Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 16.12.2022, Az. 8 B 38/22

8. Senat | REWIS RS 2022, 10106

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Gegenstand

Restitutionsausschluss wegen unredlichen Erwerbs


Tenor

Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des [X.] vom 27. Januar 2022 wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 500 000 € festgesetzt.

Gründe

1

Die Kläger wenden sich gegen die Rückübertragung eines Grundstücks an die [X.]. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Voraussetzungen einer Rückübertragung des Vermögenswertes lägen vor. Der Ausschlussgrund des redlichen Erwerbs nach § 4 Abs. 2 Satz 1 [X.] stehe der Rückübertragung nicht entgegen. Der Rechtserwerb der Kläger sei nach § 4 Abs. 3 [X.]uchst. a [X.] unredlich gewesen. Die Enteignung des Vermögenswertes im Juli 1985 habe in mehrfacher Hinsicht offensichtlich gegen das [X.] [X.] verstoßen. Darin komme eine gezielte, sittlich anstößige Manipulation zum Ausdruck. Der Kläger zu 2 habe den Verstoß gegen das [X.]aulandgesetz kennen müssen; diese Kenntnis müsse sich die Klägerin zu 1 zurechnen lassen. Das Verwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen.

2

Die dagegen gerichtete [X.]eschwerde der Kläger, die Verfahrensmängel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geltend machen, hat keinen Erfolg.

3

1. Das Vorbringen der Kläger, das Verwaltungsgericht habe den Sachverhalt bezüglich der Tatbestandsmerkmale des § 4 Abs. 3 [X.]uchst. a [X.] nicht hinlänglich aufgeklärt, weil es die Vernehmung der angebotenen Zeugen K., [X.], [X.] und M. unterlassen habe, führt nicht auf eine Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht. Wird die Verletzung des § 86 Abs. 1 VwGO geltend gemacht, muss der Rechtsmittelführer substantiiert darlegen, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in [X.]etracht gekommen wären, welche tatsächlichen Feststellungen bei der Durchführung der vermissten Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern das unterstellte Ergebnis zu einer ihm günstigeren Entscheidung hätte führen können. Weiterhin muss er aufzeigen, dass er im Verfahren vor dem [X.], insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben er nunmehr beanstandet, hingewirkt hat oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen (stRspr, vgl. [X.], Urteil vom 27. Februar 2020 - 8 C 13.19 - [X.] 428.2 § 1 VZOG Nr. 9 Rn. 26). Diesen Anforderungen genügt die [X.]eschwerde nicht.

4

Die Kläger legen nicht dar, inwiefern das Ergebnis der vermissten Zeugenvernehmung zu einer für sie günstigeren Entscheidung hätte führen können. Das Verwaltungsgericht hat die Vernehmung der im Schriftsatz der Kläger vom 17. Januar 2020 benannten Zeugen für nicht relevant gehalten, weil es die [X.]ehauptungen, die Zuweisung des verfahrensgegenständlichen Grundstücks an die Kläger und die Genehmigung zur Errichtung eines Eigenheimes sei auf der Grundlage von ordnungsgemäß gefassten [X.]eschlüssen des [X.] erfolgt, die Grundstückszuweisung und die [X.]augenehmigungen seien in öffentlicher Sitzung der Gemeindevertretung besprochen und beschlossen worden, ohne dass der Kläger zu 2 Einfluss ausgeübt habe, sowie die weitere [X.]ehauptung, erst nach [X.]eginn der [X.]auarbeiten und dem Ausschachten der [X.]augrube habe sich herausgestellt, dass das Kleinwohnhaus nicht in den [X.]au habe eingebunden werden können, als wahr unterstellt und seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat. Soweit die [X.]eschwerdebegründung das Absehen von einer Vernehmung der benannten Zeugen zu den weiteren Umständen der [X.]eauftragung des [X.], der Kreditausgabe und des [X.]eschlusses über die Inanspruchnahme des Grundstücks nach dem [X.] im Jahr 1985 sowie der Verleihung des dinglichen [X.] rügt, haben die Kläger nicht dargelegt, welche tatsächlichen Feststellungen bei der Durchführung der vermissten Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern das unterstellte Ergebnis zu einer ihnen günstigeren Entscheidung hätte führen können. Ebenso wenig legen sie dar, weshalb sich der Vorinstanz die vermisste Zeugenvernehmung zu diesen Umständen hätte aufdrängen müssen, obwohl die anwaltlich vertretenen Kläger in Kenntnis des Ergebnisses der [X.]eweisaufnahme und der gerichtlichen Hinweise dazu keinen entsprechenden [X.]eweisantrag gestellt haben.

5

2. Die von den Klägern gerügte überlange Verfahrensdauer stellt keinen Verfahrensmangel nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO dar. Verfahrensmängel in diesem Sinne sind grundsätzlich nur Verstöße gegen das Prozessrecht, also Fehler, die die Vorinstanz bei der Handhabung ihres Verfahrens begeht. Mängel des dem Verwaltungsprozess vorausgegangenen Verwaltungsverfahrens sind dafür grundsätzlich ohne [X.]edeutung, es sei denn, sie haben sich auf das gerichtliche Verfahren unmittelbar ausgewirkt (vgl. [X.], [X.]eschlüsse vom 17. März 1994 - 3 [X.] 12.94 - NVwZ-RR 1995, 113, vom 27. Juni 1994 - 6 [X.] 17.94 - [X.] 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 3 VwGO Nr. 3 und vom 1. Juni 1995 - 5 [X.] 30.95 - [X.] 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 3 VwGO Nr. 7). Die Rüge der Kläger, die beklagte [X.]ehörde habe rechtswidrig über einen Zeitraum von 17 Jahren Ermittlungen in [X.]ezug auf den entscheidungserheblichen Sachverhalt unterlassen, betrifft das vorangegangene Verwaltungsverfahren und stellt keinen Mangel des gerichtlichen Verfahrens dar. Unabhängig davon, ob das Vorbringen in der Sache zutrifft, legen die Kläger auch nicht dar, dass und inwiefern sich das behauptete Versäumnis der [X.]ehörde auf das gerichtliche Verfahren ausgewirkt haben könnte. Soweit die [X.]eschwerde darüber hinaus geltend macht, das behauptete Versäumnis der [X.]ehörde stelle eine [X.]eweisvereitelung dar, die zu einer [X.]eweislastumkehr zu Gunsten der Kläger hätte führen müssen, betrifft diese Rüge das sachliche Recht und zeigt ebenfalls keinen Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO auf.

6

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 und Abs. 4 Nr. 3 GKG.

Meta

8 B 38/22

16.12.2022

Bundesverwaltungsgericht 8. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend VG Cottbus, 27. Januar 2022, Az: 1 K 487/17, Urteil

§ 4 Abs 2 S 1 VermG, § 4 Abs 3 Buchst a VermG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 16.12.2022, Az. 8 B 38/22 (REWIS RS 2022, 10106)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 10106

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