Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.06.2013, Az. VIII ZR 142/12

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 5326

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BUN[X.]ESGERI[X.]HTSHOF

IM NAMEN [X.]ES VOLKES

URTEIL
VIII ZR 142/12
Verkündet am:

5. Juni 2013

Ermel,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

-
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-

[X.]er VIII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 5. Juni
2013 durch den Vorsitzenden [X.], [X.]
Frellesen, die Richterin [X.]r.
Milger, [X.]
[X.] sowie den Rich-ter [X.]r.
Schneider

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin
wird das Urteil der 21. Zivilkammer
des [X.]s [X.]üsseldorf vom 29. März 2012 aufgehoben.
[X.]ie Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an eine andere Kammer des
Berufungsgerichts

zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
[X.]er Beklagte ist seit 1994 Mieter einer Wohnung in [X.].

. Vermie-ter war ausweislich
des
Mietvertrags
der
dort als Zwangsverwalter bezeichnete U.

B.

. [X.]ie Klägerin erwarb im Jahr 2006 das Eigentum an der Immobi-lie und wurde später
als Erbbauberechtigte im Grundbuch eingetragen. [X.]er [X.] zahlte die Miete daraufhin mehrere Jahre an die Klägerin. [X.]ie Klägerin kündigte das Mietverhältnis mit Schreiben vom 18. August 2010 sowie vom 5.
Januar und 9. März 2011 wegen Zahlungsverzugs.
[X.]as Amtsgericht hat der Räumungsklage stattgegeben, das [X.] hat sie unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils abgewiesen. Mit der vom 1
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Senat zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:
[X.]ie Revision hat Erfolg.
I.
[X.]as Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im [X.] ausgeführt:
[X.]ie von der Klägerin erhobene Räumungsklage sei unbegründet. Ein auf
§ 546 BGB gestützter Herausgabeanspruch scheitere daran, dass die Klägerin ihre Aktivlegitimation als Vermieterin nicht nachgewiesen habe. [X.]enn der [X.] sei ursprünglich mit einem [X.] B.

geschlossen worden, der zu keinem Zeitpunkt
Eigentümer oder Erbbauberechtigter der Immobilie gewesen sei, so dass die Klägerin nicht nach §
566 BGB Vermieterin geworden sein könne.
[X.]ass der Beklagte die Miete über einen Zeitraum von etwa fünf Jahren an die Klägerin gezahlt habe, führe nicht dazu, dass ein Mietvertrag zwischen den Parteien zustande gekommen sei. Eine derartige Bedeutung könne den Mietzahlungen des Beklagten nicht beigemessen werden. [X.] sei nur die Annahme, dass der Beklagte auf eine entsprechende Mitteilung der Kläge-rin, dass diese nun Vermieterin sei, die Miete an diese gezahlt habe, um
ver-meintliche Verpflichtungen ihr gegenüber zu erfüllen.
Zudem habe die Klägerin nicht erläutert, wie der bisherige Vermieter B.

, ohne dessen Zustimmung 3
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eine Vertragsübernahme nicht möglich gewesen sei, aus dem [X.] ausgeschieden sei.
Ein Herausgabe-
oder Räumungsanspruch aus § 985 BGB in Verbin-dung mit § 11 Abs. 1 Erbbaurechtsverordnung stehe
der Klägerin ebenfalls nicht zu.
Zwar habe die Klägerin ihr Erbbaurecht an der streitigen Wohnung belegt. [X.]em Beklagten stehe aber aufgrund des am 21. Januar 1994 mit [X.] B.

abgeschlossenen Mietvertrages ein Recht zum Besitz nach § 986 BGB zu. [X.]enn die Klägerin habe nicht in Zweifel gezogen, dass der damalige [X.] zur Vermietung der streitigen Wohnung berechtigt gewesen sei. [X.]ieses
Mietverhältnis sei
durch die Kündigungen der Klägerin schon deshalb nicht be-endet worden, weil sie nicht schlüssig dargelegt habe, dass sie in den Mietver-trag eingetreten sei.

II.
[X.]iese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Anspruch der Klägerin auf Räumung der dem Beklagten vermieteten Wohnung nicht verneint
werden.
1. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht einen Herausgabeanspruch der Klägerin aus § 985 BGB in Verbindung mit § 11 Abs. 1 der Erbbaurechtsver-ordnung mit der Begründung verneint, der Beklagte könne ihr aufgrund des [X.] mit U.

B.

abgeschlossenen Mietvertrags ein Recht zum Be-sitz (§ 986 BGB) auch dann entgegenhalten, wenn
die Klägerin zwischenzeitlich nicht Vermieterin des Beklagten geworden sei.
Gemäß § 986
Abs. 1 Satz 1
BGB kann der Besitzer die Herausgabe der Sache an den Eigentümer nur dann verweigern, wenn er oder der mittelbare 7
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Besitzer, von dem er sein Recht zum Besitz ableitet, dem Eigentümer gegen-über zum Besitz berechtigt ist. Wenn der [X.] vom Beklagten abge-schlossene Mietvertrag, wie das Berufungsgericht meint, nicht auf die Klägerin übergegangen
ist, stünde
dem Beklagten gegenüber der Klägerin als Eigentü-merin bzw. als Erbbauberechtigter kein Besitzrecht zu. [X.]enn der Besitzer kann dem Eigentümer ein von einem [X.]ritten abgeleitetes Besitzrecht nur entgegen-halten, wenn dieser [X.]ritte mittelbarer Besitzer der Sache und seinerseits dem Eigentümer gegenüber zum Besitz berechtigt ist.
Hierfür hat
der Beklagte nichts Konkretes
vorgetragen und ist auch sonst nichts ersichtlich.
Entgegen der [X.] der Revisionserwiderung genügt der
-
pauschale -
Vortrag des Beklag-ten, dass U.

