Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 27.10.2010, Az. 8 C 43/09

8. Senat | REWIS RS 2010, 1993

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Gegenstand

Grenzen des Hebesatzrechts der Gemeinde bei anhaltender Haushaltsnotlage


Leitsatz

Die als Bestandteil der allgemeinen Selbstverwaltungsgarantie (Art. 28 Abs. 2 GG) gewährleistete kommunale Finanzhoheit schließt nicht aus, im Wege der staatlichen Kommunalaufsicht eine Senkung der Realsteuerhebesätze zu beanstanden, wenn die betreffende Gemeinde sich in einer anhaltenden Haushaltsnotlage befindet und das von ihr vorgelegte Haushaltssicherungskonzept nicht erkennen lässt, wie der Einnahmeverlust ausgeglichen werden soll.

Tatbestand

1

Die Klage richtet sich gegen die Aufhebung eines Satzungsbeschlusses des Rates der Klägerin über die Festsetzung der Hebesätze für die Gewerbesteuer und die Grundsteuer [X.] durch den beklagten [X.]rat als Kommunalaufsichtsbehörde.

2

Die Klägerin ist eine kreisangehörige Gemeinde, die seit 1999 weder über einen ausgeglichenen Haushalt noch über ein genehmigtes Haushaltssicherungskonzept verfügt. Für das Haushaltsjahr 2003 setzte der [X.]eklagte im Wege der Ersatzvornahme die Hebesätze der Klägerin für die Grundsteuer [X.] auf 391 v.H. (im Vorjahr 350 v.H.) und für die Gewerbesteuer auf 413 v.H. (im Vorjahr 400 v.H.) des Steuermessbetrages fest.

3

Durch [X.]eschluss vom 5. Juli 2005 senkte der Rat der Klägerin für das Haushaltsjahr 2005 die Hebesätze für die Grundsteuer [X.] auf 350 v.H. und für die Gewerbesteuer auf 400 v.[X.]. Nach der auf Anweisung des [X.]eklagten erfolgten [X.]eanstandung des [X.]eschlusses durch den [X.]ürgermeister und nach dem [X.]eschluss des Rates vom 1. September 2005, den beanstandeten [X.]eschluss nicht aufzuheben, hob der [X.]eklagte mit der streitgegenständlichen Verfügung vom 23. Dezember 2005 unter Anordnung der sofortigen Vollziehung den [X.]eschluss des Rates vom 5. Juli 2005 auf.

4

Der dagegen von der Klägerin erhobenen Klage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 28. Juni 2007 stattgegeben und die Verfügung des [X.]eklagten vom 23. Dezember 2005 aufgehoben.

5

Auf die [X.]erufung des [X.]eklagten hat das Oberwaltungsgericht für das [X.] nach Anhörung der [X.]eteiligten gemäß § 130a VwGO mit [X.]eschluss vom 22. Juli 2009 das erstinstanzliche Urteil geändert und die Klage abgewiesen. Zur [X.]egründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die angefochtene Verfügung des [X.]eklagten vom 23. Dezember 2005 sei zu Recht auf § 122 Abs. 1 Satz 2 der Gemeindeordnung des [X.] ([X.]) gestützt. Der aufgehobene Ratsbeschluss vom 5. Juli 2005 verletze geltendes Recht, weil er gegen § 75 Abs. 3 GO NRW in der gemäß Art. 1 § 9 des Gesetzes über ein Neues Kommunales Finanzmanagement für die Gemeinden im [X.] vom 16. November 2004 ([X.]) auch nach dem 31. Dezember 2004 noch anwendbaren Fassung ([X.] a.F.) verstoße, wonach die Gemeinden die Pflicht haben, den Haushalt in jedem Jahr auszugleichen. Wenn der Haushaltsausgleich nicht erreicht werden könne, sei dieser gemäß § 75 Abs. 4 Satz 2 GO NRW a.F. zum nächstmöglichen Zeitpunkt wiederherzustellen. Daraus ergebe sich die haushaltsrechtliche Pflicht für die Gemeinden, alles zu unternehmen, um durch Zurückführung der Ausgaben und Erhöhung der Einnahmen dieses Ziel so schnell wie möglich zu erreichen. Insbesondere beinhalte dies die Pflicht, von Einnahmen mindernden Maßnahmen - wie hier der Senkung der Realsteuerhebesätze - grundsätzlich abzusehen. Diese Pflicht sei allerdings auf das Zumutbare begrenzt. Die Zumutbarkeit des haushaltsrechtlich gebotenen Verhaltens bestimme sich einerseits nach den jeweiligen rechtlichen Vorgaben für das in Rede stehende Tun oder Unterlassen sowie danach, ob das Verhalten auch unter [X.]erücksichtigung des im Rahmen des Grundsatzes sparsamer und wirtschaftlicher Haushaltsführung (§ 75 Abs. 2 GO NRW a.F.) eröffneten Handlungsspielraums der betroffenen Gemeinde geboten sei. Dabei sei der Spielraum umso enger, je größer oder andauernder das Haushaltsdefizit und je unabsehbarer sein Ende sei. Diesen Vorgaben des kommunalen [X.] werde der beanstandete Ratsbeschluss der Klägerin vom 5. Juli 2005 nicht gerecht. Mit ihm wäre die Grundsteuer [X.] mit 350 v.[X.] und die Gewerbesteuer mit 400 v.H. auf ein Niveau reduziert worden, das im [X.]esdurchschnitt zuletzt 1994 bzw. 1992 erreicht worden sei. Der Hebesatz für die Grundsteuer [X.] wäre 2005 im [X.]kreis der niedrigste gewesen; beim Hebesatz für die Gewerbesteuer hätte sich die Klägerin zusammen mit der [X.] im landkreisinternen Vergleich ebenfalls an der unteren [X.]elastungsgrenze befunden. Für die Klägerin sei es auch zumutbar gewesen, auf die Absenkung zu verzichten. Die Annahme, die beschlossene Senkung der Realsteuerhebesätze werde wegen der damit bewirkten Steigerung der Attraktivität der Klägerin zu höheren Einnahmen führen, sei allenfalls eine Hoffnung, deren tatsächliche Grundlage dünn sei. Denn die Höhe der Realsteuerhebesätze sei regelmäßig nicht der zentrale Grund für die Entscheidung, in welcher Gemeinde sich ein Unternehmen [X.] bzw. Personen ihren Wohnsitz nähmen. Die Absenkung der Realsteuerhebesätze könne nicht mit dem Hinweis auf die sonstige Abgabenbelastung der [X.]ürger im [X.]ereich der Klägerin, insbesondere mit hohen Entwässerungsgebühren, begründet werden. Weder die kommunale Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 GG noch Art. 106 Abs. 6 Satz 2 GG stünden der angefochtenen Verfügung entgegen. Ferner sei ein Verstoß gegen § 25 Abs. 1 GrStG und § 16 Abs. 1 [X.] nicht ersichtlich.

