Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.04.2013, Az. VIII ZR 379/12

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 6808

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VIII ZR 379/12
Verkündet am:

10. April 2013

Ring,

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 551 Abs. 1, 4
Auf eine
Sicherheit, die dem Vermieter zur Abwendung einer Kündigung wegen [X.] gewährt wird, findet §
551 Abs.
1, 4 [X.] keine Anwendung (Fortfüh-rung von [X.], Urteil vom 7.
Juni 1990 -
IX
ZR 16/90, [X.]Z 111, 361, 363).

[X.], Urteil vom 10. April 2013 -
VIII ZR 379/12 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-
Der VIII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 10. April 2013
durch den Vorsitzenden [X.], die Richterinnen
Dr.
Milger
und Dr. Hessel sowie die
Richter Dr.
[X.] und Dr.
Schneider

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 15. Zivilsenats des [X.] vom 4. April 2012 wird [X.].
Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.Von Rechts wegen

Tatbestand:
Der Kläger nimmt die Beklagte aus einer Bürgschaft in Anspruch.
Der Bruder der Beklagten hatte vom Kläger mit Vertrag vom 30. April 2005 eine
Wohnung in M.

angemietet. Die Miete belief sich auf
monat-
Nebenkostenvorauszahlungen. Nachdem die
Mieten für die Monate Juli und August 2007 nicht gezahlt worden waren, drohte der Kläger die Kündigung des Mietverhältnisses an. Auf Bitten der Beklagten war er jedoch
bereit, von der Kündigung Abstand zu nehmen und die Rückstände dem Kauti-onssparbuch zu entnehmen, sofern ihm eine andere Sicherheit gestellt würde. Am 11. September 2007 unterzeichnete die Beklagte in der Bank, in die sie und der Kläger sich zur Auflösung des Mietkautionssparbuchs begeben hatten, eine vom Kläger verfasste Bürgschaftserklärung.
Darin heißt es:
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"Hiermit verbürge ich [X.] für die Mietzahlungen des Hr.

V.

in der Wohnung Nr.

,

M.

gegenüber dem Vermieter, Hr.

B.

.

Die Bürgschaft endet automatisch bei vollständiger Begleichung aller Mieten und Mietnebenkosten zum Ende des Mietverhältnisses."
In der Folgezeit blieb der Bruder der Beklagten die Mieten für die Monate Oktober bis November 2007 sowie ab Oktober 2008 schuldig. Der Kläger [X.] das Mietverhältnis deshalb im Juni 2009 fristlos und erhob Räumungs-
und Zahlungsklage. Der Bruder der Beklagten wurde zur Räumung und zur

Der Kläger hat Zahlung der Urteilssumme sowie der darin nicht enthalte-nen Mieten für die Monate August und September 2009 begehrt, insgesamt . Das [X.] hat der Klage stattgegeben.
Das [X.] hat die Berufung der Beklagten, mit der sie
bezüglich einer

nebst Zinsen übersteigenden
Forderung Klageabweisung begehrt hat, zurückgewiesen.
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren in diesem Umfang weiter.

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse,
im Wesentlichen ausgeführt:
Die Beklagte hafte dem Kläger aus der Bürgschaft für sämtliche von ihm geltend gemachten Ansprüche aus dem Mietverhältnis mit ihrem Bruder.
Die 3
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Bürgschaftserklärung enthalte keine zeitliche oder betragsmäßige Begrenzung. Zudem sei das Ende der Vertragsbeziehung aus der Bürgschaft auf den Zeit-punkt festgelegt, zu dem alle Mieten und Mietnebenkosten zum Ende des [X.] beglichen seien. Aus der maßgeblichen objektiven Empfänger-sicht sei die Bürgschaftsurkunde daher dahin zu verstehen, dass sämtliche Forderungen aus dem Mietverhältnis einschließlich einer etwaigen Nutzungs-entschädigung nach § 546 [X.] von der Bürgschaft umfasst seien.

Die Beklagte könne sich auch nicht darauf berufen, dass die Bürgschaft ohne Kautionsabrede und damit [X.] geleistet sei. Die Bürgschaft sei auch
nicht deshalb unwirksam, weil sie
entgegen § 551 Abs. 4 [X.]
drei Mo-natsmieten übersteige. Diese Vorschrift sei entsprechend ihrem Sinn und Zweck einschränkend auszulegen. § 551 Abs. 1 [X.] verfolge den Zweck, den Mieter unter Anerkennung des [X.] des Vermieters vor zu großen Belastungen zu bewahren
und Erschwerungen für den Abschluss neuer Mietverträge entgegenzuwirken, die in mobilitätshemmender Weise von hohen Kautionsforderungen ausgehen könnten.
Vom Schutzzweck des §
551 Abs.
1 [X.] werde allerdings der Fall
nicht erfasst, dass ein Dritter unaufgefordert dem Vermieter eine Bürgschaft zusage und es anschließend zum Abschluss eines Mietvertrages komme; jedenfalls gelte dies dann, wenn die Bürgschaft erkenn-bar nicht mit besonderen Belastungen für den Mieter verbunden sei.
Ein weiterer nicht vom Schutzzweck des § 551 Abs. 1 [X.] erfasster Fall sei gegeben, wenn -
wie hier -
der Vermieter von einer sofortigen Kündigung des Mietverhältnisses wegen Zahlungsverzugs absehe, weil die in Form eines Sparguthabens gewährte Kaution für die Rückstände verwendet werde und er auf sein Verlangen hin von einem Dritten eine Bürgschaft erhalte, die alle [X.] auf Miete und Nebenkosten bis zum Ende des Mietverhältnisses si-chere. Die über drei Monatsmieten hinausgehende Bürgschaft stelle jedenfalls 8
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dann keine übermäßige Belastung des Mieters dar, wenn es sich -
wie hier -
um eine unentgeltlich gewährte Bürgschaft handele. Er müsse dem Bürgen zwar die Aufwendungen ersetzen, die diesem im Falle der
Inanspruchnahme durch den Vermieter
entstünden. Dabei handele es sich aber nicht um zusätzliche Verbindlichkeiten, denn der Mieter müsse dem Bürgen in diesem Falle nur das ersetzen, was er ohnehin dem Vermieter geschuldet habe.

