Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.06.2003, Az. II ZR 305/01

II. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 2646

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[X.] DES VOLKESURTEILII [X.]/01Verkündet am:23. Juni 2003BoppelJustizamtsinspektorals Urkundsbeamterder Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z:nein[X.]R: [X.] § 293Bei der Ermittlung ausländischen Rechts darf sich der Tatrichter nicht auf [X.] der Rechtsquellen beschränken, sondern muß unter Ausschöp-fung der ihm zugänglichen Erkenntnismöglichkeiten auch die konkrete Ausge-staltung des Rechts in der ausländischen Rechtspraxis, insbesondere die aus-ländische Rechtsprechung, berücksichtigen.[X.], Urteil vom 23. Juni 2003 - II [X.]/01 -OLG [X.] LG [X.]- 2 -Der I[X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 23. Juni 2003 durch [X.] h.c. Röhrichtund [X.], [X.], [X.] und [X.] Recht erkannt:Auf die Revision der Kläger wird das Teilurteil des [X.] Oberlandesgerichts [X.] vom 19. Oktober 2001 aufgeho-ben.Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung,auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen.Von Rechts [X.]:Die Kläger nehmen den Beklagten auf Schadensersatz wegen einesUnfalls in Anspruch, bei dem ihre damals 25-jährige Tochter am 2. [X.] in [X.], [X.], getötet wurde. Der Beklagte und die Tochter der Klä-ger waren mit gemieteten Jet-Ski auf dem Meer vor [X.] zusammengesto-ßen. Der Beklagte ist der Auffassung, daß nicht ein Fahrfehler seinerseits, son-dern die Fahrweise der Tochter der Kläger den Unfall verursacht habe, etwaigeAnsprüche der Kläger im übrigen aber verjährt [X.] 3 -Die Kläger verlangen, soweit es für das Revisionsverfahren noch [X.] ist, Ersatz aufgewendeter Bestattungskosten (5.044,00 DM) sowieeine monatliche Unterhaltsrente von 970,00 DM für die [X.] vom 1. März 1990bis einschließlich Juli 1995 (63.050,00 DM). Das [X.] hat die [X.] Einholung von Gutachten zum [X.] Recht hinsichtlich beiderForderungen wegen Verjährung abgewiesen. Die Berufung der Kläger [X.]. Mit ihrer Revision verfolgen die Kläger ihr Begehren auf [X.] Beerdigungskosten und Zahlung der Unterhaltsrente weiter.Entscheidungsgründe:Die Revision ist begründet und führt zur Zurückverweisung der Sache andas Berufungsgericht.[X.] Das Berufungsgericht geht auf der Grundlage der schriftlichen Gut-achten des Sachverständigen Dr. [X.] vom 10. März 1997 und13. August 1999 davon aus, daß sich der Ersatzanspruch der Kläger hinsicht-lich der Bestattungskosten und der Unterhaltsrente nach [X.] Rechtbeurteile und nach diesem Recht verjährt sei. Für die Verjährungsfrist sei [X.] des Art. 308 thail. [X.] maßgebend, wonach Ansprüche auseinem Zusammenstoß von Wasserfahrzeugen, zu denen Jet-Ski zu rechnenseien, in sechs Monaten ab Kenntnis von dem Zusammenstoß verjährten. [X.] sich bei Art. 308 thail. [X.] um eine Spezialvorschrift, die [X.] verdränge. Die Verjährung sei nicht unterbrochenworden. Zur Unterbrechung habe es des Anhängigmachens eines Strafverfah-rens bedurft, was neben der von den Klägern behaupteten Einreichung einerAnklageschrift gegen den Beklagten bei Gericht am 19. März 1990 die [X.] -me dieser Anklage durch das Gericht vorausgesetzt hätte. Die Kläger hätten [X.] der Anklageschrift jedoch nicht dargelegt.Das hält revisionsrechtlicher Prüfung nur teilweise stand.I[X.] 1. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß sich die [X.] der Kläger auf Unterhalt und Ersatz der Beerdigungskosten nach[X.] Recht beurteilen. Für Ansprüche aus unerlaubter Handlung, wiesie die Kläger gegen den Beklagten geltend machen, ist nach dem zur [X.] geltenden, nunmehr in Art. 40 Abs. 1 Satz 1 EGBGB ko-difizierten Tatortgrundsatz das Recht des Staates maßgebend, in dem der [X.] gehandelt hat. Der nach der Behauptung der Kläger vom [X.] verschuldete Unfall ihrer Tochter hat sich in [X.] ereignet. Dort trat [X.] des Unfalls der Tod der Tochter ein.2. Das Berufungsgericht ist der ihm nach § 293 ZPO obliegenden [X.] Ermittlung des anzuwendenden [X.] Rechts jedoch nur unzurei-chend nachgekommen, wie die Revision mit Recht rügt.a) Die Frage, ob das Berufungsgericht das [X.] Recht zutref-fend angewandt und ausgelegt hat, ist revisionsrechtlicher Nachprüfung entzo-gen, da ausländisches Recht nach §§ 549 Abs. 1, 562 ZPO a.F. nicht revisibelist. Einer Überprüfung zugänglich ist jedoch das Verfahren des Berufungsge-richts, das als [X.] Gericht [X.] Verfahrensrecht anzuwenden hatte.Nach § 293 ZPO hat der Tatrichter das ausländische Recht von Amtswegen zu ermitteln (st.Rspr., vgl. [X.].Urt. v. 29. Juni 1987 - [X.], [X.], 647 m.w.N.). Wie er sich diese Kenntnis verschafft, liegt in seinem- 5 -pflichtgemäßen Ermessen, jedoch darf sich die Ermittlung des fremden Rechtsnicht auf die Heranziehung der Rechtsquellen beschränken, sondern muß auchdie konkrete Ausgestaltung des Rechts in der ausländischen Rechtspraxis, ins-besondere die ausländische Rechtsprechung, berücksichtigen ([X.], Urt. [X.] März 1987 - [X.], [X.], 648): der Tatrichter ist gehalten, [X.] als Ganzes zu ermitteln, wie es sich in Lehre und Rechtsprechung ent-wickelt hat, er muß dabei die ihm zugänglichen Erkenntnisquellen ausschöpfen(vgl. [X.].Urt. v. 21. Januar 1991 - [X.], NJW-RR 1991, 1211, 1212).b) Mit der Beschränkung auf die Gutachten des SachverständigenDr. [X.] vom 10. März 1997 und 13. August 1999 ist das [X.] seinen Pflichten aus § 293 ZPO nicht gerecht geworden.Beide Gutachten stützen sich hinsichtlich der Verjährungsfrage sowohl,was die maßgebliche Frist angeht, als auch hinsichtlich der Voraussetzungenihrer Unterbrechung allein auf die gesetzlichen Vorschriften; sie beziehen wederRechtslehre noch Rechtsprechung [X.]s ein. Der Sachverständige hat inseinem Gutachten vom 13. August 1999, das sich vertieft mit der Verjährungs-problematik auseinandersetzt, sogar ausdrücklich darauf hingewiesen, daß [X.] [X.] aus keine Aussagen zur praktischen Handhabung des Ver-hältnisses der Verjährungsvorschrift des Art. 308 thail. [X.] (sechs Mo-nate) zu den entsprechenden Bestimmungen des Art. 448 thail. [X.] (ein [X.] Kenntnis von Handlung und Ersatzpflicht oder [X.] unerlaubten Handlung an, im Falle fahrlässiger Tötung sogar 15 Jahre) inder [X.] Rechtsprechung und Rechtsliteratur machen könne. [X.] Umständen hätten die Ausführungen Dr. [X.] das Berufungs-gericht veranlassen müssen, von Amts wegen weitere Ermittlungen in [X.] -auf die tatsächliche Handhabung der von dem Sachverständigen [X.] anzustellen.Weitere Ermittlungen waren außerdem auch deshalb geboten, weil [X.], worauf die Revision mit Recht hinweist, unter Beweisantritt vorgetragenhatten, daß die von dem Sachverständigen Dr. [X.] aus den einschlä-gigen Gesetzen abgeleitete Rechtsauffassung zur Verjährungsproblematik un-richtig sei: Art. 308 thail. [X.] sei gegenüber Art. 448 thail. [X.] nichtlex specialis; die Einreichung einer Anklageschrift durch den Staatsanwalt [X.] [X.] Recht automatisch zur Eröffnung des Strafverfahrens, ei-ner Annahme der Anklage durch das Gericht bedürfe es entgegen der [X.] Sachverständigen nicht.Bei sachgerechter Ausübung des ihm eingeräumten Ermessens hättedas Berufungsgericht daher das Gutachten eines anderen Sachverständigen,der Zugang zur [X.] Rechtslehre und Rechtspraxis hat, einholen- 7 -müssen. Da nicht auszuschließen ist, daß es dann zu einer den Klägern günsti-gen Entscheidung gelangt wäre, kann das Berufungsurteil keinen Bestand ha-ben.RöhrichtGoetteKurzwelly[X.]Graf

Meta

II ZR 305/01

23.06.2003

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.06.2003, Az. II ZR 305/01 (REWIS RS 2003, 2646)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 2646

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