6

Gegen den [X.]eschluss hat die Klägerin die vom [X.]erufungsgericht zugelassene Revision eingelegt und zur [X.]egründung im Wesentlichen vorgetragen: Dem [X.]eklagten fehle es an der Kompetenz, auf die Höhe der kommunalen Hebesätze für die Grundsteuer [X.] und die Gewerbesteuer Einfluss zu nehmen. Denn Art. 106 Abs. 6 Satz 2 GG räume allein den Gemeinden das Recht ein, die Hebesätze für diese Steuern im Rahmen der Gesetze festzusetzen. Da der [X.]undesgesetzgeber im Grundsteuer- und im Gewerbesteuergesetz keine Regelung geschaffen habe, die [X.]esbehörden eine Reglementierung des originär den Gemeinden zustehenden Rechts zur [X.]estimmung der Höhe der Hebesätze eröffne, gelte dies auch für den [X.]eklagten als staatliche Kommunalaufsichtsbehörde. Zwar gebe die angefochtene Aufhebungsverfügung des [X.]eklagten nach ihrem Wortlaut der Klägerin keinen exakten Hebesatz vor. Die Verfügung laufe im Ergebnis jedoch darauf hinaus, dass für das Haushaltsjahr 2005 der Hebesatz für die Grundsteuer [X.] auf 391 v.H. und für die Gewerbesteuer auf 413 v.[X.] festzusetzen sei. Damit werde der gemeindliche Handlungsspielraum missachtet, obwohl die Festlegung der Hebesätze auch in kritischen [X.] immer noch eine - auch für [X.] und wirtschaftspolitische Motive offene - kommunale Ermessensentscheidung sei.

7

Die Klägerin beantragt,

den [X.]eschluss des Oberwaltungsgerichts für das [X.] vom 22. Juli 2009 aufzuheben und die [X.]erufung des [X.]eklagten gegen das Urteil des [X.] vom 28. Juni 2007 zurückzuweisen.

8

Der [X.]eklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

9

Er verteidigt das angegriffene Urteil.

Der Vertreter des öffentlichen Interesses beim [X.]undesverwaltungsgericht beteiligt sich am Verfahren, hat jedoch keinen Antrag gestellt.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision der Klägerin ist nicht begründet. Die vom [X.]erufungsgericht vorgenommene Auslegung und Anwendung der Regelungen der [X.] [X.]ordnung (§ 122 Abs. 1 Satz 2 GO NRW sowie § 75 Abs. 3 und 4 Satz 2 GO NRW a.F.), auf die die angefochtene Verfügung des [X.]eklagten vom 23. Dezember 2005 über die Aufhebung des Ratsbeschlusses vom 5. Juli 2005 gestützt ist, verstößt weder gegen Art. 28 Abs. 2 [X.] noch gegen Art. 106 Abs. 6 Satz 2 [X.] i.V.m. § 25 Abs. 1 GrStG und § 16 Abs. 1 [X.] oder gegen sonstiges [X.]esrecht.

Die revisionsgerichtliche Prüfung muss von dem Inhalt der irrevisiblen Vorschriften des Landesrechts ausgehen, den das [X.]erufungsgericht durch Auslegung ermittelt und seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat (§ 173 VwGO i.V.m. § 560 ZPO). Das Revisionsgericht kann insoweit lediglich nachprüfen, ob [X.]esrecht - insbesondere [X.]esverfassungsrecht - ein anderes Ergebnis gebietet (stRspr; vgl. u.a. Urteile vom 12. November 1993 - [X.]VerwG 7 [X.] 23.93 - [X.]VerwGE 94, 288 = [X.] 160 Wahlrecht Nr. 38 S. 21 <23 f.> und vom 9. Dezember 2009 - [X.]VerwG 8 [X.] 17.08 - NVwZ 2010, 834 m.w.N.).

