Bundesfinanzhof, Urteil vom 01.12.2020, Az. VIII R 40/18

8. Senat | REWIS RS 2020, 3674

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Gegenstand

Veräußerungserlös aus der Managementbeteiligung eines Arbeitnehmers als Einkünfte aus Kapitalvermögen


Leitsatz

Der aus einer Managementbeteiligung an einer Kapitalgesellschaft erzielte Veräußerungserlös stellt keine Vergütung für die gegenüber einer Tochtergesellschaft erbrachte nichtselbständige Tätigkeit dar, wenn die Beteiligung als eine eigenständige Erwerbsgrundlage zur Erzielung von Einkünften anzusehen ist.

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 09.10.2018 - 13 K 1257/17 E wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Streitig ist, ob ein Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft als Arbeitslohn steuerlich zu erfassen ist.

2

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) war in den Streitjahren (2014 und 2015) angestellter Manager bei der [X.]-GmbH und erzielte aus dieser Tätigkeit [X.]inkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 19 des [X.]inkommensteuergesetzes ([X.]StG).

3

Die [X.]-GmbH war seit dem Jahr 2006 Teil der [X.] ([X.]) mit Sitz in den [X.]. Die [X.] war über ihre Tochtergesellschaften [X.] 1 S.à.r.l. ([X.]) und [X.] 2 S.à.r.l. ([X.]) zu 100 % an der [X.], zu der auch die [X.]-GmbH gehörte, beteiligt. Die [X.] hielt sämtliche Anteile an der [X.], welche --über eine andere Kapitalgesellschaft-- sämtliche Anteile an der [X.]-GmbH hielt.

4

Im Rahmen einer Gesellschafterversammlung der [X.] für die [X.] wurde im Juni 2010 beschlossen, das [X.]igenkapital der [X.] um 2.250 USD auf 25.000 USD aufzustocken und dieses sodann auf 400 000 Anteile unterschiedlicher Klassen (272 200 Klasse A, 40 000 Klasse [X.] und 87 800 Klasse [X.]) aufzuteilen. Zugleich wurde der [X.] eine neue Satzung entsprechend einem gleichzeitig mit der Kapitalerhöhung abgeschlossenen "Recapitalization and Shareholders Agreement" ([X.]) gegeben. Ziel des [X.] war es, neben der [X.] und dem Gründer und Vorstandsvorsitzenden der [X.], [X.] , auch die Mitarbeiter des Managements der [X.] (Manager) zu beteiligen. Danach sollte die [X.] die Anteile der Klasse A und der [X.] die Anteile der Klasse [X.] erhalten, während die Anteile der Klasse [X.] den Managern zum Kauf angeboten wurden. Der Stückpreis von 0,0625 USD wurde auf der Grundlage des nominellen Stammkapitals der [X.] ermittelt, da der [X.]irmenwert laut eines Gutachtens 0 USD betrug. Der Kläger erwarb 160 Anteile der Klasse [X.] zu einem Kaufpreis von insgesamt 10 USD.

5

Das [X.] sah zugunsten der [X.] die Möglichkeit vor, durch Ausübung von "[X.]all"-Optionen die ausgegebenen Anteile der Klasse [X.] von den Anteilseignern zurück zu erwerben. Diese "[X.]all"-Optionen sollten sukzessive durch Zeitablauf, nämlich in den Jahren 2010 bis 2013 zu je 25 % jährlich, oder durch [X.]rreichen bestimmter [X.]rlös- und Gewinnziele in den Jahren 2010 bis 2012 zu je 20 % jährlich, oder im [X.]alle eines Verkaufs von mehr als 50 % der Anteile zu einem Kaufpreis von mehr als 170 Mio. USD zu weiteren 40 %, erlöschen (sog. "Vesting").

