Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.03.2017, Az. XII ZB 582/16

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 14460

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[X.]:[X.]:BGH:2017:080317BXIIZB582.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 582/16
vom
8. März
2017
in der Familiensache

-
2
-

Der XII. Zivilsenat des [X.] hat am 8. März
2017
durch den [X.] und [X.], Dr.
Nedden-Boeger, Dr.
Botur
und Guhling
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der weiteren Beteiligten zu
2 wird der
Beschluss des 6.
[X.]s für
Familiensachen in [X.] des [X.] am Main
vom 24.
November
2016
aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung

auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde -
an das Oberlan-desgericht zurückverwiesen.

Beschwerdewert:
1.000

Gründe:
I.
Der 1970
geborene Antragsteller (im Folgenden: Ehemann) und die 1967
geborene Antragsgegnerin (im Folgenden: Ehefrau) heirateten am 6.
Juli
2002.
Die Zustellung des Scheidungsantrags erfolgte am 20.
November 2015.
Der Ehemann hat in der gesetzlichen Ehezeit vom 1.
Juli
2002
bis zum 31.
Oktober
2015
unter anderem ein Anrecht aus einer Pflichtversicherung in der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes ("[X.]") bei der Versor-1
2
-
3
-

gungsanstalt des [X.] und der Länder
(Beteiligte zu
2; im Folgenden: [X.]) erworben. Die [X.] hat den Ehezeitanteil der Versorgung mit 45,37 [X.]spunkten angegeben und unter Berücksichtigung von
[X.] in Höhe von 250

s-punkten bei einem korrespondierenden Kapitalwert von 7.499,34

m-men.
Das Amtsgericht hat die Ehe geschieden und den Versorgungsausgleich geregelt. Hinsichtlich der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes hat es angeordnet, dass
im Wege interner Teilung zu Lasten des Anrechts des Ehe-manns
bei der [X.] zugunsten der Ehefrau ein Anrecht in Höhe von 22,32
Ver-sorgungspunkten übertragen wird. Die dagegen gerichtete Beschwerde der [X.] hat das [X.] zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die zu-gelassene Rechtsbeschwerde der [X.], die eine interne Teilung auf der [X.] des von ihr unterbreiteten Vorschlags erstrebt.

II.
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.
Sie führt zur Aufhebung der angefoch-tenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerde-gericht.
1. Das Beschwerdegericht, dessen Entscheidung in juris
veröffentlicht ist, hat zur Begründung seiner Entscheidung das Folgende ausgeführt:
Die dem Vorschlag der [X.] zugrunde liegende Vorgehensweise [X.] nicht den gesetzlichen Vorgaben
aus
§§
1 Abs.
1, 5 Abs.
1 und Abs.
3 iVm §
47 Abs.
4 Satz
2 und Abs.
5 [X.]. §
32
a Abs.
2 Satz
1 [X.]S lege die Bezugsgröße in der Weise fest, dass der ausgleichsberechtigten Person ein 3
4
5
6
-
4
-

in [X.] ausgewiesener Ausgleichswert zu übertragen sei. Der dem Familiengericht zu unterbreitende Vorschlag für die Bestimmung des [X.] habe in der nach §
5 Abs.
1 [X.]
maßgeblichen Bezugs-größe zu erfolgen, wobei dem Versorgungsträger wegen §
5 Abs.
3 [X.] nicht frei gestellt sei, eine von den Bestimmungen seiner Versorgungsordnung abweichende Ausgleichsbezugsgröße zu wählen. Maßgeblich für die [X.] seien daher allein Versorgungspunkte, wenn auch §
32
a Abs.
2 Satz
2 [X.]S in ge-wissem Widerspruch hierzu die Regelung enthalte, dass der Ausgleichswert nach versicherungsmathematischen Grundsätzen durch Umrechnung des ehe-zeitlichen Anrechts der ausgleichspflichtigen Person in einen Barwert zu [X.] sei. Demgegenüber bestimme §
47 Abs.
4 Satz
2 [X.], dass für ein Anrecht der Zusatzversorgung des öffentlichen oder kirchlichen Dienstes ledig-lich der korrespondierende Kapitalwert anzugeben und damit gerade nicht der Ausgleichswert als versicherungsmathematischer Barwert zu ermitteln
sei.
Die [X.] habe daher die Versorgungspunkte als ihre maßgebliche Be-zugsgröße hälftig zu teilen und nicht im Widerspruch dazu faktisch doch das zugrunde liegende Kapital. Weil die von der [X.] herangezogenen versiche-rungsmathematischen Grundsätze nicht normiert seien, könne aus ihnen auch nicht zwingend abgeleitet werden, dass unterschiedliche alters-
und ge-schlechtsspezifische Faktoren, die zu dem abweichenden Ergebnis bei einer Berechnung auf Kapitalbasis führten, berücksichtigt werden müssten. [X.] bei der hier vorzunehmenden unmittelbaren Teilung von Versorgungspunk-ten eines männlichen [X.] komme es auch nicht zu einer Wei-terverwendung nachteiliger geschlechtsspezifischer Faktoren für Frauen. [X.] einen aus versicherungsmathematischen Gründen allein möglichen Aus-gleich auf Kapitalbasis spreche ferner die Mitteilung der [X.], dass die [X.] nicht ausschließlich aus vorhandenem Deckungskapital finanziert werde.
Vorliegend profitiere die Ehefrau
von der Teilung der [X.]
-
5
-

genüber dem von der [X.] angestrebten Ergebnis einer Halbteilung des [X.]. Für den ausgleichspflichtigen Beteiligten, hier den Ehemann,
bleibe es unabhängig davon ohnehin bei der
genauen Halbteilung, lediglich vermindert um die [X.]. Insgesamt dürfte es für die [X.] weitgehend aufwands-neutral sein, die Versorgungspunkte zu teilen.
2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand.
Soweit das Beschwerdegericht im [X.] an eigene Rechtsprechung (vgl. [X.] [6.
[X.] für Familiensachen] FamRZ 2014, 755) die [X.] vertritt, dass der Ausgleichswert eines Anrechts aus der Zusatzversor-gung des öffentlichen Dienstes der nominalen Hälfte der von dem ausgleichs-pflichtigen Ehegatten in der Ehezeit erworbenen
Versorgungspunkte entspre-chen müsse (ebenso [X.] 2014, 49, 51
ff. und [X.] 2015, 289
ff.; [X.][X.] [Stand: November 2016] §
5 [X.] Rn.
7; ten-denziell wohl auch [X.] FamRZ 2014, 758, 759), kann dem nicht gefolgt wer-den. Mit Recht erhebt die weit überwiegende Auffassung in der obergerichtli-chen Rechtsprechung ([X.], 371 f.; [X.] FamRZ 2015, 1108
f.; [X.] FamRZ 2015, 1106, 1107; [X.] FamRZ
2015,
753; [X.], 305
f.; [X.] [8.
[X.] für Familiensachen] FamRZ 2014, 757
f.; [X.] [5.
[X.] für Familien-sachen] Beschluss vom 18.
Dezember 2012

