Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.06.2011, Az. XII ZR 17/09

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 5902

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
XII ZR 17/09
Verkündet am:

8. Juni 2011

Küpferle,

Justizamtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk:
ja
[X.]:
nein
BGHR:
ja
BGB §
1578
b; EGZPO §
36
a)
Die
Anwendung des §
36 Nr.
1 EGZPO und des darin enthaltenen [X.] ist auf die Fälle beschränkt, in denen sich der [X.] aus dem [X.] vom 21.
Dezember
2007 ergibt (im [X.] an Senatsurteile [X.] 183,
197 =
[X.], 111; [X.] 186, 1 =
[X.], 1238 und vom 27.
Januar
2010 -
XII
ZR
100/08
-
[X.], 538).
b)
Zur Feststellung [X.] Nachteile in der Altersvorsorge, wenn der Versor-gungsausgleich
nur einen Teil der Ehezeit erfasst (im [X.]
an Senatsurteile vom 4.
August
2010 -
XII
ZR
7/09
-
[X.], 1633 und vom 2.
März
2011 -
XII
ZR
44/09
-
FamRZ 2011, 713).
BGH, Urteil vom 8. Juni 2011 -
XII ZR 17/09 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 8.
Juni 2011
durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Hahne
und [X.], Dr.
Klinkhammer, Dr.
Günter
und Dr.
Nedden-Boeger
für Recht erkannt:
Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 7.
Zivilsenats und Senats
für Familiensachen des [X.] vom 17.
Dezember
2008 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entschei-dung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht
zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Parteien streiten über die Abänderung eines Urteils über nacheheli-chen Unterhalt. Sie heirateten im Januar 1968
im Alter von 24 (Kläger) und 19
Jahren ([X.]). Aus der Ehe ging eine im Mai 1968 geborene Tochter hervor. Im August 1994 zog die [X.] aus der gemeinsamen Wohnung aus. Auf den im September 1995 zugestellten Scheidungsantrag wurde die Ehe, rechtskräftig seit Oktober 1997, geschieden.
Der Kläger heiratete 1999 erneut. Die [X.] ist seit 1994 mit G.
H. be-freundet, mit
dem sie ein intimes Verhältnis unterhält.
1
2
-
3
-
Im Hinblick auf den vom Kläger, der aus einer vermögenden Familie stammt, erwarteten
Vermögenszufluss
von mehreren Millionen Mark übertrug der Kläger der [X.] ein Einfamilienhausgrundstück
in N.

im Wert von mindestens 650.000
DM. Anschließend vereinbarten die Parteien Gütertrennung. Darüber hinaus erhielt die [X.]
aus der Teilungs-versteigerung einer gemeinsamen Eigentumswohnung im Jahr 2000 rund 95.000
DM. Nachdem dem Kläger
aus dem
elterlichen Vermögen Anfang der 1980iger Jahre ein erhebliches Vermögen zugeflossen war, widmete er sich ausschließlich der Verwaltung seines Vermögens und bestritt den Unterhalt der Familie aus Vermögenseinkünften.
Die [X.] hatte vor der Eheschließung eine Lehre als Hotelfachfrau abgeschlossen und anschließend als Büroangestellte bei einem
Versiche-rungsunternehmen
gearbeitet. Nach der Geburt der Tochter unterbrach sie ihre Erwerbstätigkeit für dreieinhalb Jahre und arbeitete anschließend mit [X.] halbtags bei verschiedenen Arbeitgebern. Ab 1983 unterstützte sie den Kläger im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung bei der Vermögens-verwaltung
und widmete sich im Übrigen der Haushaltsführung und Betreuung des gemeinsamen Kindes.
Aufgrund
der eingeschränkten Erwerbstätigkeit des [X.] während der Ehe wurden der [X.]n im Versorgungsausgleich
lediglich [X.] in Höhe von
monatlich 107,18
DM übertragen.
Der nacheheliche [X.] wurde zuletzt durch Urteil des Berufungsgerichts vom 6.
November 2000
auf monatlich 1.990
DM Elementarunterhalt (Aufstockungsunterhalt)
und 487
DM Vorsorgeunterhalt festgesetzt.

