Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.03.2012, Az. I ZR 102/10

I. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 7865

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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I
ZR
102/10
Verkündet am:
22. März 2012
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
Stimmt's?
[X.] § 5 Abs. 3, § 15 Abs. 2
a)
Titelschutz kann auch der Bezeichnung einer regelmäßig nur wenige [X.] umfassenden Kolumne zukommen, die zu einem bestimmten [X.] in einer Zeitung oder Zeitschrift erscheint.
b) Bei schutzfähigen Titeln für Teile einer Zeitung oder Zeitschrift
kommt es für die Frage der [X.] maßgeblich auch auf Form und Inhalt der medialen Einbettung der angegriffenen Bezeichnung an, wobei unter an-derem die typische Art der Präsentation der Beiträge (z.B. nur Text oder auch Bilder) erheblich ist.

[X.], Urteil vom 22. März 2012 -
I [X.] -
OLG [X.]

LG [X.]

-
2
-
Der [X.]
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 22.
März 2012 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr.
Bornkamm und die Richter Prof. Dr.
Büscher, Dr.
Schaffert, Dr.
Kirchhoff und Dr.
Löffler
für Recht erkannt:
Auf die Revision der [X.] wird das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts [X.], 3.
Zivilsenat, vom 12.
Mai 2010 auf-gehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht [X.].
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin gibt die Wochenzeitung DIE ZEIT

heraus. Darin erscheint seit vielen Jahren unter der Kolumnenbezeichnung

wöchentlich ein jeweils mit einer
wechselnden
inhaltsbezogenen Überschrift versehener Artikel, in dem Fragen der Leser beantwortet werden, die sich auf Rätsel des Alltags, schwer zu verifizierendes Allgemeinwissen, wissenschaftliche Phänomene, My-then und andere populärwissenschaftliche Fragen beziehen. Beispielhaft wird nachfolgend der Beitrag aus der
Ausgabe vom 9.
August 2007
wiedergegeben:
1
-
3
-

Der Beitrag war dort auf Seite
30 unten links wie folgt platziert:
2
-
4
-
Die in der Kolumne

erschienenen Beiträge werden jedenfalls seit Oktober 2001 auch im [X.]auftritt der ZEIT

unter der [X.]adresse [X.] veröffentlicht.
Die Beklagte
betreibt das [X.]portal [X.]. Sie veröffentlichte dort unter
der Bezeichnung

ebenfalls Beiträge,
in denen
Fragen
der Nutzer
beantwortet
werden. Am 29.
März 2007 konnte
der nachfolgend einge-blendete Beitrag aufgerufen werden:

3
4
-
5
-
Die Klägerin sieht darin eine Verletzung ihrer Titelschutzrechte. Sie hat im Wege der Stufenklage beantragt, die Beklagte
zu verurteilen,
1.
es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr eine redaktionelle [X.]rubrik mit dem Titel

zu versehen bzw. diese im [X.] anzubieten und/oder anbieten zu lassen, wie dies beispielsweise unter http://magazine.[X.]/de/themen/wissen/stimmts/index/htm am 29.
März 2007 der Fall war;
2.
der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, wann auf welchen Websites, mit welchen Inhalten, welchen Nutzerzahlen und jeweils für welchen Zeitraum die [X.]

von der [X.] bzw. von [X.] in rechtlicher Abhängigkeit von der [X.] verwendet wurden;
3.
an die Klägerin einen Lizenzbetrag zu zahlen, dessen Höhe nach erfolgter Auskunft gemäß Ziffer 2 bestimmt wird.
Das [X.] hat die Beklagte durch Teilurteil antragsgemäß zu Un-terlassung und Auskunft
verurteilt. Die dagegen gerichtete Berufung der Be-klagten
ist
ohne Erfolg
geblieben
(OLG [X.], [X.], 70). Mit der vom [X.] zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin [X.], erstrebt
die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe:
[X.] Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stehe
gegen die Beklagte ein Unterlassungsanspruch gemäß §
5 Abs.
3, §
15 Abs.
2 [X.] wegen Verwendung der Bezeichnung

