §
242 BGB, sondern aus §
313 BGB (vgl. Senatsur-teil vom 25.
Januar 2012 -
XII
ZR 139/09
-
[X.], 525 Rn.
38 ff.).
Die von den Antragstellern hinsichtlich der Vertragsanpassung erhobe-nen Gegenrügen greifen nicht durch.
Der Einwand, dass sich eine entspre-chende Anwendung der sogenannten Notfallklausel in § 9 der ursprünglichen Vereinbarung verbiete, stellt die vom [X.] durchgeführte Anpas-sung nicht
in Frage. Denn dieses hat das Hinzutreten weiterer [X.] gerade nicht als eine
[X.] im Sinne der ge-nannten Vertragsklausel
angesehen, sondern den Vertrag unter Einbeziehung 27
28
29
30
-
13
-
der gesetzlichen Regelung an die neue unterhaltsrechtliche Situation ange-passt.

3. Das [X.] hat die Vereinbarungen dahin angepasst, dass es aufgrund des seinerzeit zugrunde gelegten Einkommens des Beklagten den Unterhalt sämtlicher Berechtigter -
den Ehegattenunterhalt letztlich im Rahmen einer Billigkeitsbetrachtung nach §
1581 BGB
-
neu ermittelt hat. Im [X.]
daran hat es getrennt für die [X.] von März 2011 bis Februar 2012 und ab März 2012 bestimmt,
in welcher Höhe der geschuldete Unterhalt zu zahlen ist und in welchem Umfang die Stundung eingreift.
Die Art und Weise der vom [X.] durchgeführten Anpas-sung begegnet indessen Bedenken.
a) Noch zu Recht ist das [X.] davon ausgegangen, dass die geschlossenen Vereinbarungen unter Berücksichtigung der hinzugetretenen Unterhaltspflichten insoweit einerseits unter Wahrung der vertraglichen [X.]en, andererseits nach dem gesetzlichen Unterhalt anzupassen sind.
In dieser Hinsicht ist es von einem aufgrund Herabstufung um zwei Gruppen der [X.] Tabelle reduzierten Kindesunterhalt
des Antragstellers von 488

(Einkommensgruppe 7 der [X.] Tabelle 2011) sowie dem vertraglich festgelegten Bedarf der Antragstellerin
von
1.370

. Es hat unter Einbeziehung der beiden Kinder aus der heutigen Ehe des [X.]s
(ebenfalls aus Einkommensgruppe 7 der [X.] Tabelle 2011)
und nach Abzug eines Erwerbstätigenbonus ein verbleibendes Einkommen in Höhe von 2.969,70

ermittelt sowie ein nach Abzug des [X.]
der Antrag-stellerin für den [X.] und seine Ehefrau verbleibendes Einkommen von 1.599,70

. Aufgrund dessen hat es den Unterhalt der Antragstellerin ge-mäß §
1581 BGB auf 1.065

