Bundesgerichtshof, Urteil vom 20.02.2024, Az. VIa ZR 1009/22

6a. Zivilsenat | REWIS RS 2024, 965

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Tenor

Auf die Revision des [X.] wird der Beschluss des 5. Zivilsenats des [X.] vom 16. Juni 2022 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufungsanträge zu 1 und zu 3 zurückgewiesen worden sind.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger nimmt die Beklagte wegen der Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen in einem Kraftfahrzeug auf Schadensersatz in Anspruch.

2

Er erwarb im März 2015 für 55.210 € ein von der Beklagten hergestelltes Kraftfahrzeug [X.], das mit einem von der Beklagten hergestellten Dieselmotor der Baureihe [X.] (Schadstoffklasse Euro 6) ausgerüstet ist.

3

Das [X.] hat die im Wesentlichen auf Zahlung von Schadensersatz nebst Zinsen, Zahlung von [X.], Feststellung des Annahmeverzugs und Freistellung von Rechtsverfolgungskosten gerichtete Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung, mit der der Kläger seine Anträge aus dem ersten Rechtszug im Wesentlichen weiterverfolgt hat, ist erfolglos geblieben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger nur seine die Zahlung von Schadensersatz nebst Zinsen und die Feststellung des Annahmeverzugs betreffenden Berufungsanträge zu 1 und zu 3 weiter.

Entscheidungsgründe

4

Die Revision des [X.] hat Erfolg.

I.

5

Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

6

Die Voraussetzungen der §§ 826, 31 BGB seien nicht erfüllt. Anhaltspunkte für eine sittenwidrige Schädigung des [X.] durch die Beklagte seien nicht ersichtlich und habe der Kläger nicht dargetan. So werde im Zusammenhang mit dem über den Temperaturbereich des [X.] hinausreichenden [X.] nicht nach [X.]- und Fahrbetrieb unterschieden, und Anhaltspunkte für ein Unrechtsbewusstsein der für die Beklagte tätigen Personen gebe es nicht. Ebenso wenig unterscheide die Funktion des Kaltaufheizens nach dem [X.]- und dem Fahrbetrieb. Die weitere Abschalteinrichtungen betreffenden Behauptungen des [X.] seien nicht hinreichend substantiiert erhoben worden. Auch seien die Einrichtungen nicht mit prüfstandsbezogenen Abschalteinrichtungen vergleichbar.

7

Einen Schadensersatzanspruch könne der Kläger auch nicht aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 [X.]-FGV ableiten. Denn in den zuletzt genannten Bestimmungen lägen keine Schutzgesetze.

II.

8

Diese Erwägungen halten der Überprüfung im Revisionsverfahren teilweise nicht stand.

9

1. Es begegnet keinen revisionsrechtlichen Bedenken, dass das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten aus §§ 826, 31 BGB verneint hat. Die Revision erhebt insoweit auch keine Einwände.

2. Die Revision wendet sich jedoch mit Erfolg dagegen, dass das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 [X.]-FGV abgelehnt hat. Wie der Senat nach Erlass des angefochtenen Beschlusses entschieden hat, sind die Bestimmungen der § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 [X.]-FGV Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB, die das Interesse des [X.] gegenüber dem Fahrzeughersteller wahren, nicht durch den Kaufvertragsabschluss eine Vermögenseinbuße im Sinne der [X.] zu erleiden, weil das Fahrzeug entgegen der Übereinstimmungsbescheinigung eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne des Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung ([X.]) Nr. 715/2007 aufweist (vgl. [X.], Urteil vom 26. Juni 2023 - [X.], [X.]Z 237, 245 Rn. 29 bis 32).

Das Berufungsgericht hat daher zwar zu Recht einen Anspruch des [X.] auf die Gewährung sogenannten "großen" Schadensersatzes verneint (vgl. [X.], Urteil vom 26. Juni 2023 - [X.], [X.]Z 237, 245 Rn. 22 bis 27). Es hat jedoch nicht berücksichtigt, dass dem Kläger nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 [X.]-FGV ein Anspruch auf Ersatz eines erlittenen [X.]s zustehen kann (vgl. [X.], Urteil vom 26. Juni 2023, aaO, Rn. 28 bis 32; ebenso [X.], Urteile vom 20. Juli 2023 - [X.], [X.], 1839 Rn. 21 ff.; - [X.], juris Rn. 16 f.; Urteil vom 12. Oktober 2023 - [X.], juris Rn. 20). Demzufolge hat das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - weder dem Kläger Gelegenheit zur Darlegung eines solchen Schadens gegeben, noch hat es Feststellungen zu einer deliktischen Haftung der Beklagten wegen des zumindest fahrlässigen Einbaus einer unzulässigen Abschalteinrichtung getroffen.

III.

Die angefochtene Entscheidung ist demnach im beantragten Umfang aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO), weil sie sich insoweit auch nicht aus anderen Gründen als richtig darstellt (§ 561 ZPO). Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Im wiedereröffneten Berufungsverfahren wird der Kläger Gelegenheit haben, einen [X.] darzulegen. Das Berufungsgericht wird sodann nach den näheren Maßgaben des Urteils des Senats vom 26. Juni 2023 ([X.], [X.]Z 237, 245) die erforderlichen Feststellungen zu den Voraussetzungen und zum Umfang einer Haftung der Beklagten nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 [X.]-FGV zu treffen haben.

[X.]     

      

Möhring     

      

Götz   

      

Rensen     

      

Vogt-Beheim     

      

Meta

VIa ZR 1009/22

20.02.2024

Bundesgerichtshof 6a. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt, 16. Juni 2022, Az: 5 U 51/22

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 20.02.2024, Az. VIa ZR 1009/22 (REWIS RS 2024, 965)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2024, 965

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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VII ZR 412/21

III ZR 303/20

III ZR 267/20

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