zu. Dazu hat es ausgeführt:
Die Bezeichnung

sei als Titel einer Rubrik nach
§
5 Abs.
3 [X.] schutzfähig
und
auch
hinreichend unterscheidungskräftig. Zwar habe
der Titel durchaus
beschreibenden Gehalt.
Aufgrund der umgangssprachlichen
Frageform unter Verwendung eines Fragezeichens komme der Bezeichnung
aber
ein ausreichendes Mindestmaß an Originalität zu. Zwischen den [X.]en der Parteien
bestehe bei der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung [X.]. Allerdings
komme dem
Titel der Klägerin
keine über die 5
6
7
8
-
6
-
Werkidentifizierung hinausgehende Titelfunktion
zu, weil er nicht hinreichend bekannt sei. Die von Haus aus nur geringe Kennzeichnungskraft sei aber durch Art und Umfang der langjährigen Benutzung gesteigert. Die [X.] Titel seien identisch
und
die damit bezeichneten Werke ähnlich.
Daran än-dere auch nichts, dass sich die Angebote der Parteien
an unterschiedliche Kundenkreise richteten und in Art und Weise der Informationsvermittlung erheb-lich unterschieden.

I[X.] Die
gegen diese Beurteilung
gerichtete
Revision hat Erfolg.
[X.]

ist zwar für die
Klägerin
als Titel nach
§
5 Abs.
1, 3 [X.]
geschützt und verfügt auch über hinreichende Unterschei-dungskraft.
Auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts kann jedoch keine [X.] zwischen dem Titel der Klägerin und der von der [X.] verwendeten gleichlautenden Bezeichnung angenommen werden.
1. Ohne Erfolg macht die Revision
geltend, das Berufungsgericht habe
unter Verstoß gegen §
286 Abs.
1 Satz
2, §
313 Abs.
3 ZPO keine konkreten Feststellungen dazu getroffen, dass es sich bei der Serie

um ein ti-telschutzfähiges Werk handele. Es genügt
den Anforderungen des §
313 Abs.
3 ZPO, wenn durch Bezugnahme in den Entscheidungsgründen erkennbar wird, dass das Berufungsgericht die von der Vorinstanz gegebene Begründung über-prüft und sich zu eigen gemacht hat ([X.], Urteil vom 7.
Juni 1996
-
I
ZR
114/94, [X.], 786, 788
= WRP 1996, 1020
-
Blumenverkauf an Tankstellen). Das ist hier
der Fall. Das Berufungsgericht hat in den [X.] auf die Erwägungen des erstinstanzlichen Urteils durch den Hinweis Bezug genommen, das [X.] habe den von der Klägerin geltend gemachten Un-terlassungs-
und Auskunftsanspruch mit zutreffender Begründung zuerkannt. Aus dieser
Bezugnahme wird hinreichend deutlich, dass das Berufungsgericht die vom [X.] gegebene Begründung für die Annahme, die Kolumne
9
10
-
7
-

sei ein titelschutzfähiges Werk, überprüft und sich zu eigen [X.] hat. Nach
Auffassung
des [X.]s weist die streitgegenständliche Kolumne die für die Werkqualität erforderliche Selbständigkeit auf, weil sie als eigenständige Abteilung und wiederkehrender Bestandteil der Zeitung [X.] wird und zudem durch einen deutlichen Trennstrich von den übrigen auf der Seite befindlichen Texten abgesetzt ist.
2. Die Beurteilung
des
Berufungsgerichts, dass für die [X.]
?