6

[X.]is zum Verfall der Optionen waren Ausschüttungen der [X.] bis zu einem [X.]etrag von 65 Mio. € bevorrechtigt an die Inhaber von Anteilen der Klassen A und [X.] zu zahlen. Darüber hinaus waren [X.] nur an bestimmte Angehörige zulässig. [X.]ür den [X.]all, dass ein Dritter anbot, mehr als 50 % der Anteile der Klasse A zu erwerben, konnten die Anteilseigner dieser Klasse gemeinsam verlangen, dass auch die anderen Anteilseigner ihre Anteile zu demselben Preis an den [X.] veräußern (sog. "[X.]). Umgekehrt hatten die anderen Anteilseigner das Recht, den Mitverkauf ihrer Anteile an den [X.] zu verlangen (sog. "Tag-Along"-Recht). Den Anteilseignern der Klasse [X.] stand dieses Recht allerdings erst zu, nachdem die "[X.]all"-Optionen der [X.] wertlos verfallen waren. [X.]is zu diesem Zeitpunkt war den Anteilseignern der Klasse [X.] auch die Ausübung ihrer Stimmrechte nur eingeschränkt möglich.

7

Am 18.10.2010 veräußerte die [X.] ihre Anteile an der [X.] an die [X.] Luxemburg S.à.r.l. ([X.]), eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der [X.] mit Sitz in den [X.]. In einer Rahmenvereinbarung ("Master Securities Purchase Agreement"), der die Anteilseigner der Klasse [X.] am 29.10.2010 beitraten, wurde geregelt, dass die Kaufpreisansprüche der Anteilseigner der Klasse [X.] vollständig garantiert waren und nicht verwirkt werden konnten, unabhängig davon, ob sich ein Anteilseigner im Zeitpunkt des [X.] noch im Angestelltenverhältnis bei der [X.] oder einem ihrer Konzernunternehmen befand.

8

[X.]benfalls am 18.10.2010 schlossen die Anteilseigner sämtlicher Anteilsklassen der [X.] eine Verzichts- und Zustimmungsvereinbarung ("Waiver and [X.]onsent Agreement") ab, mit der sie dem Abschluss der Rahmenvereinbarung sowie dem Verkauf der Anteile an die [X.] zustimmten und zugleich einen umfassenden Verzicht auf die Optionsrechte, "Drag-Along"- und "Tag-Along"-Rechte sowie die Vorkaufsrechte erklärten. Hiervon unberührt blieb das Recht der Anteilseigner der Klasse [X.], ihre Anteile zu denselben [X.]edingungen wie die Mehrheitsgesellschafter zu veräußern.

9

Am 30.11.2010 wurden die Anteile der Klassen A und [X.] sowie mehrere Anteile der Klasse [X.] an die [X.] übertragen. Die Übertragung der restlichen Anteile der Klasse [X.] einschließlich der Anteile des Klägers erfolgte am 01.11.2011.

Aufgrund einer am 18.12.2013 zwischen dem [X.] als Vertreter der Anteilseigner und der [X.] zustande gekommenen Änderungsvereinbarung ("Amendment Agreement") wurde ein Kaufpreis in Höhe von 1.752,10 USD je Anteil vereinbart. Der Kaufpreis sollte in drei Tranchen zu je einem Drittel in den Jahren 2014 bis 2016 ausbezahlt werden. Dem Kläger wurde jeweils zum 31.03. in beiden Streitjahren ein [X.]etrag in Höhe von 90.056 USD ausgezahlt.

Im Rahmen seiner [X.]inkommensteuererklärung für das Streitjahr 2014 erklärte der Kläger u.a. einen [X.]ruttoarbeitslohn in Höhe von 465.848 € sowie Gewinne aus der Veräußerung von Aktien, die nicht dem inländischen Steuerabzug unterlagen, in Höhe von 77.012 €. Mit [X.]inkommensteuerbescheid vom 08.04.2016 behandelte der [X.]eklagte und Revisionskläger (das [X.]inanzamt --[X.]A--) die erklärten Gewinne aus der Veräußerung von Aktien als dem gesonderten Tarif des § 32d Abs. 1 [X.]StG unterliegende Kapitaleinkünfte und veranlagte den Kläger auch im Übrigen erklärungsgemäß. Der [X.]escheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO).