II.
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand, so dass die Revi-sion zurückzuweisen ist.
Das Berufungsgericht hat
zu Recht entschieden, dass die Beklagte für die
Mietschulden ihres Bruders aus § 765 Abs. 1 [X.] haftet, weil sie in der Ur-kunde vom 11. September 2007
wirksam die Bürgschaft für sämtliche Mietfor-derungen und Nutzungsentschädigungen bis zur Beendigung des Mietverhält-nisses beziehungsweise bis zum Auszug ihres Bruders übernommen hat.
1. Entgegen der Auffassung der Revision ist die Bürgschaft nicht dahin auszulegen, dass sie sich auf einen Betrag von drei Monatsmieten beschränkt.
Das Berufungsgericht hat die Bürgschaftserklärung

rechtsfehlerfrei dahin [X.], dass sie keine zeitliche oder betragsmäßige Begrenzung enthält. Soweit die Revision aus dem Umstand, dass die Bürgschaft die ursprüngliche Sicher-heit ersetzen sollte, den Schluss ziehen will, dass die Höhe der Bürgschaft [X.] ungeachtet des Wortlauts auf den ursprünglich auf dem Kautionssparbuch vorhandenen Betrag begrenzt sei, setzt sie lediglich ihre eigene Auslegung an die Stelle der Auslegung des Berufungsgerichts; dies ist revisionsrechtlich un-beachtlich.
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2. Entgegen der Auffassung der Revision ist die Bürgschaft auch nicht wegen eines Verstoßes gegen §
551 Abs. 4 [X.] insoweit unwirksam, als sie den Betrag von drei Monatsmieten übersteigt. Dem Berufungsgericht ist darin beizupflichten, dass § 551 Abs. 1, 4 [X.] entsprechend seinem Schutzzweck einschränkend dahin auszulegen ist, dass er keine Anwendung auf eine Si-cherheit findet, die dem Vermieter von einem Dritten zur Abwendung einer dro-henden Kündigung wegen Zahlungsverzugs gewährt wird.
Wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat, dient die in § 551 Abs. 1 [X.] enthaltene Begrenzung der Mietsicherheit auf drei Monatsmieten -
bei [X.] des grundsätzlichen Sicherungsbedürfnisses des Vermieters -
dem Interesse des Mieters
vor zu hohen Belastungen. Insbesondere soll damit
Er-schwerungen für den Abschluss eines Mietvertrages entgegengewirkt werden, die in mobilitätshemmender Weise von hohen Kautionsforderungen ausgehen können (vgl. BT
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Drucks. 9/2079 S. 10
zu § 550b Abs. 1 Satz 1 [X.] aF,
der Vorgängervorschrift zu § 551 Abs. 1 [X.]). Nach der Rechtsprechung des [X.] ist dieser Schutzzweck nicht betroffen, wenn
Eltern für ihre Kinder -
anstelle einer Anmietung im eigenen Namen -
von sich aus dem
[X.] eine Bürgschaft für den Fall eines Vertragsschlusses zusagen; in einem solchen Fall steht die gesetzliche Begrenzung der Mietsicherheit einer wirksa-men Übernahme einer Bürgschaft durch die Eltern nicht entgegen ([X.], Urteil vom 7. Juni 1990 -
IX
ZR 16/90, [X.]Z 111, 361, 363).
Ähnlich verhält es sich bei einer Sicherheit, die
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wie hier -

im laufenden Mietverhältnis zur Abwendung einer drohenden Kündigung des Vermieters we-gen Zahlungsverzugs gewährt wird.
Ein unabdingbares Verbot, in dieser
Situa-tion eine drei Monatsmieten übersteigende Sicherheit zu vereinbaren,
würde in erster
Linie den Mieter benachteiligen, weil der Vermieter in diesem Fall keine wirksame zusätzliche Sicherheit erhalten könnte und die fristlose Kündigung 13
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des Mietverhältnisses wegen des eingetretenen Zahlungsverzuges die Folge
wäre; die dem Schutz des Mieters dienende Begrenzung der Mietsicherheit würde damit
in ihr Gegenteil verkehrt.
Auf eine Kaution, mit der eine drohende Zahlungsverzugskündigung des Vermieters abgewendet werden soll,
findet §
551 Abs. 1, 4 [X.] deshalb generell keine Anwendung ([X.], NJW-RR 1991, 1291; [X.]/[X.], [X.], 72. Aufl., § 551 Rn.
3; [X.]/[X.], Miete, 3.
Aufl., §
551 Rn. 33; [X.], Mietrecht aktuell, 4. Aufl., [X.]; aA
Staudinger/[X.],
[X.], Neubearb. 2011, § 551 Rn. 4
und 9); darauf, ob
der Bürge eine derartige Sicherheit unaufgefordert beigebracht oder der [X.] eine zusätzliche Sicherheit verlangt hat, kommt es
nicht an.
[X.]
Dr. Milger
Dr. Hessel

Dr. [X.]
Dr. Schneider
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 23.09.2011 -
8 O 105/10 -

OLG [X.], Entscheidung vom 04.04.2012 -
15 [X.] -

Meta

VIII ZR 379/12

10.04.2013

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.04.2013, Az. VIII ZR 379/12 (REWIS RS 2013, 6808)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 6808

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VIII ZR 379/12

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