5
UF
15/12

juris Rn.
11; [X.] [7.
[X.] für Familiensachen] Beschluss vom 10.
September 2010

7
UF
84/10

juris Rn.
33
ff.) und im Schrifttum (BeckOGK/Siede [X.] [Stand: Februar 2017] §
39 Rn.
161
f.; [X.]/Norpoth BGB 14.
Aufl. §
45 [X.]
Rn.
24; [X.]/[X.]/[X.] Familienrecht 6.
Aufl. §
45 Rn.
99; [X.]/[X.] [Stand: Oktober 2016] §
47 [X.] Rn.
12; [X.]/[X.] [Stand: Dezember 2016] §
11 [X.] Rn.
22
f.; [X.] Versorgungsausgleich 4.
Aufl. Rn.
512, 687; [X.]/[X.] in [X.]/8
9
-
6
-

[X.] Die Versorgung der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes [Stand: [X.] 2016] §
32
a [X.]S Rn.
38
ff.; [X.] 2015, 204, 205; [X.] 2010, 425, 426
f.) keine grundlegenden Beanstandungen gegen die von den Trägern der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes praktizierte Verfah-rensweise, die ehezeitlich erworbenen Versorgungspunkte auf der Basis der biometrischen Faktoren des [X.] in einen versicherungsma-thematischen Barwert umzurechnen und die Hälfte dieses [X.]

gekürzt um die Hälfte der [X.] nach §
13 [X.]

auf der Basis der biometrischen
Faktoren des Ausgleichsberechtigten wieder in Versorgungs-punkte zurückzurechnen.
a) Nach §
5 Abs.
1 [X.] berechnet der Versorgungsträger den Ehezeitanteil des Anrechts in Form der für das jeweilige Versorgungssystem maßgeblichen Bezugsgröße, insbesondere also in Form von Entgeltpunkten, eines Rentenbetrags oder eines [X.]. Mit dieser Vorschrift sollte insbe-sondere klargestellt werden, dass bei der Bestimmung der Bezugsgröße für die Berechnung des Ehezeitanteils grundsätzlich kein Auswahlermessen des [X.] besteht, sofern nicht das Gesetz in den §§
39
ff. [X.] dem Versorgungsträger ausdrücklich ein Wahlrecht einräumt (vgl. BT-Drucks. 16/11903 S.
53). Das gemäß §
45 Abs.
1 [X.] für die betriebliche Al-tersversorgung der Privatwirtschaft bestehende Wahlrecht gilt für die Zusatz-versorgung des öffentlichen Dienstes nicht (§
45 Abs.
3 [X.]). Im Ver-sorgungssystem der [X.]

wie auch der anderen Zusatzversorgungen des öf-fentlichen Dienstes

sind deshalb die von dem Versicherten satzungsgemäß erworbenen Versorgungspunkte (§
36 [X.]S) als Bezugsgröße maßgeblich (vgl. auch §
39 Abs.
2 Nr.
1 [X.]). Gemäß §
5 Abs.
3 [X.] unterbrei-tet der Versorgungsträger dem Familiengericht einen Vorschlag für die Bestim-mung des [X.]. Wie der [X.] mehrfach ausgesprochen hat, stellt 10
-
7
-

es diese Vorschrift dem Versorgungsträger indessen nicht frei, für den [X.] eine andere Ausgleichsbezugsgröße als die nach seiner [X.]sordnung maßgebliche zu wählen (vgl. zuletzt [X.]sbeschlüsse vom 17.
September 2014

XII
ZB
178/12

FamRZ 2014, 1982 Rn.
16
f. und vom 27.
Juni 2012

XII
ZB
492/11

FamRZ 2012, 1545 Rn.
7
ff.).
b) Aus §
5 Abs.
1 und 3 [X.] folgt

für sich genommen
-
zunächst aber lediglich, dass der dem Familiengericht zu unterbreitende Vorschlag für den Ausgleichswert in der für die Ermittlung des Ehezeitanteils maßgeblichen Bezugsgröße

hier: Versorgungspunkte

zu erfolgen hat ([X.]sbeschluss vom 27.
Juni 2012

XII
ZB
492/11

FamRZ 2012, 1545 Rn. 9). Diesem Erfor-dernis wird durch §
32
a Abs.
2 Satz
1 [X.]S Rechnung getragen. Ein darüber hinausgehender Zwang, den Ausgleichswert durch nominale Teilung
des in [X.] ausgewiesenen Ehezeitanteils berechnen zu müssen, lässt sich dem Gesetz entgegen der Ansicht des [X.] demge-genüber nicht entnehmen.
aa) Dabei ist dem Beschwerdegericht zuzugeben, dass der Wortlaut von §
1 Abs.
1 [X.], wonach im Versorgungsausgleich die in der Ehezeit erworbenen Anteile von Anrechten (Ehezeitanteile) "jeweils zur Hälfte zwischen den geschiedenen Ehegatten zu teilen"
seien, eine solche Verpflichtung zur nominalen Teilung der Bezugsgröße nahelegen könnte. Andererseits steht der ausgleichsberechtigten Person gemäß §
1 Abs.
2 Satz
2 [X.] die Hälfte "des Werts"
des jeweiligen Ehezeitanteils (Ausgleichswert) zu. Dies ermöglicht begrifflich durchaus eine Auslegung dahingehend, dass die Teilung des Ehe-zeitanteils
auch auf einer vorherigen versicherungsmathematischen Bewertung des in der Ehezeit erworbenen Anrechts beruhen kann, wenn der [X.] die Bezugsgröße selbst nicht nominal teilen will. Eine solche Sichtweise wird auch durch §
11 Abs.
1 Satz
1 [X.] gestützt, der für die interne Tei-11
12
-
8
-

