3. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 4918
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Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"
Der Antrag der Beteiligten zu 1 und 2 auf gerichtliche Entscheidung und der Antrag der Beteiligten zu 1 auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe werden zurückgewiesen.
Wert des Streitgegenstandes: 5.000 €
G r ü n d e
I.
Die Beteiligten zu 1 und 2 sind ghanaische Staatsangehörige.
Sie haben beim Standesamt Stadt 1 am 1. Sept. 2014 die Eheschließung angemeldet und beantragt, sie von dem Erfordernis zu befreien, vor der Eheschließung ein Zeugnis der inneren Behörde ihres Heimatstaats darüber beizubringen, dass der Eheschließung nach dem Recht dieses Staates kein Ehehindernis entgegensteht.
Die Standesbeamtin hat diesen Antrag am 27. Nov. 2014 der Beteiligten zu 3 zur Entscheidung vorgelegt und mitgeteilt, die Unterlagen seien nicht vollständig. Weil die Beteiligte 1 sich in Stadt 2 aufhalte und nicht in Stadt 1 gemeldet und weil ein Gerichtsverfahren anhängig sei, überlasse das Ausländeramt Stadt 2 ihr die Ausländerakte nicht.
Die Beteiligte zu 3 hat den Antrag an das Standesamt zurückgesandt und gebeten, für den Beteiligten zu 2 einen aktuellen Familienstandsnachweis in Form eines Affidavits (eine Art eidesstattlicher Versicherung, von Lateinisch ‚affidare’ - versichern) des Vaters anstelle desjenigen des älteren Bruders bzw. einen Nachweis für dessen Stellung als Familienoberhaupt (Sterbeurkunde des Vaters) vorzulegen und für die Beteiligte zu 1 ein aktuelles Affidavit des Vaters anstelle des vorgelegten aus 2012.
Der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten zu 1 und 2 hat das gegenüber der Beteiligten zu 3 abgelehnt und dort die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für die Beteiligte zu 1 beantragt. Beide lebten seit Jahren in Deutschland; ein Affidavit sei nicht zu verlangen, zumal sich an der Situation nichts geändert habe. Die Beteiligte zu 1 habe – selbst – an Eides statt versichert, dass sie ledig sei. Gleiches gelte für den Beteiligten zu 2. Damit lägen die erforderlichen Tatsachen vor. Der Bruder des Beteiligten zu 2 sei das Oberhaupt der Familie.
Die Beteiligte zu 3 hat nach Vorlage der Vollmacht der Beteiligten zu 1 mitgeteilt, die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe komme ausschließlich für gerichtliche Verfahren, nicht aber für den vor ihr gestellten Antrag in Betracht. Das Affidavit des Vaters der Beteiligten zu 1 sei zu alt. Daher sei ein aktuelles vorzulegen. Für den Beteiligten zu 2 sei die Sterbeurkunde des Vaters vorzulegen. Die nachzureichenden Dokumente würden von der Deutschen Botschaft in B im Wege der Amtshilfe geprüft. Ghanaische Dokumente seien mit deutscher Übersetzung dem Standesamt vorzulegen.
Das Schreiben des Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1 und 2 vom 21. Mai 2015, mit dem er gerichtliche Entscheidung und Verfahrenskostenhilfe beantragt, hat die Beteiligte zu 3 am 8. Juni 2015 dem Senat vorgelegt.
Die Beteiligten zu 1 und 2 vertreten den Standpunkt, Identität und Staatsangehörigkeit seien nachgewiesen. Die weiteren Unterlagen, die offensichtlich nicht notwendig seien, könnten nicht dazu führen, dass das Grundrecht auf Eingehung einer Ehe eingeengt werde.
Die Beteiligte zu 3 hat entgegnet, sie habe die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für die Beteiligte zu 1 mit (nichtförmlichem) Bescheid abgelehnt und die Befreiungsanträge beider Beteiligten noch nicht bescheiden können, weil die erforderlichen Unterlagen nicht vorgelegt worden seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Akten Bezug genommen.
II.