der Klägerin Titelschutz besteht,
hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.
a) Für die Annahme eines schutzfähigen [X.] genügt es entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts allerdings nicht, dass der Verkehr die Be-zeichnung einer Rubrik als bestimmt und geeignet ansieht, diese von anderen Rubriken zu unterscheiden. Dieses Kriterium dient der Prüfung, ob einem Titel die für den Schutz als Werktitel
nach §
5 Abs.
1 [X.] erforderliche Unter-scheidungskraft zukommt. Davon zu trennen ist die vorgelagerte Frage, ob sich die Bezeichnung, für die Titelschutz begehrt wird, überhaupt auf ein titelschutz-fähiges Werk im Sinne von §
5 Abs.
3 [X.] bezieht.
b) Werktitel werden nach §
5 Abs.
1 [X.]
als geschäftliche [X.] geschützt.
Gemäß §
5 Abs.
3 [X.] sind
schutzfähige Werktitel
die Namen
oder besonderen Bezeichnungen von Druckschriften, Filmwerken, Tonwerken, Bühnenwerken oder sonstigen vergleichbaren Werken.
Dabei
gilt
ein gegenüber dem Urheberrecht eigenständiger kennzeichenrechtlicher [X.] (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum [X.], BT-Drucks.
12/6581, S.
67; [X.], [X.] des [X.], 2008,
Rn.
94
f.; [X.]/Ellerbrock, Titelschutz, 2.
Aufl. 2004,
Rn.
26).
Werke
im kennzeichenrechtlichen Sinne
sind
alle
immateriellen
Ar-beitsergebnisse, die als Gegenstand des Rechts-
und Geschäftsverkehrs nach 11
12
13
-
8
-
der Verkehrsanschauung bezeichnungsfähig sind (vgl. [X.], Urteil vom 21.
Ja-nuar 1993
-
I
ZR
25/91, [X.], 767, 768
= WRP 1993, 701
-
Zappel-Fisch;
Urteil vom 24.
April 1997
-
I
ZR
44/95, [X.]Z 135, 278
-
PowerPoint;
[X.]/Ellerbrock
aaO
Rn.
29).
c) Im Hinblick auf die Werkkategorie der Druckschriften
war
bereits in der Rechtsprechung des [X.] zu §
16 UWG aF
anerkannt,
dass
Titel-schutz
nicht nur für die
Bezeichnung einer Zeitung oder Zeitschrift
als Ganzes, sondern
unter bestimmten Voraussetzungen
auch für die
Bezeichnung von
Tei-len
einer Druckschrift in Betracht kommt ([X.], 189, 191
-
Kunstseiden-Kurier). Diese Rechtsprechung hat der [X.] fortgeführt
([X.], Ur-teil vom 29.
April 1999
-
I
ZR
152/96, [X.], 70, 72 = [X.], 1279
-
SZENE; Urteil vom 18.
Juni 2009
-
I
ZR
47/07, [X.], 156 Rn.
15 = [X.], 266
-
Eifel-Zeitung).
Danach ist ein Teil einer Zeitung oder Zeitschrift ein eigenes titelschutz-fähiges Werk im Sinne des §
5 Abs.
3
[X.], wenn es sich um eine beson-dere, nach ihrer äußeren Aufmachung sowie nach ihrem Gegenstand und Inhalt in gewissem Umfang selbständig gestaltete Abteilung handelt, die regelmäßig wiederkehrend unter eigener kennzeichnungskräftiger Bezeichnung erscheint ([X.], 189, 191
-
Kunstseiden-Kurier;
[X.], [X.], 70, 72
-
SZENE). Die erforderliche äußere Selbständigkeit liegt jedenfalls bei regelmäßigen [X.] von Zeitungen, die sich inhaltlich mit bestimmten Themen befassen ([X.], 189, 191
-
Kunstseiden-Kurier),
sowie bei mehrseitigen Regionalteilen oder
anderen Rubriken einer Tageszeitung ([X.], [X.], 156 Rn.
15
-
Ei-fel-Zeitung; OLG [X.], [X.], 309, 310
f.) vor und kann auch bei einer einzelnen, thematisch besonders ausgerichteten Zeitungsseite gegeben sein ([X.], 189, 191
-
Kunstseiden-Kurier; offengelassen in [X.], [X.], 70, 72
-
SZENE).
14
15
-
9
-
Nach diesen Grundsätzen kann auch der Bezeichnung einer Kolumne, die seit vielen Jahren zu einem bestimmten Themengebiet in einer Zeitung oder Zeitschrift erscheint, Titelschutz zukommen. Der Kolumnentitel wird dann zur geschäftlichen Bezeichnung der darunter erscheinenden redaktionellen Beiträ-ge. Die erforderliche äußerliche Selbständigkeit der Kolumne gegenüber dem übrigen Inhalt der Zeitschrift ergibt sich aus ihrer drucktechnischen Gestaltung, die sie von anderen Beiträgen abgrenzt.
Nicht entscheidend ist, ob die Kolumne einen größeren oder kleineren Teil einer Zeitungs-
oder Zeitschriftenseite ein-nimmt. Titelschutz kann für eine Kolumne auch dann bestehen, wenn sie re-gelmäßig nur wenige Absätze umfasst.
d) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist
hier
von einer titel-schutzfähigen Kolumne auszugehen. Die Kolumne ist von den übrigen Artikeln der Seite durch einen Trennstrich deutlich abgesetzt
und erhält dadurch eine gewisse äußere Selbständigkeit.
Sie erscheint seit vielen Jahren wöchentlich mit einer bestimmten thematischen Ausrichtung.
Jedenfalls im Streitfall ist die Kolumne damit ein titelschutzfähiges Werk. Dafür
ist unerheblich, dass die Ko-lumnenbezeichnung als Übertitel