lung den Grundsatz der "gleichwertigen"
Teilhabe festschreibt, welche nach den Vorstellungen des Gesetzgebers bei der Entstehung eines neuen Anrechts dann sichergestellt ist, wenn das zu übertragende Anrecht dem bei der aus-gleichspflichtigen Person verbleibenden Anrecht in Bezug auf den Ausgleichs-wert "wertmäßig"
entspricht (BT-Drucks. 16/10144 S.
56). Wie sich aus den Gesetzmaterialien im Weiteren erschließt, ist der Gesetzgeber vor diesem [X.] selbst davon ausgegangen, dass die nominale Halbteilung der Bezugsgröße
nur einen von mehreren möglichen Wegen darstellt, um einen wertmäßig entsprechenden Ausgleichswert zu bestimmen (vgl. BT-Drucks. 16/10144 S.
56). Der Gesetzgeber hat in diesem Zusammenhang insbesondere anerkannt, dass der Versorgungsträger ein berechtigtes wirtschaftliches Inte-resse daran haben kann, den Ausgleichswert nicht durch die nominale Teilung der Bezugsgröße zu bestimmen, nämlich dann, wenn die ausgleichsberechtigte Person
versicherungsmathematisch eine ungünstigere Risikostruktur als die ausgleichspflichtige Person aufweist (BT-Drucks. 16/10144 S.
56).
bb) Das in §
32
a Abs.
2 Satz
2 [X.]S geregelte Verfahren, das Anrecht für die ausgleichsberechtigte Person durch Umrechnung und Zurückrechnung mit Hilfe des versicherungsmathematischen [X.] zu errechnen, vermag dem in §
11 Abs.
1 Satz
1 [X.] normierten Grundsatz der wertgleichen Teilhabe besser Rechnung zu tragen als die nominale Teilung der Bezugsgröße (Versorgungspunkte), wie sie beispielsweise bei der Halbteilung der ehezeitlich erworbenen Entgeltpunkte in der gesetzlichen Rentenversicherung erfolgt.
Dies beruht darauf, dass die im Leistungsfall zur Bestimmung des [X.] in [X.] herangezogene Rechengröße im System der Zusatzversor-gung des öffentlichen Dienstes statisch ([X.] nach §
35 Abs.
1 [X.]S) und im System der gesetzlichen Rentenversicherung dynamisch (aktueller [X.] nach §§
68, 255
a SGB
VI) ist. Ein durch Beitragszahlung bei der [X.] 13
14
-
9
-

erlangter Versorgungspunkt wird für jeden Versicherten zu einem gleichblei-bend festen monatlichen Rentenbetrag von 4

davon, ob dieser Versorgungspunkt von einem lebensälteren Versicherten un-mittelbar vor dem Renteneintritt oder von einem lebensjüngeren Versicherten zu einem Zeitpunkt erworben wurde, der für ihn möglicherweise noch mehrere Jahrzehnte vor dem Erreichen der Altersgrenze liegt. Je früher indessen der Beitrag eingezahlt wird, desto länger können innerhalb des [X.] erzielt werden. Diesem Umstand wird bei der Um-wandlung von Beiträgen in Versorgungspunkte durch eine altersabhängige Komponente (den sogenannten Altersfaktor) Rechnung getragen, dessen An-wendung dazu führt, dass ein lebensjüngerer Versicherter aufgrund des höhe-ren [X.] mit dem gleichen Beitrag eine höhere Anzahl an Versorgungs-punkten erwirbt (vgl. dazu [X.]nbrinck/Mühlstädt Betriebsrente der Beschäf-tigten des öffentlichen Dienstes Rn.
51
ff.). Die Ermittlung des [X.] mit Hilfe des versicherungsmathematischen [X.] stellt die Berücksichtigung altersabhängiger Komponenten bei der Begründung des neuen Anrechts im Wege der internen Teilung sicher.
cc) Schließlich gewährleistet die in §
32
a Abs.
2 Satz
2
[X.]S vorgese-hene Berechnungsweise auch die gebotene Kostenneutralität des [X.]sausgleichs ([X.]/[X.] in [X.]/[X.] Die Versorgung der [X.] des öffentlichen Dienstes [Stand: Februar 2016] §
32
a [X.]S Rn.
43). Aufseiten der Versorgungsträger hätte die nominale Teilung der von dem ausgleichspflichtigen Versicherten ehezeitlich erworbenen Versorgungs-punkte bei einem Altersunterschied zwischen den Ehegatten entweder die [X.] versicherungstechnischer Gewinne (bei einem lebensjüngeren
Aus-gleichsberechtigten) oder versicherungstechnischer Verluste (bei einem lebens-älteren Ausgleichsberechtigten) zur Folge. Anders als das Beschwerdegericht meint, wirken sich versicherungstechnische Verluste auf die Träger der [X.]
-
10
-

versorgung des öffentlichen Dienstes sowohl in kapitalgedeckten Bereichen als auch in umlagefinanzierten Bereichen gleichermaßen negativ aus. Auch bei der Umlagefinanzierung wird für die Verbindlichkeiten gegenüber den Versicherten eine fiktive [X.] ermittelt. [X.] Ver-luste erhöhen diese [X.] und vermindern dadurch in der versicherungstechnischen Bilanz die in Form von Bonuspunkten an die [X.] zu verteilenden Überschüsse (vgl. [X.]/[X.] in [X.]/[X.]
Die Versorgung der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes [Stand: Februar 2016] §
32
a [X.]S Rn.
40). Es wäre angesichts der Struktur des [X.] bei den [X.] des öffentlichen Dienstes bei einer nominalen Teilung von [X.] auch nicht ohne weiteres zu erwar-ten, dass sich die im einzelnen Teilungsfall entstehenden altersbedingten versi-cherungstechnischen Gewinne und Verluste bei einer wirtschaftlichen [X.] gegeneinander aufheben würden, weil etwa zwei
Drittel aller [X.] bei den [X.] Frauen sind, deren durch die interne Teilung potentiell begünstigte Ehegatten im Durchschnitt drei Jahre älter sind als sie selbst (vgl. [X.] 2010, 425, 426).
dd) Eine andere rechtliche Beurteilung ergibt sich entgegen der Ansicht des [X.] schließlich auch nicht aus §
47 Abs.
4 Satz
2 [X.], wonach für ein Anrecht, das bei einem Träger einer Zusatzversor-gung des öffentlichen oder kirchlichen Dienstes besteht, als korrespondierender Kapitalwert der versicherungsmathematische Barwert im Sinne von §
47 Abs.
5 [X.] zu
ermitteln ist. Mit Blick auf §
5 Abs.
3 [X.] ist diese Rege-lung (nur) deshalb erforderlich, weil auch die Träger der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes, die den Ausgleichswert in [X.] als der maßgeblichen Bezugsgröße ihres Versorgungssystems auszuweisen haben, dem Familiengericht einen Vorschlag für den korrespondierenden Kapitalwert als Hilfsgröße für die Prüfung einer Geringfügigkeit
und
einen möglicherweise 16
-
11
-