Nach den vom [X.]erufungsgericht getroffenen Feststellungen muss gemäß § 75 Abs. 3 GO NRW a.F. der Haushalt einer [X.] in jedem Jahr ausgeglichen sein. Wenn der Haushaltsausgleich nicht erreicht werden kann, ist dieser gemäß § 75 Abs. 4 Satz 2 GO NRW a.F. zum nächstmöglichen Zeitpunkt wiederherzustellen. Das [X.]erufungsgericht hat die Vorschrift dahin ausgelegt, dass sich daraus für die Klägerin in ihrer angespannten Haushaltssituation die Pflicht ergibt, alles zu unternehmen, um durch Zurückführung der Ausgaben und Erhöhung der Einnahmen dieses Ziel im Rahmen des Zumutbaren so schnell wie möglich zu erreichen. Das haushaltsrechtlich gebotene Verhalten bestimmt sich dabei einerseits nach den jeweiligen rechtlichen Vorgaben für das in Rede stehende Tun oder Unterlassen sowie danach, ob das Verhalten auch unter [X.]erücksichtigung des im Rahmen des Grundsatzes sparsamer und wirtschaftlicher Haushaltsführung (§ 75 Abs. 2 GO NRW a.F.) eröffneten Handlungsspielraums der [X.] zumutbar ist, wobei dieser Spielraum um so enger ist, je größer oder andauernder das Haushaltsdefizit und je unabsehbarer sein Ende ist. Daraus hat das [X.]erufungsgericht die weitere Schlussfolgerung gezogen, dass in der Haushaltssituation, in der sich die Klägerin im Haushaltsjahr 2005 befand, von die Einnahmen mindernden Maßnahmen - wie hier der Senkung der Realsteuerhebesätze - grundsätzlich abzusehen ist. Der Ratsbeschluss der Klägerin vom 5. Juli 2005 wird nach den Feststellungen des [X.]erufungsgerichts diesen Anforderungen nicht gerecht und verstößt damit gegen das zum maßgeblichen Zeitpunkt des [X.] der Verfügung des [X.]eklagten vom 23. Dezember 2005 geltende Recht, so dass dieser ihn deshalb nach § 122 Abs. 1 Satz 2 GO NRW zu Recht aufgehoben hat.

Diese Annahme verletzt weder Art. 106 Abs. 6 Satz 2 [X.] noch die der Klägerin durch Art. 28 Abs. 2 [X.] garantierte gemeindliche Selbstverwaltung in Gestalt ihrer kommunalen Finanzhoheit. Sie stellt auch keinen unverhältnismäßigen Eingriff in diese Rechte dar.

Nach Art. 106 Abs. 6 Satz 2 [X.] ist den [X.]n das Recht einzuräumen, die Hebesätze der Grundsteuer und der Gewerbesteuer im Rahmen der Gesetze festzusetzen. Nach Art. 105 Abs. 2 [X.] hat der [X.] - neben der nach § 105 Abs. 1 [X.] ihm zugewiesenen Gesetzgebung über die Zölle und [X.] - für die "übrigen Steuern" die Kompetenz zur konkurrierenden Gesetzgebung, wenn ihm das Aufkommen dieser Steuern ganz oder zum Teil zusteht oder die Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 [X.] vorliegen. Das Aufkommen der beiden Steuern steht nicht nach Art. 106 Abs. 1 [X.] dem [X.], sondern nach Art. 106 Abs. 6 Satz 1 [X.] den [X.]n zu, so dass der [X.] von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz nur nach Maßgabe des Art. 72 Abs. 2 [X.] Gebrauch machen durfte, was er mit dem Grundsteuergesetz und dem Gewerbesteuergesetz getan hat. [X.] verfassungsrechtliche [X.]edenken dagegen bestehen im Hinblick auf Art. 72 Abs. 2 [X.] oder andere Regelungen des Grundgesetzes nicht (vgl. dazu [X.], [X.]eschluss vom 27. Januar 2010 - 2 [X.]vR 2185/04, 2 [X.]vR 2189/04 - DV[X.]l 2010, 509 = juris Rn. 56 ff.). Der [X.]esgesetzgeber ist durch § 25 Abs. 1 GrStG und § 16 Abs. 1 [X.] dem Gesetzgebungsauftrag des Art. 106 Abs. 6 Satz 2 [X.] nachgekommen, wonach den [X.]n das Recht einzuräumen ist, die Hebesätze der Grundsteuer und der Gewerbesteuer im Rahmen der Gesetze festzusetzen.

Das durch Art. 106 Abs. 6 Satz 2 [X.] i.V.m. § 25 Abs. 1 GrStG und § 16 Abs. 1 [X.] eingeräumte [X.] dient der Sicherung einer angemessenen Finanzausstattung der [X.]n. Einerseits ermöglicht es ihnen, Unterschiede in der [X.]elastung und in der Ergiebigkeit der zugewiesenen [X.]n auszugleichen. Die [X.]n sollen die Möglichkeit haben, ihre Einnahmen durch Anhebung der Gewerbesteuer an den Finanzbedarf anzupassen und damit angesichts wachsender Haushaltslasten handlungsfähig zu bleiben (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 27. Januar 2010 a.a.[X.] juris Rn. 86 m.w.N.). Die Gewährleistung des [X.]s ermöglicht andererseits aber auch eine Anpassung nach unten und damit den Einsatz niedriger Hebesätze im interkommunalen Wettbewerb um die Ansiedlung von Unternehmen. In dem Spannungsverhältnis zwischen dem Streben nach einem möglichst hohen Niveau der öffentlichen Leistungen und einer möglichst niedrigen Steuerbelastung, das bei der Einführung der Verfassungsgarantie des gemeindlichen [X.]s als unentbehrlich für eine eigenverantwortliche Selbstverwaltung hervorgehoben wurde (vgl. [X.]/2861 S. 39 Nr. 183), wird das Streben nach einer möglichst niedrigen Steuerbelastung gerade durch die [X.]edeutung der [X.] im Standortwettbewerb befördert ([X.], [X.]eschluss vom 27. Januar 2010 a.a.[X.] juris Rn. 86).

