Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.12.2013, Az. XII ZR 137/12

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 381

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
XII ZR 137/12
Verkündet am:

11. Dezember 2013

Breskic,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 11.
Dezember 2013 durch den
Vorsitzenden
Richter
Dose,
die Richterin
Weber-Monecke und die Richter
Schilling, Dr.
Nedden-Boeger und Guhling

für Recht erkannt:
Die
Revision gegen das Urteil des 22.
Zivilsenats des Oberlan-desgerichts [X.] vom 13. November
2012 wird auf Kosten der [X.] zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin begehrt als Mieterin die Feststellung, dass das zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis hinsichtlich des Objekts Q.

straße

in
[X.]

als
auf unbestimmte Zeit abgeschlossen gelte und nach §
580
a
Abs.
2 BGB ordentlich kündbar sei.
Mit Vertrag vom 25.
August 1995 vermietete die Beklagte an die N.

GmbH ein Gewerbeobjekt zum Betrieb eines [X.]. Nach §
2 Ziffer
1 des Mietvertrags war eine feste Mietdauer von 15 Jah-ren vereinbart. In §
2 Ziffer
3 wurde der Mieterin eine Verlängerungsoption von einmal fünf Jahren eingeräumt.
Im Januar 1998 firmierte
die N.

GmbH in die
J.

GmbH (nachfolgend: J.

GmbH)
mit Sitz in [X.]

um. Mit Datum vom 26.
April 2001 schloss die J.

GmbH mit der Rechtsvorgängerin 1
2
3
-
3
-
der Klägerin einen "Kauf-
und Übertragungsvertrag über einen Geschäftsbe-triebsteil". In dessen Ziffer 3.1 vereinbarten die Vertragsparteien, dass die Käu-ferin anstelle der Verkäuferin in sämtliche Rechte und Pflichten aus den in einer dem Vertrag beigefügten Anlage 3.1 aufgeführten Verträgen und Vertragsange-boten eintrete. Dauerschuldverhältnisse wurden ausdrücklich in die Vereinba-rung mit eingeschlossen. In dieser Anlage 3.1 findet sich eine mit der [X.] "[X.]" überschriebene tabellarische Aufstellung von [X.], eingeteilt in Standorte, Bezeichnung der
Vermieter und Angabe der zu zahlenden Mieten, die unter anderem folgende Angabe beinhaltet: "Standort: [X.]

; Vermieter: G.

GbR; [X.] u-muliert 1.963.296".
Im Dezember
2009 machte die Beklagte geltend, die N.

GmbH
habe bereits im Jahre
1998
die
Verlängerungsoption
ausgeübt, so dass der Mietvertrag erst am 31.
August 2015 ende. Die Klägerin vertrat [X.] die Auffassung, es bestehe mangels Einhaltung der
Schriftform ein Miet-verhältnis
auf unbestimmte Zeit, und hat
Klage auf dahingehende Feststellung
erhoben.
Das [X.] hat der Feststellungsklage stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das [X.] zurückgewiesen.
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte
ih-ren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat keinen Erfolg.
4
5
6
-
4
-
I.
Das Berufungsgericht hat insoweit zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, die Klägerin sei nicht aufgrund einer Gesamtrechtsnachfolge nach
der J.

GmbH in den befristeten Mietvertrag eingetreten. Eine Verschmelzung der Klägerin mit der J.