erforderlichen [X.] unterbreiten müssen. Der Rückgriff auf den versicherungsmathematischen Barwert nach §
47 Abs.
5 [X.] erfolgte insbesondere deshalb, weil der Gesetzgeber eine Ermittlung des kor-respondierenden [X.] nach dem Maßstab einer fiktiven Einzahlung von Beiträgen in das Versorgungssystem (§
47 Abs.
2 [X.]) angesichts der bei gleicher Leistung erheblich voneinander abweichenden Umlagesätze der arbeitgeberfinanzierten [X.] als problematisch an-sah (vgl. BT-Drucks. 16/10144 S.
85). Demgegenüber lassen sich weder dem Wortlaut der Vorschrift noch den Gesetzesmaterialien Anhaltspunkte für die Beurteilung der Frage entnehmen, auf welche bestimmte Weise der

in [X.]spunkten anzugebende

Ausgleichswert zu berechnen oder nicht zu be-rechnen ist (vgl. [X.] FamRZ 2015, 1106, 1107).

III.
Die angefochtene Entscheidung kann somit keinen Bestand haben. Die Sache ist auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen noch nicht zur Endentscheidung reif (§
74 Abs.
6 Satz
2 FamFG).
1. Der Durchführung des Versorgungsausgleichs steht zum jetzigen Zeit-punkt allerdings
die Rechtsprechung des [X.] zur (erneuten) Unwirksamkeit der Startgutschriftenregelung der [X.] für rentenferne Versicher-te (vgl. [X.], 201 = [X.], 583) nicht entgegen, weil das von dem Ehemann in der Ehezeit erlangte Anrecht "[X.]"
ausschließlich auf dem Erwerb von [X.] nach dem 1.
Januar 2002 und nicht auf Start-gutschriften beruht.

17
18
-
12
-

2. Demgegenüber kann die Heranziehung geschlechtsspezifischer [X.] zur Ermittlung des versicherungsmathematischen [X.] unter den obwaltenden Umständen nicht mehr hingenommen werden.
Die rechtliche Zulässigkeit der Heranziehung von geschlechtsspezifi-schen Sterbetafeln und den darauf beruhenden Barwertfaktoren durch die [X.] und andere Zusatzversorgungsträger des öffentlichen Dienstes ist umstritten. Während geschlechtsspezifische Barwertfaktoren von einem Teil der oberge-richtlichen Rechtsprechung (weiterhin) akzeptiert werden (vgl. [X.], 371, 372; [X.] FamRZ 2015, 1108, 1109;
OLG [X.] FamRZ 2011, 1148
f.; vgl. auch [X.], 133, 136: keine Verpflichtung zur Verwendung geschlechtsneutraler Barwertfaktoren bei Ehezeitende vor dem 21.
Dezember 2012), macht eine abweichende Ansicht gegen diese Praxis der [X.] sowohl verfassungsrechtliche als auch unionsrechtliche Bedenken gel-tend (vgl. [X.], 305, 307
f.; [X.] Der Versorgungsausgleich 3.
Aufl. Rn.
333; [X.]/[X.] Versorgungsausgleich und Verfahren in der Pra-xis 2.
Aufl. Rn.
379; [X.] FPR 2011, 509, 512; [X.]/[X.]/[X.] Familienrecht 5.
Aufl. §
45 [X.] Rn.
54).
a) Nach Auffassung des [X.]s führt das in §
32
a Abs.
2 Satz
2 [X.]S geregelte Verfahren zur Ermittlung des [X.] für die interne Teilung bei Verwendung der im Technischen Geschäftsplan der [X.] enthaltenen ge-schlechtsspezifischen
Barwertfaktoren für die Umrechnung bzw. Zurückrech-nung von Barwerten zu einer mit Art.
3 Abs.
3 Satz
1 GG nicht zu vereinbaren-den Ungleichbehandlung von ausgleichsberechtigten Personen männlichen und weiblichen Geschlechts.
aa) Die Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes nach der Satzung der [X.] ist am Grundrecht auf Gleichbehandlung zu messen. Die Satzung ist zwar privatrechtlich ausgestaltet und findet Anwendung auf die Gruppenversi-19
20
21
22
-
13
-

cherungsverträge, welche die an der [X.] beteiligten öffentlichen Arbeitgeber mit der [X.] zugunsten ihrer Arbeitnehmer abschließen. Jedoch nimmt die [X.] als Anstalt des öffentlichen Rechts (§
1 [X.]S) eine öffentliche Aufgabe lediglich in privatrechtlicher Form wahr, so dass die Satzung der [X.] insbesondere an die Beachtung des Gleichheitsgrundrechts gebunden ist (vgl. [X.] NZA 2011, 857, 858; [X.] FamRZ 2009, 1977; vgl. bereits [X.], 370, 383 =
NVwZ-RR 1988, 104, 107).
bb) Art.
3 Abs.
3 Satz
1 GG konkretisiert und verstärkt den allgemeinen Gleichheitssatz des Art.
3 Abs.
1 GG. Das Geschlecht darf grundsätzlich nicht als Anknüpfungspunkt für eine rechtliche Ungleichbehandlung herangezogen werden. Das gilt auch dann, wenn die Regelung nicht unmittelbar auf eine nach Art.
3 Abs.
3 GG verbotene Ungleichbehandlung angelegt ist, sondern in erster Linie andere Ziele verfolgt. An das Geschlecht anknüpfende differenzierende Regelungen sind nach ständiger Rechtsprechung des [X.]verfassungsge-richts mit Art.
3 Abs.
3 Satz
1 GG nur dann vereinbar, wenn und soweit sie zur Lösung von Problemen, die "ihrer Natur nach"
entweder nur bei Männern oder nur bei Frauen auftreten können, zwingend erforderlich sind (vgl. [X.] NJW 1995, 1733, 1734; [X.] FamRZ 1992, 289, 290; vgl. zuletzt [X.] NZA 2011, 857, 858
f.). Mit dieser Formulierung hat die neuere verfassungsgerichtli-che Rechtsprechung die frühere Bezugnahme auf "die objektiven biologischen und funktionalen (arbeitsteiligen) Unterschiede nach der Natur des jeweiligen Lebensverhältnisses zwischen Männern und Frauen"
(zuletzt etwa [X.] NJW 1983, 1968, 1970 mwN) ersetzt. Unmittelbar geschlechterdifferenzierende Re-gelungen sind nunmehr