Die durch [X.]esrecht in Art. 106 Abs. 6 Satz 2 [X.] in Verbindung mit den [X.] in § 16 Abs. 1 [X.] und § 25 Abs. 1 GrStG erfolgte Zuweisung der ausschließlichen Kompetenz der [X.]n zur Festsetzung der Hebesätze für die Gewerbe- und die Grundsteuer ist vom [X.]esgesetzgeber in beiden Gesetzen allerdings in mehrfacher Hinsicht eingeschränkt worden. So hat er für die Gewerbesteuer einen Mindesthebesatz von 200 v.[X.] vorgeschrieben (§ 16 Abs. 4 Satz 2 [X.]). Die [X.]n dürfen damit weder auf die Erhebung der Gewerbesteuer verzichten noch einen den Mindesthebesatz unterschreitenden Hebesatz festsetzen. Ausweislich der Gesetzesbegründung dienten die Einführung der Pflicht zur Erhebung der Gewerbesteuer und die Normierung eines Mindesthebesatzes vor allem der Vermeidung von "[X.]" sowie der Verhinderung von Ausfällen bei der Gewerbesteuerumlage (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 27. Januar 2010 a.a.[X.] juris Rn. 95 ff. unter Verweis auf [X.]TDrucks 15/481 S. 16; [X.]TDrucks 15/1517 S. 17, 19; Protokoll der 786. Sitzung des [X.]esrates vom 14. März 2003, [X.]). Andererseits werden die [X.]esländer ermächtigt, sowohl für die Grundsteuer als auch für die Gewerbesteuer einen das [X.] der [X.]n begrenzenden [X.] zu normieren (§ 16 Abs. 5 [X.], § 26 GrStG). Das ist nach den vom [X.]erufungsgericht getroffenen Feststellungen in [X.] bisher nicht geschehen. Des Weiteren ist in den beiden [X.]esgesetzen als letzter Zeitpunkt für den Fall einer Erhöhung des [X.] verbindlich der 30. Juni eines Jahres festgelegt (§ 16 Abs. 3 [X.], § 25 Abs. 3 GrStG). Außerdem ist in beiden [X.]esgesetzen näher bestimmt, inwieweit bei der Erhebung von Grund- und Gewerbesteuern Differenzierungen zwischen Unternehmen, [X.]etrieben bzw. Grundstücken zulässig sind (§ 16 Abs. 4 Satz 1 [X.], § 25 Abs. 4 Satz 1 GrStG). Schließlich gestatten das Gewerbe- und das Grundsteuergesetz den Ländern bei Gebietsänderungen, vorübergehend verschiedene Hebesätze innerhalb des Hoheitsgebiets einer [X.] zuzulassen (§ 16 Abs. 4 Satz 3 [X.], § 25 Abs. 4 Satz 2 GrStG). Weitergehende [X.]eschränkungen des den [X.]n im Rahmen der Gesetze gewährleisteten Rechts zur Festsetzung der Hebesätze für die Grundsteuer und für die Gewerbesteuer lassen sich beiden [X.]esgesetzen nicht entnehmen.

Nach Art. 106 Abs. 6 Satz 2 [X.] ist das [X.] für die Grund- und die Gewerbesteuer den [X.]n allerdings nur "im Rahmen der Gesetze" gewährleistet. Dies entspricht der Regelung des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 [X.] (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 27. Januar 2010 a.a.[X.] juris Rn. 77 m.w.N.), der den [X.]n das Recht, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft in eigener Verantwortung zu regeln, ebenfalls nur im Rahmen der Gesetze garantiert. Das in Art. 106 Abs. 6 Satz 2 [X.] i.V.m. § 16 Abs. 1 [X.] und § 25 Abs. 1 GrStG den [X.]n gewährleistete [X.] für die Grundsteuer und die Gewerbesteuer ist eine spezielle Ausprägung der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie und konkretisiert diese. Die kommunale Selbstverwaltungsgarantie unterliegt normativer Prägung durch den Gesetzgeber, der sie inhaltlich ausformen und begrenzen darf (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 26. Oktober 1994 - 2 [X.]vR 445/91 - [X.]E 91, 228 <240> m.w.N.). Die im Rahmen der Gesetze garantierte finanzielle Eigenverantwortlichkeit der [X.]n stellt sich als notwendiges Korrelat zur verfassungsrechtlich gewährleisteten eigenverantwortlichen Aufgabenwahrnehmung dar ([X.], [X.], 1988, 330 <331>; [X.]orsten, [X.], 1990, 57 <58>). Die kommunale Finanzhoheit besteht jedoch nicht darin, dass die [X.] nach [X.] frei schalten kann, sondern darin, dass sie verantwortlich disponiert und bei ihren Maßnahmen auch ihre Stellung innerhalb der Selbstverwaltung des modernen [X.] und die sich daraus ergebende Notwendigkeit des Finanzausgleichs in [X.]etracht zieht ([X.], [X.]eschluss vom 21. Mai 1968 - 2 [X.]vL 2/61 - [X.]E 23, 353 = juris Rn. 57). Daran hat die durch das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 27. Oktober 1994 ([X.]) erfolgte Ergänzung des Art. 28 Abs. 2 [X.] um einen Satz 3 ("Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfasst auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung.") nichts geändert. Mit dieser Regelung, die auf eine Empfehlung der [X.] von [X.]estag und [X.]esrat zurückgeht ([X.]TDrucks 12/6000 S. 46 ff.), sollten nach der Vorstellung des [X.] keine über die im Grundgesetz verankerte Finanzverfassung hinausgehenden finanziellen Absicherungen geschaffen werden (vgl. [X.]TDrucks 12/6000 S. 1 <48>; Schwarz, Finanzverfassung und kommunale Selbstverwaltung, 1996, [X.]). Der kommunalen Finanzhoheit sollte allerdings ein ausdrücklicher Stellenwert eingeräumt und diese damit gestärkt werden ([X.]TDrucks 12/6633 [X.]). Vor dem Hintergrund gewachsener [X.]elastungen der [X.]n bei der Erfüllung ihrer vielfältigen staatlichen Aufgaben sollte so klargestellt werden, dass die finanzielle Eigenverantwortung zum Recht auf kommunale Selbstverwaltung gehört (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 27. Januar 2010 a.a.[X.] juris Rn. 70 unter [X.]erufung auf den Abschlussbericht der [X.], [X.]TDrucks 12/6000 S. 46). Die durch das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Art. 28 und Art. 106) vom 20. Oktober 1997 ([X.]) erfolgte Einfügung eines weiteren Halbsatzes in Art. 28 Abs. 2 Satz 3 [X.] ("zu diesen Grundlagen gehört eine den [X.]n mit [X.] zustehende wirtschaftskraftbezogene [X.]") garantiert den [X.]n über Art. 106 Abs. 2 Satz 2 [X.] hinaus, dass die wirtschaftskraftbezogene Gewerbesteuer nicht abgeschafft wird, ohne dass die [X.]n an ihrer Stelle eine andere wirtschaftskraftbezogene [X.] mit [X.] erhalten. Die kommunale Finanzautonomie sollte so durch die Garantie des [X.]estandes der Gewerbeertragsteuer oder einer anderen an der Wirtschaftskraft orientierten Steuer mit Verfassungsrang gewährleistet werden (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 27. Januar 2010 a.a.[X.] juris Rn. 71 unter [X.]erufung auf [X.]TDrucks 13/8488 S. 5; 13/8340 S. 2).

