Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.07.2014, Az. II ZR 381/13

II. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 4437

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
II ZR 381/13
Verkündet am:

1. Juli 2014

Stoll,

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja
[X.] § 5 Abs. 2 Satz 2; § 24 Abs. 2
a)
Die Übergangsvorschrift des § 24 Abs. 2 [X.] findet auf nach [X.] Recht begebene inhaltsgleiche Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen, die vor dem 5.
August 2009 ausgegeben wurden, Anwendung, auch wenn sie nicht dem Schuldverschreibungsgesetz von 1899 unterfielen.
b)
Der Beschluss der Gläubigerversammlung und die Änderung der [X.] sind unabhängig vom Vollzug des [X.] nichtig, wenn der Beschluss nicht gleiche Bedingungen für alle Gläubiger vorsieht.
[X.], Urteil vom 1. Juli 2014 -
II ZR 381/13 -
O[X.]

LG [X.]

-
2
-
Der I[X.]
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 1.
Juli
2014 durch den Vorsitzen[X.]
Dr.
Bergmann und [X.]
Dr.
Strohn, die Richterin Dr.
Reichart
sowie
die Richter Dr.
Drescher und Born
für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des [X.] in [X.] des [X.] vom 15.
März 2013 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Kläger erwarben im [X.] auf den Namen des [X.], durch Indossament übertragbare und mit 5
% p.a. fest verzinsliche Wandel-genussscheine der Beklagten zu einem Nennkapital von 18.000

n-leihebedingungen heißt es u.a.:
"10.3 Laufzeit
Die Laufzeit beginnt am 01.09.2001 und endet am [X.] Die Genuss-scheine sind am Ende der Laufzeit fällig zur Einlösung zum Nennbetrag, sofern der Berechtigte sein Wandlungsrecht in Aktien der [X.] nicht ausgeübt hat. Wegen des Inhalts des Wandlungsrechts wird auf Abschnitt
11 dieses

10.5 Rangstellung der Genussrechte
Vor Ausübung des Wandlungsrechts ist der Genussscheininhaber als Gläubiger der [X.] gesellschaftsrechtlich nicht an möglichen Verlusten beteiligt. In einem 1
-
3
-

etwaigen [X.] haben jedoch die Forderungen aus den Genussrechten den Nachrang nach den Forderungen aller anderen Gläubiger der [X.].
11 [X.] der Genussscheinberechtigten
Mit den Genussscheinen ist das Wahlrecht verbunden,
vor dem Ende der Lauf-zeit anstelle der Einlösung zum Nennwert die Wandlung in Aktien der Gesell-

11.2 Ausübung des Wandlungsrechts
[X.] wird durch schriftliche Erklärung an die [X.]. Die Frist zur Abgabe der Erklärung (Wandlungserklärungsfrist) beginnt zwei Monate vor dem Ende der Laufzeit der Genussscheine, somit am 30.06.2011, und läuft einen Monat, bis zum 31.07.2011.
11.3 Wandlungspreis
Die Wandlung erfolgt zu einem Preis, der der Hälfte des [X.] der amtlich festgestellten Tageskurse der letzten 20 [X.] vor Beginn der Wandlungserklärungsfrist entspricht, mindestens jedoch zum Nennwert der [X.].
Sollten die Aktien der [X.] vier Monate vor Ende der Laufzeit der [X.] nicht zum Handel an einer [X.] Börse zugelassen oder in den Freiverkehr einbezogen sein, tritt an die Stelle des [X.]
der letzten 20 [X.] der geschätzte, auf die Aktien der [X.] anteilig entfallende [X.] (Net Asset Value).
In diesem Falle
wird der [X.] durch das Gutachten eines von der Industrie-
und Handelskammer [X.] zu bestimmenden öffent-lich bestellten und vereidigten Sachverständigen für alle Beteiligten rechtlich verbindlich ermittelt."
Die Kläger übten das Wandlungsrecht nicht aus
und
forderten nach dem 31.
August 2011 das [X.] zum Nennwert von 18.000

Mit der Klage haben sie die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 18.000