stets deutlich kleiner gestaltet ist als die ei-gentliche Überschrift des unter ihr veröffentlichten konkreten Beitrags.

3. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Beurteilung des [X.], die Bezeichnung

sei hinreichend unterscheidungs-kräftig.
a) Die Unterscheidungskraft
bezeichnet die Eignung des Titels, ein
Werk als solches zu individualisieren und von einem anderen zu unterscheiden ([X.], 2, 5
-
Brehms Tierleben; [X.], Urteil vom 6.
Juni 2002
-
I
ZR
108/00, [X.], 1083, 1084 = [X.], 1279
-
1, 2, 3 im Sauseschritt). Sie fehlt, wenn sich der Titel nach Wortwahl, Gestaltung und vom Verkehr zugemessener Bedeutung in einer werkbezogenen Inhaltsbeschreibung erschöpft ([X.], Urteil 16
17
18
19
-
10
-
vom 27.
September 1990
-
I
ZR
87/89, [X.], 153, 154 = [X.], 151
-
Pizza und Pasta). An die Unterscheidungskraft eines Zeitungs-
oder Zeitschrif-tentitels sind nach der Rechtsprechung des [X.]s nur geringe Anforderungen zu stellen, da der Verkehr seit langem daran gewöhnt ist, dass Zeitschriften und Zeitungen mit mehr oder weniger farblosen und nur inhaltlich oder räumlich konkretisierten Gattungsbezeichnungen gekennzeichnet werden ([X.], [X.], 70, 72
-
SZENE). Diese Grundsätze hat der [X.] auch bei der Beurtei-lung der Kennzeichnungskraft eines Titels des [X.] einer Zeitung für anwendbar erachtet ([X.], [X.], 156 Rn.
14
-
Eifel-Zeitung). Sie gelten aber -
entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts -
nicht in gleichem Ma-ße für die Bezeichnung von einzelnen
Artikeln,
Serien
schutzfähiger
Artikel zu bestimmten Themengebieten
oder
regelmäßig erscheinenden Kolumnen. Zwar gibt es
auch hier wie bei jedem Titel ein gewisses Bedürfnis, den Inhalt des be-zeichneten Werkes
zu beschreiben. In diesen Fällen besteht aber
regelmäßig
ein
deutlich größerer
Gestaltungsspielraum
als bei Zeitungs-
und Zeitschriftenti-teln. Daraus folgt, dass höhere Anforderungen an die Unterscheidungskraft zu stellen sind.
b) Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die [X.] Fassung in Frageform dem Titel
?