Die verfassungsrechtlich in dieser Weise geschützte kommunale Selbstverwaltungsfreiheit kann allerdings vom Gesetzgeber beschränkt werden. Hinsichtlich des den [X.]n in Art. 28 Abs. 2 Satz 1 [X.] gewährleisteten Rechts zur Aufgabenerledigung "in eigener Verantwortung" ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetzeswortlaut, dass dieses nur "im Rahmen der Gesetze" besteht. Demnach genießen die gemeindlichen Selbstverwaltungskörperschaften einerseits zwar die durch Art. 28 Abs. 2 [X.] gewährleistete kommunale Autonomie. Andererseits müssen sie jedoch den Vorrang der staatlichen Gesetze beachten. Der sowohl in Art. 28 Abs. 2 [X.] als auch in Art. 106 Abs. 6 Satz 2 [X.] normierte Gesetzesvorbehalt gilt auch für die kommunale Finanzhoheit als Teil der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie (vgl. dazu [X.], Entscheidungen vom 21. Mai 1968 - 2 [X.]vL 2/61 - [X.]E 23, 353 <369>, vom 10. Juni 1969 - 2 [X.]vR 480/61 - [X.]E 26, 172 <181>, vom 24. Juni 1969 - 2 [X.]vR 446/64 - [X.]E 26, 228 <244>, vom 24. Juli 1979 - 2 [X.]vK 1/78 - [X.]E 52, 95 <117> und vom 15. Oktober 1985 - 2 [X.]vR 1808/82, 2 [X.]vR 1809/82, 2 [X.]vR 1810/82 - [X.]E 71, 25 <36>), die die [X.]efugnis zu einer eigenverantwortlichen Einnahmen- und [X.] im Rahmen eines gesetzlich geordneten Haushaltswesens beinhaltet (vgl. u.a. [X.]; Entscheidung vom 24. Juni 1969 - 2 [X.]vR 446/64 - a.a.[X.] <244>).

Das Recht auf gemeindliche Selbstverwaltung einschließlich der kommunalen Finanzautonomie steht allerdings nicht zur vollständigen Disposition des einfachen Gesetzgebers (vgl. [X.], [X.]eschlüsse vom 27. Januar 2010 a.a.[X.] juris Rn. 91 und vom 23. November 1988 - 2 [X.]vR 1619/83, 2 [X.]vR 1628/83 - [X.]E 79, 127 <143>). Es ist in [X.] gewährleistet. Dem beschränkenden Zugriff des Gesetzgebers sind insoweit verfassungsrechtliche Schranken gesetzt. Die durch Art. 28 Abs. 2 [X.] garantierten wesentlichen Hoheitsrechte, die der Staat den [X.]n im Interesse einer funktionsgerechten Aufgabenwahrnehmung gewährleistet, darunter die Finanzhoheit, müssen den [X.]n im [X.] erhalten bleiben (vgl. [X.], Urteil vom 24. Juli 1979 a.a.[X.] <117>). Der Gesetzgeber darf nicht in den [X.]bereich der gemeindlichen Selbstverwaltung eingreifen (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 27. Januar 2010 a.a.[X.] juris Rn. 91 unter Verweis auf [X.]E 79, 127 <143>; 83, 363 <381>; 91, 228 <238>; 107, 1 <2>; stRspr). Was zu dem [X.]ereich gehört, der verfassungskräftig gegen jede Schmälerung durch gesetzgeberische Eingriffe geschützt ist, lässt sich nicht abstrakt-allgemein umschreiben, sondern ergibt sich einmal aus der geschichtlichen Entwicklung und sodann aus den verschiedenen Erscheinungsformen der Selbstverwaltung ([X.], Entscheidungen vom 10. Juni 1969 a.a.[X.] juris Rn. 31, vom 26. November 1963 - 2 [X.]vL 12/62 - [X.]E 17, 172 <182> = juris Rn. 38 m.w.N. und vom 27. Januar 2010 a.a.[X.] juris Rn. 92 m.w.N.). Den absoluten Schutz der [X.]bereichsgarantie genießt jedoch nicht jede einzelne Ausformung der den [X.]n durch Art. 28 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 6 [X.] garantierten Hoheitsrechte (vgl. [X.], [X.]eschlüsse vom 7. Mai 2001 - 2 [X.]vK 1/00 - [X.]E 103, 332 <366> und vom 27. Januar 2010 a.a.[X.] juris Rn. 93; [X.], in: [X.][X.]/Hopfauf, [X.], 11. Aufl. 2008, Art. 28 Rn. 78). Der [X.]bereich ist dann verletzt, wenn das Recht auf kommunale Selbstverwaltung beseitigt wird oder kein hinreichender Spielraum für seine Ausübung mehr übrig bleibt (vgl. [X.], [X.]eschlüsse vom 7. Mai 2001 a.a.[X.] <366> und vom 27. Januar 2010 a.a.[X.] juris Rn. 93; [X.], in: [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl. 2009, Art. 28 Rn. 22; [X.], [X.] Schutz der kommunalen Selbstverwaltung, 1998, [X.]; [X.], [X.], 2. Aufl. 1984, § 12 II 4, S. 416).