Die Klage hatte vor dem [X.].
Während des Berufungsverfahrens hat die Beklagte
eine Abstimmung der Gläubiger ohne Versammlung vorgetragen, die mit qualifizierter Mehrheit folgende Änderung der Anleihebedingungen ergeben habe:
2
3
-
4
-

"Die Wandelgenussscheinbedingungen werden dahingehend ergänzt, dass das Schuldverschreibungsgesetz vom 31.
Juli
2009 Anwendung findet, d.h. dass die [X.] hinsichtlich der Anwendbarkeit dieses Gesetzes so be-handelt werden, als wären sie erst nach dem 5.
August
2009 ausgegeben [X.]. Insbesondere sollen die in dem Gesetz vorgesehenen Wahlmöglichkeiten Anwendung finden.
a)
Gegenstand des Wandlungsrechts sind die Vorzugsaktien der [X.]

[X.]

b)
Die Laufzeit der [X.] wird um vier Jahre bis zum 31.08.2015 verlängert.
c)
Die Frist zur Abgabe der Wandlungserklärung (Wandlungserklärungsfrist)

d)
Inhaber von [X.]n, die für diesen Beschlussvorschlag ge-stimmt haben, können von der [X.] schon vor dem Ende der verlänger-ten Laufzeit den Rückkauf ihrer [X.] zum Nennwert verlan-

e-schlossen, wenn der Wandelgenussscheininhaber sich nicht an die geänderten Wandlungsbedingungen hält, auch wenn er nicht für die Änderung gestimmt hat."
Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der [X.],
die ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat keinen
Erfolg.
[X.] Das Berufungsgericht
hat ausgeführt, der Rückzahlungsanspruch der Kläger sei fällig. Er stehe nicht unter der aufschiebenden Bedingung der Aus-gabe von Aktien. Die von der Beklagten durchgeführte Abstimmung ohne Ver-sammlung habe im Verhältnis zu den Klägern nicht zu einer wirksamen Ände-rung der Anleihebedingungen geführt. Zwar könne die Beklagte die Tatsache der Durchführung und das Ergebnis der Abstimmung in das Berufungsverfahren 4
5
6
-
5
-

einführen. Die rückwirkende Verlängerung der Laufzeit sei aber gesetzeswidrig und nichtig. Weder für eine unter der Geltung des Gesetzes betreffend die ge-meinsamen Rechte der Besitzer von Schuldverschreibungen vom 4.
Dezember 1899 ([X.]. S.
691, im Folgenden: [X.] 1899)
noch
für
eine neue, unter dem
am 5.
August 2009 in Kraft getretenen
Gesetz über Schuldverschreibun-gen aus Gesamtemissionen (Schuldverschreibungsgesetz
-
[X.]) vom 31.
Juli 2009 ([X.] I S. 2512) begebene Anleihe sei eine Laufzeitverlängerung möglich gewesen. Dem Gesetzgeber könne nicht unterstellt werden, er habe mit §
24 Abs.
2 [X.] für die auslaufende Gruppe der vor Inkrafttreten des Schuldverschreibungsgesetzes
begebenen [X.] ein besonderes Recht mit der Möglichkeit schaffen wollen,
diese unbeschränkt von den Grenzen so-wohl des [X.] 1899 als auch des Schuldverschreibungsgesetzes
nach dem Belieben der Mehrheit der Gläubiger im Einvernehmen mit dem Schuldner zu ändern.
I[X.] Das Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
1. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht eine Änderung der [X.] für ausgeschlossen erachtet, weil weder die Grenzen des [X.] 1899 für Änderungen der Anleihebedingungen durch Mehrheitsent-scheidungen eingehalten sind
noch in den Anleihebedingungen der [X.] Mehrheitsentscheidungen vorgesehen sind. Die Genussschein-gläubiger der Beklagten konnten beschließen, von den Möglichkeiten der §§
5
ff. [X.] Gebrauch zu machen. Auf die vor dem 5.
August 2009 begebe-nen
Genussscheine findet §
24 Abs.
2 [X.] Anwendung, wonach Gläubiger von Schuldverschreibungen, die vor dem 5.
August 2009 ausgegeben wurden, mit Zustimmung des Schuldners eine Änderung der Anleihebedingungen oder den Austausch der Schuldverschreibungen gegen neue Schuldverschreibungen mit geänderten Anleihebedingungen beschließen können, um von den im 7
8
-
6
-