Im Rahmen seiner [X.]inkommensteuererklärung für das Streitjahr 2015 erklärte der Kläger u.a. einen [X.]ruttoarbeitslohn in Höhe von 614.037 € und Gewinne aus der Veräußerung von Aktien, die nicht dem inländischen Steuerabzug unterlagen, in Höhe von 82.974 €.

Zwischenzeitlich waren gegen mehrere Angestellte der [X.]-GmbH steuerstrafrechtliche [X.]rmittlungen wegen der steuerlichen [X.]ehandlung der aus der Anteilsveräußerung erzielten [X.] eröffnet worden. In seinem Abschlussbericht vom 12.08.2016 gelangte der Prüfer zu der Auffassung, dass die [X.] als [X.]innahmen aus nichtselbständiger Arbeit zu behandeln seien.

Dieser Auffassung schloss sich das [X.]A an. Im [X.]inkommensteuerbescheid für das Streitjahr 2015 vom 15.12.2016 setzte es dementsprechend einen Gewinn aus der Veräußerung von Aktien in Höhe von 0 € an und erhöhte die [X.]innahmen aus nichtselbständiger Arbeit entsprechend um 83.096 €. [X.]ür das Streitjahr 2014 erließ das [X.]A am 30.01.2017 einen gemäß § 164 Abs. [X.] geänderten [X.]inkommensteuerbescheid, in dem es ebenfalls einen Gewinn aus der Veräußerung von Aktien in Höhe von 0 € ansetzte und die [X.]innahmen aus nichtselbständiger Arbeit um 64.841 € erhöhte.

Die gegen beide [X.]escheide eingelegten [X.]insprüche wies das [X.]A mit [X.]inspruchsentscheidung vom 12.04.2017 als unbegründet zurück. Die hiergegen erhobene Klage war erfolgreich. Das [X.]inanzgericht ([X.]G) vertrat in seinem in [X.]ntscheidungen der [X.]inanzgerichte 2019, 970 veröffentlichten Urteil die Auffassung, dass der von dem Kläger mit der Veräußerung seiner Anteile erzielte [X.]rlös entgegen der Auffassung des [X.]A nicht den [X.]inkünften aus nichtselbständiger Arbeit zuzurechnen sei, sondern zu [X.]inkünften aus Kapitalvermögen führe. [X.]ei einer Gesamtschau aller maßgeblichen Umstände des [X.]inzelfalls sei davon auszugehen, dass der Veräußerungsgewinn seine Ursache in der Kapitalbeteiligung habe, die als Sonderrechtsverhältnis unabhängig von dem Anstellungsverhältnis entstanden sei und dieses überlagert habe.

Mit der Revision macht das [X.]A die Verletzung materiellen Rechts geltend.

Das [X.]A beantragt,
das Urteil des [X.]G Düsseldorf vom 09.10.2018 - 13 K 1257/17 [X.] aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision des [X.] ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der [X.]inanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das [X.] hat zu Recht entschieden, dass die dem Kläger aus der Veräußerung seiner Managementbeteiligung zugeflossenen Erlöse Einkünfte aus Kapitalvermögen und kein Arbeitslohn sind.

