Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14.09.2023, Az. 4 StR 266/23

4. Strafsenat | REWIS RS 2023, 6543

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Tenor

1. Auf die Revisionen des Angeklagten und der Nebenklägerin gegen das Urteil des [X.] vom 1. März 2023 wird das vorbezeichnete Urteil

a) mit den Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte in den Fällen [X.]) und b) der Urteilsgründe verurteilt worden ist; insoweit wird das Verfahren eingestellt;

b) dahin abgeändert, dass der Angeklagte wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt wird, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wird.

2. Die weiter gehenden Revisionen werden verworfen.

3. Im Umfang der Einstellung trägt die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten. Jeder Beschwerdeführer trägt die verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs von [X.] in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Hiergegen richten sich die jeweils auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen des Angeklagten und der Nebenklägerin, die auch die Verletzung formellen Rechts rügt und in allen Fällen zusätzlich eine auf § 177 StGB gestützte Verurteilung des Angeklagten anstrebt. Die Rechtsmittel führen zu einer teilweisen Einstellung des Verfahrens nebst hieraus folgenden weiteren Änderungen und sind im Übrigen unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. Auf Antrag des [X.] hat der Senat das Verfahren in den Fällen [X.]) und b) der Urteilsgründe aus prozessökonomischen Gründen gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt. Diese teilweise Verfahrenseinstellung erfolgt, weil die Anwendbarkeit des [X.] Strafrechts insoweit fraglich ist und der Verurteilung des Angeklagten daher in diesen Fällen ein – auch auf die Revision der Nebenklägerin zu beachtendes (§ 301 StPO; vgl. [X.], Urteil vom 30. Oktober 2008 – 3 [X.] Rn. 9) – Verfahrenshindernis entgegenstehen könnte.

3

Die Anwendung [X.] Strafrechts lässt sich im vorliegenden Fall allein auf § 7 Abs. 1 StGB stützen. Vorausgesetzt ist damit auch, dass die (konkreten) Taten am [X.] in der [X.] mit Strafe bedroht sind. Nach den vom [X.] getroffenen Feststellungen, die auch von der Revision der zur Tatzeit 17-jährigen Nebenklägerin nicht durchgreifend in Frage gestellt werden, kommt allein eine [X.]strafbarkeit nach Art. 104 des [X.] Strafgesetzbuchs wegen „Geschlechtsverkehrs mit einer nicht volljährigen Person“ in Betracht. Ob aber die ohne ein Eindringen mit dem männlichen Geschlechtsteil erfolgten Taten in den Fällen [X.]) und b) der Urteilsgründe dem in Abs. 1 dieser Norm enthaltenen Tatbestandsmerkmal „[X.] ilişkide“ – zumeist wie erwähnt in die [X.] mit „Geschlechtsverkehr“ übersetzt – unterfallen, ist mindestens zweifelhaft (vgl. hierzu [X.], [X.], YÜHFD Vol. [X.], [X.]; [X.], Einführung in das [X.] Strafrecht, 2003, [X.] mwN [noch zu Art. 414 tStGB aF]).

4

2. Im verbleibenden Umfang hat die Nachprüfung auf die Revisionen des Angeklagten und der Nebenklägerin keinen Rechtsfehler ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).

5

Die teilweise Verfahrenseinstellung hat die aus dem Tenor ersichtliche Änderung des Schuldspruchs und des Rechtsfolgenausspruchs, der sich auf die vom [X.] festgesetzte Freiheitsstrafe von einem Jahr im Fall II. 2. c) der Urteilsgründe beschränkt, zur Folge. Zudem hat es aufgrund des Verschlechterungsverbots (§ 358 Abs. 2 Satz 1 StPO) bei der Strafaussetzung zur Bewährung zu verbleiben.

6

3. [X.] beruht auf § 467 Abs. 1, § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO. Eine weitergehende Auslagenerstattung war aufgrund der beiderseits erfolglosen Rechtsmittel nicht veranlasst (vgl. [X.], Beschluss vom 6. Dezember 2016 – 2 [X.] Rn. 3; [X.] in [X.], 9. Aufl., § 473 Rn. 13 mwN).

Quentin     

  

Maatsch     

  

Scheuß

  

Dietsch     

  

Marks     

  

Meta

4 StR 266/23

14.09.2023

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Arnsberg, 1. März 2023, Az: II-2 KLs 27/21

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14.09.2023, Az. 4 StR 266/23 (REWIS RS 2023, 6543)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 6543

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