Bundesfinanzhof, Urteil vom 28.08.2014, Az. V R 16/14

5. Senat | REWIS RS 2014, 3230

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Gegenstand

Anforderung an Buchnachweis


Leitsatz

Verbucht der Unternehmer Ausfuhrlieferungen auf einem separaten Konto unter Bezugnahme auf die jeweilige Rechnung, kann dies ausreichen, um den Buchnachweis nach § 6 Abs. 4 UStG i.V.m. § 13 UStDV dem Grunde nach zu führen.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) lieferte Gegenstände in das Ausland und behandelte die Lieferungen als nach § 6 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) steuerfrei. In ihrer Buchführung verbuchte sie die Ausfuhrlieferungen auf einem separaten Konto unter Bezugnahme auf die jeweilige Rechnung über die Ausfuhrlieferungen. Im [X.] an eine Außenprüfung ging der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) davon aus, dass die Lieferungen steuerpflichtig seien, da die Klägerin den Beleg- und [X.] nicht erbracht habe und änderte durch die Bescheide vom 2. Februar 2012 die Steuerfestsetzungen für die Streitjahre 2007 und 2008. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.

2

Demgegenüber gab das Finanzgericht ([X.]) mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2014, 1045 veröffentlichten Urteil der Klage statt. Die Klägerin habe unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] ([X.]) wie auch der des [X.] ([X.]) sowohl den [X.] als auch den [X.] erbracht. Sie habe mit der Erstellung von Anlagen zu den Rechnungen vor der letzten mündlichen Verhandlung die erforderlichen [X.] vorgenommen. Die Angaben seien zur Bezeichnung von Menge und Art der ausgeführten Gegenstände ausreichend, da anhand dieser Bezeichnungen für einen sachkundigen Dritten eindeutig feststellbar sei, welche Waren ausgeführt worden seien. Der Angabe individualisierter Artikelnummern habe es nicht bedurft. Der [X.] ergebe sich daraus, dass die Klägerin die steuerfreien Ausfuhrlieferungen auf einem gesonderten Konto unter Angabe der jeweiligen Rechnungsnummer aufgezeichnet habe. Aufgrund der Erstellung der Anlagen zu den Rechnungen sei auch der [X.] noch rechtzeitig ergänzt worden.

3

Hiergegen wendet sich das [X.] mit seiner Revision. Für den buchmäßigen Nachweis reichten Sammelbezeichnungen wie z.B. [X.] nicht aus. Die erst nachträglich erstellten Anlagen zu den Rechnungen hätten der Betriebsprüfung nicht vorgelegen. Diese Anlagen seien für einen [X.] nicht geeignet. Die Klägerin habe auch kein Warenausgangsbuch [X.] von § 144 der Abgabenordnung ([X.]) geführt. Ihre gesamte Buchführung sei nicht als ordnungsgemäß anzusehen. Die Klägerin habe das Umlaufvermögen nicht einzeln, sondern nur mit Gattungsbezeichnungen erfasst. Korrekturen des [X.]es seien nur aufgrund von Umständen zulässig, die der Unternehmer nicht zu vertreten habe. Das Urteil verstoße gegen den klaren Inhalt der Akten. Es werde [X.] geltend gemacht.

4

Das [X.] beantragt sinngemäß,
das Urteil des [X.] aufzuheben und die Klage abzuweisen.

5

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

6

II. Die Revision des [X.] ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--).

7

1. Ausfuhrlieferungen sind gemäß § 4 Nr. 1 Buchst. a UStG unter den in § 6 UStG bezeichneten Voraussetzungen steuerfrei. [X.] beruht dies auf Art. 146 Abs. 1 Buchst. a und b der Richtlinie des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem 2006/112/EG (MwStSystRL).