Außerdem unterliegt der Gesetzgeber bei [X.]eschränkungen der Gewährleistung der gemeindlichen Selbstverwaltung und der kommunalen Finanzhoheit dem verfassungsrechtlichen Gebot zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ([X.], Entscheidungen vom 24. Juni 1969 a.a.[X.] <241>, vom 7. Oktober 1980 - 2 [X.]vR 584/76, 2 [X.]vR 598/76, 2 [X.]vR 599/76, 2 [X.] - [X.]E 56, 298 <313>, vom 23. Juni 1987 - 2 [X.]vR 826/83 - [X.]E 76, 107 <121 ff.> sowie vom 27. Januar 2010 a.a.[X.] juris Rn. 94 m.w.N.; [X.]VerwG, Urteil vom 4. August 1983 - [X.]VerwG 7 [X.] 2.81 - [X.]VerwGE 67, 321 = DV[X.]l 1983, 1152 f. = juris Rn. 13 und 20; von [X.], Kommunalrecht, 1996, Rn. 866; [X.], [X.], 521 <522>; [X.], [X.], 937; [X.], Kommunale Selbstverwaltung "nach [X.]", Festschrift für [X.], 1991, S. 121 <132>; [X.]/Hummel, NVwZ 2006, S. 14 <18 ff.>). Wie die Selbstverwaltungsgarantie im Allgemeinen und die Finanzhoheit als eines ihrer wesentlichen Elemente darf auch das in Art. 106 Abs. 6 Satz 2 [X.] und in Art. 28 Abs. 2 Satz 3 [X.] gewährleistete [X.] nicht unverhältnismäßig beschränkt werden. [X.]eschränkungen müssen danach zur Erreichung eines nach dem Grundgesetz zulässigen Zwecks geeignet sowie erforderlich und (im engeren Sinne) verhältnismäßig sein.

Unter den in Art. 28 Abs. 2 Satz 1 und Art. 106 Abs. 6 Satz 2 [X.] normierten Gesetzesvorbehalt fallen (auch) gesetzliche Regelungen des Landesrechts, wie sie nach den Feststellungen des [X.]erufungsgerichts in [X.] für den [X.]ereich der kommunalen Haushaltswirtschaft in § 75 Abs. 3 und Abs. 4 Satz 2 GO NRW a.F. sowie für die staatliche [X.] in § 122 Abs. 1 Satz 2 GO NRW bestehen. Das ist bundesrechtlich nicht zu beanstanden. Die staatliche Rechtsaufsicht über die [X.]n ist ein von Verfassungs wegen vorgesehenes Korrelat der kommunalen Selbstverwaltung. Nach der bundesstaatlichen Ordnung des Grundgesetzes steht die staatliche Aufsicht über die [X.]n ausschließlich dem jeweiligen [X.]esland zu. [X.]ei der Wahrnehmung der Aufgaben des eigenen Wirkungskreises der [X.]n, zu denen jedenfalls freiwillige Selbstverwaltungsangelegenheiten sowie pflichtige, aber weisungsfreie Selbstverwaltungsaufgaben gehören, unterliegen die Kommunen nur der staatlichen Rechts-, jedoch keiner Fachaufsicht. Eine über die Rechtmäßigkeitskontrolle hinausgehende Zweckmäßigkeitskontrolle mit Weisungsrechten der staatlichen [X.]sbehörden wäre mit der Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 [X.] und der kommunalen Finanzhoheit nicht zu vereinbaren. Dass die Staatsaufsicht in Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises der Kommunen auf die Kontrolle der Gesetzmäßigkeit (Rechtsaufsicht) beschränkt ist, ist in der Regel in den Landesverfassungen und in den [X.]ordnungen der [X.]esländer ausdrücklich angeordnet. Nach den Feststellungen des [X.]erufungsgerichts ist dies in [X.] nach Maßgabe des Art. 78 Abs. 4 Satz 1 der Verfassung für das Land [X.] in § 122 Abs. 1 GO NRW angeordnet.

Der aus der verfassungsrechtlichen Gewährleistung des Selbstverwaltungsrechts und der Finanzhoheit der [X.]n resultierende Gestaltungsspielraum wird nach den Feststellungen des [X.]erufungsgerichts in [X.] durch die in § 75 Abs. 3 und 4 Satz 2 GO NRW a.F. geregelte Pflicht beschränkt, einen ausgeglichenen Haushalt aufzustellen und gegebenenfalls den Haushaltsausgleich zum nächstmöglichen Zeitpunkt wieder herbeizuführen. Die Annahme des [X.]erufungsgerichts, dies schränke das Recht der [X.]n zur Senkung der Hebesätze in Fällen einer schweren Haushaltsnotlage von unabsehbarer Dauer ein, ist weder verfassungsrechtlich zu beanstanden noch verstößt sie gegen sonstiges [X.]esrecht.

Die Erfüllung der den [X.]n nach den Feststellungen des [X.]erufungsgerichts in § 75 Abs. 4 Satz 2 GO NRW a.F. auferlegten rechtlichen Verpflichtung, im Falle eines unausgeglichenen Haushalts den Haushaltsausgleich zum nächstmöglichen Zeitpunkt wiederherzustellen, ist auf der Einnahmeseite nicht nur von Art und Höhe der Erhebung kommunaler Gebühren und [X.]eiträge sowie der [X.] zustehender Steuern wie der Gewerbe- und Grundsteuer abhängig. Vielmehr wird diese Einnahmesituation entscheidend auch von den [X.] des Landes (Schlüsselzuweisungen, zweckgebundene Zuweisungen, Sonderbedarfszuweisungen) beeinflusst. Ebenso wird auch die kommunale Ausgabenseite in starkem Maße von den den Kommunen durch [X.] und Land auferlegten (Pflicht-)Aufgaben mitgeprägt. Wegen der in Art. 28 Abs. 2 [X.] erfolgten verfassungsrechtlichen Gewährleistung der gemeindlichen Selbstverwaltung und kommunalen Finanzhoheit ist es daher grundsätzlich Aufgabe des Rates und der Verwaltung einer [X.], alle notwendigen Maßnahmen - sowohl auf der Ertrags- als auch auf der [X.] - zu ergreifen, um den gesetzlich vorgegebenen Haushaltsausgleich zu erreichen. Innerhalb des den [X.]n zustehenden Gestaltungsspielraums ist es der [X.] deshalb grundsätzlich untersagt, der [X.] im Falle eines unausgeglichenen Haushalts alternativlos vorzuschreiben, was sie zu tun hat. Auch wenn die Finanzlage der betreffenden [X.] sehr angespannt und unter Umständen selbst die Erfüllung der Pflichtaufgaben nicht mehr sichergestellt ist, liegt es innerhalb des Gestaltungsspielraums der [X.], durch ihre demokratisch gewählten Organe zu entscheiden, wie die notwendige Reduzierung freiwilliger Leistungen und die Erzielung zusätzlicher Einnahmen (z.[X.]. durch Abgaben und Steuern) erfolgen soll.