1. Die dem Kläger in den Streitjahren zugeflossenen [X.] sind den Einkünften aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG und nicht den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 19 EStG zuzuordnen.

a) § 20 Abs. 8 EStG enthält eine nur begrenzte Kollisionsregelung, wonach Einkünfte aus Kapitalvermögen den Einkünften aus Land- und [X.]orstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb, aus selbständiger Arbeit oder aus Vermietung und Verpachtung zuzurechnen sind, wenn sie zu diesen Einkünften gehören. [X.]ür die Abgrenzung von Kapitaleinkünften zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit ist nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] ([X.]) diejenige Einkunftsart maßgebend, die im Vordergrund steht und die Beziehungen zu den anderen Einkünften verdrängt ([X.]-Urteile vom 05.11.2013 - VIII R 20/11, [X.]E 243, 481, [X.], 275, und vom 31.10.1989 - VIII R 210/83, [X.]E 160, 11, [X.] 1990, 532).

b) Zu den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit gehören nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 EStG alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen und die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis für das Zurverfügungstellen seiner individuellen Arbeitskraft zufließen. Vorteile werden "für" eine Beschäftigung gewährt, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis des Arbeitnehmers veranlasst sind. Das ist der [X.]all, wenn der Vorteil mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis eingeräumt wird und sich die Leistung im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist. Kein Arbeitslohn liegt vor, wenn die Zuwendung wegen anderer Rechtsverhältnisse oder aufgrund sonstiger, nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gewährt wird (ständige Rechtsprechung, s. [X.]-Urteile vom 20.05.2010 - VI R 12/08, [X.]E 230, 136, [X.] 2010, 1069; vom 19.06.2008 - VI R 4/05, [X.]E 222, 353, [X.] 2008, 826, und vom 21.05.2014 - I R 42/12, [X.]E 246, 119, [X.] 2015, 4, jeweils m.w.N.). Dem Arbeitnehmer entstandene Vorteile sind durch eigenständige, vom Arbeitsverhältnis unabhängige Sonderrechtsbeziehungen veranlasst, wenn ihnen andere Erwerbsgrundlagen als die Nutzung der eigenen Arbeitskraft des Arbeitnehmers zugrunde liegen. Solche Rechtsbeziehungen zeigen ihre Unabhängigkeit und Eigenständigkeit insbesondere dadurch, dass diese auch selbständig und losgelöst vom Arbeitsverhältnis bestehen könnten ([X.]-Urteil vom 17.06.2009 - VI R 69/06, [X.]E 226, 47, [X.] 2010, 69, m.w.N.).

c) Beteiligt sich ein Arbeitnehmer kapitalmäßig an seinem Arbeitgeber, kann die Beteiligung eigenständige Erwerbsgrundlage sein, so dass damit in Zusammenhang stehende Erwerbseinnahmen und Erwerbsaufwendungen in keinem einkommensteuerrechtlich erheblichen Veranlassungszusammenhang zum Arbeitsverhältnis stehen. Der Arbeitnehmer nutzt in diesem [X.]all sein Kapital als eine vom Arbeitsverhältnis unabhängige und eigenständige Erwerbsgrundlage zur Einkünfteerzielung, die daraus erzielten laufenden Erträge sind dann keine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, sondern solche aus Kapitalvermögen ([X.]-Urteile vom 05.04.2006 - IX R 111/00, [X.]E 213, 341, [X.] 2006, 654, und in [X.]E 226, 47, [X.] 2010, 69). [X.]ür den Charakter einer Beteiligung als eigenständige und vom Arbeitsverhältnis unabhängige Erwerbsgrundlage spricht es insbesondere, wenn der Arbeitsvertrag keinen Anspruch auf den Erwerb der Beteiligung und einen anteiligen Veräußerungserlös als Gegenleistung für die nichtselbständige Tätigkeit vorsieht, die Beteiligung vom Arbeitnehmer zum Marktpreis (und nicht etwa verbilligt) erworben und veräußert wird und der Arbeitnehmer das volle Verlustrisiko trägt sowie keine besonderen Umstände aus dem Arbeitsverhältnis erkennbar sind, die Einfluss auf die Veräußerbarkeit und Wertentwicklung der Beteiligung nehmen (vgl. zu letzterem Aspekt: [X.]-Urteil in [X.]E 243, 481, [X.], 275). Der Veräußerungsgewinn aus einer Kapitalbeteiligung führt auch nicht allein deshalb zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, weil die Beteiligung von einem Arbeitnehmer des Unternehmens gehalten und veräußert wurde und auch nur Arbeitnehmern im Allgemeinen oder sogar nur bestimmten Arbeitnehmern angeboten worden war (vgl. [X.]-Urteile in [X.]E 226, 47, [X.] 2010, 69, und in [X.]E 246, 119, [X.] 2015, 4).

