Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.02.2017, Az. VII ZB 18/14

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 16314

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:[X.]:2017:010217BVIIZB18.14.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB 18/14

vom

1. Februar 2017

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO § 91 Abs. 1 Satz 1
Die Erstattungsfähigkeit der Kosten für ein prozessbegleitend eingeholtes, privates Sachverständigengutachten ist nicht deshalb gegeben, weil einem solchen priva-ten Gutachten im Rahmen des Rechtsstreits ein höheres Gewicht zukäme als sonstigem [X.]vortrag.
[X.], Beschluss vom 1. Februar 2017 -
VII ZB 18/14 -
O[X.]

[X.]

-
2
-
Der VII.
Zivilsenat des [X.] hat am
1.
Februar 2017
durch [X.]
Eick, [X.] und Prof.
Dr.
Jurgeleit
und die Richterinnen [X.] und [X.]
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des [X.] gegen den Beschluss des 17.
Zivilsenats des [X.] vom 24.
März 2014 in Richtung des Beklagten zu 1 wird zurückgewiesen.
Die im Rechtsbeschwerdeverfahren angefallenen außergerichtli-chen Kosten des Beklagten zu
1 trägt der Kläger. Im Übrigen bleibt die Kostenentscheidung der Schlussentscheidung vorbehal-ten.

Gründe:
I.
Der Kläger ist Inhaber eines Bauunternehmens. Im Dezember 2000 be-auftragten
die Beklagten
den Kläger mit der Errichtung eines Wohnhauses. Der Kläger nahm die Beklagten
wegen der Zahlung eines Restwerklohns in Höhe von 36.002,15

n
die Beklagten zwei von ihnen
bereits vorprozessual eingeholte Sachverständigen-gutachten, die sich über Mängel des Bauwerks sowie fehlende Fertigstellungs-arbeiten verhielten, in den
Prozess ein. Daraufhin beauftragte der Kläger [X.] einen Sachverständigen, um dessen
Stellungnahme den von den [X.]
-
3
-
klagten
eingeholten Gutachten entgegenzusetzen. Für dieses Gutachten [X.] der Kläger 5.550,35

Im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens begehrt der Kläger, die für seinen Sachverständigen aufgewandten Kosten von 5.550,35

Kostenausgleichung zu berücksichtigen.
Das [X.] hat im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 11.
Dezember 2012 die Kosten für den Privatsachverständigen des [X.] berücksichtigt und einen Erstattungsanspruch des [X.] gegen die Beklagten
in Höhe von 3.675,34

. Gegen diese Entscheidung haben die Beklagten
Be-schwerde eingelegt. Das Beschwerdegericht hat den Kostenfestsetzungsbe-schluss dahin abgeändert, dass der Kläger
verpflichtet ist, den Beklagten
345,13

e-lassen.
Mit der Rechtsbeschwerde begehrt der Kläger,
den Beschluss des Be-schwerdegerichtes aufzuheben
und die Beschwerde der Beklagten
gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des [X.]es zurückzuweisen.
Im Laufe des [X.] ist über das Vermögen der Beklagten zu 2 das Insolvenzverfahren eröffnet worden.