Der Kläger begehrt mit seiner Abänderungsklage den Wegfall des [X.] ab Mai 2008
und stützt sein Begehren auf die
geänderte Rechtsprechung
3
4
5
6
-
4
-
des [X.] zum Aufstockungsunterhalt
sowie die seit 1.
Januar
2008 geänderte Rechtslage. Das Amtsgericht
hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung des [X.] zurückgewiesen.
Mit der [X.] verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass die [X.]
auch unter Berücksichtigung der Erziehung der gemeinsamen Tochter, der Gestal-tung der Haushaltsführung
und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie der Dauer der Ehe keine ehebedingten Nachteile erlitten habe
und deshalb eine Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung der Billigkeit entsprechen würde. Dennoch könne dem Begehren des [X.] nicht stattgegeben werden, da im vorliegenden Fall, in dem
es um die Abänderung eines rechtskräftigen Titels gehe, zusätzlich zu prüfen sei, ob der [X.]n eine solche Änderung unter Berücksichtigung ihres Vertrauens zumutbar sei (§
36 Nr.
1 EGZPO). Nach [X.] des Berufungsgerichts ist die Zumutbarkeit zu verneinen.
Fraglich sei, ob die Umstände, auf die der Kläger sich berufe, erst durch das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts vom 21.
Dezember
2007 erheb-lich geworden seien
oder, weil es sich um Aufstockungsunterhalt
handele,
be-reits durch die Entscheidung des [X.] vom 12.
April 2006
(FamRZ
2006, 1006). Diese Frage sei aber dahin zu beantworten, dass
§
36 Nr.
1 EGZPO auch im vorliegenden Fall anzuwenden sei. Gerade in den Fällen, bei denen die Abänderung eines Titels über Aufstockungsunterhalt
mit dem 7
8
9
-
5
-
Fehlen von ehebedingten Nachteilen begründet werde, sei, da es insoweit zu gravierenden Beschneidungen bestehender Unterhaltsansprüche kommen könne, von einem gesteigerten Schutzbedürfnis des Unterhaltsberechtigten auszugehen. Außerdem sei in der Begründung des Gesetzentwurfs beispielhaft als Umstand die Dauer der Ehe genannt. Das lasse den Schluss zu, dass auch bei Abänderung von Titeln über Aufstockungsunterhalt, obwohl insoweit die Än-derung der Gewichtung des Kriteriums der Ehedauer bereits durch die Ent-scheidung
des [X.] vom 12.
April 2006 eingetreten sei, eine Zumutbarkeitsprüfung stattfinden solle.

