Bundespatentgericht, Beschluss vom 06.03.2012, Az. 24 W (pat) 20/10

24. Senat | REWIS RS 2012, 8505

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Studien zur Sachsenforschung" - Freihaltungsbedürfnis -


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 306 26 165.0

hat der 24. Senat ([X.]) des [X.] in der Sitzung vom 6. März 2012 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.] sowie der Richterin [X.] und des Richters am Oberlandesgericht Heimen

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Mit zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, hat die Markenstelle für Klasse 42 des [X.] die Anmeldung der Wortmarke 306 26 165.0

2

Studien zur [X.]forschung

3

für die in den folgenden Klassen angemeldeten Waren und Dienstleistungen

4

„Klasse 16: [X.], insbesondere Zeitschriften,

5

Klasse 41: Magazine; Herausgabe einer wissenschaftlichen Buchreihe, insbesondere zur Archäologie des ersten nachchristlichen Jahrtausends mit dem Schwerpunkt „[X.]forschung“; öffentliche Präsentation von Werken der bildenden Kunst oder Literatur für kulturelle oder erzieherische Zwecke, insbesondere zu geschichtlichen Themen, Archäologie des ersten nachchristlichen Jahrtausends mit dem Schwerpunkt „[X.]forschung“,

6

Klasse 42: wissenschaftliche Forschung zu geschichtlichen Themen, insbesondere die Archäologie des ersten nachchristlichen Jahrtausends mit dem Schwerpunkt „[X.]forschung“

7

zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dem Zeichen fehle jegliche Unterscheidungskraft [X.] § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]. Im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen vermittle „Studien zur [X.]forschung“ ausschließlich einen Sachhinweis auf Studien zur Forschung über das Volk der [X.] als deren thematischen Schwerpunkt. Wie sich aus den vorgelegten Nachweisen ergebe, werde insbesondere der Begriff „[X.]forschung“ von den angesprochenen Historikern und interessierten Laien als Sachbezeichnung verwendet und verstanden.

8

Gegen diese Entscheidungen wendet sich der Anmelder mit seiner Beschwerde. „Studien zur [X.]forschung“ komme als Gesamtbezeichnung eine eigenständige, über den Sinngehalt der einzelnen Bestandteile hinausgehende Bedeutung zu. Die Bezeichnung werde in Fachkreisen lediglich vom Anmelder selbst oder von anderen Historikern im Zusammenhang mit dem Anmelder verwendet und lasse sich diesem eindeutig zuordnen. Hilfsweise beruft sich der Anmelder auf Verkehrsdurchsetzung [X.] § 8 Abs. 3 [X.]. Als Beleg hat er einen Ausdruck aus der Umschreibung des Bereichs „Archäologische Landesgeschichtsforschung am [X.]“ mit dem Untertitel „Der Arbeitsbereich [X.]forschung“ und in Kopie zur Akte gereichte Auszüge aus verschiedenen, in den Jahren 1977 - 2004 erschienenen Bänden eine Schriftenreihe mit dem Titel „Studien zur [X.]forschung“ vorgelegt, deren Druckkosten u. a. mit Forschungsmitteln des Anmelders finanziert worden sind. Ergänzend hat er darauf hingewiesen, dass er zur Vorlage eidesstattlicher Versicherungen oder weiterer Belege nicht in der Lage sei; Herausgeber der genannten Schriftenreihe sei ein Bediensteter des [X.] Hannover gewesen.

9

Der Anmelder beantragt sinngemäß,

die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 42 des [X.] vom 24. November 2006 und 4. März 2009 aufzuheben.

Ergänzend wird auf die Verfahrensakten Bezug genommen.

II.

Die gem. § 66 Abs. 1 [X.] zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat die Markenstelle für Klasse 42 des [X.] der Wortmarke „Studien zur [X.]forschung“ die Eintragung für die von ihr beanspruchten Waren und Dienstleistungen versagt. Ihrer Eintragungsfähigkeit steht insoweit ein Freihaltebedürfnis [X.] § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] entgegen. Dieses Schutzhindernis ist nicht gemäß § 8 Abs. 3 [X.] dadurch überwunden worden, dass sich das Zeichen in den beteiligten Verkehrskreisen durchgesetzt hätte. Denn die zur Geltendmachung einer Verkehrsdurchsetzung erforderlichen Anknüpfungstatsachen hat der Anmelder im Beschwerdeverfahren nicht [X.] § 294 Abs. 1 ZPO glaubhaft gemacht.

1.

Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr u. a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren und Dienstleistungen dienen können.

Innerhalb der angemeldeten Wortkombination setzt das Bestimmungswort „zur“, die Kombination einer Präposition mit einem Artikel, die weiteren Wortbestandteile "Studien" und „[X.]forschung“ dergestalt [X.] zueinander in Beziehung, dass der Oberbegriff „Studien“ durch den Zusatz „zur [X.]forschung“ thematisch konkretisiert wird. „Studien“, der Plural von „Studie“, beschreibt u. a. wissenschaftliche Untersuchungen einer Einzelfrage (vgl. [X.], [X.], 7. Aufl. 2011, S. 1703). Der Begriff „[X.]“ bezeichnet neben einem [X.] Bundesland und dessen Einwohnern einen [X.] Stamm, der ursprünglich als westgermanischer Stammesverband nördlich der [X.] in [X.] im 2. Jh. n. Chr. sesshaft war und sich ab dem 3. /4. Jh. nach Süden in das [X.]-Weser-Dreieck als Kerngebiet ausbreitete, und von welchem ein Teil zusammen mit Angeln und Jüten im 5. Jh. [X.] eroberte (vgl. [X.] in fünf Bänden, 9. Aufl. 2000, [X.], Seite 3978). Der ebenfalls [X.] gebildete Begriff „[X.]forschung“ beschreibt die mit diesem Stamm befasste Forschung. „Studien zur [X.]forschung“ bezeichnen mithin u. a. „wissenschaftliche Untersuchungen auf dem Gebiet der den Stamm bzw. die Stämme der [X.] betreffenden Forschung“.