II.
Die gemäß §
574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
2 ZPO statthafte und im Übrigen zu-lässige Rechtsbeschwerde des [X.] in Richtung des Beklagten zu
1 hat [X.]n Erfolg. Hinsichtlich der Beklagten zu
2 ist das Rechtsbeschwerdeverfahren unterbrochen, §
240 ZPO.
2
3
4
5
6
-
4
-
1. Das Beschwerdegericht hat
im Wesentlichen ausgeführt:
Die Kosten für ein im Laufe des Rechtsstreits auf Veranlassung einer [X.] erstelltes Privatgutachten seien in aller Regel nicht erstattungsfähig. [X.] gelte, wenn das Gutachten prozessbezogen sei und zudem die eigene Sachkunde der [X.] für ein klares Urteil in tatsächlicher Hinsicht nicht ausrei-che, so dass sie sich berechtigterweise außer Stande sehe, ihrer Darlegungs-last zu genügen, einen gebotenen Beweis anzutreten oder Angriffe des [X.] sachkundig abzuwehren.
Auf dieser Grundlage sei es nicht gerechtfertigt, die Gutachterkosten des [X.] als erstattungsfähig anzusehen. Der Kläger sei als Inhaber des die Baumaßnahme ausführenden Bauunternehmens als sachkundige [X.] anzu-sehen. Zu Recht hätte die Beklagtenseite
wiederholt und unwidersprochen [X.] hingewiesen, dass der Kläger als Betreiber eines Bauunternehmens in der Lage sei, sich mit dem beklagtenseits außergerichtlich eingeholten Gutachten inhaltlich auseinanderzusetzen. Dies gelte auch, soweit es um die Beurteilung des kostenmäßigen Umfangs der noch ausstehenden Fertigstellungsarbeiten
sowie der Mängelbehebung gehe.
Im Hinblick auf die Sachkunde des [X.] sei es unerheblich, dass das eingeholte Privatgutachten für die Entscheidung des Gerichtes eine Rolle ge-spielt haben möge. Es sei dem Kläger unbenommen, sich der Hilfe eines Sach-verständigen zu bedienen, was aber für die Frage der Erstattungsfähigkeit der Kosten unerheblich sei. In diesem Zusammenhang könne es deshalb auch [X.] Rolle spielen, dass Ausführungen eines Sachverständigen als gewichtiger angesehen werden könnten.
2. Das hält der rechtlichen Überprüfung stand.
7
8
9
10
11
-
5
-
a) §
91 Abs.
1 Satz
1 ZPO bestimmt, dass die unterliegende [X.] die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat, insbesondere die dem Gegner erwach-senen Kosten erstatten muss, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsver-folgung notwendig waren. Nach der Rechtsprechung des [X.] sind nach §
91 Abs.
1 Satz
1 ZPO erstattungsfähige notwendige Kosten solche, die für Maßnahmen
anfallen, die eine verständige und wirtschaftlich vernünftig denkende [X.] als sachdienlich ansehen darf. Für die Beurteilung der [X.] ist auf den Zeitpunkt der Veranlassung der die Kosten auslösenden
Maßnahme abzustellen. Zu den erstattungsfähigen Kosten können ausnahms-weise die Kosten für die Einholung eines Privatsachverständigengutachtens gehören, wenn sie unmittelbar prozessbezogen sind
([X.], Beschluss vom 7.
Februar
2013 -
VII
ZB
60/11, NJW
2013, 1820 Rn.
24 = BauR
2013, 990; Beschluss vom
26.
Februar
2013 -
VI
ZB
59/12, [X.], 1823 Rn.
4
f.; [X.] vom 20.
Dezember 2011 -
VI
ZB
17/11, [X.]Z 192, 140 Rn.
10).
Holt eine [X.]
ein privates Sachverständigengutachten unmittelbar pro-zessbezogen ein, wird die Frage, ob eine verständige und wirtschaftlich ver-nünftig denkende [X.] die kostenauslösende Maßnahme als sachdienlich [X.] durfte, in der Rechtsprechung des [X.] in den Fällen bejaht, in denen die [X.] infolge fehlender Sachkenntnis ohne die Einholung des [X.] nicht zu einem sachgerechten Vortrag in der Lage war. Dazu gehören auch Fälle, in denen die [X.] ohne Einholung eines Privatgut-achtens ein ihr nachteiliges Gerichtssachverständigengutachten nicht zu [X.] vermag ([X.], Beschluss vom 7.
Februar
2013
-
VII
ZB
60/11, aaO Rn.
25; Beschluss vom 20.
Dezember 2011
-
VI
ZB
17/11, aaO Rn.
13).
b) Nach den vom Beschwerdegericht festgestellten Tatsachen, die die Rechtsbeschwerde nicht angreift, hat das Beschwerdegericht
