Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.06.2000, Az. 5 StR 209/00

5. Strafsenat | REWIS RS 2000, 1867

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5 [X.]/00BUNDESGERICHTSHOFBESCHLUSSvom 22. Juni 2000in der Strafsachegegenwegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern u. [X.] 2 -Der 5. Strafsenat des [X.] hat am 22. Juni 2000beschlossen:Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Land-gerichts [X.] vom 13. September 1999 nach § 349Abs. 4 StPO mit den Feststellungen aufgehoben.Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung,auch über die Kosten der Revision, an eine andere Jugend-schutzkammer des [X.] zurückverwiesen.[X.][X.] hat den Angeklagten wegen sexuellen Mißbrauchsvon Kindern in sieben Fällen, davon in fünf Fällen in Tateinheit mit sexuel-lem Mißbrauch von Schutzbefohlenen, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe vonfünf Jahren verurteilt. Die Revision des Angeklagten führt mit einer Verfah-rensrüge zur [X.] und Zurückverweisung der Sache.Gegenstand der Verurteilung sind Taten zum Nachteil zweier [X.] Angeklagten sowie der Tochter seines Bruders. Die Kinder waren zuden [X.] zwischen fünf und acht Jahre alt. Die [X.] den Antrag der Verteidigung, zur Frage der —Glaubwürdigkeit undZeugentauglichkeitfl der drei betroffenen Kinder ein —jugendpsychologischesbzw. [X.] einzuholen, hier nicht unter [X.] auf eigene Sachkunde [X.] 3 -Die Würdigung von Zeugenaussagen gehört zwar zum Wesen [X.] Rechtsfindung und ist daher grundsätzlich dem Tatrichter anver-traut. Das gilt nicht nur bei erwachsenen Zeugen, sondern regelmäßig auchfür die Aussage eines Kindes oder eines jugendlichen Zeugen, der [X.] an ihm begangenen [X.] ist. Die Hinzuziehung eines Sach-verständigen ist aber dann geboten, wenn der zur Aburteilung [X.] ausnahmsweise solche Besonderheiten aufweist, daß [X.] aufkommen können, ob die Sachkunde des Gerichts auch zur Beur-teilung der Glaubwürdigkeit unter den gegebenen besonderen Umständenausreicht (st. Rspr.; BGHR StPO § 244 Abs. 4 Satz 1 [X.] Glaubwürdigkeits-gutachten 2 m.w.N.).Solche Besonderheiten liegen hier vor. Sie finden sich [X.] der intensiven, teilweise suggestiven Befragung der drei Kinder durch [X.] des Angeklagten, seinen Bruder und dessen Ehefrau ([X.] gilt zumal angesichts des geringen Alters der betroffenen Zeugen unddes beträchtlichen zeitlichen Abstands von mehr als einem Jahr zwischenden letzten Taten und deren Offenbarung, im Blick auf die [X.] und schließlichauch unter Berücksichtigung der Verwendung der kindlichen Aussagendurch die Ehefrau des Angeklagten im Sorgerechtsstreit. Es kommen nochhinzu im Urteil abgehandelte Besonderheiten im [X.] des jün-geren [X.] ([X.] f.) und seiner Nichte ([X.] 17 f.).Unter Berücksichtigung aller dieser Umstände durfte sich die [X.] die Beurteilung der Glaubhaftigkeit und Zuverlässigkeitder den Schuldspruch tragenden Angaben der kindlichen Zeugen hier ohneZuziehung eines Sachverständigen, zumal nach entsprechender Antrag-stellung unter Hinweis auf jene Besonderheiten, nicht zutrauen. Die [X.] auch keine besonders signifikanten Begleitumstände ermittelt und in [X.] belegt, welche die Beiziehung eines Sachverständigen mög-- 4 -licherweise hätte erübrigen können. Hierzu hätte es zunächst schon einernäheren, genauen Schilderung der Offenbarungssituation und des [X.] anschließenden Angaben der Kinder vor Einsetzen der [X.]; insoweit trifft das [X.] nur eher pauschale Feststellungen,aus denen es dann freilich weitgehende Folgerungen ableitet (vgl. [X.] 11,14). Zudem läßt die Annahme des [X.], eine suggestive Befragungder Kinder könne —allenfalls zu einer Intensivierungfl ihrer Schilderungengeführt haben, weshalb die Aburteilung jeweils nur eines Falles der angege-benen Sexualpraktiken unbedenklich sei ([X.] 14 f.), befürchten, daß indiesem Zusammenhang die Möglichkeit nicht in Betracht gezogen wordenist, die Kinder könnten fremde Erlebnisse, die sie beobachtet oder von de-nen sie sonst erfahren haben, als eigene dargestellt haben. Gerade daherwären auch zum Informationsaustausch zwischen den Kindern über die Ta-ten nähere Feststellungen zu erwarten gewesen, auch zur [X.] für die letztenbeiden Fälle bislang sehr pauschal geschilderten [X.] Beobachtung einzelnerTaten durch nicht betroffene Kinder, die gegebenenfalls nach den [X.] auch kritisch zu hinterfragen wäre. Schließlich sind zum Unter-lassen einer früheren Tatoffenbarung bei der Nichte [X.] im Gegensatz zu denSöhnen ([X.] 11) [X.] gar keine näheren Überlegungen angestellt worden.Zum persönlichen Kontakt des Angeklagten zu den Kindern nach der Tren-nung von der Familie unmittelbar nach [X.] fehlt es ebenfalls an [X.].Die Sache bedarf umfassender neuer tatrichterlicher Überprüfung,naheliegend unter Heranziehung eines mit der Auswertung möglicher sug-gestiver Beeinflussungen besonders erfahrenen jugendpsychologischenSachverständigen. Der neue Tatrichter wird auch den von der Revision auf-gezeigten Hinweisen auf Mißbrauchsanschuldigungen des Angeklagten ge-gen seinen Bruder vor Aufdeckung der Taten durch die Kinder näher nach-zugehen und sie zu bewerten haben. Bereits im angefochtenen Urteil sindentsprechende —Andeutungenfl des Angeklagten vor dem Aufdeckungszeit-- 5 -punkt festgestellt, indes kaum folgerichtig vollständig ausgewertet worden([X.] 13).Tepperwien Häger [X.] Raum

Meta

5 StR 209/00

22.06.2000

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.06.2000, Az. 5 StR 209/00 (REWIS RS 2000, 1867)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 1867

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