Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.10.2007, Az. I ZR 182/05

I. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 1644

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 4. Oktober 2007 [X.] als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja Fehlerhafte Preisauszeichnung UWG §§ 3, 4 Nr. 11, § 5 Abs. 1; [X.] § 1 Abs. 6 Ist die Ware am Regal mit einem höheren als dem in der Werbung [X.] ausgezeichnet, fehlt es an einer wettbewerbsrelevanten Irreführung, wenn dem Kunden an der Kasse von vornherein nur der beworbene Preis in Rechnung gestellt wird. Die unrichtige Preisauszeichnung verstößt dann zwar gegen die Preisangabenverordnung, führt aber nicht zu einer erheblichen Be-einträchtigung des [X.] nach § 3 UWG (Abgrenzung zu [X.], [X.]. v. 29.6.2000 - I ZR 29/98, [X.], 1258, 1261 - Filialleiterfehler; [X.]. v. 30.3.1988 - I ZR 101/86, [X.], 629, 630 = [X.], 11 - Konfitüre). [X.], [X.]. v. 4. Oktober 2007 - [X.] - [X.] - 2 - Der I. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 4. Oktober 2007 durch [X.] [X.] und [X.], Dr. Schaffert und [X.] für Recht erkannt:
Auf die Revision der [X.] wird das [X.]eil des 6. Zivilsenats des [X.] vom 14. September 2005 auf-gehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückver-wiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand: Beide Parteien betreiben Elektroeinzelhandelsmärkte. Die Beklagte be-warb am 1. Dezember 2003 in einer Beilage zu Tageszeitungen einen DVD-Player zu einem Verkaufspreis von 179 •. Im Geschäft der [X.] war das Gerät jedoch mit einem Preis von 199 • am Verkaufsregal ausgezeichnet. 1 - 3 - Die Klägerin hat beantragt, 2 der [X.] unter Androhung von [X.] zu untersagen, im ge-schäftlichen Verkehr zu Zwecken des [X.] Geräte der [X.] im Geschäftslokal mit einem anderen Preis auszuzeichnen als mit dem Preis, mit dem sie beworben werden. Die Beklagte hat vorgetragen, durch ihr elektronisches Kassensystem sei sichergestellt gewesen, dass dem Kunden an der Kasse nur der beworbene und eingescannte Preis berechnet worden sei. Sie habe zudem alles unter-nommen, um Fehler bei der Preisauszeichnung auszuschließen. 3 Das [X.] hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Die Berufung der [X.] ist ohne Erfolg geblieben. 4 Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurück-weisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihr auf Klageabweisung gerichtetes Begehren weiter. 5 Entscheidungsgründe: 6 I. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stehe der gel-tend gemachte Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 1 UWG zu, weil es irreführend und damit unlauter i.S. der §§ 3, 5 Abs. 1 UWG sei, im Geschäftslokal Waren mit höheren Preisen auszuzeichnen, als sie in der Werbung herausgestellt worden seien. Dadurch werde bei dem Kunden eine Fehlvorstellung über den an der Kasse verlangten Preis hervorgerufen, die ihn - 4 - dazu verleite, statt der beworbenen Ware ein anderes Produkt zu erwerben. Schon aus der erheblichen Marktmacht der [X.] folge, dass der Wettbe-werbsverstoß geeignet sei, den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber und Verbraucher nicht unerheblich zu beeinträchtigen. Es komme nicht darauf an, ob das Kassensystem der [X.] die Berechnung des beworbenen (niedri-geren) Preises gewährleiste oder nicht. [X.] Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen [X.]eils und zur [X.] an das Berufungsgericht. Dieses hat - von seinem Standpunkt folgerichtig - keine Feststellungen dazu getroffen, ob den Kunden der [X.] trotz der fehlerhaften Preisauszeichnung am Regal aufgrund des verwendeten elektronischen Kassensystems an der Kasse von vornherein nur der niedrigere, beworbene Preis berechnet wurde. Hiervon ist für das Revisi-onsverfahren auszugehen. Der danach zugrunde zu legende Sachverhalt recht-fertigt die Verurteilung der [X.] nicht. 