Die Anträge der Beteiligten zu 1 und 2 auf gerichtliche Entscheidung und der Antrag der Beteiligten zu 1 auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe haben in der Sache keinen Erfolg.
Die Beteiligten zu 1 und 2 begehren gerichtliche Entscheidung, „nachdem im Verwaltungsverfahren keine Entscheidung getroffen worden ist“. Damit wenden sie sich gegen die Untätigkeit der Beteiligten zu 3 als Justizbehörde und ist ihr Antrag als sogenannter Untätigkeitsantrag gem. § 27 EGGVG zu behandeln, der das Ziel hat, eine entsprechende Verpflichtung der Beteiligten zu 3 zu erreichen.
Als solcher ist der Antrag zulässig. Insbesondere hat die Beteiligte zu 3 nicht innerhalb von 3 Monaten über den Antrag der Beteiligten zu 1 und 2 entschieden.
Der Untätigkeitsantrag ist allerdings unbegründet, denn die Beteiligten zu 1 und 2haben keinen Anspruch auf Erteilung der beantragten Befreiung.
Nach § 1309 Abs. 1 BGB haben künftige Ehegatten, wenn sie hinsichtlich der Voraussetzungen der Eheschließung ausländischem Recht unterliegen, ein Zeugnis der inneren Behörde ihres Heimatstaates darüber beizubringen, dass der Eheschließung nach dem Recht ihres Staates kein Ehehindernis entgegensteht (Ehefähigkeitszeugnis). Da die Beteiligten zu 1 und 2 ghanaische Staatsangehörige sind, bestimmen sich die Voraussetzungen für ihre Eheschließung nach ghanaischem Recht, Art. 13 Abs. 1 EGBGB. Somit haben sie grundsätzlich ein Ehefähigkeitszeugnis vorzulegen. Da Ghana keine Ehefähigkeitszeugnisse erteilt, benötigen die Beteiligten zu 1 und 2 für die beabsichtigte Eheschließung eine Befreiung durch die Beteiligte zu 3, § 1309 Abs. 2 Satz 2 BGB.
Die Befreiung von der Erteilung eines Ehefähigkeitszeugnisses richtet sich nach§ 1309 Abs. 2 Satz 1 BGB. Danach kann der Präsident des Oberlandesgerichts Personen, die die Eheschließung angemeldet haben, von dem Erfordernis nach Abs. 1 Satz 1 der Vorschrift befreien. Die Formulierung „kann“ bedeutet nicht, dass die Befreiung im Ermessen des Präsidenten des Oberlandeserichts steht. Das Standesamt hat einen Antrag auf Befreiung von der Beibringung des Ehefähigkeitszeugnisses aufzunehmen und die Entscheidung vorzubereiten, § 12 Abs. 3 PerStG. Jedenfalls wegen des besonderen grundrechtlichen Schutzes der Ehe gem. Art. 6 Abs. 1 GG besteht bei Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung von dem Erfordernis eines Ehefähigkeitszeugnisses ein Anspruch auf Erteilung des Zeugnisses (OLG Frankfurt, StAZ 2014, 174; Gaaz/Bornhofen, Personenstandsgesetz, 3. Aufl., 2014,§ 12, 64; Palandt/Brudermüller, BGB, 76. Aufl., 2017, § 1309, 11).
Der Präsident des Oberlandesgerichts prüft anstelle der ausländischen Behörde, ob die künftigen Ehegatten nach ihrem Heimatrecht die beabsichtigte Ehe eingehen dürfen und es auch nach deutschem Recht keine Hinderungsgründe gibt. Dabei tritt er an die Stelle der in § 1309 Abs. 1 BGB genannten Behörde und entscheidet, wie diese, nach ausländischem Recht (OLG Frankfurt, a.a.O.).
Die Beteiligte zu 3 hat im vorliegenden Verfahren zu Recht keine Befreiung erteilt, weil der Beteiligte zu 2 keine Sterbeurkunde seines Vaters und die Beteiligten zu 1 kein Affidavit ihres Vaters vorgelegt hat, das nicht älter ist als 6 Monate war. Die Auffassung der Beteiligten zu 1 und 2, Identität und Staatsangehörigkeit seien nachgewiesen, die weiteren Unterlagen, die offensichtlich nicht notwendig seien, könnten nicht dazu führen, dass das Grundrecht auf Eingehung einer Ehe eingeengt werde, liegt neben der Sache.