An der Zumutbarkeit der Abänderung fehle es auch unter Berücksichti-gung dessen, dass der [X.]n
-
wie das Berufungsgericht unterstelle
-
ehe-bedingte Nachteile
nicht entstanden seien. Für den Vertrauensschutz spreche vor allem die lange Dauer der bestehenden Unterhaltsregelung. Der [X.], nachdem er bereits zwei Jahre Trennungsunterhalt geleistet habe, seit 1.
November 1997 bis heute an die [X.] ununterbrochen Unterhalt gezahlt, und zwar in Höhe von insgesamt 4.070
DM ab 1.
November 1997, von insge-samt 3.000
DM ab 1.
Oktober
1999 und von insgesamt 2.477
DM ab 1.
No-
vember 2000. Eine Abänderung sei nach Erlass des letzten Urteils bereits [X.] nicht mehr geltend gemacht worden. Bei dieser Situation ha-be die [X.] sich darauf einrichten können, dass sie auch weiterhin [X.]zahlungen seitens des [X.], dem diese aufgrund seiner sehr guten Vermögensverhältnisse in finanzieller Hinsicht nicht schwerfielen, erhalten [X.]. Auch die lange Ehedauer spreche für einen Vertrauensschutz. Die Parteien seien beinahe 28
Jahre verheiratet gewesen.
Spätestens seit Anfang der 1980iger Jahre hätten sie einen gehobenen Lebensstil gepflegt. Nach nunmehr beinahe 41
Jahren sei der [X.]n nicht mehr zumutbar, eine Begrenzung des Unterhalts hinzunehmen zu einem [X.]punkt, in dem sie beinahe 60
Jahre 10
-
6
-
alt sei und durch Fortbildung oder andere Maßnahmen nicht mehr in der Lage sei, für höhere eigene Einkünfte zu sorgen.
Weiter sprächen die nur geringen im Versorgungsausgleich
übertrage-nen Anwartschaften gegen die Zumutbarkeit der Befristung. Die Rechtspre-chung des [X.], dass nicht allein auf die Überlegung abgestellt werden könne, durch den [X.] entfalle der Einsatzzeitpunkt für den späteren Anspruch auf Altersunterhalt, stehe dem nicht entgegen. Denn diese Rechtsprechung beziehe sich nur auf
§
1578
b BGB, nicht auf §
36 Nr.
1 EGZPO. Außerdem sei hier eine Ausnahme von dieser Regel gerechtfertigt, weil die [X.] im Einvernehmen mit dem Kläger auf eine Erwerbstätigkeit verzichtet habe und der Kläger ab 1980 nicht mehr erwerbstätig gewesen sei
und somit keine Anwartschaften mehr erworben habe, die hätten übertragen werden können. Während der Kläger seinen eigenen Altersbedarf aus [X.] decken könne, sei bei der [X.]n nur der Wohnbedarf und ein geringer Teil der restlichen Bedarfe durch Kapitaleinkünfte gedeckt.
Bei Beurteilung der Zumutbarkeit komme ein Rückgriff auf die Kriterien des §
1579 BGB in Betracht.
Der Behauptung des [X.], die [X.] sei aus der Ehe ausgebrochen und eine verfestigte Lebensgemeinschaft eingegangen, komme keine entscheidende Bedeutung zu, weil eine Begrenzung der [X.]ansprüche gemäß §
1579 BGB bereits in den [X.] rechtskräftig abgelehnt worden sei und die [X.] insoweit darauf habe vertrauen dürfen, dass diese Argumente bei der Bemessung ihres nachehelichen Unterhaltsan-spruchs keine Rolle mehr spielten. Soweit nunmehr behauptet werde, dass die Lebensgemeinschaft der [X.]n mit G.
H. sich inzwischen zu einer verfestig-ten Lebensgemeinschaft entwickelt habe, führe dies zu keiner anderen Beurtei-lung. Da die Partner getrennte Wohnsitze unterhielten,
genüge es nicht, dass sie sich überwiegend im Haus eines Partners aufhielten, die Freizeit gemein-11
12
-
7
-
sam verbrächten und sich die Anfangsbuchstaben der Vornamen beider Partner im amtlichen Kennzeichen ihrer Pkw
befänden. Ein gemeinsames Haushalten, ein [X.] und [X.] wie in der Ehe ergebe sich daraus nicht. Selbst wenn man dies anders beurteilen wollte, würde dies nicht zu einem anderen Ergebnis führen, weil dieses Vorbringen des [X.] wegen grober Nachlässigkeit gemäß §
621
d ZPO als verspätet zurückgewiesen worden wä-re.
Das Vermögen, das die [X.] durch Zuwendungen des [X.] wäh-rend der Ehe erhalten habe, sei kein hinreichender Grund
für die Bejahung des Zumutbarkeitserfordernisses in §
36 Nr.
1 EGZPO, denn dieser Umstand sei bei der Bemessung des Unterhalts bereits hinreichend berücksichtigt. Die Frage, ob die [X.] das Vermögen zur Deckung ihres Unterhalts verwerten müsse, sei nicht problematisiert worden und stelle sich auch im Hinblick auf die statis-tisch noch hohe Lebenserwartung der [X.]n von ca. 25
Jahren nicht.