Schuldverschreibungsgesetz
gewährten Möglichkeiten Gebrauch machen zu können.
a) Dabei kann dahinstehen, ob auf die Genussscheine der Beklagten das
[X.] 1899 anwendbar war. §
24 Abs.
2 [X.] findet auf nach [X.] Recht begebene inhaltsgleiche Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen

1 Abs.
1 [X.]) Anwendung, auch wenn sie
nicht dem [X.] 1899 [X.] ([X.], [X.], 221; [X.],
[X.], 2306; Baums/Schmidtbleicher,
[X.], 204, 205
ff.; [X.],
[X.], 1109, 1112
f.; [X.], [X.], 15, 17; [X.] in FraKomm[X.],
§
24 Rn.
13; [X.], Gedächtnisschrift
Hübner, 2012, S.
521, 529). Das folgt schon aus dem Wortlaut der Übergangsvorschrift. §
24 Abs.
2 [X.] enthält eine eigenständige Regelung für alle Schuldverschreibungen im Sinn von §
1 Abs.
1 [X.]. Nach §
24 Abs.
1 Satz
1 [X.] ist das Schuldverschreibungs-gesetz zwar auf Schuldverschreibungen, die vor dem 5.
August 2009 ausgege-ben wurden, nicht anzuwenden, und
nach §
24 Abs.
1 Satz
2 [X.] ist das [X.] 1899 auf solche Schuldverschreibungen weiter anzuwenden. §
24 Abs.
2 [X.] bezieht sich dem Wortlaut nach aber wieder
auf alle Schuldver-schreibungen, die vor dem 5.
August 2009 ausgegeben wurden, nicht nur auf solche, die dem [X.]
1899 unterfielen, und damit auch auf [X.], für die die Geltung des [X.] 1899

wie für Genussscheine

zweifel-haft war.

Eine Beschränkung der Möglichkeit, durch Mehrheitsbeschluss für die Anwendung des neuen Schuldverschreibungsgesetzes zu optieren,
auf die dem [X.] 1899 unterfallenden Schuldverschreibungen widerspräche der vom Gesetzgeber
beabsichtigten weiten Geltung der neuen Regelungen. Der Ge-setzgeber wollte mit dem Schuldverschreibungsgesetz
die Schwächen
des
[X.] 1899, das nur
für
inländische Schuldner galt,
beseitigen und auch von ausländischen Schuldnern nach [X.] Recht begebene Anleihen erfassen 9
10
-
7
-

(Regierungsentwurf BT-Drucks. 16/12814 S.
13). Ein Nebeneinander von alten Schuldverschreibungen mit der Möglichkeit, Mehrheitsentscheidungen zu tref-fen, und solchen ohne diese Möglichkeit entspricht nicht der Zielsetzung des Gesetzgebers, Mehrheitsentscheidungen vor allem im Sanierungsfall zu ermög-lichen,
und führte zu einer Anwendung von §
24 Abs.
2 [X.] nur in einem tatsächlich schmalen Bereich der von inländischen Emittenten begebenen Schuldverschreibungen nach §
1 [X.] 1899. Nach der Gesetzesbegründung sollten dagegen alle Gläubiger die Möglichkeit erhalten, durch Mehrheitsbe-schluss für die Anwendung des neuen Schuldverschreibungsgesetzes zu
optie-ren (Regierungsentwurf BT-Drucks.
16/12814 S.
27). Dagegen kann auch nicht eingewandt werden, dass bei nicht dem [X.] 1899 unterfallenden Schuldver-schreibungen Mehrheitsentscheidungen über eine Beschränkung der Gläubi-gerrechte in weiterem Umfang als nach §
11 Abs.
1 Satz
2 [X.] in den [X.] hätten vorgesehen werden können. Das lässt den
Bedarf, nachträglich eine Möglichkeit einer Mehrheitsentscheidung für Änderungen der Anleihebedingungen zu eröffnen, nicht entfallen. Ein Verzicht auf Mehrheitsent-scheidungen in den Anleihebedingungen kann gerade auf der Unsicherheit über den Umfang der Anwendung des [X.] 1899 oder auf der fehlenden Rege-lung eines Verfahrens zur Überprüfung der Mehrheitsentscheidung
beruht ha-ben.
b) Nach §
24 Abs.
2 [X.] können die Anleihebedingungen, um von den im Schuldverschreibungsgesetz
gewährten Wahlmöglichkeiten Gebrauch
machen zu können, auch für
Altschuldverschreibungen, die vor dem 5.
August 2009 begeben wurden,
geändert werden, bei denen in den Anleihebedingungen keine Mehrheitsentscheidung vorgesehen war (aA O[X.], [X.], 725; [X.], [X.], 474) oder bei denen, wie nach
§
11 [X.] 1899,
eine Mehrheitsentscheidung
nur sehr beschränkt
möglich
war. Weder dem Wortlaut von §
24 Abs. 2 [X.] noch dem Sinnzusammenhang lässt sich eine Einschränkung für die Möglichkeit von Mehrheitsbeschlüssen
auf solche 11
-
8
-

