Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.04.2013, Az. 2 StR 401/12

2. Strafsenat | REWIS RS 2013, 6701

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 401/12
vom
11.
April 2013
in der Strafsache
gegen

wegen
schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a.

-
2
-
Der 2. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung
des Generalbun-desanwalts und des Beschwerdeführers am 11.
April 2013 gemäß §
349 Abs.
2 und 4 StPO beschlossen:

1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landge-richts
Wiesbaden vom 19.
April 2012
a)
im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in drei
Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Verge-waltigung und in einem Fall in Tateinheit mit vorsätzlicher
Körperverletzung sowie wegen [X.] kinderporno-grafischer Schriften und wegen Besitzes kinderpornogra-fischer Schriften verurteilt ist;
b)
mit den Feststellungen aufgehoben
aa)
im Strafausspruch in den Fällen [X.] der Urteils-gründe,
bb)
im [X.],
[X.])
soweit die Unterbringung des Angeklagten in der
Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere Strafkammer des [X.]s
zurück-verwiesen.
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-
2.
Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:
Das [X.]
hat den Angeklagten
wegen schweren sexuellen [X.] in drei
Fällen, jeweils in Tateinheit mit vorsätzlicher Kör-perverletzung, in einem Fall zudem in Tateinheit mit Vergewaltigung sowie we-gen des [X.] kinderpornografischer Schriften in 12 Fällen und des Be-sitzes kinderpornografischer Schriften zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sie-ben
Jahren verurteilt und seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten
hat mit der Sachrüge den aus
dem Beschlusstenor ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2
StPO.
1. Der Schuldspruch war dahin zu ändern, dass der Angeklagte (nur) im Fall II. 3 der Urteilsgründe
tateinheitlich mit dem schweren sexuellen Miss-brauch von Kindern wegen vorsätzlicher Körperverletzung verurteilt ist. In den Fällen [X.] und 2 der Urteilsgründe entfällt mit Rücksicht auf die [X.] (Sommer 2004) und die erste, die Verjährung unterbrechende Maßnahme (Durchsuchungsbeschluss am 4.
Dezember 2009; § 78c Abs. 1 Nr. 4 StGB) die Verurteilung wegen tateinheitlicher Körperverletzung, da insoweit Verfolgungs-verjährung eingetreten ist (§ 78
Abs. 3
Nr. 4 StGB).
Dass der Angeklagte das Rechtsmittel hinsichtlich des Schuldspruchs auf Fall II.
1 der Urteilsgründe beschränkt hat, steht der Schuldspruchänderung im Fall II. 2 nicht entgegen, da der [X.] das Prozesshindernis der Verjährung von Amts wegen zu prüfen hat (vgl. [X.], 382).
1
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Einer Aufhebung des Strafausspruchs bedarf es insoweit nicht. Der [X.] schließt aus, dass das
[X.]
bei zutreffender rechtlicher Würdigung der Verfolgungsverjährung in den beiden Fällen geringere Einzelstrafen [X.] hätte.
2.
Darüber hinaus war der Schuldspruch dahin zu ändern, dass sich der Angeklagte nur wegen des [X.] kinderpornografischer Schriften in ei-nem Fall schuldig gemacht hat. Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen [X.] ist für die Anzahl der dem Angeklagten vorzuwerfenden Taten nicht
da-rauf abzustellen, dass an 12 Tagen und damit wie vom [X.] in 12 Fällen beliebige Teilnehmer
einer [X.] auf die auf seinem
Rechner bereit gestellten kinderpornografischen [X.] zugreifen konnten. Vielmehr besteht die -
eine
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dem Angeklagten zuzurechnende [X.] des "[X.]" im Sinne von §
184b Abs.
1
Nr.
1
StGB darin, dass er auf seinem [X.] den "Client"
der [X.] installierte, die den Zugriff [X.] auf die Dateien ermöglichte.
Der Schuldspruchänderung steht die Beschränkung des Rechtsmittels hier
nicht entgegen. Der mit der Revision insoweit allein angegriffene Straf-ausspruch kann
nicht losgelöst von der vom [X.] abweichenden rechtli-chen Einordnung der Strafbarkeit des Angeklagten als nur eine Tat im [X.] beurteilt werden. Die [X.] ist daher unwirksam.
Die Änderung des Schuldspruchs hat die Aufhebung des Straf-ausspruchs in den Fällen [X.] zur Folge. Der neue Tatrichter wird für das Verbreiten kinderpornografischer Schriften nur noch eine Einzelstrafe festzu-setzen
haben. Damit hat auch der [X.]
keinen Bestand. Der [X.] kann mit Rücksicht darauf, dass das [X.]
in den genannten
Fällen jeweils Einzelstrafen von fünf Monaten verhängt hat, nicht ausschließen, 4
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5
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dass es bei zutreffender Bewertung als eine Tat im Rechtssinne zu einer nied-rigeren Gesamtstrafe gelangt wäre.
3. Die Anordnung der Sicherungsverwahrung hält rechtlicher [X.] nicht stand. Das [X.] hat für seinen [X.] im Ansatz zutreffend § 66 Abs. 2 StGB i.V.m.
§ 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB in der für [X.], die bis zum 31. Dezember 2010 begangen wurden, gemäß Art. 316e Abs.
1 Satz 2 [X.] geltenden Fassung herangezogen, die aufgrund der Weitergeltungsanordnung des [X.] ([X.], Urteil vom 4. Mai 2011 -
2 BvR 2365/09 u.a., [X.]E 128, 326, 404 ff.) in eingeschränk-tem Umfang weiter anwendbar sind.
Indes
liegt die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung nach der Vorschrift des § 66 Abs. 2 StGB im pflichtgemäßen Ermessen des Tatrichters. Das Urteil muss
erkennen lassen, dass und aus welchen Gründen das Gericht von seiner Entscheidungsbefugnis in einer bestimmten Weise Gebrauch [X.] hat. Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil nicht gerecht. Eine ausdrückliche Ausübung des Ermessens ist den schriftlichen Urteilsgrün-den, die auf die Begründung der hangbedingten Gefährlichkeit des Angeklag-ten im Sinne von § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB
zugeschnitten sind, nicht zu entneh-men. Soweit die Kammer zusammenfassend unter Hinweis auf die Persönlich-keitsstruktur des Angeklagten, die bei ihm vorhandene Pädophilie sowie die fehlende Auseinandersetzung mit seiner Delinquenz ein milderes Mittel als die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung verneint, benennt es zwar Um-stände, die auch
bei der ihm obliegenden Ermessensentscheidung zu berück-sichtigen wären. Jedoch fehlt es insoweit an der Auseinandersetzung mit [X.], die der Maßregelentscheidung entgegenstehen könnten. So [X.] die Urteilsgründe nicht erkennen, ob der Tatrichter bei der Ausübung sei-8
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nes pflichtgemäßen Ermessens erwogen hat, dass der letzte Übergriff des [X.] mehrere Jahre zurückliegt.
Der [X.] kann nicht ausschließen, dass die Ermessensausübung zum Wegfall der Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungs-verwahrung führt. Ihm ist es grundsätzlich verwehrt, die fehlende Ermessens-entscheidung des Tatrichters zu ersetzen.
[X.] Fischer Appl

Schmitt Krehl
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Meta

2 StR 401/12

11.04.2013

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.04.2013, Az. 2 StR 401/12 (REWIS RS 2013, 6701)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 6701

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2 BvR 2365/09

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