II.
Diese Beurteilung hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Die im vorliegenden Verfahren vom Kläger begehrte Abänderung
richtet sich gemäß Art.
111 Abs.
1 Satz
1 FGG-RG noch nach dem bis zum 31.
August 2009 geltenden Verfahrensrecht
(Senatsbeschluss vom 3.
November 2010 -
XII
ZB
197/10
-
FamRZ
2011, 100 Rn.
9
f. [X.]) und ist mithin nach §
323
ZPO
aF
zu beurteilen
(vgl. [X.] in [X.]/[X.] ZPO
32.
Aufl. §
323 Rn.
1).
1. Die Abänderungsklage ist zulässig. Der Kläger hat sich mit der Ände-rung der
Rechtsprechung
des Senats zur Herabsetzung und Befristung des 13
14
15
16
-
8
-
Aufstockungsunterhalts auf eine wesentliche Änderung der dem abzuändern-den Urteil vom 6.
November 2000 zugrunde liegenden rechtlichen Verhältnisse berufen, was für die Zulässigkeit der Klage ausreicht
(vgl. Senatsurteil vom 29.
September 2010 -
XII
ZR
205/08
-
[X.], 1884 Rn.
11
f.).
2. Die Abänderung einer rechtskräftigen Entscheidung über den [X.] setzt nach §
323 Abs.
1 ZPO aF voraus, dass sich die für die Bestimmung der Höhe und Dauer der Leistungen maßgebenden Verhältnisse wesentlich geändert haben. Dabei ist zu beachten, dass die Grundlagen der Ausgangsent-scheidung im Abänderungsverfahren zu wahren sind und eine Fehlerkorrektur wegen der Rechtskraft des Ausgangsurteils nicht zulässig ist (Senatsurteile vom
12.
Mai 2010 -
XII
ZR
98/08
-
[X.], 1150 Rn.
19 [X.], vom
2.
Juni 2010 -
XII
ZR
160/08
-
[X.], 1318 Rn.
38 und vom 29.
September
2010 -
XII
ZR
205/08
-
[X.], 1884 Rn.
15).
Die Abänderung wegen wesentlicher Änderung der rechtlichen [X.] kann sowohl auf eine Gesetzesänderung als auch auf eine Änderung der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung gestützt werden, was nunmehr in §
238 Abs.
1 Satz
2 FamFG, §
323 Abs.
1 Satz
2 ZPO nF klargestellt worden ist (vgl. Senatsurteil vom 29.
September 2010 -
XII
ZR
205/08
-
[X.], 1884 Rn.
16 [X.]). Im Fall des Aufstockungsunterhalts
ist
zudem anerkannt, dass eine Abänderung
auf die durch das Senatsurteil vom 12.
April
2006 (XII
ZR
240/03
-
FamRZ 2006, 1006) geänderte Senatsrechtsprechung zur Be-deutung der Ehedauer im Rahmen der Befristung und Herabsetzung des [X.]s gestützt werden kann und dies unabhängig davon gilt, ob aus der Ehe -
wie hier
-
Kinder hervorgegangen sind oder nicht (Senatsurteil vom 29.
Sep-
tember 2010 -
XII
ZR
205/08
-
[X.], 1884 Rn.
16 [X.]).
17
18
-
9
-
Dementsprechend ist im vorliegenden Fall -
neben weiteren Fragen
-
zu überprüfen, ob nach der geänderten Rechtsprechung
eine Befristung oder Her-absetzung des Unterhalts nach §
1578
b BGB begründet ist. Diese Prüfung hat das Berufungsgericht unterlassen. Seine
Auffassung, auf die Anwendung des §
1578
b BGB
komme es nicht an, weil eine Abänderung jedenfalls nach §
36 Nr.
1 EGZPO scheitere, weil sie der [X.]n nicht zumutbar sei, trifft nicht zu.
3. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts
ist §
36 Nr.
1 EGZPO nicht anwendbar.