nach einer strengen Verhältnismäßigkeitsprüfung

nur noch zur Lösung solcher Probleme zulässig, die allein auf biologische Unter-schiede zwischen Männern und Frauen zurückzuführen sind (vgl. [X.] GG/Kischel [Stand: Dezember 2016] Art.
3 Rn.
192;
Sachs/[X.]/[X.] 7.
Aufl. Art.
3 Rn.
274).
23
-
14
-

cc) Nach diesen Maßstäben kann eine unterschiedliche Behandlung von (versicherungstechnisch gleichaltrigen) männlichen und weiblichen Ausgleichs-berechtigten bei der Berechnung des im Wege der internen Teilung zu übertra-genden [X.] nicht mit der Begründung gerechtfertigt werden, dass mit den geschlechtsspezifischen Barwertfaktoren lediglich die höhere Lebens-erwartung von Frauen und die damit einhergehende längere Leistungspflicht des Versorgungsträgers aus dem geteilten Anrecht abgebildet werde.
(1) Es steht dabei allerdings außer Frage, dass Männer und Frauen eine statistisch nachweisbar unterschiedlich hohe Lebenserwartung haben. Nach der vom Statistischen [X.]amt im Frühjahr 2016 veröffentlichten [X.] beträgt die Lebenserwartung bei Geburt für neuge-borene
Jungen 78,13 Jahre und für neugeborene Mädchen 83,05 Jahre. Die durchschnittliche Restlebenserwartung für 65-jährige Männer liegt bei weiteren 17,69
Jahren und für gleichaltrige Frauen bei weiteren 20,90 Jahren (vgl. [X.] 2012/2014, Methoden-
und Ergebnisbericht zur laufenden Berechnung von [X.] für [X.] und die [X.]länder S.
26
ff., [X.] bei www.destatis.de).
Es ist demgegenüber stark umstritten, ob die statistisch höhere Le-benserwartung
von Frauen auf biologische Gründe zurückgeführt werden kann. Teilweise wird

gestützt auch auf medizinische und soziologische Studien (vgl. etwa die Nachweise bei [X.] 2005, 72, 74 Fn.
16
f.)

die [X.]
vertreten, dass die unterschiedlich hohe Lebenserwartung von Frauen und Männern gerade nicht auf biologischen Unterschieden, sondern
in erster Linie auf soziokulturellen Prägungen (Lebensgewohnheiten, Ernährungsweise, Suchtverhalten, Familienstand, Berufstätigkeit oder Bildungsniveau) beruhe, für die das Geschlecht lediglich als stellvertretender Indikator herangezogen werde (vgl. [X.] 2005, 72, 74; Wrese/[X.] NJW 2004, 1623, 1625; 24
25
26
-
15
-

Hensche
NZA 2004, 828, 832; vgl. auch Schlussanträge der
Generalanwältin [X.] vom 30.
September 2010 in der Rechtssache [X.]/09

[X.] des [X.] [X.]

VersR 2010, 1571
Rn.
62
f.). [X.] wird von der Gegenansicht die Bedeutung möglicher biologischer [X.] für die unterschiedliche Lebenserwartung von Männern und Frauen be-tont (vgl. etwa [X.] NZA 2004, 1257, 1258
f.; [X.], 1578, 1581). In diesem Zusammenhang wird einerseits auf genetische Ein-flüsse
im Zusammenhang mit der unterschiedlichen Anfälligkeit der Geschlech-ter für Erbkrankheiten (vgl. [X.] 2002, 237, 240
f.; vgl. auch [X.] VersR 2011, 164, 170) und andererseits auf hormonelle Faktoren hingewiesen: Das männliche Sexualhormon Testosteron fördere die Entstehung von Arteriosklerose und Thrombosen, während das weibliche Sexualhormon Östrogen eine höhere Produktion von Antikörpern gegen Infektionen und mittel-bar über die
Verbesserung der Cholesterinwerte einen verbesserten Schutz gegen Gefäßkrankheiten und Schlaganfälle bewirke (vgl. [X.] in [X.] und den [X.] im Rechtsvergleich S.
236 mN); darüber hinaus ergebe sich aufgrund der hormonellen Unterschiede zwischen Männern und Frauen auch eine unterschiedlich ausgeprägte Neigung zu risiko-reichen Lebensgewohnheiten ([X.] 2002, 237, 241).
(2) Hiernach lässt sich nach dem derzeitigen Kenntnisstand am ehesten noch die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass die statistisch unterschiedliche Lebenserwartung von Männern und Frauen

in einem letztlich nicht aufklärba-ren Umfang

sowohl von genetischen und hormonellen Faktoren einerseits als auch von soziokulturellen Faktoren andererseits beeinflusst wird. Es erscheint schon zweifelhaft, ob ein solcher Befund am Maßstab des Art.
3 Abs.
3 Satz
1 GG einen hinreichenden (biologischen) Anknüpfungspunkt für eine unmittelbar an das Geschlecht anknüpfende Ungleichbehandlung liefern kann (zweifelnd 27
-
16
-

etwa Felix/Sangi [X.] 2011, 257, 260
f.). Es kommt darauf aber letztlich nicht an, weil es

jedenfalls

an einem zwingenden Grund für die Ungleichbe-handlung fehlt.
(a) Weibliche Versicherte erhalten während der Anwartschaftsphase auf-grund der entrichteten Beiträge dieselben Versorgungspunkte wie versiche-rungstechnisch gleichaltrige männliche Versicherte. Die mit dem Erwerb der gleichen Anzahl von [X.] verbundene Leistungspflicht lässt für die [X.] gegenüber einer weiblichen Versicherten aufgrund ihrer statistisch [X.] Lebenserwartung einen höheren Erfüllungsaufwand erwarten als gegen-über einem versicherungstechnisch gleichaltrigen männlichen Versicherten. Diesem Umstand trägt die [X.] durch die Verwendung geschlechtsspezifischer Barwertfaktoren bei der Berechnung von [X.] in ihrer versi-cherungstechnischen Bilanz Rechnung. Soweit die [X.]