d) Ob ein Leistungsaustausch zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit oder aufgrund einer Sonderrechtsbeziehung einer anderen Einkunftsart oder dem nichtsteuerbaren Bereich zuzurechnen ist, ist aufgrund einer in erster Linie der Tatsacheninstanz obliegenden tatsächlichen Würdigung zu entscheiden ([X.]-Urteile vom 20.11.2008 - VI R 25/05, [X.]E 223, 419, [X.] 2009, 382, und vom 01.02.2007 - VI R 72/05, [X.]/NV 2007, 898). Die Tatsachenwürdigung durch das [X.] ist, wenn sie verfahrensrechtlich ordnungsgemäß durchgeführt wurde und nicht gegen Denkgesetze verstößt oder Erfahrungssätze verletzt, nach § 118 Abs. 2 [X.]O revisionsrechtlich bindend (vgl. z.B. [X.]-Urteile in [X.]E 223, 419, [X.] 2009, 382, und in [X.]E 230, 136, [X.] 2010, 1069).

e) Nach diesen Grundsätzen ist die Würdigung des [X.], wonach die dem Kläger aus der Veräußerung der Managementbeteiligung zugeflossenen Erlöse nicht durch die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit veranlasst sind, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

aa) Es ist bereits zweifelhaft, ob das [X.] im Rahmen seiner Revisionsbegründung schlüssig Verstöße der Würdigung des [X.] gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze darlegt. Seine Begründung, für einen Veranlassungszusammenhang des erzielten [X.]s mit dem Arbeitsverhältnis spreche, dass die Beteiligung nur einem ausgewählten Kreis von Arbeitnehmern angeboten worden sei, der Kläger nicht über die vollen Beteiligungsrechte verfügt habe, er angesichts der geringen Anschaffungskosten der Beteiligung kein erhebliches Verlustrisiko getragen habe und gleichwohl eine außerordentlich hohe Rendite habe erzielen können, greift jedenfalls nicht durch. Der Umstand, dass die Beteiligungsmöglichkeit nur leitenden Angestellten eröffnet worden war, schließt es nicht aus, dass der vom Kläger erzielte Gewinn seine Ursache allein in der Kapitalbeteiligung hatte und damit als ein nicht aus dem Arbeitsverhältnis resultierender Vorteil zu qualifizieren ist ([X.]-Urteil vom 21.10.2014 - VIII R 44/11, [X.]E 247, 308, [X.] 2015, 593). Da der Kläger seine Beteiligung an der [X.] zu marktüblichen Konditionen (und nicht etwa verbilligt) erworben und veräußert hat, spielt es --wovon das [X.] zutreffend ausgegangen ist-- auch keine Rolle, dass für den Kläger mit der Möglichkeit, sich an der [X.] zu beteiligen, eine erhöhte Gewinnchance verbunden war, da eine solche Chance grundsätzlich jeder Kapitalbeteiligung innewohnt. Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass das [X.] in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden [X.] die Marktangemessenheit des Erwerbs- und Veräußerungspreises für die Kapitalbeteiligung in Zweifel gezogen hat. Denn das [X.] hat die diesbezüglichen [X.]eststellungen des [X.] nicht innerhalb der [X.] mit Verfahrensrügen angegriffen (vgl. hierzu: [X.]-Urteil vom 19.01.2017 - IV R 50/14, [X.]E 257, 35, [X.] 2017, 456). Der [X.] sieht auch keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Tatsachenwürdigung des [X.] fehlerhaft zustande gekommen ist.