ein gewisses Min-destmaß an Originalität verleiht.
Der Titel ist nicht glatt beschreibend. Er
weist zwar
deutlich
darauf hin, dass
in den unter dem Titel erscheinenden Artikeln
Fragen beantwortet werden. Dass es sich dabei um Fragen der Leser handelt, wird aber ebenso wenig erkennbar wie die besondere thematische Ausrichtung auf Allgemeinwissen, Alltagsrätsel und populärwissenschaftliche Fragen.
Auch wenn daher

n-reichende, wenngleich nur geringe Unterscheidungskraft zukommt, besagt
dies nicht, dass ein solcher Titel schon mit Benutzungsaufnahme Titelschutz erlangt. Erforderlich ist vielmehr, dass der Verkehr die fragliche Überschrift auch als Ti-20
21
-
11
-
tel eines titelschutzfähigen Werkes erkennt. Im Falle eines Kolumnentitels wird dies häufig voraussetzen, dass die Kolumne bereits mehrere Male und mit eini-ger Regelmäßigkeit erschienen ist. Denn andernfalls wird der Verkehr die Be-zeichnung lediglich als Überschrift des einzelnen Artikels ansehen, für die ein Titelschutz nicht in Betracht käme. Im Streitfall steht diese Voraussetzung [X.] nicht in Zweifel. Aufgrund der vom Berufungsgericht festgestellten regel-mäßigen Verwendung des Klagezeichens in der Wochenzeitung DIE ZEIT

seit 1997 erkennt der Leser, dass es sich bei dem Zeichen um den Titel der [X.] und nicht nur um die Überschrift des einzelnen Artikels handelt.
4. Mit Erfolg wendet sich die Revision aber gegen
die Annahme des Be-rufungsgerichts, zwischen dem Titel der Klägerin und der angegriffenen Be-zeichnung der [X.] bestehe im Sinne von §
15 Abs.
2 [X.] Ver-wechslungsgefahr.
a) Werktitel im Sinne des §
5 Abs.
3 [X.] dienen grundsätzlich nur der Unterscheidung eines Werkes von anderen, ohne einen Hinweis auf den Hersteller oder Inhaber des Werkes und damit auf eine bestimmte betriebliche Herkunft zu enthalten. Sie sind daher in der Regel nur gegen die Gefahr einer
unmittelbaren
Verwechslung im engeren Sinne
geschützt ([X.], Urteil vom 13.
Oktober 2004
-
I
ZR
181/02, [X.], 264, 265
f. = [X.], 213
-
Das Telefon-Sparbuch,
mwN). Eine solche Gefahr einer unmittelbaren
Ver-wechslung
liegt dann vor, wenn aufgrund
der Benutzung des angegriffenen [X.] die Gefahr besteht, dass der Verkehr den einen Titel für den anderen hält ([X.], Urteil vom 1.
März 2001
-
I
ZR
211/98, [X.]Z 147, 56, 64
f.
-
Tages-schau). Dabei ist die [X.] auf der Grundlage
einer Wechsel-wirkung zwischen [X.] in Betracht
kommenden Faktoren zu beurteilen, insbe-sondere der Kennzeichnungskraft des älteren Titels, der [X.] und der Ähnlichkeit der Titel (vgl. [X.]Z 146, 56, 63
-
Tagesschau; [X.]
[X.], 1083, 1084
-
1,
2,
3 im Sauseschritt). Bei [X.] sind zudem die 22
23
-
12
-
Marktverhältnisse sowie
Charakter, Erscheinungsbild, Gegenstand, Aufma-chung, Erscheinungsweise und Vertriebsform der Zeitschrift zu berücksichtigen (vgl. [X.], Urteil vom 21.
Juni 2001
-
I
ZR
27/99, [X.], 176 = [X.], 89
-
Auto Magazin). Für die Beurteilung der [X.] bei
selbständig schutzfähigen Teilen einer Zeitung oder Zeitschrift
gelten dieselben Grundsätze.
b)
Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, der Titel der Klägerin verfüge über gesteigerte Kennzeichnungskraft, weil seine
von Haus aus nur [X.] Unterscheidungskraft durch langjährige Benutzung
in der Wochenzeitung DIE ZEIT