auf der [X.] [X.]
zu Recht eine Erstattungsfä-12
13
14
-
6
-
higkeit des vom Kläger eingeholten Sachverständigengutachtens verneint. Der Kläger war danach aufgrund seiner eigenen Sachkunde ohne weiteres in der Lage, zu dem Inhalt der beklagtenseits eingeholten Gutachten, die die Beurtei-lung des kostenmäßigen Umfangs der noch ausstehenden Fertigstellungsarbei-ten sowie der Mängelbehebung betrafen,
vorzutragen. Spezialkenntnisse, die der Kläger als Bauunternehmer nicht hatte, waren hierfür nicht erforderlich.
Soweit die Rechtsbeschwerde meint, der Kläger sei nach dem verfah-rensrechtlichen Grundsatz der "Waffengleichheit" berechtigt gewesen, sich [X.] sachverständiger Hilfe zu bedienen, teilt der Senat diese Auffassung nicht. Die beklagtenseits eingeholten Sachverständigengutachten dienten dazu, eine "Waffengleichheit" zur Sachkunde des [X.] herzustellen. Damit waren beide [X.]en gleichermaßen in die Lage versetzt, zur Fertigstellung und Man-gelhaftigkeit des Bauwerkes vorzutragen. Der Kläger
benötigte seinerseits kein
privates
Gutachten, um
den Einwendungen in dem [X.] der Beklagtenseite entgegenzutreten.
c) Soweit die Rechtsbeschwerde weiter meint, die Erstattungsfähigkeit des vom Kläger eingeholten [X.] müsse bejaht werden, weil das Gutachten den Verlauf des Rechtsstreits zugunsten des [X.] beeinflusst
habe, teilt
der Senat diese Auffassung ebenfalls nicht.
Der Umstand, dass das Privatgutachten den Rechtsstreit beeinflusst hat, ist für die Frage der Erstattungsfähigkeit der Kosten unerheblich. Entscheidend ist allein, wie unter a) oben ausgeführt, ob die [X.] im Zeitpunkt der Einholung des Privatsachverständigengutachtens die Aufwendung dieser Kosten als sachdienlich ansehen konnte.
d) Soweit das Beschwerdegericht die Frage aufwirft, ob die [X.] eines privaten Sachverständigengutachtens deshalb zu 15
16
17
18
-
7
-
bejahen sei, weil diesem im Rahmen des Rechtsstreits ein höheres Gewicht zukomme als sonstigem [X.]vortrag, ist diese Frage zu verneinen.
Das Gebot aus Art.
103 Abs.
1 GG, rechtliches Gehör zu gewähren, ver-pflichtet die Gerichte, die entscheidungserheblichen Ausführungen der [X.]en zur Kenntnis zu nehmen und in die Erwägungen miteinzubeziehen ([X.], [X.] vom 6.
April 2016 -
VII
ZR
16/15 Rn.
11). Diese Pflicht besteht unab-hängig davon, ob eine [X.] aufgrund eigener oder durch ein privates [X.] vermittelter Sachkunde im Prozess vorträgt.
3. Die Kostenentscheidung
in Bezug auf den Beklagten zu
1 folgt aus §
97 Abs.
1 ZPO; im Übrigen bleibt sie vorbehalten.

Eick
[X.]
Jurgeleit

[X.]

[X.]

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 10.12.2010 -
7 [X.]/09 -

O[X.], Entscheidung vom 24.03.2014 -
17 W 192/13 -

19
20

Meta

VII ZB 18/14

01.02.2017

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.02.2017, Az. VII ZB 18/14 (REWIS RS 2017, 16314)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 16314

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

VII ZB 18/14 (Bundesgerichtshof)

Kostenerstattung: Erstattungsfähigkeit der Kosten für ein prozessbegleitend eingeholtes, privates Sachverständigengutachten


17 W 192/13 (Oberlandesgericht Köln)


VII ZB 56/15 (Bundesgerichtshof)

Kostenfestsetzung: Erstattungsfähigkeit der Kosten der von der beklagten Partei eingeholten Sachverständigengutachten


VI ZB 41/17 (Bundesgerichtshof)

Erstattung der Kosten eines Privatsachverständigen bei Beteiligung eines Haftpflichtversicherers


VI ZB 17/11 (Bundesgerichtshof)

Kostenfestsetzung im Verkehrsunfallprozess: Beurteilung der Erstattungsfähigkeit von Privatgutachterkosten


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

VII ZB 18/14

17 W 192/13

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.