B.

einst zum Abschluss des Mietvertrags berechtigt ge-wesen sei, nicht.

2.
Auch ein Räumungsanspruch aus § 546 BGB kann mit der vom [X.] gegebenen Begründung nicht verneint werden.
a) [X.]as Berufungsgericht hat zum einen nicht berücksichtigt,
dass
der auf der Vermieterseite durch
U.

B.

unterzeichnete
Mietvertrag mit Wirkung für den damaligen Eigentümer abgeschlossen worden sein
könnte. [X.]enn
U.

B.

ist
im Mietvertrag
als Zwangsverwalter bezeichnet, so dass es
nahe liegt, dass er für den damaligen Eigentümer der Immobilie gehandelt hat. [X.]a sich der Beklagte seither im Besitz der Wohnung befindet, hätte dies
zur
Folge, dass bei allen späteren Veräußerungen auch das Mietverhältnis gemäß § 566 BGB auf den jeweiligen Erwerber und somit zuletzt
auf die Klägerin übergegan-gen wäre. Auf die
Anzahl der
Veräußerungsgeschäfte oder die Identität der [X.] Veräußerer/Erwerber käme
es insoweit nicht an.
b) Aber auch dann,
wenn der Mietvertrag [X.] nicht mit Wirkung für den damaligen Eigentümer abgeschlossen worden
wäre und sich die [X.]stellung der Klägerin deshalb nicht schon über
eine
Veräußerungskette 11
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nach § 566 BGB ergäbe, könnte ein Mietverhältnis zwischen den Parteien nicht ohne weiteres verneint werden. [X.]enn in diesem Fall käme
-
entgegen der [X.]
des Berufungsgerichts -
eine stillschweigende Übernahme des [X.] durch die Klägerin in Betracht. [X.]ie gegenteilige Würdigung des [X.]s lässt wesentliche Umstände außer Betracht und wird den Interes-sen der Parteien -
insbesondere des Beklagten -
nicht gerecht. [X.]enn nur die
Klägerin (und nicht U.

B.

oder ein früherer Eigentümer) war nach dem Erwerb des Eigentums
beziehungsweise des Erbbaurechts
in der Lage, dem Beklagten den Besitz an der Wohnung weiterhin zu gewähren. [X.]ie Übernahme des Mietvertrags durch die Klägerin entsprach dem -
offensichtlichen -
Interesse beider Parteien, weil der Beklagte auf diese Weise ein Besitzrecht und die Klä-gerin im Gegenzug einen Anspruch auf Zahlung der Miete erhielt, während der
bisherige
Vermieter kein Interesse an einer weiteren
Fortsetzung des von ihm gar nicht mehr erfüllbaren Vertrages gehabt haben dürfte.
Nach der Rechtspre-chung des Senats kommt in derartigen Fällen eine stillschweigende Vertrags-übernahme durch dreiseitigen Vertrag in Betracht (vgl. Senatsurteil vom 20.
Januar 2010 -
VIII ZR 84/09, [X.], 471 Rn. 18
f.). [X.]iese könnte hier darin liegen, dass die Klägerin dem Beklagten mitgeteilt hat, dass sie nunmehr Vermieterin
(entsprechend dem
Mietvertrag von 1994) sei, der Beklagte dies durch Zahlung der weiteren Miete an die Klägerin akzeptiert hat und der
bishe-rige
Vermieter seither nicht mehr in Erscheinung getreten ist und die [X.] stillschweigend gebilligt
hat.

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7
-

III.
Nach alledem kann das Urteil des Berufungsgerichts
keinen Bestand ha-ben; es ist daher
aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). [X.]er Rechtsstreit ist nicht zur Endentscheidung reif, weil das Berufungsgericht die dazu erforderlichen
Fest-stellungen
nicht getroffen hat.
[X.]er Rechtsstreit ist daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen

563 Abs.
1 Satz 1 ZPO). [X.]abei macht der Senat
von der Möglichkeit des §
563 Abs.
1 Satz
2 ZPO Gebrauch.
Ball
[X.]r. Frellesen
[X.]r. Milger

[X.]r. [X.]
[X.]r. Schneider
Vorinstanzen:
AG [X.]üsseldorf, Entscheidung vom 30.06.2011 -
51 [X.] 11704/10 -

LG [X.]üsseldorf, Entscheidung vom 29.03.2012 -
21 S 301/11 -

14

Meta

VIII ZR 142/12

05.06.2013

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.06.2013, Az. VIII ZR 142/12 (REWIS RS 2013, 5326)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 5326

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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VIII ZR 142/12

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