Schuldverschreibungen entnehmen. Sie folgt entgegen
der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts auch nicht daraus, dass §
5 Abs.
1 [X.] Mehrheits-entscheidungen der Anleihegläubiger nur zulässt, wenn sie in den [X.] vorgesehen sind. Für [X.] sollen
Mehrheitsentscheidungen
durch § 24 Abs. 2 [X.] gerade ermöglicht werden.
Die Ermöglichung von Mehrheitsentscheidungen für die
in §
5 Abs.
2 [X.] aufgezählten Änderungen der Anleihebedingungen ist
kein unzulässiger rückwirkender Eingriff in die Rechte der Anleihegläubiger. Eine echte Rückwir-kung liegt nicht vor, soweit der Rückzahlungsanspruch bei Inkrafttreten des Schuldverschreibungsgesetzes
noch nicht fällig war. Es
wird kein abgeschlos-sener Sachverhalt geregelt, sondern während eines Dauerschuldverhältnisses das anwendbare Recht geändert. Eine solche unechte Rückwirkung bzw. tatbe-standliche Rückanknüpfung ist verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig.
Zwar können sich aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes und dem Ver-hältnismäßigkeitsprinzip Grenzen der Zulässigkeit ergeben. Diese Grenzen sind aber erst überschritten, wenn die vom Gesetzgeber angeordnete unechte Rückwirkung zur Erreichung des Gesetzeszwecks nicht geeignet oder [X.] ist oder wenn die Bestandsinteressen der Betroffenen die Veränderungs-gründe des Gesetzgebers überwiegen ([X.] 116, 96, 132; 101, 239, 263; 95, 64, 86; vgl. auch [X.], Urteil vom 22.
März
2010

II
ZR
12/08, [X.]Z 185, 44 Rn. 40

ADCOCOM). Die Bestandsinteressen der Betroffenen überwiegen hier die Veränderungsgründe nicht. Der Gesetzgeber wollte auch für teilweise noch einige [X.] laufende Schuldverschreibungen die Befugnisse der Gläubi-gergesamtheit stärken, weil vorher Einstimmigkeit erforderlich war, die praktisch nie erreichbar war und einer unter Umständen auch im Interesse der Mehrheit der Gläubiger liegenden Sanierung im Wege stand. Das überwiegt das [X.] einzelner Gläubiger und ihr Interesse, vor Veränderungen der [X.] verschont zu werden. Die unechte Rückwirkung ist zur Errei-chung dieses Gesetzeszwecks geeignet und auch erforderlich.
12
-
9
-

Soweit das Berufungsgericht wegen der bereits abgelaufenen
Laufzeit für die Genussscheine der Beklagten von einer unzulässigen Rückwirkung aus-gegangen ist, ist nicht
die Rückwirkung der Übergangsvorschrift des §
24 Abs.
2 [X.] betroffen, sondern die Zulässigkeit einer Laufzeitverlängerung
im konkreten Einzelfall
und damit die Wirksamkeit des Beschlusses der Gläubiger nach dem Schuldverschreibungsgesetz.

