Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.07.2008, Az. XI ZR 297/06

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 2599

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES [X.] Verkündet am: 29. Juli 2008 [X.], Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 29. Juli 2008 durch [X.] h.c. No[X.]e und [X.] [X.], [X.], [X.] und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision des [X.] zu 1) und der Kläger zu 3) bis 40) wird das Urteil des 23. Zivilsenats des [X.] vom 19. Juli 2006 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage gegen den [X.] zu 2) abgewiesen worden ist. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur neuen [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Von Rechts wegen
Tatbestand:

Die Kläger begehren aus eigenem und abgetretenem Recht die Herausgabe von Kapitalanlagebeträgen. 1 - 3 - In den Jahren 1989/90 beteiligten sich die Kläger auf der [X.] an einem von der [X.]

GmbH (nachfolgend: [X.]

) initiierten [X.]. [X.] lag nach dem von der [X.] herausgegebenen Prospekt folgendes Konzept zugrunde: 2 Die Anleger sollten Gesellschafter von - für jeden Kalendermonat neu gegründeten und nach Ablauf von 60 Monaten endenden - Gesell-schaften bürgerlichen Rechts (nachfolgend: GbR) werden, deren [X.] die gemeinsame Geldanlage in Termindirekt- und Terminopti-onsgeschäften, namentlich in Devisen, Wertpapieren und Waren war. Mit der Geschäftsführung und mit der Verwaltung des [X.] wurde jeweils die [X.] beauftragt, die ihrerseits für die anlage-mäßige Verwaltung des Gesellschaftsvermögens einen oder mehrere —Vermögensverwalter" auszuwählen hatte. Zur Begrenzung des [X.] war die Vermögensverwaltung verpflichtet, pro [X.] eine [X.] von - je nach vereinbarter —Risikogruppe" - 80 % bzw. 60 % des jeweiligen Gesellschaftsvermögens auf dem [X.] zurückzuhalten, wobei die [X.] in festverzinslichen Wertpapieren angelegt werden konnte. 20 % bzw. 40 % des jeweiligen [X.] sollten pro Abrechnungszeitraum spekulativ angelegt werden. 3 Zu dem im Prospekt angebotenen Sicherheitssystem gehörte die Einschaltung eines Mittelverwendungs-Treuhänders, als der - auf der Grundlage eines von der jeweiligen GbR mit dem Treuhänder abzu-schließenden entgeltlichen Treuhandvertrags - der Beklagte zu 2 (nach-folgend: Beklagter) fungierte. Auf ein von ihm [X.] waren die [X.] einzuzahlen. Von der eingegangenen [X.] - zahlung hatte der Treuhänder ein von den Gesellschaftern in der [X.] übernommenes Agio in Höhe von 7 % zur Deckung der Vertriebskosten an die Geschäftsführung der jeweiligen [X.]. Die verbleibenden [X.] hatte er auf ein ihn als In-haber ausweisendes Konto bei einem [X.] weiterzuleiten. Im Üb-rigen hatte der Treuhänder nach Weisungen der Geschäftsführung der jeweiligen GbR Verfügungen über das Gesellschaftskapital vorzuneh-men, sofern diese im Einklang mit dem Gesellschaftsvertrag und dem Treuhandvertrag standen. Haftungsansprüche gegen den Treuhänder sollten nach § 3 Nr. 3 des im Anlageprospekt vorgegebenen [X.] auf die Leistungen seiner Haftpflichtversicherung be-schränkt sein und nach § 3 Nr. 4 dieses Vertrages in 2 Jahren nach [X.]sentstehung verjähren.
Im Mai und September 1989 richtete der Beklagte, bei der Rechts-vorgängerin der früheren [X.] zu 1) zwei Treuhandkonten auf sei-nen Namen ein und erteilte zunächst den Dauerauftrag, täglich 93 % des verfügbaren Saldos an ein Brokerhaus und 7 % an die [X.] zu über-weisen. Im November 1989 wurden die Konten unter Beibehaltung der Kontonummern auf die von dem [X.] als Alleingesellschafter und -geschäftsführer gegründete

G. Treuhand- und Steuerberatungsgesellschaft mbH (nachfolgend: GmbH) umgeschrieben. Die Anleger wurden hierüber nicht informiert. Die weiterhin an den [X.] persönlich überwiesenen Einlagen wurden dem Konto der GmbH gutgeschrieben. Ab Januar 1990 leitete er von dem nach Abzug des [X.] von 7 % für die [X.] verbleibenden Beträgen 50 % und ab Februar 1990 100 % auf ein von ihm eingerichtetes weiteres Treuhandunterkonto 5 - 5 - um. Von dort überwies er ab Anfang 1990 größere Beträge an nicht als Broker zu qualifizierende Dritte.
[X.] der Kläger wurden - mit Ausnahme anfänglicher vorgetäuschter [X.], die aus Beiträgen neu geworbener Anleger stammten - nicht zurückgezahlt. Die [X.] ist insolvent. Einer der [X.] -Geschäftsführer wurde wegen der vertragswidrigen Verwen-dung der [X.] wegen gemeinschaftlicher Untreue zu einer Frei-heitsstrafe verurteilt. Das Strafverfahren gegen den [X.] wurde gemäß § 153a StPO eingestellt. 6 Die Kläger haben mit ihrer im Jahr 2000 erhobenen Klage sowohl die frühere Beklagte zu 1) als auch den [X.] auf Erstattung bzw. Herausgabe ihrer Einlagen in Anspruch genommen. Das [X.] hat die Klage gegen beide [X.] abgewiesen. Die Berufung der Kläger hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Mit der Revision, die der [X.] beschränkt auf die Klage gegen den [X.] zugelassen hat, ver-folgen die Kläger ihr Klagebegehren gegen ihn weiter. 7 Entscheidungsgründe:

Da der Beklagte in der mündlichen Verhandlung trotz rechtzeitiger Ladung nicht vertreten war, war über die Revision der Kläger durch [X.] zu entscheiden. Das Urteil beruht aber inhaltlich nicht auf der Säumnis des [X.], sondern auf der Berücksichtigung des ge-samten Sach- und Streitstandes (vgl. [X.], 79, 81 ff.). 8 - 6 - Die Revision ist begründet; sie führt in dem Umfang, in dem der Senat sie zugelassen hat, zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. 9 [X.] Das Berufungsgericht ([X.] 2007, 66 ff.) hat zur Begründung seiner Entscheidung - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - im Wesentlichen ausgeführt: 10 Gegen den [X.] sei ein Anspruch aus §§ 675, 667 BGB we-gen Widersprüchlichkeit des [X.] bereits nicht schlüssig darge-legt. Einerseits beanstandeten die Kläger die Gutschriften auf den [X.] der GmbH gegenüber der früheren [X.] zu 1) als weisungswid-rig, andererseits aber wollten sie den [X.] aus Auftragsrecht in [X.] nehmen, was jedoch dessen Verfügungsmacht über die Gelder und damit den Eintritt des Überweisungszwecks voraussetze. Außerdem seien etwaige Ansprüche der Kläger gegen den [X.] verjährt. Nach § 3 Nr. 4 der [X.] betrage die Verjährungsfrist zwei Jahre, die bei Klageerhebung verstrichen gewesen seien. Die [X.] erfasse nicht nur verschuldensabhängige, sondern auch verschul-densunabhängige Ansprüche gegen den [X.] und damit auch et-waige Ansprüche aus § 667 BGB. Dieser Auslegung stehe das Urteil des [X.] vom 30. Oktober 2003 ([X.], [X.], 2382) in einem Parallelverfahren nicht entgegen. In dem dortigen [X.] seien die Vertragsbedingungen vom [X.] gestellt worden, der damit als Verwender gemäß § 5 [X.] das Risiko einer unklaren [X.] - 7 - selformulierung habe tragen müssen. Vorliegend sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme jedoch nicht der Beklagte, sondern die [X.] als Verwender der Klausel anzusehen.
I[X.] Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung in [X.] nicht stand. 12 1. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts haben die Kläger einen Herausgabeanspruch gegen den [X.] aus den jeweiligen [X.]n gemäß §§ 675, 667 BGB schlüssig vorgetragen. 13 a) Zwischen den Klägern und dem [X.] ist jeweils ein Treu-handvertrag über die eingezahlten Beträge zustande gekommen. Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der Beklagte persönlich, nicht die später von ihm gegründete GmbH, Vertragspartner der schriftlichen [X.] ist und persönlich als Treuhänder verpflichtet war, für eine vertragsgemäße Verwendung der eingezahlten Anlegergelder zu sorgen. Berechtigt aus diesen Verträgen sind jedenfalls auch die Kläger persönlich, auch wenn die [X.] als vertretungsberechtigte Geschäfts-führerin der GbR die Verträge unterzeichnet hat. Die Auslegung der [X.] (§§ 133, 157 BGB) ergibt, dass das Treuhandverhältnis in Bezug auf die geleistete Einlage unmittelbar zwischen den einzelnen Gesellschaftern und dem Treuhänder begründet worden ist. Der [X.] hat nach den Verträgen ausdrücklich die Pflicht, die Gelder eines jeden Gesellschafters entgegenzunehmen und zu diesem Zweck ein 14 - 8 - Treuhandkonto einzurichten. Dementsprechend hat die [X.] auch ei-nem jeden Anleger mitgeteilt, der eingezahlte Betrag sei auf seinem Treuhandkonto eingezahlt worden. Hinzu kommt, dass bei der Regelung über die Haftungsbegrenzung in den [X.]n ausdrücklich von Ansprüchen der Gesellschafter gegen den Treuhänder die Rede ist ([X.], Urteil vom 30. Oktober 2003 - [X.], [X.], 2382, 2383). b) Die Kläger haben auch schlüssig eine Verletzung des [X.] durch vertragswidrige Weiterleitung der Gelder vorgetra-gen. 15 aa) Die Revision rügt zu Recht, dass das Berufungsgericht den Sachvortrag der Kläger wegen widersprüchlichen Vortrags unberücksich-tigt gelassen hat. Die Kläger haben nicht gegen ihre prozessuale Wahr-heitspflicht (§ 138 Abs. 1 ZPO) verstoßen, indem sie einerseits den [X.] auf Rückzahlung der erhaltenen [X.] in Anspruch ge-nommen und andererseits