t, um auch den "Mindestunterhalt"
der Ehe-31
32
33
-
14
-
frau von 840

Einer weiteren Anpassung bedürfe es nicht, weil die Antragstellerin der Ehefrau des [X.]s vorrangig sei. Dies ergebe sich abweichend von der gesetzlichen Regelung in §
1609 Nr.
2 BGB aus der vertraglichen Regelung, nach welcher keine Berücksichtigung anderer [X.] erfolgen solle.
b) Die Rechtsbeschwerde rügt die fehlerhafte Einordnung der heutigen Ehefrau des [X.]s
als gegenüber der Antragstellerin
nachrangig. Die [X.] ist berechtigt.
Die vom [X.] vorgenommene Auslegung ist insoweit wi-dersprüchlich. Dass die Vertragsparteien dem Unterhalt der Antragstellerin auch bei Wiederverheiratung des [X.]s Vorrang einräumen wollten, steht im Widerspruch zum eigenen Ausgangspunkt des [X.]s
zum Grund der Vertragsanpassung. Dieser
besteht (allein) darin, dass sich die Situation bei Vertragsschluss durch das Hinzutreten von drei weiteren
Unter-haltsberechtigten
unerwartet verändert
hat. Damit ist die
Auslegung der [X.] in dem Sinne, dass der Unterhalt der Antragstellerin nach dem Willen der Vertragsparteien vorrangig gestellt werden sollte, aber ebenso wenig ver-einbar
wie die völlige Nichtberücksichtigung [X.]
Unterhaltspflichten. Die
Auslegung des [X.]s
widerspricht überdies
der von ihm durchgeführten Unterhaltsermittlung bezüglich des neu hinzugetretenen [X.]. Insoweit hat das [X.] den Kindesunterhalt
des An-tragstellers wegen der weiteren
Unterhaltspflichten um zwei Einkommensgrup-pen der [X.] Tabelle herabgestuft und ist auch im Verhältnis des neu hinzugetretenen
Unterhalts zum Unterhalt der Antragstellerin
nach der gesetzli-chen Rangfolge verfahren, was sich mit seiner Ansicht zum Vorrang der [X.] nicht vereinbaren lässt.
34
35
-
15
-
Die Auslegung ist mithin
auch nach dem im Rechtsbeschwerdeverfahren eingeschränkten
Überprüfungsmaßstab nicht haltbar.
c) Demnach muss auch bei der Ermittlung der Unterhaltshöhe im
Rah-men der Anpassung der Vereinbarungen die gesetzliche Regelung berücksich-tigt werden. Eine Kürzung des Unterhalts wegen hinzutretender Unterhalts-pflichten bestimmt sich nach der auch vom [X.] herangezogenen Vorschrift des §
1581 BGB. Diese setzt nach der Rechtsprechung
des Senats voraus, dass die hinzugetretene Unterhaltspflicht gegenüber einem neuen Ehe-gatten vor-
oder gleichrangig ist (vgl. Senatsurteil [X.], 45 = [X.], 281
Rn.
38, 40, 48 f.).
Da die hinzugetretene Unterhaltspflicht gegenüber der Ehefrau
des [X.]s (neben dem hinzugetretenen Kindesunterhalt) die Anpassung der Vereinbarungen erst begründet, ist sie auch bei der Anpassung entsprechend den gesetzlichen Wertungen des §
1581 BGB
zu berücksichtigen. Nach der
Rechtsprechung
des Senats hat in dem durch Hinzutreten weiterer Unterhalts-pflichten ausgelösten relativen Mangelfall eine Kürzung des Unterhalts des ge-schiedenen Ehegatten stattzufinden. Diese kann grundsätzlich im Wege der Dreiteilung des Gesamteinkommens erfolgen (Senatsurteil [X.], 45 = [X.], 281
Rn.
42 [X.]), wobei die nach §
1581 BGB
gebotene Billig-keitsabwägung im Einzelfall auch davon abweichende Ergebnisse, die neben dem Rang auf weitere individuelle Umstände gestützt werden können, erlaubt (Senatsurteil [X.], 45 = [X.], 281
Rn.
50 [X.]).
Soweit im Rahmen der Leistungsfähigkeitsprüfung
gegenüber einem ge-schiedenen und einem gleichrangigen neuen Ehegatten bei der [X.] eine Dreiteilung des vorhandenen Einkommens erfolgt, ist das gesamte Einkommen aller Beteiligten zu berücksichtigen (Senatsurteil [X.], 45 = 36
37
38
39
-
16
-
[X.], 281
Rn.
44 [X.]). Synergieeffekte durch das Zusammenleben des Unterhaltspflichtigen in einer neuen Ehe sind zu berücksichtigen. Der Vor-teil des Zusammenwohnens ist nach der Senatsrechtsprechung für die
Ehegat-ten der neuen Ehe mit 10 % ihres [X.] in Ansatz zu bringen (Se-natsurteil [X.], 45 = [X.], 281
Rn. 46 [X.]). Nach der neueren Senatsrechtsprechung ist zudem im Rahmen der Leistungsfähigkeitsprüfung
ein Erwerbstätigenbonus nicht zu berücksichtigen (Senatsurteil vom 26.
Juni 2013 -
XII ZR 133/11
-
FamRZ
2013, 1366 Rn.
87).
Nach diesen Grundsätzen stellt sich ausgehend von der Einkommensbe-rechnung des [X.]s das für den Unterhalt der Ehefrau
und den
eigenen Unterhalt des [X.]s
verfügbare Einkommen
wie folgt dar:
Bereinigtes Einkommen (mtl.)
4.467,70
./. Kindesunterhalt Antragsteller

-488,00
./. Kindesunterhalt

-340,00
./. Kindesunterhalt

-340,00

3.299,70
./. Unterhalt Antragstellerin
-1.065,00

2.234,70

Die Berechnung zeigt, dass für den Unterhalt des [X.]s und seiner Ehefrau jeweils mehr zur Verfügung steht als der zu leistende nacheheli-che
Unterhalt. Da -
neben dem eigenen Einkommen
der Ehefrau des Antrags-gegners
-
wegen des Zusammenlebens in der neuen Ehe zudem noch Syner-gieeffekte zu berücksichtigen sind, bedarf es auch im Fall eines etwaigen Vor-rangs der Ehefrau
des [X.]s keiner weiteren Kürzung des vereinbar-ten Unterhalts der Antragstellerin.