folgerichtig

die [X.]n geschlechtsspezifischen Barwertfaktoren für ihre versicherungsmathema-tischen Berechnungen zum Ausgleichswert im Versorgungsausgleich heran-zieht (vgl. [X.]/[X.] in [X.]/[X.] Die Versorgung der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes [Stand: Februar 2016] §
32
a [X.]S Rn.
41), wird dadurch in versicherungstechnischer Hinsicht die Kostenneutralität des [X.]sausgleichs gewährleistet.
(b) Die Kostenneutralität des Versorgungsausgleichs kann aber grund-sätzlich auch durch die Verwendung geschlechtsneutraler Rechnungsgrundla-gen sichergestellt werden. Zwar wird mit Recht darauf hingewiesen, dass eine Neukalkulation mit geschlechtsneutralen Rechnungsgrundlagen für den [X.]sträger möglicherweise mit versicherungstechnischen Belastungen ein-hergeht, wenn sich zum einen die bisherigen geschlechtsspezifischen Unter-schiede in der Sterblichkeitsannahme bei der Bemessung des [X.] der künftigen Leistungsverpflichtungen stark niederschlagen und sich der Versor-28
29
-
17
-

gungsträger zum anderen kalkulatorisch gegen das Risiko absichern muss, dass sich das in seinen neuen geschlechtsneutralen Rechnungsgrundlagen zugrunde gelegte Mischungsverhältnis von Männern und Frauen in seinem Versichertenbestand mit dem Zeitablauf ändert (vgl. [X.]/Reinhard Betriebs-rentenrecht Bd.
I [Stand: März 2015] Kap.
6 Rn.
150; [X.]/Wilhelm BB 2012, 381, 383
f.). Wenn aber die zugesagte
Leistung

wie bei der [X.] und den an-deren Trägern der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes

eine Hinter-bliebenenversorgung einschließt, werden die Auswirkungen der geschlechts-spezifisch unterschiedlichen Sterblichkeitsannahmen bei Männern und Frauen nahezu kompensiert, weil die Wahrscheinlichkeit, eine Hinterbliebenenversor-gung für eine Witwe auszulösen, bedeutend höher als die Wahrscheinlichkeit ist, eine Hinterbliebenenversorgung für einen Witwer herbeizuführen (vgl. [X.]/[X.] Bd.
I [Stand: März 2015] Kap.
6 Rn.
150; [X.]/Wilhelm BB 2012, 381, 383). Eine besondere versicherungstechnische Belas-tung ist daher für die [X.] durch die Umstellung auf geschlechtsneutrale [X.] nicht zu erwarten.
dd) Der auf der geschlechtsspezifischen Bewertungspraxis der [X.] be-ruhende Verstoß gegen das Gleichheitsgrundrecht führt indessen nicht zur Un-wirksamkeit des §
32
a Abs.
2 Satz
2 [X.]S selbst.
Ein Gleichheitsverstoß kann grundsätzlich auch im Wege der verfas-sungskonformen Auslegung der betreffenden Satzungsbestimmungen beseitigt werden, sofern dadurch nicht in
die durch Art.
9 Abs.
3 GG geschützten Rege-lungsbefugnisse und Gestaltungsspielräume der Tarifvertragsparteien eingegrif-fen wird (vgl. auch [X.] VersR 1979, 968, 970). Letzteres ist im vorliegenden Fall schon deshalb nicht zu besorgen, weil die Tarifparteien des öffentlichen Dienstes auf eine tarifvertragliche Umsetzung der Strukturreform des [X.]sausgleichs verzichtet haben und §
32
a [X.]S daher keine tarifvertragli-30
31
-
18
-

che Grundlage hat (vgl. [X.]/[X.] in [X.]/[X.] Die Versorgung der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes [Stand: Februar 2016] §
32
a [X.]S Rn.
6). §
32
a Abs.
2 Satz
2 [X.]S enthält seinerseits keine konkreten Vorgaben über die bei der Barwertermittlung zu verwendenden Rechnungsgrundlagen. Vielmehr beschränkt sich die Bestimmung allgemein auf eine Bezugnahme auf die "versicherungsmathematischen
Grundsätze", so dass der auf der Verwen-dung geschlechtsspezifischer Rechnungsgrundlagen beruhende Gleichheitsver-stoß schon durch eine auf verfassungskonformer Auslegung beruhenden Hand-habung der Bestimmung dahingehend beseitigt werden kann, dass bei der ver-sicherungsmathematischen Ermittlung von Barwerten im Rahmen der Berech-nung des [X.] im Versorgungsausgleich lediglich geschlechtsneut-rale Rechnungsgrundlagen herangezogen werden dürfen (im Ergebnis ebenso OLG
Celle FamRZ 2014, 305, 308).
b) Die Verwendung geschlechtsspezifischer Barwertfaktoren kann nur noch für solche Versorgungsauskünfte hingenommen werden, die vor dem 1.
Januar 2013 erteilt worden sind.
Bei einem Verstoß gegen das Gleichheitsgrundrecht stellt sich grund-sätzlich die Frage nach einer zeitlichen und sachlichen Beschränkung der [X.]. Dies gilt auch bei einem Grundrechtsverstoß durch die Ausgestal-tung von Versicherungsbedingungen im Rahmen einer Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst, die auf der Satzung einer öffentlichen Anstalt beruht (vgl. [X.] NZA 2011, 857, 859). Die Gewährung einer Übergangsfrist kann
aus dem Gesichtspunkt einer geordneten Finanzplanung sowie dann geboten sein, wenn die ([X.] bisher nicht hinreichend geklärt war und aus diesem Grund eine angemessene Frist zur Schaffung einer verfassungs-konformen Regelung zu gewähren ist ([X.] NJW 2008, 1868, 1875; [X.] NJW 1991, 2129, 2133).
32
33
-
19
-

aa) In diesem Zusammenhang hat der [X.] insbesondere berücksich-tigt, dass ein schützenswertes Vertrauen in die Zulässigkeit geschlechtsspezifi-scher versicherungsmathematischer Rechnungsgrundlagen