bb) Eine andere Beurteilung folgt, wie das [X.] weiter zutreffend erkannt hat, nicht aus der zeitlich befristeten und erfolgsabhängigen Option der [X.] auf den Erwerb der Anteile des [X.]. Denn diese Option war, wie das [X.] in tatsächlicher Hinsicht bindend festgestellt hat (§ 118 Abs. 2 [X.]O), mit dem Abschluss der Verzichts- und Zustimmungsvereinbarung vom 18.10.2010 ("Waiver and Consent Agreement") wieder entfallen und bestand daher im Zeitpunkt der Übertragung der Anteile nicht mehr. Das [X.] ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass in der Abhängigkeit des Veräußerungsgewinns vom Erreichen bestimmter Umsatz- und Gewinnkennzahlen der [X.] in den Jahren 2013 bis 2015 kein ausschlaggebendes Indiz dafür zu sehen ist, dass mit dem Veräußerungsgewinn eine Entlohnung des [X.] für seine nichtselbständige Tätigkeit bezweckt war, denn dem Kläger stand der Veräußerungsgewinn unabhängig davon zu, ob er in den Jahren 2013 bis 2015 weiterhin als Angestellter für die B-GmbH tätig wurde. In diesem Zusammenhang hat das [X.] zutreffend berücksichtigt, dass das Anstellungsverhältnis des [X.] keinen Anspruch auf Erwerb der Beteiligung oder einen anteiligen Veräußerungserlös vorsah und der Erwerb der Beteiligung losgelöst von seinem Anstellungsverhältnis erfolgte. Ebenfalls zu Recht hat das [X.] dem --wirtschaftlich betrachtet-- geringen Verlustrisiko des [X.] keine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen, da dieses der Höhe nach mit den vom Kläger getragenen [X.] Anschaffungskosten korrespondierte und daher schon aus diesem Grund ein möglicher Verlust infolge eines Wertverfalls der Anteile von vornherein begrenzt war.

cc) Vor diesem Hintergrund ist die vom [X.] auf der Grundlage seiner tatsächlichen [X.]eststellungen aus einer Gesamtschau aller maßgeblichen Sachverhaltsumstände gezogene Schlussfolgerung, der Veräußerungsgewinn habe seine Ursache in der Kapitalbeteiligung und sei nicht als durch das Anstellungsverhältnis veranlasste Entlohnung für die nichtselbständige Tätigkeit des [X.] anzusehen, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Würdigung ist auf der Grundlage der vom [X.] getroffenen tatsächlichen [X.]eststellungen jedenfalls möglich und daher für den [X.] gemäß § 118 Abs. 2 [X.]O bindend.

f) Das [X.] hat auch zu Recht entschieden, dass der vom Kläger erzielte Veräußerungsgewinn als Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG zu erfassen ist.

aa) Gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen auch Gewinne aus der Veräußerung von GmbH-Anteilen. Veräußerung ist die entgeltliche Übertragung des --zumindest wirtschaftlichen-- Eigentums auf einen Dritten (vgl. z.B. [X.]-Urteil vom 12.05.2015 - IX R 57/13, [X.]/NV 2015, 1364, m.w.N.). Weitere Tatbestands-merkmale als den entgeltlichen Rechtsträgerwechsel stellt das Gesetz nicht auf ([X.]-Urteil vom 12.06.2018 - VIII R 32/16, [X.]E 262, 74, [X.] 2019, 221).

bb) Nach den [X.]eststellungen des [X.] hat der Kläger die Anteile an der B-GmbH zu einem Kaufpreis in Höhe von 1.752,10 USD je Anteil --und damit entgeltlich-- an die [X.] übertragen. Es liegt deshalb eine Veräußerung i.S. des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG vor.