und jedenfalls seit dem 29.
Oktober
2001 auch im [X.] unter der Adresse [X.] gesteigert
worden
sei. Die jeweiligen Kolumnen als solche seien als Informationsangebote sehr ähnlich, weil in ihnen Fragen des [X.] Wissens verschiedener Bereiche beantwortet würden. Nicht sehr ähnlich sei allerdings das mediale Umfeld, in das die Kolumnen
eingeordnet
seien. Während die Klägerin
eine Qualitätszeitung für ein gehobenes Publikum anbie-te, sei die Art und Weise der Information auf dem [X.]portal der [X.] eher als boulevardesk bis unterhaltungsorientiert
zu bezeichnen. Trotz dieser Unterschiede in der medialen Einbettung
seien die gegenüberstehenden Werke aber
als ähnlich einzustufen. Angesichts einer gesteigerten Kennzeichnungs-kraft des Titels
der Klägerin, der Ähnlichkeit der Werkkategorien und der [X.] der sich gegenüberstehenden Zeichen sei die [X.]
im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu bejahen.
c) Diese Erwägungen des
Berufungsgerichts halten der rechtlichen
Nachprüfung nicht in [X.] Punkten stand.
aa) Der Titel
?

ist im Hinblick auf seine deutlich beschreiben-den Anklänge von Haus aus nur schwach unterscheidungskräftig
(s. oben Rn.
20). Die vom Berufungsgericht festgestellte langjährige
Benutzung verstärkt 24
25
26
-
13
-
zwar die Kennzeichnungskraft. Das rechtfertigt
aber nicht die Annahme, die Benutzung habe im Falle des Klagezeichens zu einer gesteigerten -
im Sinne von überdurchschnittlichen
-
Kennzeichnungskraft geführt. Ein Werktitel, der von Haus aus nur eine schwache Unterscheidungskraft aufweist, wird in der Regel durch intensive Benutzung durchschnittliche Kennzeichnungskraft erlan-gen. Für eine gesteigerte Kennzeichnungskraft wäre eine gesteigerte [X.] erforderlich, die das von Haus
aus
nur schwach unterscheidungs-kräftige Klagezeichen im Zweifel nur aufgrund einer besonders
intensiven
Be-nutzung erreichen könnte.
Eine derartig intensive Benutzung ist indes nicht festgestellt. Insbesondere ist nichts dafür vorgetragen oder ersichtlich, dass der Titel als Bezeichnung der Kolumne in der Wochenzeitung der Klägerin außer-halb des [X.] ihrer Leser bekannt ist, der jedenfalls nur einen Teil des
ange-sprochenen Verkehrs umfasst.
Aufgrund der Feststellungen des Berufungsge-richts kann im Hinblick auf die Größe und die unterschiedliche Platzierung der unter dem Klagezeichen erscheinenden Kolumne noch nicht einmal angenom-men
werden, dass jedem
Leser der Z