c) Die von der Beklagten ausgegebenen [X.] fallen unter §
24 Abs.
2 [X.], weil nach §
1 Abs.
1 [X.] das Gesetz auf Genuss-scheine anwendbar ist, die aus einer Gesamtemission stammen (Hartwig-Jacob in FraKomm[X.] §
1 Rn.
29
f.), und auch
Namensschuldverschreibungen erfasst werden (Hartwig-Jacob in FraKomm[X.] §
1 Rn.
60).
2. Das Berufungsurteil erweist sich jedoch aus anderen Gründen als rich-tig.
Der Beschluss der Gläubiger über eine Verlängerung der Laufzeit ist [X.], weil insoweit nicht für alle Gläubiger gleiche
Bedingungen vorgesehen sind (§
5 Abs.
2 Satz
2 [X.]). Ohne wirksamen Gläubigerbeschluss
ist auch die Änderung der Laufzeit in den Anleihebedingungen unwirksam, unabhängig davon, ob die beschlossenen Änderungen in der Urkunde oder in den [X.] vollzogen wurden (§
2 Satz
3
[X.]).
Da die Kläger
von ihrem Wandlungsrecht keinen Gebrauch gemacht haben und ihr Rückzahlungsan-spruch mit dem Ende der ursprünglichen Laufzeit am 31.
August
2011 fällig wurde (10. der Anleihebedingungen), können sie Zahlung des [X.] von [X.] verlangen.
a) Der Beschluss
der Gläubigerversammlung und die Änderung
der [X.] sind
unabhängig vom Vollzug des
[X.]
nach §§
21, 2 Satz
3
[X.] nichtig, wenn der Beschluss nicht gleiche Bedin-gungen für alle Gläubiger vorsieht

5 Abs.
2 Satz
2 [X.]).

13
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15
16
-
10
-

aa) Ein Mehrheitsbeschluss
der Gläubiger, der
gegen das Gesetz ver-stößt, kann
wirksam
werden, wenn er
nicht durch Klage angefochten wird. Nach den Bestimmungen der
§§
20
ff. [X.] verhindert eine
erfolgreiche Anfechtung das Wirksamwerden des
gefassten Mehrheitsbeschlusses.
Die Änderung der Anleihebedingungen durch einen Mehrheitsbeschluss der Gläubiger wird wirksam, wenn sie in der Urkunde oder in den [X.] vollzogen worden ist

2 Satz
3
[X.]). Nach §
21 [X.] muss der Beschluss dadurch vollzogen werden, dass die maßgebliche Sammelurkunde ergänzt oder geändert wird. Die Anfechtung des Beschlusses hindert diese Vollziehung
und damit das Wirksamwerden. Vor einer rechtskräftigen Entschei-dung des Gerichts darf der angefochtene Beschluss nach §
20 Abs.
3 Satz
4 [X.] nicht vollzogen werden, es sei denn, das zuständige [X.] hat auf Antrag des Schuldners nach Maßgabe des §
246a des Aktiengesetzes festgestellt, dass die Erhebung der Klage dem Vollzug des angefochtenen [X.] nicht entgegensteht. Das ist dahin zu verstehen, dass ein Erfolg der Anfechtungsklage die Vollziehung und damit das Wirksamwerden der [X.] dauerhaft verhindert, auch ohne dass

mangels einer §
241
Nr.
5 [X.] entsprechenden Vorschrift

der Beschluss für nichtig erklärt wird.
bb) Ein Beschluss über eine Änderung von Anleihebedingungen ist [X.] hinaus auch ohne erfolgreiche Anfechtung nichtig, wenn er nicht gleiche Bedingungen für alle Gläubiger vorsieht.
Beschlüsse der Gläubigerversammlung können nach allgemeiner [X.] im Ausnahmefall auch nichtig oder unwirksam und die Nichtigkeit auch ohne erfolgreiche Anfechtung zu beachten
sein (vgl. [X.] in FraKomm[X.] §
20 Rn.
99
f.; Baums,
[X.], 1,
4; Horn, [X.] 173 (2009), 12, 62; [X.], NJW 2010, 1317, 1319; Schmidtbleicher, [X.], 2010, S.
194
f.; [X.], Die kollektive Wahrnehmung der [X.] in der Gläubigerversammlung nach dem neuen Schuldverschreibungs-17
18
19
20
-
11
-