gegenüber der früheren [X.] zu 1) einen Verstoß gegen das Prinzip der formalen [X.] geltend ge-macht haben, weil die [X.] auf das nicht auf einem persönlichen Konto des [X.], sondern auf dem Konto der GmbH gebucht worden sind. Zum einen bedeutet die Gutschrift der Gelder auf einem Konto der GmbH nicht, dass der Beklagte nicht die Verfügungsmacht über sie [X.] hat, was das Berufungsgericht bei seinen Ausführungen zur [X.] des Verstoßes der früheren [X.] zu 1) gegen die for-male [X.] noch richtig gesehen hat. Zum anderen liegt [X.] der Ansicht des Berufungsgerichts kein sich widersprechender Tatsachenvortrag vor, sondern die Kläger haben lediglich aufgrund der 16 - 9 - unstreitigen Gutschrift der Gelder auf dem Konto der GmbH in Bezug auf die beiden [X.] unterschiedliche rechtliche Argumente zur vorhan-denen bzw. nicht vorhandenen Verfügungsmacht des [X.] vorge-bracht. Das fällt nicht unter § 138 Abs. 1 ZPO. [X.]) Nach dem schlüssigen Vortrag der Kläger hat der Beklagte ab Januar 1990 eingehende Gelder, über die er als Alleingesellschafter der GmbH die Verfügungsmacht erlangt hatte, unstreitig nicht mehr nach den im Treuhandvertrag festgelegten Grundsätzen nur an Broker [X.], sondern auch an andere Dritte überwiesen und damit seine gegen-über den Klägern bestehenden Pflichten aus dem Treuhandvertrag nicht erfüllt (vgl. [X.], Urteil vom 30. Oktober 2003 - [X.], [X.], 2382, 2383 f.). Den Klägern stehen deshalb Ansprüche aus §§ 675, 667 BGB auf Herausgabe der nicht auftragsgemäß weitergeleiteten Gelder gegen den [X.] zu. 17 18 2. Ebenfalls rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht angenom-men, die Ansprüche der Kläger gegen den [X.] seien nach § 3 Nr. 4 der [X.] verjährt. Die Ansprüche der Kläger aus §§ 675, 667 BGB unterliegen der regelmäßigen dreißigjährigen Verjäh-rung (§ 195 BGB a.F.), die bei [X.] noch nicht eingetreten war. Die objektive Auslegung der Verjährungsklausel in den [X.]n ergibt, dass sie Herausgabeansprüche der Kläger nicht erfasst. In § 3 des [X.] wird unter der Überschrift —Haftung des [X.] nach dem klaren Wortlaut der Klausel lediglich die Verjährung von Haftungsansprüchen gegen den Treuhänder geregelt. Unter Haftungsansprüchen sind Schadensersatz-ansprüche zu verstehen, nicht aber vertragliche Ansprüche auf [X.] 10 - gabe des zur Ausführung des Auftrages Erhaltenen und des aus der Ge-schäftsbesorgung [X.] nach § 667 BGB. Das ergibt sich eindeutig aus dem Zusammenhang der Verjährungsklausel in § 3 Nr. 4 mit der [X.], nach der der Treuhänder bei der Verletzung von Sorgfaltspflichten nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit haftet, aber auch aus dem mit § 3 Nr. 3 des [X.]. Danach sind bei ei-nem Haftungsfall die Ansprüche der Gesellschafter auf die Leistungen beschränkt, die der Treuhänder aufgrund der Inanspruchnahme seiner Haftpflichtversicherung erhält. Eine Haftpflichtversicherung tritt indes nur bei Schadensersatzansprüchen aus schuldhafter Pflichtverletzung, nicht aber bei [X.] nach § 667 BGB ein. Auf die Frage, ob eine Erstreckung der Klausel auf Herausgabean-sprüche nach § 667 BGB auch wegen der Unklarheitenregel des § 5 [X.] ausscheidet (vgl. dazu [X.], Urteil vom 30. Oktober 2003 - [X.], [X.], 2382, 2384), kommt es danach nicht an. 19 - 11 - II[X.] Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, war sie zur weite-ren Sachaufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dieses wird nun zu klären haben, in welchem Um-fang der Beklagte über die Gelder der Kläger entgegen den Bestimmun-gen des [X.] verfügt hat. 20 No[X.]e [X.] Ellenberger Grüneberg [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 24.11.2004 - 2/1 O 26/00 - [X.], Entscheidung vom [X.] - 23 U 31/05 -

Meta

XI ZR 297/06

29.07.2008

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.07.2008, Az. XI ZR 297/06 (REWIS RS 2008, 2599)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 2599

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