GmbH sei mangels Vortrags der nach §§
19,
20 [X.] erforderlichen Eintragung in das Handelsregister nicht schlüssig dargelegt. Für die
Wirksamkeit des von der Beklagten behaupteten [X.] fehle es [X.] an der notariellen Beurkundung eines entsprechenden Übertragungs-vertrags. Ein Vertragsübergang nach §
25 HGB komme bei Mietverhältnissen nicht in Betracht.
Als Anknüpfungspunkt für den Vertragsübergang bleibe damit nur der Kauf-
und Übertragungsvertrag vom 26.
April 2001.
Durch diesen sei jedoch die für eine wirksame Laufzeitvereinbarung nach §
550 Satz
1 BGB erforderliche Schriftform nicht gewahrt. Die vertragliche Auswechslung des Mieters eines wegen seiner Laufzeit formbedürftigen Mietvertrags bedürfe zur Erhaltung der Laufzeit ebenfalls der Schriftform. Die Übernahme des Vertrags müsse schrift-lich niedergelegt
und in der Urkunde ausdrücklich auf den ursprünglichen [X.] Bezug genommen sein. Diesen Formerfordernissen werde der Kauf-
und Übertragungsvertrag vom 26.
April 2001 nicht gerecht. Der Mietvertrag vom 25.
August 1995 werde in der mit "Vertragsverhältnisse"
überschriebenen [X.] nicht erwähnt. In der Übersicht "[X.]"
fänden sich lediglich Hinweise auf den Standort [X.]

, die Vermieterin G.

GbR, einen [X.] von 163.608
DM sowie eine Aufstellung der im Zeit-raum Januar bis Dezember 2000 gezahlten Mieten. Dies reiche für eine aus-drückliche Bezugnahme auf den übernommenen Mietvertrag nicht aus. Es [X.] sich schon nicht um eine Raummiete, sondern um die Vermietung von "Gewerberäumlichkeiten und Flächen". Die genaue Lage des Mietobjekts nach 7
8
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5
-
Straße und Hausnummer sowie das Datum des Mietvertrags seien nicht ge-nannt. Ein potentieller Grundstückserwerber habe anhand der vorliegenden Schriftstücke keine Möglichkeit, sich über die Parteien und den Inhalt des [X.] zuverlässig zu unterrichten.
Indem die Klägerin sich auf das Fehlen der Schriftform berufe, verstoße sie nicht gegen die Grundsätze von Treu und Glauben.

II.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand.
1. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Rechtsvorgängerin der Klägerin nicht im Wege einer Gesamtrechtsnachfolge Partei des Mietvertrags
geworden ist.
a) Den Abschluss eines
Verschmelzungsvertrags
i.S.v.
§
2 Nr.
1
[X.] zwischen der J.

GmbH und der Klägerin hat das Berufungsgericht in [X.] nicht zu beanstandender Weise ebenso wenig festgestellt wie eine Vermögensübertragung der J.

GmbH auf die Rechtsvorgängerin der Klägerin (§
174 Abs.
1 und 2 [X.]).
Die Ausführungen des Berufungsgerichts zu §
25 HGB begegnen ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken.
b) Wie der Senat in einer Parallelsache bereits entschieden
hat (Senats-urteil vom 30.
Januar 2013 -
XII
ZR
38/12
-
NJW 2013, 1083 Rn.
16
f.)
und sich die Revision im vorliegenden Verfahren zu eigen macht, stellt der streitgegenständliche Kauf-
und Übertragungsvertrag einen sogenannten asset-deal dar, mit dem die Rechtsvorgängerin der Klägerin die Gesamtheit der [X.] Wirtschaftsgüter, nicht aber Gesellschaftsanteile der J.