gesetz, 2011, S.
255;
Leber, [X.] und die Organisation der Obligationäre nach dem Schuldverschreibungsgesetz, 2012, S.
196
f.; [X.], Restrukturie-rung von Anleihen nach dem neuen Schuldverschreibungsgesetz, 2012, S.
327). Nichtigkeitsvorschriften entsprechend
§
241 Nr.
1 bis 4 [X.]
fehlen
allerdings.
Zwar
wird teilweise vorgeschlagen, jedenfalls die [X.] in §
241 [X.] entsprechend anzuwenden
oder die Nichtigkeit in [X.] an diese Vorschrift zu bestimmen
([X.] in FraKomm[X.] §
20 Rn.
99
f.; Baums,
[X.], 1,
4; Leber, [X.] und die Organisation der Obligationäre nach dem Schuldverschreibungsgesetz, 2012, S.
196
f.; [X.],
Die kollektive Wahrnehmung der Gläubigerrechte in der Gläubiger-versammlung nach dem neuen Schuldverschreibungsgesetz, 2011, S.
255; [X.], Restrukturierung von Anleihen nach dem neuen Schuldverschreibungs-gesetz, 2012, S.
328). Ob dem zu folgen ist, kann hier aber offenbleiben.
Mit §
5 Abs.
2 Satz
2 [X.]
enthält das Schuldverschreibungsgesetz eine
Vorschrift, die die Nichtigkeit eines Beschlusses der Gläubigerversamm-lung unabhängig von einer erfolgreichen
Anfechtung anordnet.
Danach ist ein Mehrheitsbeschluss, der nicht gleiche Bedingungen für alle Gläubiger vorsieht, unwirksam. Die Unwirksamkeit tritt unabhängig von der
Anfechtung
des [X.]
ein. Der Mehrheitsbeschluss über eine Änderung der [X.], der die Gläubiger nicht gleich behandelt, ist bereits nach dem Wortlaut von §
5 Abs.
2 Satz
2 [X.] unwirksam. Das ist dahin zu verstehen, dass auch die beschlossene Änderung der Anleihebedingungen von vorneherein unwirksam ist und nicht, auch nicht bei formell ordnungsgemäßer Vollziehung, wirksam werden kann. Ein Beschluss, der nicht angefochten ist, kann
dagegen vollzogen werden, ist also nicht unwirksam, und die beschlossenen Änderungen der Anleihebedingungen können durch die Vollziehung wirksam werden. Es entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers, dass ein nach §
5 Abs.
2 Satz
2 [X.] unwirksamer Beschluss
nichtig ist, unabhängig von einer Anfechtung nicht verbindlich werden und nicht zu einer wirksamen, für alle Gläubiger ver-21
-
12
-

bindlichen
Änderung der Anleihebedingungen führen kann. Nach der [X.] des [X.] sind Beschlüsse der Gläubiger verbindlich, so-weit sie nicht nichtig oder erfolgreich mit der Klage angefochten sind. Weiter heißt es dort (BT-Drucks. 16/12814 S.
18): "Ein Beschluss ist nach §
5 Abs.
2 Satz
2 [X.] unwirksam und nichtig, wenn er nicht gleiche Bedingungen für alle Gläubiger vorsieht."

