Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.04.2012, Az. 5 StR 150/12

5. Strafsenat | REWIS RS 2012, 7017

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5 StR 150/12

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS

vom 24. April 2012
in der Strafsache
gegen

wegen Vergewaltigung u.a.

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2
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Der 5. Strafsenat des [X.] hat am 24. April 2012
beschlossen:

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Land-gerichts [X.] vom 8. November 2011 nach § 349 Abs. 4 StPO mit den Feststellungen aufgehoben.
Ausgenommen sind die
Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen; inso-weit wird die weitergehende Revision nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere Strafkammer des [X.].

[X.]e

Das [X.] hat den Angeklagten von den Vorwürfen der Verge-waltigung, der versuchten Nötigung in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung, der sexuellen Nötigung, der Sachbeschädigung und des Diebstahls mit Waffen freigesprochen. Es hat jedoch die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Dagegen richtet sich die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung sachlichen Rechts rügt.
Das Rechtsmittel ist im Wesentlichen begründet.

1. [X.] sind allerdings die Feststellungen zum äuße-ren Tatgeschehen; diese (Abschnitt II der Urteilsgründe) können demgemäß aufrechterhalten bleiben.
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2. Der Freispruch des Angeklagten und die Anordnung, ihn in einem psychiatrischen Krankenhaus unterzubringen, haben dagegen keinen [X.], da die Voraussetzungen der §§ 20, 63 StGB im angefochtenen Urteil nicht hinlänglich dargelegt sind.

a) Das [X.] hat zur Begründung ausgeführt, der Angeklagte leide seit mehreren Jahren an einer schizophrenen Psychose ([X.] 10: [X.]). Er unterliege einem religiösen Wahn. Daneben leide er seit vielen Jahren auch an einem Missbrauch von Cannabinoiden ([X.] 10: [X.]). Der Ange-klagte habe die Taten jeweils unter dem Einfluss der schizophrenen [X.] begangen, wobei nicht ausgeschlossen werden könne, dass
seine Steue-rungsfähigkeit bei Begehung der jeweiligen Taten aufgehoben im Sinne des § 20 StGB gewesen sei; mit Sicherheit sei sie jedoch erheblich vermindert im Sinne des
§
21 StGB gewesen. Der Cannabisgebrauch habe für die Bege-hung der Taten eine allenfalls untergeordnete Bedeutung gehabt. Das Land-gericht
ist dabei,
ohne die
diagnostische Bewertung näher zu erläutern, den von ihm als überzeugend angesehenen Ausführungen der Sachverständigen gefolgt.

b) Die bloße Wiedergabe der [X.] eines Sachverständigen reicht als Grundlage für die eine Unterbringung nach § 63 StGB tragenden tatrichterlichen Feststellungen nicht
aus. Denn sie ermöglicht nicht
eine revi-sionsrechtliche Überprüfung, ob das Tatgericht zutreffend
die
Voraussetzun-gen dieser
den Angeklagten besonders schwer belastenden
Maßregel ange-nommen hat. Die Urteilsgründe erlauben
dem Senat auch unter Berücksich-tigung ihres Gesamtzusammenhangs nicht die Nachprüfung, ob das Landge-richt
eine erhebliche Verminderung oder einen Ausschluss der Schuldfähig-keit des Angeklagten bei Begehung der abgeurteilten Taten,
wie für eine Un-terbringung nach § 63 StGB erforderlich ([X.], Urteil vom 6. März 1986

4 StR 40/86, [X.]St 34, 22, 26),
rechtsfehlerfrei positiv festgestellt hat. Die Diagnose einer Schizophrenie führt für sich allein genommen nicht zur Fest-stellung einer generellen oder zumindest längere [X.]räume überdauernden 3
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gesicherten erheblichen Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit (vgl. [X.], Beschlüsse vom 2. Oktober 2007

3 [X.], [X.], 39 und vom 31. August 2010

3 [X.]). Ob sich der Angeklagte bei Begehung der längere [X.] zurückliegenden Taten jeweils in einem akuten Schub seiner Krankheit befand, zu deren Beginn, Entwicklung
und sonstigen Auswirkun-gen auf das Leben des Angeklagten zudem nichts Genaueres festgestellt ist, ist im Urteil ebenso wenig belegt wie ein spezifischer Zusammenhang zwi-schen der Psychose
und den einzelnen Taten, insbesondere den für die Maßregelanordnung
maßgeblichen Sexualverbrechen.

3. Zur Vorbereitung der erforderlichen
erneuten im Rahmen der einst-weiligen Unterbringung nunmehr leichter möglichen gründlichen Exploration des Angeklagten wird das neue Tatgericht angesichts dessen, dass im Urteil jeder Hinweis auf den Versuch einer bei den gegenständlichen Taten uner-lässlichen Sexualanamnese fehlt, die Beauftragung eines anderen Sachver-ständigen zu erwägen haben.

Bei gleichzeitiger Aufhebung des Freispruchs ist das neue Tatgericht nach § 358 Abs. 2 Satz 2 StPO nicht gehindert, den Angeklagten zu [X.], soweit sich nunmehr eine Schuldunfähigkeit sicher ausschließen lassen sollte.

[X.] Raum Schaal

Schneider Bellay

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Meta

5 StR 150/12

24.04.2012

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.04.2012, Az. 5 StR 150/12 (REWIS RS 2012, 7017)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 7017

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

4 StR 78/16

Zitiert

5 StR 150/12

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