Auf der Ausgabenseite ist die Aufsichtsbehörde grundsätzlich darauf beschränkt, eine Reduzierung der Mittel für freiwillige Leistungen der [X.] insgesamt anzumahnen, ohne ein konkretes Mittel oder einzelne geförderte Projekte für die gebotene Einsparung vorzuschreiben ([X.], Urteil vom 27. Mai 1992 - 4 [X.] 91.190 - NVwZ-RR 1993, 373 <375> = juris Rn. 22; [X.], [X.], 553 <557>). Entsprechendes muss angesichts der verfassungsrechtlichen [X.]edeutung der kommunalen Selbstverwaltung für Anordnungen der [X.] hinsichtlich der Einnahmeseite gelten, also für die Entscheidung über die zu ergreifenden Maßnahmen zur Erhöhung der kommunalen Einnahmen und Erträge.

Die staatliche [X.]sbehörde ist jedoch - unabhängig von der Frage einer aufgabenadäquaten Finanzausstattung der [X.] durch das Land - bei sachgerechter Ausübung des ihr zustehenden [X.] und Auswahlermessens im Rahmen der Rechtsaufsicht befugt, bei Nichterfüllung einer der [X.] obliegenden rechtlichen Verpflichtung einzugreifen und unter [X.]eachtung des Verhältnismäßigkeitsgebots eine gegen diese Verpflichtung verstoßende Maßnahme zu beanstanden und aufzuheben. Unter welchen Voraussetzungen im Rahmen der Rechtsaufsicht auch weitergehende Eingriffe der staatlichen [X.]sbehörden in die gemeindliche Selbstverwaltung und kommunale Finanzhoheit in [X.]etracht kommen, bedarf hier keiner näheren Prüfung und Entscheidung.

Weder Art. 28 Abs. 2 noch Art. 106 Abs. 6 Satz 2 [X.] i.V.m. § 6 Abs. 1 [X.] und § 25 Abs. 1 GrStG schließen eine [X.]eanstandung der Senkung der Hebesätze für die Grund- und die Gewerbesteuer aus, wenn die betreffende [X.] sich in einer anhaltenden Haushaltsnotlage befindet und das von ihr vorgelegte - gesetzlich vorgeschriebene - Haushaltssicherungskonzept nicht erkennen lässt, wie der durch die [X.] unmittelbar bewirkte [X.] hinreichend verlässlich ausgeglichen werden soll. In einer solchen Situation darf die betroffene [X.] die Hebesätze nicht auf ein deutlich niedrigeres Niveau festsetzen, wenn ein Ausgleich des [X.] weder konkret in der Haushaltsplanung vorgesehen noch hinreichend konkret absehbar ist.

Eine solche [X.]eschränkung des Rechts zur Festsetzung der Hebesätze für die Grund- und für die Gewerbesteuer wahrt den [X.]bereich des in Art. 28 Abs. 2 [X.] gewährleisteten gemeindlichen Selbstverwaltungsrechts und der kommunalen Finanzhoheit. Denn es belässt weiterhin der [X.] die Entscheidung, wie der Haushaltsausgleich angestrebt und erreicht werden soll. Reichen die Einnahmen nicht aus, um die zur Erfüllung der Aufgaben der [X.] erforderlichen Ausgaben zu decken (sog. kameralistischer Rechnungsstil) oder deckt der Gesamtbetrag der Erträge nicht die Höhe des Gesamtbetrages der Aufwendungen (neues Rechnungswesen), ist zu prüfen, inwieweit der Ausgleich durch [X.]eschränkung der Ausgaben bzw. der Aufwendungen oder Erhöhung der Einnahmen bzw. Erträge herbeigeführt werden kann. Die angefochtene kommunalaufsichtliche Verfügung des [X.]eklagten belässt der Klägerin den notwendigen grundsätzlichen Gestaltungsspielraum, da keine konkreten Vorgaben für die Zurückführung bestimmter Ausgaben/Aufwendungen und die Erhöhung bestimmter Einnahmen/Erträge erteilt werden. Sie beanstandet allein, dass die von dem Rat der Klägerin beschlossene Senkung der Hebesätze für die Grund- und für die Gewerbesteuer in einer anhaltenden Haushaltsnotlage der Klägerin vorgenommen wurde, obwohl ein Ausgleich des damit bewirkten [X.], der nach den unwidersprochen gebliebenen Angaben des Prozessbevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung im Haushaltsjahr 2005 ca. 300 000 € betrug, weder konkret in die Haushaltsplanung eingestellt noch auf der [X.]asis eines genehmigungsfähigen Haushaltssicherungskonzepts für die Folgejahre in nachvollziehbarer Weise hinreichend verlässlich absehbar war.

Die angefochtene kommunalaufsichtliche Verfügung des [X.]eklagten schränkt die gemeindliche Finanzhoheit und das daraus fließende [X.] auch nicht unverhältnismäßig ein.

