Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 10.12.2013, Az. 3 AZR 595/12

3. Senat | REWIS RS 2013, 481

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Betriebliche Altersversorgung - Zinsen auf Anpassungsforderungen


Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 19. August 2011 - 22 [X.] 897/11 -, - 22 [X.] 1503/11 - teilweise aufgehoben, soweit die Beklagte zur Zahlung von Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 39,36 Euro seit dem jeweils 1. eines jeden Monats, beginnend ab dem 1. Juli 2008 bis zum 6. Juli 2012 verurteilt wurde.

Im Umfang der Aufhebung wird auf die Berufung der Beklagten das Urteil des [X.] vom 8. Februar 2011 - 52 Ca 11920/10 - abgeändert.

Die Klage wird auch insoweit abgewiesen, als die Beklagte verurteilt wurde, an den Kläger Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.416,96 Euro für Zeiträume vor dem 7. Juli 2012 zu zahlen.

Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch darüber, ab wann die Beklagte verpflichtet ist Verzugszinsen auf Anpassungsforderungen zu zahlen.

2

Der Kläger bezieht von der Beklagten seit dem 1. Juli 2002 eine Betriebsrente iHv. zunächst 639,63 Euro. Die Beklagte passte die Betriebsrente zum [X.] 1. Juli 2005 auf 659,63 Euro und zum 1. Juli 2008 um den Prozentsatz an, um den die Gehälter der aktiven Beschäftigten in den letzten drei Jahren vor dem [X.] gestiegen waren. Der Kläger hat die Beklagte auf Anpassung seiner Betriebsrente in Höhe des seit seinem Rentenbeginn eingetretenen Kaufkraftverlusts in Anspruch genommen. Zudem hat er die Zahlung von Verzugszinsen auf den jeweiligen monatlichen Erhöhungsbetrag seit dem jeweiligen Monatsersten des jeweiligen Auszahlungsmonats, beginnend ab dem 1. Juli 2008, mithin für einen Zeitraum vor der Rechtskraft der Entscheidung über die Anpassungsverpflichtungen verlangt.

3

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei zur Zahlung von Zinsen auf den monatlichen Erhöhungsbetrag iHv. 39,36 Euro ab dem jeweiligen Monatsersten des jeweiligen Auszahlungsmonats, beginnend mit dem 1. Juli 2008, verpflichtet.

4

Der Kläger hat - soweit für die Revision von Interesse - zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 39,36 Euro seit dem jeweils 1. eines jeden Monats, beginnend ab dem 1. Juli 2008, zu zahlen.

5

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, sie sei zur Zahlung von Zinsen auf Anpassungsforderungen vor Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung über die Anpassung der Betriebsrente nicht verpflichtet.

6

Das Arbeitsgericht hat der Klage im noch rechtshängigen Umfang stattgegeben. Das [X.] hat die Berufung der Beklagten insoweit zurückgewiesen. Hinsichtlich der Verurteilung zur Zahlung von Zinsen hat der Senat mit Beschluss vom 19. Juni 2012 die Revision zugelassen und die Nichtzulassungsbeschwerde hinsichtlich der Verurteilung zur Anpassung der Betriebsrente an den Kaufkraftverlust zum 1. Juli 2008 zurückgewiesen. Der Beschluss wurde der Beklagten am 6. Juli 2012 zugestellt. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung hinsichtlich der Zinsforderung für Zeiträume vor Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung über die Anpassungsforderungen weiter. Der Kläger begehrt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision der Beklagten ist begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung von Zinsen auf Anpassungsforderungen für Zeiträume vor Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung über die Anpassung der Betriebsrente zum 1. Juli 2008 und damit für Zeiten, die vor dem 7. Juli 2012 liegen, dem Tag nach der Zustellung des Beschlusses über die Nichtzulassungsbeschwerde, mit dem die Entscheidung des [X.] hinsichtlich der Anpassung der Betriebsrente an den Kaufkraftverlust zum 1. Juli 2008 rechtskräftig wurde.

8

I. Entgegen der Rechtsaufassung der Vorinstanzen stehen dem Kläger Zinsen auf die geltend gemachten monatlichen [X.] iHv. 39,36 Euro nicht bereits seit dem 1. Juli 2008 und den Folgemonaten zu, sondern erst ab dem Folgetag des Tages, an dem das Urteil hinsichtlich der Anpassungsverpflichtung rechtskräftig wurde. Das ist der 7. Juli 2012. Für die davorliegenden Zeiträume fehlt es an der für den Zinsanspruch notwendigen Fälligkeit der Forderungen.