40
41
42
-
17
-
Der fehlerhafte Ausgangspunkt des [X.]s
beeinflusst somit die Anpassung der Unterhaltspflicht aus den geschlossenen Vereinbarungen im Ergebnis nicht
zu Lasten des [X.]s.
d) Die Entscheidung kann indessen keinen Bestand haben, soweit das [X.] die
-
nicht der Stundung unterfallenden
-
Zahlbeträge für den Unterhalt der Antragstellerin ermittelt hat. Das [X.] ist für das ab März 2012 erzielte Einkommen
des [X.]s
(netto bereinigt 2.912,74

zu dem Ergebnis gelangt, dass dieses die Zahlung des an-gepassten Unterhalts überwiegend erlaubt und nur hinsichtlich des [X.] bis zum angepassten Unterhalt der Antragstellerin -
weiterhin
-
gestundet ist.
Die Berechnung ist insoweit zu beanstanden, weil das [X.] die Ehefrau des [X.]s ohne Rücksicht darauf, dass ihr Unterhalt dem der Antragstellerin nach §
1609 Nr.
2 BGB zumindest gleichrangig ist, [X.] gelassen hat. Wie bereits ausgeführt, ist schon die vom Oberlan-desgericht vorgenommene Auslegung zum Rangverhältnis nicht tragfähig.
Demnach wäre ein etwaiger Vorrang der Ehefrau des [X.]s in der Weise zu
berücksichtigen, dass der Zahlbetrag für die Antragstellerin entspre-chend gekürzt wird. Im Fall des Gleichrangs wäre eine Mangelfallberechnung anzustellen.

Gegen die Einstufung des Kindesunterhalts hat die Rechtsbeschwerde schließlich keine Beanstandungen erhoben.
4. Da sich ein verbleibender Mindestbetrag des zu
zahlenden Unterhalts nicht bestimmen lässt, ist der angefochtene Beschluss aufzuheben, soweit der [X.] zur Zahlung von Unterhalt an die Antragstellerin ab März 2012 verurteilt worden ist. Hinsichtlich des Kindesunterhalts ist die Rechtsbeschwer-43
44
45
46
47
-
18
-
de
zurückzuweisen. Die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde bezieht sich schließlich auch auf die vom [X.] angegriffene Zurückweisung der [X.] als derzeit unbegründet.
Die von der Rechtsbeschwerde ge-gen die Stundung erhobenen Einwände vermögen die tatrichterliche Würdigung des [X.]s nicht in Frage zu stellen. Diese orientiert sich insoweit in zulässiger Weise an der von den geschiedenen Ehegatten getroffenen [X.] und weist keine Rechtsfehler auf.
Das [X.] wird nach der entsprechend eingeschränkten [X.] anhand der oben dargestellten Grundsätze
zu klären haben, in welcher Höhe der [X.] ab März 2012 an die Antragstellerin Unterhalt zu zahlen hat.

[X.]

Klinkhammer Schilling

Nedden-Boeger Guhling
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 18.01.2011 -
3 F 73/09 -

OLG [X.], Entscheidung vom 21.12.2012 -
5 UF 43/11 -

48

Meta

XII ZB 19/13

19.03.2014

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.03.2014, Az. XII ZB 19/13 (REWIS RS 2014, 6993)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 6993

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

XII ZB 19/13 (Bundesgerichtshof)

Vereinbarung über nachehelichen Unterhalt und Kindesunterhalt: Anpassung bei späterem Hinzutreten weiterer Unterhaltspflichten durch neue Eheschließung


XII ZB 258/13 (Bundesgerichtshof)

Abänderungsverfahren für nachehelichen Unterhalt für die Zeit ab Wiederverheiratung des Schuldners: Leistungsfähigkeitsprüfung im Falle der …


XII ZR 308/01 (Bundesgerichtshof)


XII ZB 258/13 (Bundesgerichtshof)


XII ZB 1/15 (Bundesgerichtshof)

Ehevertragliche Regelung des Trennungsunterhalts: Prüfungsumfang im Hinblick auf eine unzulässige Unterschreitung des angemessenen Unterhalts


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

XII ZB 19/13

XII ZR 133/11

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.