7 1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts liegt in der unrichti-gen Preisauszeichnung am Regal unter den revisionsrechtlich zu [X.] keine irreführende Werbung nach §§ 3, 5 Abs. 1 UWG. 8 a) Das Berufungsgericht hat es als wettbewerbsrechtlich entscheidend angesehen, dass ein nicht unerheblicher Teil der Kunden, der durch die Preis-angabe in der Werbung angelockt wird, vom Kauf der beworbenen Ware zwar Abstand nimmt, sich aber möglicherweise zum Kauf anderer Waren entschei-det. Auf diese Grundlage lässt sich die Annahme einer irreführenden Preisan-gabe nicht stützen. 9 - 5 - Der für die Frage der Irreführung maßgebliche Durchschnittsverbrau-cher, der das Geschäft der [X.] aufgrund der [X.] für einen be-stimmten Artikel aufsucht und dann feststellt, dass diese Ware dort mit einem höheren Preis ausgezeichnet ist, kann durch die Preisdifferenz verunsichert werden. Jedoch ist nicht jede Verunsicherung des Verbrauchers über den ge-forderten Preis wettbewerbswidrig. Die Verunsicherung muss vielmehr den Kaufentschluss beeinflussen und sich damit auf die [X.]lage auswir-ken können ([X.], [X.]. v. 14.11.1985 - I ZR 168/83, [X.], 322 = [X.], 202 - Unterschiedliche Preisankündigung). Hiervon kann im Streitfall nicht ausgegangen werden. 10 Die Verbraucher werden auf die Angabe unterschiedlicher Preise in der Werbung und bei der Preisauszeichnung am Regal nicht einheitlich reagieren. Nach der Lebenserfahrung zu urteilen, werden sich manche Verbraucher vom Kauf nicht abhalten lassen, weil sie davon ausgehen, dass die Preisauszeich-nung am Regal unzutreffend ist und ihnen an der Kasse lediglich der niedrigere (beworbene) Preis in Rechnung gestellt wird. Denn einem Teil der Verbraucher ist klar, dass gerade in breit sortierten Einzelhandelsmärkten bisweilen die Preisauszeichnung einzelner Waren noch nicht an eine am selben Tag erschie-nene Werbung angepasst ist (vgl. [X.], [X.], 173, 175). Ein anderer Teil der Verbraucher mag damit rechnen, dass der höhere Preis in Rechnung gestellt wird, und sich dennoch zum Erwerb entschließen; diese Verbraucher werden dann an der Kasse positiv überrascht, wenn sie doch nur den niedrigen Preis entrichten müssen. Derjenige, der erwartet, dass ihm an der Kasse mögli-cherweise der höhere Preis in Rechnung gestellt wird und der den fraglichen Artikel unter diesen Umständen nicht kaufen möchte, wird sich - bevor er seine Kaufabsicht endgültig aufgibt - zunächst um Aufklärung bemühen und versu-chen, den Artikel zu dem günstigeren, beworbenen Preis zu erhalten. Wendet 11 - 6 - er sich unter Hinweis auf den in der Werbung angekündigten niedrigeren Preis an das Verkaufspersonal der [X.], so ist nach dem für das [X.] zu unterstellenden Sachverhalt davon auszugehen, dass er den Artikel ohne weiteres für den in der Werbung angegebenen (niedrigeren) [X.] kann. Manche Kunden schließlich mögen den konkreten in der Werbung angekündigten Preis nicht mehr in Erinnerung haben und sich allein an das günstige Angebot eines [X.] erinnern; entschließen sie sich zum Kauf des Geräts, werden auch sie von dem niedrigeren Preis, der von ihnen an der Kasse verlangt wird, positiv überrascht werden. All diese Verbraucher werden durch die unrichtige Preisauszeichnung am Regal nicht in relevanter Weise [X.]. Anders als das Berufungsgericht meint, ist daher schon nicht anzuneh-men, dass eine nennenswerte Anzahl mündiger Verbraucher ihren Kaufent-schluss für die beworbene Ware wegen der höheren Preisauszeichnung am Regal ohne weiteres aufgeben wird. Soweit dies doch bei einzelnen Kunden der Fall sein sollte, spricht viel dafür, dass sie das Geschäft der [X.] - gerade wenn sie es speziell wegen der beworbenen Ware aufgesucht haben - verärgert verlassen werden. Nach der Lebenserfahrung kann nicht davon ausgegangen werden, dass ein erheblicher Teil der durch die [X.] angelockten Kunden bei der [X.] andere Waren erwerben wird, nachdem sie auf die höhere Preisauszeichnung am Regal aufmerksam geworden sind. 12 b) Die Senatsentscheidungen, auf die sich die Revisionserwiderung zur Verteidigung des Berufungsurteils beruft, betreffen keine vergleichbaren Sach-verhalte. In jenen Fällen hatten die dort [X.] - soweit dies den [X.] zu entnehmen ist - kein elektronisches Kassensystem eingesetzt, das sichergestellt hätte, dass dem Kunden an der Kasse lediglich der beworbene, 13 - 7 - gegenüber der Preisauszeichnung am Regal niedrigere Preis in Rechnung ge-stellt wird ([X.], [X.]