das Klagezeichen als Titel der Ko-lumne bekannt ist. Es ist auch weder
festgestellt noch
dargelegt, dass
die Klä-gerin die fragliche Kolumne in der Werbung besonders herausgestellt hat.
bb) Auf der Grundlage einer durchschnittlichen
Kennzeichnungskraft rei-chen Titelidentität
und Ähnlichkeit der mit dem Titel bezeichneten Inhalte für die Annahme einer
[X.] nicht aus. Denn die Art der Präsentation und die mediale Einbettung der angegriffenen Bezeichnung können
eher gegen die Gefahr einer
Verwechslung der beiden in Rede stehenden Titel
sprechen. Es ist nicht auszuschließen, dass auch der Teil des Verkehrs, dem der [X.] Titel die Rubrik im [X.]portal der
[X.] begegnet, wegen der unterschiedli-chen medialen Einbettung mit Blick auf den deutlichen Inhaltsbezug des Titels von einer zufälligen Übereinstimmung ausgehen und nicht annehmen wird, die 27
-
14
-
hier wie dort unter diesem Titel erscheinenden Beiträge seien Teil derselben Serie. Dabei ist zu berücksichtigen, dass -
worauf die Revision mit Recht hin-weist -
die Nutzer eines [X.]portals
nach der Lebenserfahrung in aller Regel wissen, wessen Informationsangebot sie gerade in Anspruch nehmen (vgl. zur Senderwahl der Fernsehzuschauer [X.]Z 147, 56, 66
-
Tagesschau; ferner OLG [X.], NJW-RR 1997, 357, 358, insoweit bestätigt von [X.], [X.], 70, 72
-
SZENE). Die Gefahr, dass die Nutzer des Portals der [X.] annehmen, sie befänden sich auf der [X.] der Klägerin, erscheint unter diesen Umständen als eher fernliegend.
Dem kann -
anders als die Revisionserwiderung unter Berufung auf das landgerichtliche Urteil meint -
auch nicht entgegengehalten werden, der Schutz von [X.] laufe leer, wenn die [X.] schon deshalb [X.] werden könne, weil die beiden mit dem gleichen Titel versehenen Rubri-ken in Publikationen mit unterschiedlichem Haupttitel erschienen
(vgl. hierzu Viefhues/Emsinghoff, [X.], 358, 359
ff.). Tragen beispielsweise zwei Rubriken in zwei ähnlichen Zeitschriften
denselben Titel, ist es denkbar, dass der wenig aufmerksame Leser
mit Blick auf die Rubrik die eine Zeitschrift für die andere hält
(vgl. [X.], [X.], 402, 404). Darüber hinaus wird bei besonders kennzeichnungskräftigen Titeln auch ein Teil der Leser, die erkennen, dass es sich um zwei verschiedene Organe handelt, davon ausge-hen, dass
es sich um eine Rubrik handelt, die hier wie dort erscheint.
cc) Unter diesen Umständen kann das angefochtene Urteil mit der gege-benen Begründung keinen Bestand haben.
II[X.] Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar. Wettbewerbsrechtliche Ansprüche der Klägerin
-
etwa unter dem Gesichtspunkt der Rufausbeutung (§
4 Nr.
9 Buchst.
b UWG) oder der gezielten Behinderung

4 Nr.
10 UWG)
-
kommen nicht in Betracht. Das Berufungsge-28
29
30
-
15
-
richt hat festgestellt, dass der regelmäßig verwendeten Kolumnenüberschrift

keine herkunftshinweisende Kennzeichnungskraft zukommt. Das lässt keinen Rechtsfehler erkennen und wird von der Revisionserwiderung auch nicht in Frage gestellt.
[X.] Das Berufungsurteil ist danach aufzuheben.
Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Der [X.] kann auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts nicht abschließend selbst beurteilen, ob [X.] vorliegt. Die [X.] der [X.] ist zwar eine Rechtsfrage, die grundsätzlich auch das Revisionsgericht beantworten kann ([X.], Urteil vom 14.
Mai 2009 -
I
ZR
231/06, [X.], 1055 Rn.
62 = WRP 2009 1533 -
airdsl). [X.] dafür ist aber die Beurteilung des Gesamteindrucks der Zeichen, die im Wesentlichen auf tatrichterlichem
Gebiet liegt (vgl. [X.], Urteil vom 13.
Januar 2000 -
I
ZR
123/97, [X.], 506, 508 = [X.], 535 -
AT-TACHÉ/[X.]; Urteil vom 27.
November 2003 -
I
ZR
79/01, [X.], 514, 516 = [X.], 758 -
Telekom). Eine fehlerfreie Gesamtbeurteilung auf

31
-
16
-
der Grundlage einer durchschnittlichen
Kennzeichnungskraft des Klagezei-chens, Titelidentität und Ähnlichkeit der mit dem Titel bezeichneten Inhalte un-ter Berücksichtigung der medialen Einbettung ist bisher durch das Berufungsge-richt nicht erfolgt.

Bornkamm
Büscher
Schaffert

Kirchhoff

Löffler

Vorinstanzen:
LG [X.], Entscheidung vom 16.02.2008 -
315 O 549/07 -

OLG [X.], Entscheidung vom 12.05.2010 -
3 [X.] -

Meta

I ZR 102/10

22.03.2012

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.03.2012, Az. I ZR 102/10 (REWIS RS 2012, 7865)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 7865

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