Nach §
36 Nr.
1 EGZPO sind bei
vor dem 1.
Januar 2008 erlassenen rechtskräftigen Entscheidungen Umstände, die vor diesem Tag entstanden und durch das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts vom 21.
Dezember
2007 erheblich geworden sind, nur zu berücksichtigen, soweit eine wesentliche Ände-rung der Unterhaltsverpflichtung eintritt und die Änderung dem anderen Teil unter Berücksichtigung seines Vertrauens in die getroffene Regelung zumutbar ist.
Voraussetzung ist demnach, dass die für die Abänderung
angeführten Um-stände erst durch das [X.] vom 21.
Dezember
2007 erheblich geworden sind. Das ist hier nicht der Fall. Denn das [X.] verhält sich, wie das Berufungsgericht zutreffend hervorgehoben hat, über Aufstockungsunterhalt. Dieser ließ indessen schon vor dem 1.
Januar
2008 unter denselben Voraussetzungen sowohl eine Befristung (§
1573 Abs.
5 BGB
aF) als auch eine Herabsetzung (§
1578 Abs.
1 Satz
2 BGB aF)
zu.
Dementsprechend hat der Senat -
nach Erlass des Berufungsurteils
-
entschieden, dass §
36 Nr.
1 EGZPO nur
auf die Abänderung solcher [X.]titel und -vereinbarungen anwendbar ist, deren Grundlagen sich durch das [X.] vom 21.
Dezember 2007 geändert haben. Bei der Abänderung eines vor dem 1.
Januar
2008 erlassenen
Urteils oder ei-19
20
21
22
-
10
-
ner
zuvor geschlossenen Vereinbarung zum Aufstockungsunterhalt ist das nicht der Fall
(Senatsurteile [X.] 183, 197 =
[X.], 111 Rn.
16, 62
f.;
[X.] 186, 1 =
[X.], 1238 Rn.
41
und vom 27.
Januar
2010 -
XII
ZR
100/08
-
[X.], 538 Rn.
22).

Für eine entsprechende Anwendung des §
36 Nr.
1 EGZPO besteht kein Raum. Vielmehr kann das [X.] nicht anders beurteilt werden, als wenn das Abänderungsverfahren schon vor dem 1.
Januar
2008 durchge-führt worden wäre. Die Überlegung des Berufungsgerichts, dass es in Fällen fehlender [X.] Nachteile zu gravierenden Beschneidungen bestehen-der Unterhaltsansprüche kommen könne, beschreibt die Folgen der im Jahr 2006 geänderten Senatsrechtsprechung, begründet aber weder eine
Gesetzes-lücke
noch kann sie als Leitmotiv des Gesetzgebers auch für solche Fälle [X.], die vom
[X.] vom 21.
Dezember 2007 nicht betroffen sind. Das vom Berufungsgericht angeführte Schutzbedürfnis auf [X.] des Unterhaltsberechtigten ist schließlich im Rahmen der nach §
1578
b [X.] Billigkeitsabwägung angemessen zu berücksichtigen, in die auch ein berechtigtes Vertrauen
des Unterhaltsberechtigten in die -
un-
gekürzte
-
Weiterzahlung des Unterhalts Eingang findet.

Das Berufungsurteil
kann demnach keinen Bestand haben.

III.
Da das Berufungsgericht die gebotene Prüfung der Herabsetzung oder Befristung des Unterhalts gemäß §
1578
b BGB
unterlassen hat, ist das ange-fochtene Urteil aufzuheben.
23
24
25
-
11
-
Der Senat kann
in der Sache nicht abschließend entscheiden, schon weil die Feststellungen des Berufungsgerichts nicht widerspruchsfrei sind. Für die Herabsetzung und Befristung des Unterhalts nach §
1578
b BGB
ist nach [X.] Senatsrechtsprechung zunächst zu prüfen, ob auf Seiten des [X.] ehebedingte Nachteile eingetreten sind
(vgl. Senatsurteil vom 17.
Februar
2010 -
XII
ZR
140/08
-
[X.], 629 Rn.
23
[X.]). Das [X.] ist hierzu in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils davon ausgegangen, dass der [X.]n keine ehebedingten Nachteile ent-standen seien und deshalb eine Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung der Billigkeit entsprechen würde.
An anderer Stelle des Berufungsurteils
ist jedoch lediglich unterstellt, dass der [X.]n keine ehebedingten Nachteile entstan-den seien. Schließlich hat das Berufungsgericht
wiederum, wie sich aus der weiteren Begründung ergibt, wegen der geringen übertragenen [X.] einen ehebedingten Nachteil der [X.]n sogar ausdrücklich [X.].
Da sich insoweit aus dem Berufungsurteil
eindeutige Feststellungen nicht ergeben, fehlt es an der für eine Sachentscheidung erforderlichen tatsächlichen Grundlage.