9

1. Der Anspruch auf Verzugszinsen entsteht - da Verzug erst ab Fälligkeit eintreten kann - frühestens ab der Fälligkeit der Forderung (vgl. [X.]/ [X.] 72. Aufl. § 286 Rn. 13). Die Fälligkeit der Anpassungsforderungen des [X.] tritt nicht vor der Rechtskraft des klagestattgebenden Urteils ein. Leistungen, die nach billigem Ermessen zu bestimmen sind, werden bei gerichtlicher Bestimmung erst aufgrund eines rechtskräftigen Gestaltungsurteils nach § 315 Abs. 3 BGB fällig. Dazu gehören auch die aufgrund einer Anpassungsentscheidung nach § 16 Abs. 1 und Abs. 2 [X.] zu gewährenden Leistungen (vgl. etwa [X.] 19. Juni 2012 - 3 [X.] - Rn. 49; 28. Juni 2011 - 3 [X.] - Rn. 32, [X.]E 138, 213).

Das Urteil des [X.] Berlin-Brandenburg vom 19. August 2011 ist hinsichtlich der Anpassungsforderungen mit der Zustellung des Beschlusses über die Nichtzulassungsbeschwerde vom 19. Juni 2012 - 3 [X.] - an die Beklagte am 6. Juli 2012 rechtskräftig geworden. Verzugszinsen stehen dem Kläger deshalb erst ab dem 7. Juli 2012 zu.

2. Es kann offenbleiben, ob [X.] nach § 291 BGB im Falle der Bestimmung der Leistung durch Gestaltungsurteil überhaupt zugesprochen werden können (dagegen [X.] April 2006 - [X.]/05 - Rn. 23, BGHZ 167, 139; 4. April 2006 - [X.]/05 - Rn. 24). Dem könnte entgegenstehen, dass [X.] keinen Schuldnerverzug voraussetzen, der Schuldner vielmehr durch § 291 BGB schon deshalb einer Zinspflicht unterworfen wird, weil er es zum Prozess hat kommen lassen und für das damit verbundene Risiko einstehen soll; dieses Risiko kann sich nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens nicht mehr verwirklichen. Jedenfalls könnte auch der Anspruch auf [X.] frühestens ab der Fälligkeit der Forderung (§ 291 Satz 1 Halbs. 2 BGB) entstehen ([X.] 19. Juni 2012 - 3 [X.] - Rn. 50).

II. Der Kläger hat die Kosten der Revision nach § 91 Abs. 1 ZPO zu tragen. Für die Vorinstanzen trifft ihn keine weitergehende Kostenlast. In den Vorinstanzen stellte die [X.] lediglich eine Nebenforderung iSd. § 4 Abs. 1 Halbs. 2 ZPO dar. Sie blieb bei der [X.] deshalb unberücksichtigt und löste auch keine Kosten aus. Erst durch die Zulassung der Revision wurde die [X.] zur Hauptforderung verselbständigt (vgl. [X.]/[X.] ZPO 29. Aufl. § 4 Rn. 11). Ab diesem Zeitpunkt fiel sie nicht mehr unter § 4 Abs. 1 Halbs. 2 ZPO. Die ursprüngliche Hauptforderung ist nicht Gegenstand des vorliegenden Revisionsverfahrens. Der [X.] ist ab dem Zeitpunkt der Zulassung der Revision ein eigenständiger Wert beizumessen. In diesem Umfang hat der Kläger aufgrund seines Unterliegens die Kosten zu tragen. Dies sind jedoch nur die Kosten des Revisionsverfahrens.

        

    Gräfl    

        

    Schlewing    

        

    Spinner    

        

        

        

    [X.]    

        

    [X.]    

                 

Meta

3 AZR 595/12

10.12.2013

Bundesarbeitsgericht 3. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Berlin, 8. Februar 2011, Az: 52 Ca 11920/10, Urteil

§ 1 BetrAVG, § 16 Abs 1 BetrAVG, § 16 Abs 2 BetrAVG, § 286 BGB, § 291 BGB, § 315 Abs 3 BGB, § 4 Abs 1 Halbs 2 ZPO, § 91 Abs 1 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 10.12.2013, Az. 3 AZR 595/12 (REWIS RS 2013, 481)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 481

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

3 AZR 249/12 (Bundesarbeitsgericht)

Betriebliche Altersversorgung - Anpassung - Ausgleich des Kaufkraftverlustes - reallohnbezogene Obergrenze


3 AZR 218/10 (Bundesarbeitsgericht)

Betriebsrente - Anpassungsprüfung


3 AZR 859/09 (Bundesarbeitsgericht)

Betriebsrentenanpassung - Verbraucherpreisindex - Zinsen


3 AZR 408/10 (Bundesarbeitsgericht)

Betriebsrente - Pensionskasse - Einstandspflicht


3 AZR 114/12 (Bundesarbeitsgericht)

Betriebsrente ab dem 60. Lebensjahr - Fremdgeschäftsführer


Referenzen
Wird zitiert von

5 Sa 7/17

5 Sa 161/17

1 Ca 2206/16

12 Sa 19/21

5 Sa 242/20

6 Sa 460/17

12 Sa 448/16

5 Sa 580/14

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.