Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.04.2008, Az. 4 StR 475/07

4. Strafsenat | REWIS RS 2008, 4742

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[X.] vom 1. April 2008 in der Strafsache gegen wegen schweren räuberischen Diebstahls - 2 - Der 4. Strafsenat des [X.] hat auf Antrag des Generalbundes-anwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 1. April 2008 gemäß § 349 Abs. 1 StPO beschlossen: Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 22. Mai 2007 wird als unzulässig verwor-fen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen. Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten wegen schweren räuberischen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von [X.]n verurteilt. Nach Verkündung des Urteils haben der Angeklagte und sein Verteidiger, Rechtsanwalt [X.], nach Rechtsmittelbelehrung Rechtsmittelverzicht erklärt. Am 29. Mai 2007 hat der Angeklagte Revision gegen dieses Urteil eingelegt und gleichzeitig beantragt, ihm "Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren". 1 1. Der Wiedereinsetzungsantrag ist gegenstandslos, da eine Frist nicht versäumt wurde. Der Angeklagte hat vielmehr das Rechtsmittel fristgerecht [X.] (§ 341 Abs. 1 StPO) und dieses auch frist- und formgerecht begründet (§ 345 StPO). 2 2. Die Revision des Angeklagten ist jedoch deshalb unzulässig, weil er nach Urteilsverkündung wirksam auf Rechtsmittel verzichtet hat (§ 302 Abs. 1 Satz 1 StPO). 3 - 3 - Ein Rechtsmittel ist als Prozesshandlung grundsätzlich unwiderruflich und unanfechtbar (st. Rspr., vgl. etwa BGHR StPO § 302 Abs. 1 Satz 1 Rechts-mittelverzicht 12 m.w.N.). Ein von der Rechtsprechung anerkannter Ausnahme-grund, der die Unwirksamkeit des Rechtsmittelverzichts begründen könnte, liegt hier nicht vor. Es hat sich weder erwiesen, dass dem Rechtsmittelverzicht eine Urteilsabsprache ohne qualifizierte Belehrung (BGHSt 50, 40 ff.) vorausgegan-gen ist, noch haben sich sonstige Umstände in der Art und Weise des Zustan-dekommens des Rechtsmittelverzichts ergeben, die ausnahmsweise seine Un-wirksamkeit begründen könnten (BGHSt 45, 51; [X.], 464). 4 Die Revision macht allerdings geltend, es habe eine Urteilsabsprache vorgelegen, die "vermutlich" auch einen Rechtsmittelverzicht zum Gegenstand gehabt habe. Da dem Angeklagten keine qualifizierte Belehrung über seine gleichwohl fortbestehende Rechtsmittelbefugnis erteilt worden sei, sei der Rechtsmittelverzicht unwirksam. Im Übrigen habe weder der Angeklagte selbst einen Rechtsmittelverzicht erklärt noch habe er den Instanzverteidiger, [X.], zur Abgabe einer solchen Erklärung autorisiert. 5 a) Nach dem [X.] ist zwar eine qualifizierte Rechtsmittelbelehrung nicht erteilt worden. Eine solche war vorliegend indes nicht geboten. Der Nachweis, dass dem Verfahren eine verfahrensbeendende Absprache im Sinne der Entscheidung des [X.] (BGHSt 50, 40 ff.) zu Grunde gelegen hat, ist nicht erbracht worden. 6 Weder enthält das [X.] eine Verständigung über das Verfahrensergebnis (vgl. zur [X.], 47; 43, 195, 206) noch haben die Erklärungen, die von den Berufsrichtern, dem Sitzungsver-treter der Staatsanwaltschaft und dem Instanzverteidiger zum Ablauf der 7 - 4 - Hauptverhandlung abgegeben worden sind, eine ausdrückliche oder konkluden-te verfahrensbeendende Absprache ergeben. Zwar haben die Verfahrensbeteiligten übereinstimmend bestätigt, es [X.] außerhalb der Hauptverhandlung auf Wunsch des Verteidigers zwei [X.] stattgefunden, in denen neben dem Prozessverlauf auch die strafmil-dernde Wirkung eines Geständnisses des Angeklagten und die Frage der Straferwartung angesprochen worden seien. Ausweislich der Stellungnahme des Verteidigers sei seitens des Gerichts eine mögliche Strafe "in einer [X.] von 'um' [X.]" je nach Verlauf der Hauptverhandlung in den Raum gestellt worden. Eine konkrete oder gar bindende Zusage des Gerichts zur Straferwartung im Falle eines Geständnisses des Angeklagten habe es [X.] - so sämtliche Verfahrensbeteiligte - ebenso wenig gegeben wie eine Ver-einbarung eines Rechtsmittelverzichts; ein solcher sei vielmehr nicht einmal - was die Revision überdies auch nicht substantiiert behauptet - angesprochen worden. 8 Damit sind zwar unverbindliche, rein informelle Vorgespräche erwiesen, nicht jedoch eine von allen Beteiligten gewollte Absprache über das Ergebnis der Hauptverhandlung. Einer qualifizierten Rechtsmittelbelehrung hat es [X.] nicht bedurft. 9 b) Der Rechtsmittelverzicht ist auch nicht wegen anderer vom Gericht zu verantwortender Umstände unwirksam. Das [X.] ergibt, dass nicht nur der Instanzverteidiger, sondern auch der Angeklagte selbst - [X.] als er behauptet hat - nach Urteilsverkündung und nach Rechtsmittelbeleh-rung erklärt haben, auf die Einlegung eines Rechtsmittels zu verzichten. Diese 10 - 5 - Erklärung nimmt an der Beweiskraft des Protokolls nach § 274 StPO teil, da sie gemäß § 273 Abs. 3 StPO vorgelesen und genehmigt worden ist. Es hat sich auch nicht erwiesen, dass das [X.] dem Angeklagten einen Rechtsmittelverzicht ohne vorherige Beratung mit seinem Verteidiger [X.] oder eine solche Beratung verweigert hätte (vgl. [X.], 364). Der Instanzverteidiger hat vielmehr das Gegenteil in seiner Stellungnahme ver-sichert und dargelegt, sich mit dem Angeklagten nach Urteilsverkündung über die Möglichkeit einer Rechtsmitteleinlegung beraten zu haben. Dass nach [X.] eine Beratung zwischen dem Verteidiger und dem Angeklagten stattgefunden hat, wird überdies von zwei Berufsrichtern bestätigt. 11 Tepperwien Maatz Kuckein [X.] Sost-Scheible

Meta

4 StR 475/07

01.04.2008

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.04.2008, Az. 4 StR 475/07 (REWIS RS 2008, 4742)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 4742

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