Da es zudem an einer auf §
1578
b BGB bezogenen Ausübung des tat-richterlichen Ermessens -
auch im Hinblick auf eine Herabsetzung des [X.]
-
fehlt, ist dem Senat eine abschließende Sachentscheidung verwehrt.

IV.
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
1. a) Das Berufungsgericht hat bislang keine ausreichenden Feststellun-gen zum Fehlen [X.] Nachteile im Sinne von §
1578
b Abs.
1 BGB
26
27
28
29
-
12
-
getroffen, welchen nach ständiger Rechtsprechung
des Senats (Senatsurteil vom 17.
Februar
2010 -
XII
ZR
140/08
-
[X.], 629 Rn.
23 [X.]) vor-rangige Bedeutung zukommt.
[X.]) Im Hinblick auf die aufgrund der Rollenverteilung während des eheli-chen Zusammenlebens entstandenen Nachteile in der Altersvorsorge ist
der Ausgleich unterschiedlicher Vorsorgebeiträge nach ständiger Senatsrechtspre-chung vornehmlich Aufgabe des Versorgungsausgleichs, durch den die Interes-sen des Unterhaltsberechtigten regelmäßig ausreichend gewahrt werden ([X.]e vom 16.
April 2008
-
XII
ZR
107/06
-
FamRZ 2008, 1325 und vom 25.
Juni 2008
-
XII
ZR
109/07
-
FamRZ 2008, 1508).
Ob hier eine Ausnahme angezeigt ist, die der Senat in mehreren Fallge-staltungen zugelassen hat, lässt sich aufgrund der Feststellungen des [X.]s nicht abschließend beurteilen. Der Senat hat
eine Ausnahme dann angenommen, wenn die vom Unterhaltsberechtigten aufgrund der eheli-chen Rollenverteilung erlittene Einbuße bei seiner Altersvorsorge durch den Versorgungsausgleich nicht vollständig erfasst wird, weil der [X.] nur für einen geringen
Teil der Ehezeit Rentenanwartschaften erworben hat (Senatsurteil vom 4.
August
2010 -
XII
ZR
7/09
-
[X.], 1633 Rn.
25). Eine weitere Ausnahme gilt für den Fall, dass
der Berechtigte allein aufgrund des Versorgungsausgleichs noch nicht die Voraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsminderung
erfüllte, während dies ohne die Berufspause der Fall gewesen wäre (Senatsurteil vom 2.
März
2011 -
XII
ZR
44/09
-
FamRZ 2011, 713 Rn.
20).
Im vorliegenden Fall kommt die erstgenannte Ausnahme in Betracht. Hierzu hat das Berufungsgericht
im Ausgangspunkt zu Recht darauf hingewie-sen, dass der Kläger
seit 1980 bis zum Ende der Ehezeit keine Rentenanwart-30
31
32
-
13
-
schaften mehr erworben habe, was einen vom Versorgungsausgleich
nicht er-fassten ehebedingten Nachteil nahelegt. Ob der [X.]n
im Ergebnis
ein [X.] Nachteil verblieben ist, ist demnach unter Berücksichtigung der
ihr seit 1980 durch die eheliche Rollenverteilung entgangenen eigenen
[X.]
zu beurteilen. Dass ein -
unterstellter
-
Nachteil die [X.]
der-zeit noch nicht belastet, sondern sich erst auswirken wird, wenn die [X.]
zum Bezug einer Rente berechtigt sein wird, steht einer Berücksichtigung im Rahmen von §
1578
b BGB
nicht entgegen. Dies steht im Einklang mit der Se-natsrechtsprechung, dass es nicht zulässig ist, von einer Unterhaltsbefristung nur deswegen abzusehen, um den Einsatzzeitpunkt für den Altersunterhalt zu wahren (Senatsurteil vom 25.
Juni 2008 -
XII
ZR
109/07
-
FamRZ 2008, 1508). Denn im vorliegenden Fall greift der Versorgungsausgleich
als das speziellere Ausgleichsinstrument nicht -
vollständig
-
ein.
bb) Ob ehebedingte Nachteile entstanden sind, ist zu ermitteln, indem die
Lage, wie sie sich ohne Eheschließung und die gewählte Rollenverteilung ergeben hätte, und die
tatsächlich bestehende Lage
gegenüber gestellt werden. Dabei können zunächst entstandene Nachteile durch andere mit der Ehe ver-bundene Vorteile -
auch nach der Ehescheidung
-
kompensiert worden sein. Im vorliegenden Fall sind im Hinblick auf einen in der [X.] seit 1980 entstandenen Nachteil in der Altersvorsorge der [X.]n insbesondere die Vermögenszu-wendungen des [X.] an die [X.] und der vom Kläger geleistete Alters-vorsorgeunterhalt zu berücksichtigen.
Außerdem ist der ehebedingte Nachteil in der Altersvorsorge durch die Höhe der bei (gedachter) unverändert fortgesetzter Erwerbstätigkeit des Klä-gers
im Wege des Versorgungsausgleichs zusätzlich übertragenen [X.] begrenzt. Das folgt daraus, dass
der Unterhaltsberechtigte im Ausnahmefall des nicht vollständig eingreifenden Versorgungsausgleichs nicht 33
34
-
14
-
besser stehen darf als im Regelfall des Versorgungsausgleichs, der die ehebe-dingten Versorgungsnachteile nicht notwendig vollständig kompensiert, sondern entstandene Nachteile gleichmäßig auf beide Ehegatten verteilt.