zumindest für die im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung nach dem 21.
Dezember 2012 neu abgeschlossenen Versicherungsverträge

mit Blick auf die Rechtspre-chung des [X.]päischen Gerichtshofs selbst von privatrechtlich organisierten Versorgungsträgern nicht mehr in Anspruch genommen werden konnte.
(1) In der sogenannten "[X.]"-Entscheidung aus dem [X.] hat sich der [X.]päische Gerichtshof mit einer nationalen ([X.]) Vor-schrift befasst, die unter bestimmten Umständen geschlechtsspezifische Prä-mien und Leistungen bei privaten Versicherungsverträgen zugelassen hat. [X.] eine solche Praxis gemäß Art.
5 Abs.
1 der Richtlinie 2004/113/[X.] vom 13.
Dezember 2004 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleich-behandlung
von Frauen und Männern beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen ([X.] Nr. L 373 vom 21.
Dezember 2004 S.
37; im Folgenden: [X.]) schon für Versicherungsverträge untersagt war, die nach dem 21.
Dezember 2007 neu abgeschlossen worden sind, stand das [X.] Gesetz im Einklang mit der Richtlinie. Denn gemäß Art.
5 Abs.
2 der [X.] konnten die Mitgliedsstaaten noch bis zum 21.
Dezember 2007 nationale Regelungen zur Zulässigkeit proportionaler Unterschiede
bei den Prämien und Leistungen privater Versicherungsverträge schaffen, wenn "die Berücksichtigung des Geschlechts bei einer auf relevanten und genauen versicherungsmathematischen und statistischen Daten beruhenden Risikobe-wertung ein bestimmender Faktor ist."
Auch [X.] hatte von dieser Mög-lichkeit Gebrauch gemacht (vgl. §
20 Abs.
2 Satz
1 AGG in der vom 18.
April 2006 bis zum 21.
Dezember 2012 geltenden Fassung).

34
35
-
20
-

Der [X.]päische Gerichtshof hat ausgesprochen, dass Art.
5 Abs.
2 der [X.] mit Wirkung zum 21.
Dezember 2012 seine Gültigkeit verlie-re. Habe der Unionsgesetzgeber ein Tätigwerden zur schrittweisen Verwirkli-chung der Gleichheit von Männern und Frauen beschlossen, müsse er "in kohä-renter Weise"
auf die Verwirklichung dieses Ziels hinwirken ([X.] Urteil vom 1.
März 2011

Rs. [X.]/09

Slg. 2011, [X.] = NJW 2011, 907 Rn.
19
ff.

[X.] des [X.] [X.]). Aus Art.
5 Abs.
1 der [X.] ergebe sich das Ziel, dass Prämien und Leistungen in der Versicherungswirtschaft geschlechtsneutral bemessen werden. Im 18.
Erwä-gungsgrund der [X.] heiße es dazu ausdrücklich, dass zur Ge-währleistung der Gleichbehandlung von Männern und Frauen die Berücksichti-gung geschlechtsspezifischer versicherungsmathematischer Faktoren nicht zu Unterschieden bei den Prämien und Leistungen führen sollen. Art.
5 Abs.
2 der [X.], der es den Mitgliedstaaten gestatte, eine Ausnahme von der Regel geschlechtsneutraler Prämien und Leistungen unbefristet aufrechtzuer-halten, laufe der Verwirklichung des mit der [X.] verfolgten Ziels der Gleichbehandlung von Frauen und Männern zuwider und sei deshalb mit den primärrechtlichen Gewährleistungen der Art.
21 und 23 der Charta der Grundrechte der [X.]päischen Union unvereinbar (vgl. [X.] Urteil vom 1.
März 2011

Rs. [X.]/09

Slg. 2011, [X.] = NJW 2011, 907 Rn.
30-32

[X.] des [X.] [X.]). Der [X.] Gesetz-geber hat als Reaktion auf die "[X.]"-Entscheidung mit Wirkung zum 21.
Dezember 2012

neben einzelnen Anpassungen im Versicherungsauf-sichtsgesetz

den am Wortlaut von Art.
5 Abs.
2 der [X.] orientier-ten §
20 Abs.
2 Satz
1 AGG in der bis dahin bestehenden Fassung aufgehoben (Art.
8 des SEPA-Begleitgesetzes vom 3.
April 2013, BGBl.
I S.
610).

36
-
21
-

(2) Freilich findet die [X.] und die zu ihr ergangene Recht-sprechung des [X.]päischen Gerichtshofs auf die Systeme der betrieblichen Altersversorgung keine unmittelbare Anwendung. Denn die Richtlinie gilt nicht im Bereich "Beschäftigung und Beruf"
(Art.
3 Abs.
4 der [X.]), weil in diesem Bereich zahlreiche andere Rechtsinstrumente den Grundsatz der Gleichbehandlung von Männern und Frauen verwirklichen (vgl. 15.
Erwägungs-grund zur [X.]). Auch versicherungsförmige Durchführungswege der betrieblichen Altersversorgung, in denen der Arbeitgeber

wie bei der "[X.]"

als Versicherungsnehmer zugunsten seines Arbeitnehmers (als versicherter Person und Bezugsberechtigter) den Versicherungsvertrag mit dem externen Versorgungsträger abschließt, fallen unzweifelhaft nicht in den An-wendungsbereich der [X.] ([X.] [X.] 2012, 641, 643; [X.]
[X.] 2012, 391, 393; [X.] DB 2011, 2575, 2576).
Allerdings unterliegt das dem Versorgungsversprechen des Arbeitgebers zugrunde liegende arbeitsrechtliche Grundverhältnis ([X.]) in den betrieblichen Systemen der [X.] Sicherung dem Geltungsbereich der [X.] 2006/54/EG des [X.]päischen Parlaments und des Rates vom 5.
Juli 2006 zur Verwirklichung der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits-
und [X.] ([X.] Nr. L 204 vom 26.
Juli 2006 S.
23; im Folgenden: [X.]). Diese enthält ein eigenes, für die betrieblichen Versorgungssysteme normiertes Verbot der ge-schlechtsbezogenen Diskriminierung, welches sich ausdrücklich auch auf die Berechnung der Beiträge und Leistungen bezieht (Art.
5 lit.
b und c der [X.]). Eine Ausnahme gilt indessen gemäß Art.
9 Abs.
1 lit.
h der [X.], wonach die Gewährung eines unterschiedli-chen Leistungsniveaus zulässig ist, wenn "dies notwendig ist, um versiche-rungstechnischen Berechnungsfaktoren Rechnung zu tragen, die im [X.] je nach Geschlecht unterschiedlich sind".
37
38
-
22
-