8

a) Die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung hat der Unternehmer gemäß § 6 Abs. 4 Satz 1 UStG nachzuweisen, wobei das [X.] mit Zustimmung des [X.] bestimmen kann, wie der Unternehmer die Nachweise zu führen hat (§ 6 Abs. 4 Satz 2 UStG). Aufgrund dieser Ermächtigung hat der Unternehmer einen Nachweis gemäß §§ 8 ff. [X.] durch Belege ([X.]) und gemäß § 13 der [X.] ([X.]) durch Aufzeichnungen ([X.]) zu führen. Die Vorschriften zum Beleg- und [X.] gemäß § 6 Abs. 4 UStG i.V.m. §§ 8 bis 17 [X.] beruhen unionsrechtlich auf der gemäß Art. 131 MwStSystRL bestehenden Befugnis, Bedingungen für die Anwendung der Steuerbefreiungen für Ausfuhrlieferungen festzusetzen und sind daher grundsätzlich mit dem Unionsrecht vereinbar.

9

b) Erfüllt der Unternehmer die nach § 6 Abs. 4 UStG i.V.m. §§ 8 bis 17 [X.] bestehenden Nachweispflichten, ist er berechtigt, die Lieferung als steuerfrei zu behandeln. Die durch den Unternehmer beigebrachten Belege und Aufzeichnungen unterliegen aber der Nachprüfung durch die Finanzverwaltung, ohne dass den Nachweispflichten dabei materiell-rechtliche Bedeutung für die Steuerfreiheit zukommt (BFH-Urteil vom 28. Mai 2009 V R 23/08, [X.], 177, [X.], 517, unter [X.] und 2.).

c) In zeitlicher Hinsicht kann der Unternehmer den [X.] bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vor dem [X.] erbringen. Demgegenüber muss der [X.] grundsätzlich bis zu dem Zeitpunkt vorliegen, zu dem der Unternehmer die Voranmeldung für den Voranmeldungszeitraum der Ausfuhrlieferung abzugeben hat. Der Unternehmer, der eine Ausfuhrlieferung als steuerfrei erklärt, muss sich durch seine buchmäßigen Aufzeichnungen zumindest dem Grunde nach vergewissern, ob er die Voraussetzungen der Steuerfreiheit als gegeben ansehen kann. Nach dem Zeitpunkt für die Abgabe der [X.] kann der Unternehmer die buchmäßigen Aufzeichnungen nicht mehr erstmals erstellen, sondern nur noch berichtigen oder ergänzen. Derartige Korrekturen können bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vor dem [X.] erfolgen (BFH-Urteil in [X.], 177, [X.], 517, unter II.3.).

2. Im Streitfall hat das [X.] zu Recht entschieden, dass die Lieferungen der Klägerin steuerfrei sind.

a) Wie das [X.] nach den Maßstäben der Rechtsprechung des erkennenden Senats zutreffend entschieden hat, hat die Klägerin den [X.] aufgrund der von ihr erstellten Anlagen zu den Rechnungen vor dem Schluss der letzten mündlichen Verhandlung erbracht. Dabei ist die auf tatsächlichem Gebiet liegende Würdigung des [X.], dass die Ergänzungen der Rechnungen für den Beleg- und [X.] ausreichten, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

b) Um den [X.] [X.] von § 13 [X.] entsprechend dem Senatsurteil in BFH-Urteil in [X.], 177, [X.], 517, unter II.3. dem Grunde nach zu führen, reicht es ferner aus, wenn die Klägerin die Ausfuhrlieferungen auf einem separaten Konto unter Bezugnahme auf die jeweilige Rechnung verbucht. Entgegen der Auffassung des [X.] kommt es nicht darauf an, ob der Unternehmer zusätzlich ein Warenausgangsbuch [X.] von § 144 AO führt oder weitergehend seine Buchführung im Allgemeinen als ordnungsgemäß anzusehen ist. Ohne dass der Senat darüber zu entscheiden hat, ob der nationale Gesetzgeber unter Berücksichtigung des unionsrechtlichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (vgl. hierzu z.B. EuGH-Urteil vom 19. Dezember 2013 [X.]/12, [X.], [X.] 2014, 182, [X.]. 29 ff.) berechtigt wäre, für den [X.] auf derartige Kriterien abzustellen, ergeben sich derartige Erfordernisse jedenfalls nicht aus §§ 8 ff. [X.]. Die Klägerin war daher berechtigt, durch die im finanzgerichtlichen Verfahren erstellten Anlagen zu den Rechnungen nicht nur den [X.], sondern auch den [X.] zu vervollständigen.