b) Die bei der Befristung und Herabsetzung des Unterhalts anzustellende Billigkeitsabwägung beschränkt sich allerdings nicht auf den Ausgleich ehebe-dingter Nachteile, sondern hat darüber hinaus die vom Gesetz geforderte
nach-eheliche
Solidarität
zu berücksichtigen. Das gilt nicht nur für die Unterhaltstat-bestände, die -
wie der Alters-
oder Krankheitsunterhalt nach §§
1571, 1572 BGB
-
bereits ihre Begründung in der nachehelichen Solidarität finden, sondern auch für den Aufstockungsunterhalt
nach §
1573 Abs.
2 BGB.
Als Aspekte kommen im vorliegenden Fall die lange Dauer der Ehe
und die guten Vermögensverhältnisse des [X.]
in Betracht. Diese Gesichtspunk-te rechtfertigen für sich genommen aber noch keine lebenslange [X.], wie sie sich als Konsequenz des Berufungsurteils
in der Sache ergeben hätte. Vielmehr ist auch die zunehmende Entflechtung der wirtschaftli-chen und persönlichen Verhältnisse der geschiedenen Ehegatten
zu beachten, die um so gewichtiger wird, je weiter die Scheidung zurückliegt,
und dement-sprechend das Maß der geschuldeten nachehelichen Solidarität begrenzt. Die zunehmende Distanz zu
den ehelichen Lebensverhältnissen wird im vorliegen-den Fall auch dadurch verdeutlicht, dass die [X.] schon seit vielen Jahren ein intimes Verhältnis zu G.
H. unterhält, sodass eine weitere Gewährleistung des unveränderten Lebensstandards
durch den geschiedenen Ehegatten unge-achtet dessen guter Vermögensverhältnisse nicht mehr ohne weiteres der Bil-ligkeit entspricht.
Die vom Berufungsgericht
herangezogene
Dauer der
Unterhaltsleistun-gen
dürfte hingegen für eine Fortdauer des Unterhalts nicht angeführt werden
35
36
37
-
15
-
können.
Allerdings kann sich unter Umständen aus der Fortzahlung des [X.] ein Vertrauenstatbestand für den Unterhaltsberechtigten insoweit ergeben, als er im berechtigten Vertrauen darauf Dispositionen getroffen hat, die
rück-gängig zu machen ihm nicht oder nicht sogleich möglich oder zumutbar ist. So kann etwa die vom Unterhaltspflichtigen hingenommene eingeschränkte [X.] des Unterhaltsberechtigten einen Vertrauenstatbestand bilden, der gegen eine
Begrenzung des Unterhalts angeführt werden kann (vgl. [X.] vom 10.
November
2010 -
XII
ZR
197/08
-
FamRZ 2011, 192 Rn.
37). Vergleichbare Dispositionen der [X.]n
aufgrund berechtigten Vertrauens hat das Berufungsgericht
hier indessen nicht festgestellt. Vielmehr ist der Be-klagten
bereits in dem abzuändernden Urteil wegen der Verletzung ihrer Er-werbsobliegenheit für die [X.] ab Oktober 1999 ein fiktives Einkommen