(3) Unter ausdrücklichem Hinweis auf Art.
9 Abs.
1 lit.
h der [X.] hat die [X.]päische Kommission die Auffassung vertreten, dass die "[X.]"-Entscheidung des [X.]päischen Gerichtshofs keine Auswirkungen auf die Systeme der betrieblichen Altersversorgung habe, weil sich diese Rechtsprechung auf einen "völlig anderen Sachverhalt"
beziehe (vgl. Nr.
2.4 der Leitlinien zur Anwendung der Richtlinie 2004/113/[X.] auf das Versicherungswesen im [X.] an das Urteil des Gerichtshofs der [X.] in der Rechtssache [X.]/09 [[X.]], abgedruckt
in [X.] 2012, 78
ff.). Eine Vergleichbarkeit der Sachverhalte ist indessen gera-de bei den versicherungsförmigen Durchführungswegen der betrieblichen Al-tersversorgung nicht von der Hand zu weisen, weil männlichen und weiblichen Arbeitnehmern als Gegenleistung für ihre Arbeitsleistung und die darauf ge-gründeten Beiträge des Arbeitgebers an den externen Versorgungsträger eine

möglicherweise eben geschlechtsspezifisch kalkulierte

Versicherungs-
bzw. Versorgungsleistung zugesagt wird (vgl. [X.] [X.] 2012, 641, 647). Die rechtlichen Wertungen der "[X.]"-Entscheidung lassen es darüber hin-aus als zweifelhaft erscheinen, ob die (entsprechend Art.
5 Abs.
2 der [X.]) als unbefristete Ausnahmeregelung konzipierte Bestimmung des Art.
9 Abs. 1 lit. h der [X.] im Einklang mit den primär-rechtlichen Gewährleistungen des Unionsrechts steht. Dies gilt vor allem des-halb, weil sich die [X.] (ebenso wie die Gender-[X.]) in ihren Erwägungsgründen als Rechtsrahmen auf Art.
21 und 23 der Charta der Grundrechte der [X.]päischen Union bezieht und insoweit der [X.] Prüfungsmaßstab gilt. Im [X.]n Schrifttum besteht deshalb

soweit ersichtlich

grundsätzlich Einigkeit über die präjudizielle Bedeutung der "[X.]"-Entscheidung für die Beurteilung der Frage nach einer möglichen Uni-onsrechtswidrigkeit von Art.
9 Abs.
1 lit.
h der [X.] (vgl. [X.]/[X.] Bd.
I [Stand: März 2015] Kap.
6 Rn.
159; 39
-
23
-

Ahrendt RdA 2016, 129, 138 f.; Krönung [X.] 2013, 89; [X.] [X.] 2012, 641, 647; [X.] [X.] 2012, 402, 407; [X.] [X.] 2012, 391, 394
ff.; [X.] [X.] 2012, 292,
293; [X.]/Wilhelm BB 2012, 381
f.; [X.] DB 2012, 2775, 2776 f.; vgl. auch [X.]/[X.] [X.] 2011, 432, 439: mittelbare Auswirkungen der "[X.]"-Entscheidung zumindest auf die versicherungsförmigen Durchführungswege der betrieblichen Altersversor-gung).
bb) Die möglichen Folgewirkungen der "[X.]"-Entscheidung auf das System der betrieblichen Altersversorgung haben ihren Niederschlag auch in den zwischen der [X.] und der Fachvereinigung Zusatzversorgung in der [X.] und kirchliche Altersversorgung e.V. ([X.]) ver-einbarten "Richtlinien zum Versorgungsausgleich"
(abgedruckt bei [X.]/[X.] Die Versorgung der Beschäftigten des
öffentlichen Dienstes unter
Nr.
610) gefunden. Nach Ziffer
2.4.1 der "Richtlinien"
sollen bei [X.] ab dem 1.
Januar 2013 aus Gründen der Rechtssicherheit unab-hängig vom Ehezeitende auch in der Pflichtversicherung nur noch geschlechts-neutrale Barwertfaktoren herangezogen werden. Diesen Empfehlungen folgend haben einige kommunale [X.] ihr Bewertungssystem be-reits im Jahr 2013 auf geschlechtsneutrale Barwertfaktoren umgestellt (vgl. [X.] FamRZ 2015, 1106, 1107: Zusatzversorgungskasse der bayeri-schen Gemeinden).
Vor diesem Hintergrund kann die von den "Richtlinien"
abweichende und im Ergebnis schon gegen nationales Verfassungsrecht verstoßende Praxis der Verwendung geschlechtsspezifischer Barwertfaktoren bei der Ermittlung des [X.] nur noch für solche Versorgungsauskünfte hingenommen wer-den, die vor dem 1.
Januar 2013 erteilt worden sind.

40
41
-
24
-

cc) Wird die Versorgungsauskunft dagegen

wie hier

nach dem 1.
Ja-nuar 2013 erteilt, ist sie bei Heranziehung geschlechtsspezifischer Barwertfak-toren grundsätzlich nicht verwertbar. Solange der betroffene [X.] sein Bewertungssystem noch nicht auf geschlechtsneutrale [X.] umgestellt hat, kommt in der Übergangszeit auch eine Schät-zung aufgrund von Näherungsberechnungen anhand der bisherigen ge-schlechtsspezifischen Barwertfaktoren in Betracht
(vgl.
[X.], 305, 308
f.). Da es insoweit an den erforderlichen Feststellungen zu den unterschiedlichen, eine solche Berechnung ermöglichenden Barwertfaktoren fehlt, ist
die Entscheidung aufzuheben und die Sache an das Beschwerdege-richt zurückzuverweisen.

Dose

Schilling

Nedden-Boeger

Botur

Guhling
Vorinstanzen:
AG [X.], Entscheidung vom 18.07.2016 -
57 F 2360/15 S -

[X.] am Main, Entscheidung vom 24.11.2016 -
6 UF 229/16 -

42

Meta

XII ZB 582/16

08.03.2017

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.03.2017, Az. XII ZB 582/16 (REWIS RS 2017, 14460)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 14460

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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XII ZB 582/16

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