c) Liegt somit im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem [X.] der Beleg- und [X.] vor, ist das Vorliegen der Voraussetzungen für die Steuerfreiheit nach § 6 UStG zu vermuten. Diese Vermutung entfällt erst, wenn sich die [X.] bei einer Überprüfung als unzutreffend erweisen oder zumindest berechtigte Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit der Angaben bestehen, die der Unternehmer nicht ausräumt; die Lieferung ist aber dann gleichwohl steuerfrei, wenn objektiv zweifelsfrei feststeht, dass die Voraussetzungen der Steuerfreiheit erfüllt sind (BFH-Urteil vom 25. April 2013 V R 28/11, [X.], 77, [X.], 656, unter [X.]d bb zur Parallelfrage bei § 6a UStG, und BFH-Urteil vom 23. April 2009 V R 84/07, [X.], 243, [X.], 509, unter II.2.c).

Berechtigte Zweifel an der Richtigkeit der Beleg- und Buchangaben sind nach den für den Senat bindenden Feststellungen des [X.] (§ 118 Abs. 2 [X.]O) zu verneinen. Derartige Zweifel hat das [X.] auch nicht vorgebracht. Ob die Voraussetzungen der Steuerfreiheit zudem auch objektiv feststehen, ist entgegen der Auffassung des [X.] nach dem BFH-Urteil in [X.], 177, [X.], 517, unter [X.] für eine bereits beleg- und buchmäßig zu bejahende Steuerfreiheit unerheblich.

d) Schließlich kommt es entgegen der Auffassung des [X.] auch nicht auf ein Vertretenmüssen in Bezug auf Nachweismängel an.

Zwar hat der erkennende Senat in seinem Urteil in [X.], 177, [X.], 517 unter Bezugnahme auf das EuGH-Urteil vom 27. September 2007 [X.]/05, [X.], [X.]. 2007, [X.], [X.]. 33 ff. entschieden, dass sich Korrekturen z.B. aufgrund von Umständen, die der Steuerpflichtige nicht zu vertreten hat, als notwendig erweisen können und unter den Bedingungen, die auch für Rechnungsberichtigungen gelten, zulässig sind, wobei es darauf ankommt, ob die verspätete Erbringung des [X.]es das Steueraufkommen gefährdet oder die Steuererhebung beeinträchtigt hat.

Dies steht einer Ergänzung des [X.]es indes nicht entgegen, da Rechnungen nach § 14c UStG unabhängig von einem schuldhaften Handeln des Rechnungsausstellers berichtigungsfähig sind.

3. Die Verfahrensrügen sind unzulässig (vgl. § 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b [X.]O). Die bloße Behauptung einer Aktenwidrigkeit und die Erklärung, [X.] geltend zu machen, enthält ohne weitergehende Begründung, an der es hier fehlt, keine Bezeichnung der Tatsachen, aus denen sich diese Mängel ergeben.

Meta

V R 16/14

28.08.2014

Bundesfinanzhof 5. Senat

Urteil

vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 18. Februar 2014, Az: 5 K 5235/12, Urteil

§ 6 UStG 2005, § 13 UStDV 2005, UStG VZ 2007, UStG VZ 2008, UStG VZ 2009

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 28.08.2014, Az. V R 16/14 (REWIS RS 2014, 3230)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 3230

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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