aus vollschichtiger Tätigkeit zugerechnet worden.
Damit hat der vom Kläger geleis-tete Unterhalt in der Vergangenheit nicht nur den ehelichen Lebensstandard aufrechterhalten, sondern zum Teil auch die sich aus der nicht ausreichenden Erwerbstätigkeit der [X.]n ergebende [X.] geschlossen, was eher für als gegen eine Begrenzung des Unterhalts
spricht
(vgl. auch Senatsur-
teil vom 30.
März 2011 -
XII
ZR
63/09
-
FamRZ 2011, 875 Rn.
22 [X.]).
c) Demnach wird das Berufungsgericht
vor allem zu überprüfen haben, ob der [X.]n
ehebedingte Nachteile entstanden und auch nicht durch Zu-wendungen und ([X.] kompensiert worden sind. [X.] ist eine zweckentsprechende Verwendung des Vorsorgeunterhalts zu unter-stellen. Sollten ehebedingte Nachteile fortbestehen, so wäre eine Herabsetzung auf den angemessenen Unterhalt
zu überprüfen (vgl. Senatsurteil vom 20.
Ok-
tober 2010 -
XII
ZR
53/09
-
[X.], 2059 Rn.
23). Sollten keine ehebe-dingten Nachteile bestehen und der Aufstockungsunterhalt
folglich allein auf nachehelicher Solidarität beruhen, dürfte jedenfalls ein dauerhafter [X.]
-
16
-
derter Unterhaltsanspruch auch in Anbetracht der Ehedauer und der guten Vermögensverhältnisse des [X.]
der Billigkeit widersprechen.
2. Zudem haben die Parteien durch die Zurückverweisung Gelegenheit,
zu der vom Kläger eingewandten Verwirkung wegen verfestigter Lebensge-meinschaft nach §
1579
Nr.
2 BGB
ergänzend vorzutragen und Beweis anzu-bieten. Der Senat weist darauf hin, dass eine verfestigte Lebensgemeinschaft nicht zwingend voraussetzt, dass die Partner einen gemeinsamen Haushalt un-terhalten (vgl. etwa Senatsurteile
vom 28.
Januar
2004 -
XII
ZR
259/01
-
FamRZ
2004, 614, 616 und vom 24.
Oktober
2001 -
XII
ZR
284/99
-
FamRZ 39
-
17
-
2002, 23, 25).
Unstreitig unterhielt die [X.] die intime Beziehung
mit G.
H. zum [X.]punkt der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht bereits seit vierzehn Jahren.

Hahne

[X.]

Klinkhammer
RiBGH [X.] ist ur-

Nedden-Boeger

laubsbedingt verhindert

zu unterschreiben.

Hahne

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 08.08.2008 -
108 F 1358/08 -

OLG [X.], Entscheidung vom 17.12.2008 -
7 UF 1230/08 -

Meta

XII ZR 17/09

08.06.2011

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.06.2011, Az. XII ZR 17/09 (REWIS RS 2011, 5902)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 5902

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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XII ZR 17/09

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