. v. 29.6.2000 - I ZR 29/98, [X.], 1258, 1261 - Filial-leiterfehler [in [X.], 907 ist der Tatbestand dieser Entscheidung sinn-entstellend wiedergegeben]; [X.]. v. 30.3.1988 - I ZR 101/86, [X.], 629, 630 = [X.], 11 - Konfitüre). Der höhere ausgezeichnete Preis entsprach dort offenbar dem zunächst auch an der Kasse geforderten Preis. Die bean-standete Werbung führte daher dazu, dass die Kunden über den tatsächlich im Geschäftslokal geforderten Preis getäuscht wurden. Daran änderte auch nichts, dass dem Kunden im Fall —[X.] unter Vorlage des Werbeprospekts —nach längerem Disputfi doch noch der beworbene, niedrigere Preis berechnet wurde. Hiervon zu unterscheiden ist der im Streitfall revisionsrechtlich zu unterstellende Sachverhalt, wonach das elektronische Kassensystem der [X.] von [X.] auf den beworbenen Preis eingestellt und eine Berechnung des am [X.] ausgezeichneten Preises ausgeschlossen war. 2. Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als zutreffend (§ 561 ZPO). Der Klägerin steht kein Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V. mit § 1 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 6, § 4 Abs. 1 [X.] zu. Zwar liegt in der unrichtigen (weil zu hohen) Preisangabe ein [X.] gegen die Preisangabenverordnung, die nach § 1 Abs. 6 die Angabe nicht nur irgendeines, sondern des richtigen Preises verlangt ([X.]St 31, 91, 92 f. - Damenstiefel; [X.], UWG, 4. Aufl., § 1 [X.] [X.]. 50). Dieser Verstoß wird entgegen der Ansicht der Revision auch von dem Antrag der Klä-gerin und ihrem Vortrag in den Vorinstanzen umfasst. Er begründet jedoch kei-nen [X.]verstoß durch Rechtsbruch gemäß §§ 3, 4 Nr. 11 UWG. 14 Nicht jede Zuwiderhandlung gegen die Preisangabenverordnung stellt zugleich einen [X.]verstoß nach den §§ 3, 4 Nr. 11 UWG dar. [X.] - 8 - mehr bedarf es im Einzelfall der Feststellung, dass die beanstandete Preisaus-zeichnung zu einer nicht nur unerheblichen Beeinträchtigung des [X.] i.S. des § 3 UWG führt. [X.] gegen die Grundsätze der Preisklar-heit und Preiswahrheit reichen dafür nicht aus (vgl. [X.] in Hefermehl/[X.]/Bornkamm, [X.]recht, 25. Aufl., § 3 UWG [X.]. 79 und § 4 UWG [X.]. 11.143; [X.].UWG/Schaffert, § 4 Nr. 11 [X.]. 306; zu § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG a.F. [X.], [X.]. [X.], [X.], 1166, 1168 f. = WRP 2001, 1301 - Fernflugpreise; [X.]. v. 15.1.2004 - I ZR 180/01, [X.], 435, 436 = [X.], 490 - FrühlingsgeFlüge). Die unrichtige, weil zu hohe Preisauszeichnung wirkt sich allenfalls zu Lasten, nicht aber zu Gunsten des betreffenden Unternehmens aus (vgl. [X.].UWG/[X.], § 3 [X.]. 119). I[X.] Das Berufungsurteil kann danach keinen Bestand haben. Da das Be-rufungsgericht die für eine abschließende Beurteilung erforderliche Feststellung noch nicht getroffen hat, ob das Kassensystem der [X.] gewährleistet, dass den Kunden stets nur der beworbene Preis in Rechnung gestellt wird, ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. 16 Sollte das Berufungsgericht erneut zur Annahme eines [X.]ver-stoßes der [X.] gelangen, weil der ausgezeichnete höhere Preis der von der [X.] tatsächlich verlangte Preis war, so wird es zu beachten [X.] - 9 - dass der [X.] jedenfalls nicht untersagt werden darf, Geräte der [X.] in ihrem Geschäftslokal mit einem niedrigeren Preis auszu-zeichnen als mit dem Preis, mit dem sie beworben werden. Der [X.]eilstenor wäre entsprechend zu beschränken. [X.]Büscher

Schaffert [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 18.02.2005 - 21 O 6/04 - [X.], Entscheidung vom 14.09.2005 - 6 U 59/05 -

Meta

I ZR 182/05

04.10.2007

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.10.2007, Az. I ZR 182/05 (REWIS RS 2007, 1644)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 1644

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