Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.12.2006, Az. 4 StR 537/06

4. Strafsenat | REWIS RS 2006, 158

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[X.] vom 19. Dezember 2006 in der Strafsache gegen wegen versuchten Mordes u.a. - 2 - Der 4. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 19. Dezember 2006 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen: 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 19. Juli 2006 mit den [X.] aufgehoben. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landge-richts zurückverwiesen. Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten wegen versuchten Mordes in [X.] und mit unerlaubtem Führen einer halbautomatischen Kurzwaffe zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verlet-zung sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel hat Erfolg. 1 Ohne Rechtsfehler hat das [X.] den Angeklagten des unerlaub-ten Führens einer halbautomatischen Kurzwaffe in Tateinheit mit der zum Nach-teil des Rechtsanwalts und Notars [X.]begangenen gefährlichen Körperver-letzung für schuldig befunden. Dagegen hält die Verurteilung wegen tateinheit-lich verwirklichten versuchten Mordes rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Zwar hat der Angeklagte den gezielten Schuss auf den Kopf des [X.] nach den auch insoweit rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen heimtückisch und mit 2 - 3 - Tötungsabsicht abgegeben. [X.] rechtlichen Bedenken begegnet aber die Annahme des [X.]s, der Angeklagte habe die weitere Ausfüh-rung der Tat nicht freiwillig aufgegeben, weil er sich hieran durch äußere Um-stände gehindert gesehen habe, insbesondere deswegen, weil das Opfer fast sein Haus erreicht habe, aber auch aus Furcht vor einer Entdeckung der Tat angesichts des nach Angaben des [X.] zu dieser Zeit noch lebhaften [X.]. Im Ansatz zutreffend hat das [X.] die Frage eines strafbefreien-den Rücktritts vom unbeendeten Versuch gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 StGB ge-prüft, der die freiwillige Aufgabe der weiteren Ausführungen der Tat voraussetzt. Nach der für die Abgrenzung des unbeendeten vom beendeten Versuch maß-geblichen Vorstellung des Angeklagten (sog. Rücktrittshorizont; vgl. [X.]St 39, 221, 227 m.N.) war der Mordversuch nicht beendet, weil der Angeklagte nach der Abgabe des Schusses auf Grund der Reaktion des [X.] nicht mit dem Eintritt des angestrebten tatbestandsmäßigen Erfolges rechnete. Die Revision beanstandet jedoch zu Recht, dass weder die Annahme des [X.]s, der Angeklagte sei davon ausgegangen, es werde ihm nicht gelingen, noch einmal in [X.] an das [X.] heranzukommen, noch die Annahme, der An-geklagte habe befürchtet, dass seine Tat von einem der vorbeifahrenden [X.] entdeckt werden könne, hinreichend belegt ist. 3 Soweit das [X.] darauf abstellt, dass der Angeklagte davon aus-ging, es werde ihm nicht gelingen, "noch einmal auf [X.]" an das Tatop-fer heranzukommen, läge ein fehlgeschlagener Versuch vor, bei dem ein Rück-tritt gemäß § 24 StGB nach der Rechtsprechung ausgeschlossen ist (vgl. [X.]St 39, 221, 228 m.N.). Worauf das [X.] die Annahme stützt, dass der Angeklagte davon ausging, die Tat nicht mehr vollenden zu können, lässt 4 - 4 - sich den Urteilsgründen jedoch nicht entnehmen. Das [X.] hat weder Feststellungen zu der von dem [X.] bis zu dem Eingang zu seinem Haus noch zurückzulegenden Entfernung getroffen, noch dazu, wieweit sich der An-geklagte von dem [X.] wegbewegt hatte, als er sah, dass es, nachdem es nach vorne zu Boden gefallen war, "sofort wieder aufstand und auf sein Haus zuging." Dass sich der Angeklagte nicht mehr in "[X.]" befunden hat, als das [X.] aufstand und auf sein Haus zuging, liegt nach den bisherigen Feststellungen eher fern. [X.] der Angeklagte aber davon aus, die Tat mit der von ihm benutzten Pistole noch vollenden zu können, weil diese, wovon mangels gegenteiliger Feststellungen zu Gunsten des Angeklagten auszugehen ist, nach Abgabe des Schusses noch mit weiterer Munition versehen war, wäre ein freiwilliges Aufge-ben der Tat, für das der Zweifelsgrundsatz gilt (vgl. [X.], 199; [X.]R StGB § 24 Abs. 1 Satz 1 Freiwilligkeit 26), nicht ausgeschlossen (vgl. [X.], Beschluss vom 7. November 2000 - 4 StR 456/00 - m.N.). Zwar kann die Aufgabe der Tat unfreiwillig sein, wenn sich der Täter nach [X.] mit einer ihm, verglichen mit der Tatplanung, derart ungünstigen Risikoerhöhung konfron-tiert sieht, so dass er das mit der Tat verbundene Wagnis nunmehr als unver-tretbar hoch einschätzt (vgl. [X.]R StGB § 24 Abs. 1 Satz 1 Freiwilligkeit 16). Dass dem Angeklagten die Fortsetzung der Tat zu risikoreich erschien, weil er befürchtete, seine Tat könne "von einem der vorbeifahrenden Autoinsassen" entdeckt werden, ist jedoch nicht rechtsfehlerfrei festgestellt. Die Revision be-anstandet zu Recht, dass sich die zu den Vorstellungen des Angeklagten ge-troffenen Feststellungen nicht ohne Weiteres damit vereinbaren lassen, dass der Angeklagte zu Beginn des Angriffs auf das [X.] - außer diesem - "der einzige Fußgänger in diesem Bereich der [X.], die in diesen Augenbli-cken auch nicht von Kraftfahrzeugen befahren wurde", gewesen ist ([X.]). 5 - 5 - Das [X.] hätte daher in eingehender Beschreibung der örtlichen [X.] und der [X.] im Einzelnen feststellen müssen, ob und in welcher Weise sich die Verkehrsverhältnisse auf der [X.] in [X.] nach Abgabe des Schusses verändert hatten. Die Sache bedarf daher neuer Entscheidung. Im Hinblick auf die vom [X.] angenommene tateinheitliche Verwirklichung von versuchtem Mord, gefährlicher Körperverletzung und unerlaubtem Führen einer halbauto-matischen Kurzwaffe hat der aufgezeigte Rechtsfehler die Aufhebung des Ur-teils insgesamt zur Folge (vgl. [X.]R StPO § 353 Aufhebung 1). 6 Tepperwien Kuckein Athing [X.] Ernemann

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4 StR 537/06

19.12.2006

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.12.2006, Az. 4 StR 537/06 (REWIS RS 2006, 158)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 158

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