b) Der Beschluss über die Verlängerung der Laufzeit
ist nach §
5 Abs.
2 Satz
2 [X.] nichtig und die Laufzeitverlängerung damit nicht verbindlich ge-worden.
aa) Auf die Wirksamkeit
der von den Gläubigern der Wandelanleihe der Beklagten gefassten Beschlüsse, nach denen die im [X.] vorgesehenen Wahlmöglichkeiten Anwendung finden sollen und einzelne Anleihebedingungen geändert werden, sind die Vorschriften des
Schuldver-schreibungsgesetzes
anzuwenden.
Die Vorschriften des Schuldverschreibungsgesetzes sind auf die Ent-scheidung der Gläubiger von vor dem 5.
August 2009 ausgegebenen Schuld-verschreibungen, eine Änderung der Anleihebedingungen durch Mehrheitsbe-schluss nach dem Schuldverschreibungsgesetz zuzulassen, ihre Vollziehung sowie die folgenden bzw. damit verbundenen Entscheidungen über eine Ände-rung der Anleihebedingungen anzuwenden. Auf die Beschlussfassung, mit der die Änderung der Anleihebedingungen durch Mehrheitsentscheidung für solche [X.] erstmals eröffnet wird, ist das Schuldverschreibungsgesetz nach §
24 Abs.
2 Satz
2 [X.] entsprechend anwendbar. Die Vorschriften des Schuldverschreibungsgesetzes müssen dann auch für das Wirksamwerden des Beschlusses, die Anleihebedingungen für Mehrheitsentscheidungen der
Gläubiger
zu öffnen,
und der Beschlüsse
über einzelne Maßnahmen nach §
5 Abs.
3 [X.] sowie ihre
Anfechtung gelten (vgl. [X.] in FraKomm[X.] § 24 Rn.
15).
22
23
24
-
13
-

bb) Der Beschluss über die
Laufzeitverlängerung und die damit verbun-dene Verschiebung der Fälligkeit des Rückzahlungsanspruchs ist aber nichtig, weil er nicht gleiche Bedingungen für alle Gläubiger vorsieht. Nach d) des [X.] können Inhaber von [X.]n, die für den [X.] gestimmt haben, von der [X.] schon vor dem Ende
der ver-längerten Laufzeit den Rückkauf ihrer [X.] zum Nennwert verlangen, wenn sie auf ihr Wandlungsrecht verzichten. Dieser Teil des [X.] regelt zwar formal nicht die Laufzeit
und betrifft sie nicht unmittelbar. Tatsächlich ermöglicht er aber denjenigen, die für den Beschluss gestimmt ha-ben, ihren Rückzahlungsanspruch vor Ablauf der verlängerten Laufzeit
und
so-gar sofort
geltend zu machen. Für diese Gläubiger
wird die weitere Laufzeit damit in ihr Belieben gestellt und sie werden gegenüber den Gläubigern, die
ebenfalls
vom Wandlungsrecht keinen Gebrauch machen wollen
und gegen den Beschluss stimmen, begünstigt. Damit gilt die Laufzeitverlängerung nicht für alle Gläubiger gleichermaßen. Die
benachteiligten
Gläubiger haben auch nicht alle der Ungleichbehandlung zugestimmt

5 Abs.
2 Satz
2 Halbsatz
2 [X.]), da die Beschlüsse über die Laufzeitverlängerung und die vorzeitige Rückgabemöglichkeit unter einem Abstimmungspunkt zusammengefasst waren
und es Gegenstimmen gab.
Ob mit der vorzeitigen Rückgabemöglichkeit auch Vorteile für die Abstimmung in einem bestimmten Sinn angeboten wurden, was

25
-
14
-

nach §
6 Abs.
2 und 3 [X.] verboten und nach §
23 Abs.
1 Nr.
5 und 6 [X.] ordnungswidrig ist, und ob ein solcher Stimmenkauf bzw. die Bestech-lichkeit Auswirkungen auf die Stimmabgabe und den gefassten Beschluss hat, kann danach offenbleiben.
Bergmann
Strohn
Reichart

Drescher

Born
Vorinstanzen:
LG [X.], Entscheidung vom 25.04.2012 -
19 O 316/11 -

O[X.] in
[X.], Entscheidung vom 15.03.2013 -
24 [X.] -

Meta

II ZR 381/13

01.07.2014

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.07.2014, Az. II ZR 381/13 (REWIS RS 2014, 4437)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 4437

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