Mit dieser Bedeutung vermag „Studien zu [X.]forschung“ objektiv ein Produktmerkmal, nämlich das Thema der in Klasse 16 beanspruchten [X.], sowie die Bestimmung der Dienstleistungen zur „Herausgabe einer wissenschaftlichen Buchreihe“ und zur „Präsentation von Werken der bildenden Kunst oder Literatur“ zu beschreiben. Bei den in Klasse 42 beanspruchten wissenschaftlichen Forschungsdienstleistungen kann es sich um „Studien zu [X.]forschung“ handeln. In seinem zur Akte gereichten Waren- und Dienstleistungsverzeichnis hat der Anmelder den Begriff „[X.]forschung“ zur Bezeichnung eines thematischen Schwerpunkts der beanspruchten Dienstleistungen selbst verwendet.

Ein objektiv schutzbegründender Überschuss, durch welchen die Verbindung der genannten Wortbestandteile einen eigenständigen Gesamteindruck bewirkte, der über die Zusammenfügung beschreibender Elemente hinausginge und sich nicht in deren bloßer Summenwirkung erschöpfte (vgl. [X.] GRUR 2004, 678, Rn. 98 – 100 - Postkantoor

Für eine Schutzversagung [X.] § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] reicht es bereits aus, dass ein Wortzeichen in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen beschreiben kann (vgl. [X.] GRUR 2003, 58, 59 ([X.]. 21) - [X.]; [X.] 2003, 450, 453 ([X.]. 32) - [X.], [X.] 2004, 99, 109 ([X.]. 97) - Postkantoor; [X.] 2004, 111, 115 ([X.]. 38) - [X.]; [X.], [X.]/Hacker, [X.], 10. Auflage, Rn. 301 zu § 8).

Da es auch Wettbewerbern des Anmelders unbenommen bleiben muss, „Studien zur [X.]forschung“ im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen als Sachhinweis auf „wissenschaftliche Untersuchungen auf dem Gebiet der den Stamm bzw. die Stämme der [X.] betreffenden Forschung“ zu verwenden, ist das Anmeldezeichen für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen freihaltebedürftig im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.].

2.

Dass dieses einer Eintragung entgegenstehende Schutzhindernis im Wege der Verkehrsdurchsetzung überwunden worden sein könnte, § 8 Abs. 3 [X.], hat der Anmelder auch auf einen vom 15. Dezember 2010 datierenden Hinweis des Senats hin weder schlüssig dargelegt, noch durch entsprechendes Tatsachenmaterial belegt (vgl. [X.], 521, 523 - Farbige Arzneimittelkapsel; [X.], 431 - Farbmarke gelb/schwarz) und damit nicht [X.] § 294 ZPO glaubhaft gemacht.

Die Frage, ob sich eine Marke in den beteiligten Verkehrskreisen [X.]§ 8 Abs. 3 [X.] durchgesetzt hat, ist auf Grund einer Gesamtschau der Gesichtspunkte zu beantworten, die zeigen können, dass die Marke die Eignung erlangt hat, die fraglichen Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese damit von den Waren und Dienstleistungen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl

Seine tatsächlichen Behauptungen, die er nicht durch entsprechende eidesstattliche Versicherungen gestützt hat, beschränken sich auf die Verwendung des Anmeldezeichens als Titel einer Schriftenreihe. Auf dieser Grundlage lässt sich weder eine Aussage über die Bekanntheit dieses [X.] in den angesprochenen Historikerkreisen und unter historisch interessierten Laien treffen, noch auf dessen markenrechtliche Herkunftsfunktion schließen. Zudem ergibt sich aus dem Vortrag des Anmelders nicht, dass er die beanspruchten Dienstleistungen für Dritte, also nicht lediglich im Rahmen eigener Forschungsaktivitäten des [X.] erbracht hat.

Für eine Zurückverweisung an das [X.] gemäß § 70 Abs. 3 Nr. 3 [X.] zum Zwecke der Prüfung der behaupteten Verkehrsdurchsetzung besteht daher kein Anlass.

Nachdem der Anmelder eine Verkehrsdurchsetzung seiner originär für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen schutzunfähigen Wortkombination „Studien zur [X.]forschung“ weder schlüssig dargelegt noch durch entsprechendes Tatsachenmaterial belegt hat, war die Beschwerde aus diesen Gründen zurückzuweisen.

Meta

24 W (pat) 20/10

06.03.2012

Bundespatentgericht 24. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 06.03.2012, Az. 24 W (pat) 20/10 (REWIS RS 2012, 8505)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 8505

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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