Die Beteiligten zu 1 und 2 haben den Nachweis zu führen, dass der von ihnen beabsichtigten Eheschließung nach ghanaischem Recht kein Ehehindernis entgegensteht, § 1309 Abs. 1 Satz 1 BGB. Dafür genügen Identität und Staatsangehörigkeit nicht. Vielmehr ist der Nachweis unabdingbar, dass die Beteiligten zu 1 und 2 ledig sind. Dem entspricht es, dass in den „Hinweisen zu den vorzulegenden Nachweisen im Verfahren auf Befreiung von der Beibringung des Ehefähigkeitszeugnisses nach § 1309 Abs. 2 BGB“ des Präsidenten des Oberlandesgerichts Köln, auf die sich die Beteiligte zu 3 in ihrem Schreiben vom 27. März 2015 gegenüber den Beteiligten zu 1 und 2 bezogen hat, unter Punkt „a) urkundliche Nachweise zu Geburt und Familienstand“ in Ziffer 2. aufgeführt ist der „Ledigkeits-/Familienstandsnachweis in Form eines Affidavits (eidesstattliche Versicherung) des Vaters / des Familienoberhaupts, abzugeben vor einem Notar“.
Da das vom Beteiligten zu 2 vorgelegte Affidavit nicht von seinem Vater, sondern vom älteren Bruder des Beteiligten abgegeben worden ist, fehlte es noch – wie die Beteiligte 3 zu Recht bemerkt hat – an dem (ggf. durch die Sterbeurkunde des Vaters zu führende) Nachweis, dass dieser das Familienoberhaupt ist.
Ebensowenig zu beanstanden ist, dass die Beteiligte zu 3 das Affidavit des Vaters der Beteiligten zu 1 deshalb nicht akzeptiert hat, weil es aus 2012 stammte, und die Vorlage eines Affidavits gefordert hat, das nicht älter als 6 Monate war. Zwar regelt § 1309 Abs. 2 BGB nicht das Verfahren, das der Präsident des Oberlandesgerichts bei der Prüfung eines Befreiungsantrags einzuhalten hat. Es gibt auch keine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung für die Festlegung des Alters vorzulegender ausländischer Urkunden. Es ist jedoch anerkannt, dass es entsprechend § 1309 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 Satz 4 BGB im Grundsatz gerechtfertigt ist, zu verlangen, dass ausländische Urkunden nicht älter als sechs Monate sind (vgl. dazu ausführlich OLG Frankfurt, a.a.O.; MüKo/Wellenhofer, BGB, 7. Aufl., 2017, § 1309, 13; Staudinger/Coester, BGB, Neubearbeitung 2015, § 1309, 55). Soweit im Einzelfall auch ältere Urkunden anerkannt werden können, z.B. weil im Heimatland erhebliche Schwierigkeiten bestehen, alle erforderlichen Nachweise innerhalb von 6 Monaten zu erhalten (dazu dies. a.a.O.), hat die Beteiligte zu 1 eine solche Erschwernis gerade nicht behauptet.
Da der Antrag der Beteiligten zu 1 keinen Erfolg hat, ist auch ihr Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zurückzuweisen.
Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht. Anlass für eine Anordnung betreffend außergerichtliche Kosten der Beteiligten zu 1 und zu 2 nach § 30 EGGVG besteht nicht.
Den Gegenstandswert setzt der Senat auf 5.000 € fest, § 36 Abs. 3 GNotKG.
Meta
21.09.2017
Oberlandesgericht Düsseldorf 3. Zivilsenat
Beschluss
Sachgebiet: Va
Zitiervorschlag: Oberlandesgericht Düsseldorf, Beschluss vom 21.09.2017, Az. I-3 Va 3/16 (REWIS RS 2017, 4918)
Papierfundstellen: REWIS RS 2017, 4918
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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