GmbH
erwor-9
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ben hat
(vgl. Ziff. 1 des Vertrags). Dass die Käuferin im Wege der Einzelrechts-nachfolge in die von der Verkäuferin geschlossenen Verträge eintreten sollte, ergibt sich zudem eindeutig aus Ziffer
3.1 des Vertrags, in dem ausdrücklich eine Vertragsübernahme vereinbart ist.
2. Diese
Vertragsübernahme war wirksam,
so dass die Rechtsvorgänge-rin der Klägerin anstelle der Vormieterin in den Mietvertrag eingetreten ist.
Nachdem der Mieterwechsel hier in Form einer Vereinbarung zwischen dem Vormieter und dem neuen Mieter vorgenommen
wurde, bedurfte
er
der Ge-nehmigung durch den Vermieter, die auch durch schlüssiges Verhalten erfolgen kann
(Senatsurteil vom 30.
Januar 2013 -
XII
ZR
38/12
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NJW 2013, 1083 Rn.
19).
Diese Genehmigung hat das Berufungsgericht
festgestellt, wogegen sich
die Revision nicht wendet.
3. Der Mietvertrag wahrt jedoch nach der Vertragsübernahme durch die Rechtsvorgängerin der Klägerin
nicht mehr die für die Wirksamkeit der Verein-barung
einer festen Laufzeit von mehr als einem Jahr erforderliche schriftliche Form. Er gilt deshalb gemäß §§
550 Satz
1, 578 Abs.
1 BGB als auf [X.] geschlossen.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (Senatsurteil vom 30.
Januar 2013 -
XII
ZR
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NJW 2013, 1083 Rn.
22
f. [X.]) ist die Schrift-form des §
550 BGB
nur gewahrt, wenn sich die für den Abschluss des Vertrags
notwendige Einigung über alle wesentlichen Vertragsbedingungen
-
insbesondere den Mietgegenstand, die Miete
sowie die Dauer und die [X.] des Mietverhältnisses
-
aus einer von beiden Parteien unterzeichneten Ur-kunde ergibt. Werden wesentliche vertragliche Vereinbarungen nicht im [X.] selbst schriftlich niedergelegt, sondern in Anlagen ausgelagert, so dass sich der Gesamtinhalt der mietvertraglichen Vereinbarung erst aus dem Zu-14
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16
-
7
-
sammenspiel dieser "verstreuten" Bedingungen ergibt, müssen die Parteien zur Wahrung der Urkundeneinheit die Zusammengehörigkeit dieser Schriftstücke in geeigneter Weise zweifelsfrei kenntlich machen. Dazu bedarf es keiner körper-lichen Verbindung dieser Schriftstücke.
Vielmehr genügt für die Einheit der Ur-kunde die bloße gedankliche Verbindung, die in einer zweifelsfreien [X.] zum Ausdruck kommen muss. Ergibt sich der Zusammenhang mehrerer Schriftstücke aus einer Bezugnahme, ist es erforderlich, dass vom aktuellen Vertrag auf den Ausgangsvertrag und auf alle ergänzenden Urkunden verwie-sen ist, mit denen die der Schriftform unterliegenden vertraglichen Vereinba-rungen vollständig erfasst sind. Treffen die Mietvertragsparteien nachträglich eine Vereinbarung, mit der wesentliche Vertragsbestandteile geändert werden sollen, muss diese zur Erhaltung der Schriftform des §
550 Satz
1 BGB hinrei-chend deutlich auf den ursprünglichen Vertrag Bezug nehmen, die geänderten Regelungen aufführen und erkennen lassen, dass es im Übrigen bei den Bestimmungen
des ursprünglichen Vertrags
verbleiben soll.
Dies gilt auch für eine Vereinbarung über den Wechsel der Vertragspar-teien, da die Angabe der Mietvertragsparteien zu den wesentlichen Vertragsbe-dingungen zählt, die von dem Schriftformerfordernis des §
550 Satz
1 BGB er-fasst werden. Die vertragliche Auswechslung eines Mieters in einem Mietver-trag, der wegen seiner Laufzeit der Schriftform des §
550 BGB bedarf, erfordert daher ebenfalls die Einhaltung der Schriftform, wenn die Laufzeit erhalten [X.] soll. Der Mieterwechsel muss zur Wahrung der Schriftform dergestalt [X.] sein, dass sich die vertragliche Stellung des neuen Mieters im [X.] mit dem zwischen dem vorherigen Mieter und dem Vermieter ge-schlossenen Mietvertrag
ergibt.
b) Diesen Anforderungen genügen die hier vorliegenden, über den [X.] erstellten Urkunden, nämlich der ursprüngliche Mietvertrag vom 17
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-
8
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25.
August 1995, der Kauf-
und Übertragungsvertrag über einen Geschäftsbe-triebsteil vom 26.
April 2001 sowie dessen Anlage 3.1, die nur in ihrer Gesamt-heit die Voraussetzungen eines formwirksamen Mietvertrags erfüllen können, nicht
(vgl. Senatsurteil vom 30.
Januar 2013 -
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38/12
-
NJW 2013, 1083 Rn.
24).
Insbesondere fehlt es an einem hinreichend deutlichen Bezug in dem Vertrag vom 26.
April 2001 zu dem
ursprünglichen Mietvertrag. In dem Kauf-
und Übertragungsvertrag selbst sind die Vertragsverhältnisse, in die die Rechtsvorgängerin der Klägerin im Wege der Einzelrechtsnachfolge eintreten sollte, nicht benannt. Es wird insoweit
lediglich auf die Anlage 3.1 verwiesen. Die dort enthaltenen Angaben reichen indes nicht aus, um eine ausreichende gedankliche Verbindung zu dem ursprünglichen Mietvertrag herzustellen.
Der vorliegende Sachverhalt weist -
entgegen der von der Revision vertretenen Auf-fassung
-
insoweit keine maßgeblichen Unterschiede zu demjenigen auf, der dem Senatsurteil vom 30.
Januar 2013 zugrunde lag.
Allein aus der Angabe
in der ersten Spalte der Tabelle "Standort: [X.]