cc) Entgegen der Auffassung des [X.] scheitert die Anwendung des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG nicht am fehlenden wirtschaftlichen Eigentum des [X.]. Vielmehr war dieser im Veräußerungszeitpunkt nicht nur zivilrechtlicher, sondern auch wirtschaftlicher Eigentümer der Anteile.

aaa) Nach § 39 Abs. 2 Nr. [X.] ist die Rechtsstellung des wirtschaftlichen Eigentümers dadurch gekennzeichnet, dass er den zivilrechtlichen Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann. Das wirtschaftliche Eigentum an einem Kapitalgesellschaftsanteil geht auf einen Erwerber über, wenn der Käufer des Anteils aufgrund eines bürgerlich-rechtlichen Rechtsgeschäfts bereits eine rechtlich geschützte, auf den Erwerb des Rechts gerichtete Position erworben hat, die ihm gegen seinen Willen nicht mehr entzogen werden kann, die mit dem Anteil verbundenen wesentlichen (Verwaltungs- und Vermögens-) Rechte sowie das Risiko einer Wertminderung und die Chance einer Wertsteigerung auf ihn übergegangen sind (vgl. [X.]-Urteile vom 11.07.2006 - VIII R 32/04, [X.]E 214, 326, [X.] 2007, 296, und vom 05.10.2011 - IX R 57/10, [X.]E 235, 376, [X.] 2012, 318).

bbb) Ein [X.]all, dass dem Kläger als zivilrechtlichem Eigentümer (§ 39 Abs. [X.]) die Anteilsveräußerung steuerlich nicht zugerechnet werden kann, weil ein anderer Rechtsträger --hier die [X.]-- als wirtschaftlicher Eigentümer der Anteile anzusehen wäre, liegt danach nicht vor. Dabei kann, wie das [X.] zu Recht entschieden hat, dahingestellt bleiben, ob das wirtschaftliche Eigentum bereits bei Erwerb des zivilrechtlichen Eigentums an den Anteilen im Juni 2010 auf den Kläger übergegangen ist. Denn nach den tatsächlichen [X.]eststellungen des [X.] waren im Veräußerungszeitpunkt sowohl die Optionsrechte und das vorrangige Ausschüttungsrecht der [X.] als auch die Einschränkungen hinsichtlich der Übertragbarkeit der Anteile und der Ausübung der sonstigen Rechte aus den Anteilen entfallen (vgl. oben unter [X.]). Außerdem hatte der Kläger lediglich das Recht, nicht aber die Pflicht zur Mitveräußerung seiner Anteile. Daraus hat das [X.] zu Recht gefolgert, dass dem Kläger die letzte Entscheidung über die Veräußerung seiner Anteile zustand und er insoweit nicht, wie es für ein Auseinanderfallen zwischen zivilrechtlichem und wirtschaftlichem Eigentum erforderlich wäre, durch die [X.] von der Einwirkung auf seine Anteile ausgeschlossen werden konnte.

2. Eine abweichende Beurteilung ergibt sich auch nicht aus den vom [X.] in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden [X.] vorgetragenen neuen Tatsachen. Denn im Revisionsverfahren kann ein neuer Tatsachenvortrag nicht berücksichtigt werden (vgl. z.B. [X.]-Urteile vom 24.08.2011 - I R 5/10, [X.]/NV 2012, 271, und vom 20.03.2013 - XI R 37/11, [X.]E 240, 394, [X.], 831).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

VIII R 40/18

01.12.2020

Bundesfinanzhof 8. Senat

Urteil

vorgehend FG Düsseldorf, 9. Oktober 2018, Az: 13 K 1257/17 E, Urteil

§ 19 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG 2009, § 20 Abs 2 S 1 Nr 1 EStG 2009, EStG VZ 2014, EStG VZ 2015, § 39 Abs 2 Nr 1 AO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 01.12.2020, Az. VIII R 40/18 (REWIS RS 2020, 3674)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 3674

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