" lässt sich das betroffene Mietobjekt mangels hinreichend konkreter Ortsbezeichnung -
auch unter Berücksichtigung der Angabe in der zweiten Spalte "Vermieter: G.

GbR"
-
nicht eindeutig bestimmen. Die ursprünglichen Mietvertragsparteien sind nicht bezeichnet, weil die ur-sprüngliche Mieterin des
Vertrags
vom 25.
August 1995 (N.

GmbH) nicht genannt ist. Dass sich die den Kauf-
und Übertragungsvertrag abschlie-ßende
J.

GmbH gegebenenfalls als deren Rechtsnachfolgerin über eine Ein-sichtnahme in das Handelsregister ermitteln lässt, behebt diesen Mangel nicht. Weiterhin ist das Datum
des Mietvertrags
der Anlage 3.1 nicht zu entnehmen. Schließlich stimmt auch die in der Anlage genannte ("163.608") mit der in §
3 des Mietvertrags aufgeführten Miete (DM 157.608 netto, DM
181.249,20 brutto) 19
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-
9
-
nicht überein.
Einem
späteren
Grundstückserwerber, der kraft Gesetzes auf Seiten des Vermieters in das Mietverhältnis eintritt (§
566 Abs.
1 BGB), ermög-lichen diese Angaben nicht, Gegenstand, Parteien und Bedingungen des [X.]s mit der erforderlichen Sicherheit aus den schriftlichen Vertragsunterla-gen zu ersehen.
c) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, zu Gunsten der Beklagten greife der Grundsatz "falsa demonstratio non nocet"
ein. Dieser ist hier bereits im Ansatz nicht anwendbar. Es geht nicht um eine Falschbezeichnung, sondern darum, dass die vorhandenen schriftlichen Angaben eine ausreichend sichere Bezugnahme zum ursprünglichen Mietvertrag nicht ermöglichen -
mithin um eine "Zuwenigbezeichnung".
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-
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-
4. Zutreffend hat das Berufungsgericht schließlich angenommen, dass es der Klägerin nicht nach §
242 BGB verwehrt ist, sich auf den Mangel der Schriftform zu berufen. Hiergegen wird von der Revision auch nichts erinnert.
Dose

Weber-Monecke Schilling

Nedden-Boeger Guhling
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 10.02.2011 -
15 [X.]/10 -

O[X.], Entscheidung vom 13.11.2012 -
22 [X.] -

22

Meta

XII ZR 137/12

11.12.2013

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.12.2013, Az. XII ZR 137/12 (REWIS RS 2013, 381)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 381

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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XII ZR 137/12

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