Sie ist ersichtlich auf das Ziel ausgerichtet, Einnahmeausfälle im Haushalt der Klägerin zu unterbinden, solange deren Ausgleich durch anderweitige Einnahmeerhöhungen und/oder [X.] nicht in hinreichendem Maße absehbar ist. Nach den vom [X.]erufungsgericht getroffenen Feststellungen verfügt die Klägerin seit 1999 weder über einen ausgeglichenen Haushalt noch über ein genehmigtes Haushaltssicherungskonzept gemäß § 75 Abs. 4 Satz 1 GO NRW a.F. Sie befand sich im maßgeblichen Zeitpunkt des [X.] der angegriffenen Verfügung des [X.]eklagten seit Jahren im Zustand vorläufiger Haushaltsführung. Das vom Rat der Klägerin zusammen mit der Haushaltssatzung für das Haushaltsjahr 2005 am 31. Mai 2005 beschlossene und dem [X.]eklagten vorgelegte Haushaltssicherungskonzept wurde lediglich für die Jahre 2004 bis 2008 erstellt. [X.]ei der [X.]eschlussfassung über die Senkung der Hebesätze am 5. Juli 2005 erfolgte insoweit keine Änderung. Das vorliegende Haushaltssicherungskonzept war nach den vom [X.]erufungsgericht getroffenen Feststellungen auch nicht genehmigungsfähig, weil aus ihm entgegen § 75 Abs. 4 GO NRW a.F bzw. § 76 GO NRW a.F. jedenfalls nicht hervorging, dass spätestens im auf das Haushaltsjahr 2005 folgenden [X.] (= 2009) die Einnahmen die Ausgaben (ohne Abdeckung von Fehlbeträgen aus Vorjahren) decken werden. Auch der [X.]ürgermeister der Klägerin hatte danach das vorgelegte Haushaltssicherungskonzept nicht für genehmigungsfähig gehalten. Wenn der Rat der Klägerin auf dieser gesetzwidrigen Grundlage eine Senkung der Hebesätze für die Grundsteuer [X.] und für die Gewerbesteuer beschloss, ohne die sich daraus ergebenden Konsequenzen für ihre Einnahmesituation und den notwendigen Haushaltsausgleich hinreichend zu ermitteln und in das vom Gesetz vorgeschriebene Haushaltssicherungskonzept einzustellen, konnte das [X.]erufungsgericht ohne [X.]esrechtsverstoß die Rechtswidrigkeit dieses Handelns feststellen. Die Unterbindung eines solchen rechtswidrigen Verhaltens der Klägerin ist ein nach dem Grundgesetz zulässiges, ja gebotenes Ziel der staatlichen [X.].

Die angefochtene Verfügung des [X.]eklagten war auch geeignet, zur Erreichung dieses Zieles beizutragen. Denn sie bewirkte jedenfalls, dass wenigstens die durch die [X.] unmittelbar veranlassten Einnahmeausfälle, die sich nach den unwidersprochen gebliebenen Angaben des Prozessbevollmächtigten der Klägerin im Haushaltsjahr 2005 in einer Größenordnung von etwa 300 000 € bewegten und deren Ausgleich nicht hinreichend verlässlich absehbar war, vermieden wurden.

Eine gleichermaßen wirksame, die Klägerin weniger belastende Maßnahme ist nicht ersichtlich. Nach den vom [X.]erufungsgericht getroffenen Feststellungen beruht die Annahme der Klägerin, die beschlossene Senkung der Realsteuerhebesätze werde wegen der damit bewirkten Steigerung der Standortattraktivität der Klägerin zu höheren Einnahmen führen, auf vagen Hoffnungen, deren tatsächliche Grundlage "dünn", also unzureichend ist. Die prognostischen Grundlagen der nach dem Vorbringen der Klägerin mit der beschlossenen Senkung der Hebesätze angestrebten Verbesserung ihrer Standortattraktivität und ihrer Haushaltsnotlage sind nach den Feststellungen des [X.]erufungsgerichts weder dem [X.]eklagten als [X.]sbehörde dargelegt worden noch sonst ersichtlich. Diese berufungsgerichtlichen Feststellungen hat die Klägerin im Revisionsverfahren nicht angegriffen.

Eine Rüge mangelnder Sachaufklärung (§ 86 Abs. 1 VwGO) ist nicht ordnungsgemäß erhoben worden. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zudem auf [X.]efragen bestätigt, dass nach seiner Kenntnis seitens der Klägerin keine näheren Untersuchungen oder Erhebungen über die konkreten Auswirkungen der für das Haushaltsjahr 2005 von ihrem Rat beschlossenen Senkung der Hebesätze auf den Haushaltsausgleich erstellt worden sind und vorliegen.

Die auf § 122 Abs. 1 Satz 2 GO NRW gestützte Verfügung des [X.]eklagten beschränkt das gemeindliche Selbstverwaltungsrecht und die kommunale Finanzhoheit der Klägerin zudem ersichtlich weniger gravierend als eine Festsetzung der Hebesätze im Wege der Ersatzvornahme oder die [X.]estellung eines [X.]eauftragten der [X.] nach § 123 Abs. 2 GO NRW. Denn sie hebt zwar die erfolgte Senkung der Hebesätze für das Haushaltsjahr 2005 auf, belässt jedoch im Übrigen der Klägerin die weitere Entscheidung darüber, mit welchen anderen Mitteln der Haushaltsausgleich zum nächstmöglichen Zeitpunkt wiederhergestellt werden soll. Anders als bei der [X.]estellung eines [X.]eauftragten nach § 124 GO NRW durch die [X.]sbehörde verbleibt den zuständigen Organen der Klägerin weiterhin das Recht, die ihnen zustehenden gesetzlichen [X.]efugnisse eigenverantwortlich auszuüben.

Die angefochtene Verfügung ist im Hinblick auf das angestrebte gesetzlich vorgegebene Ziel, zum Haushaltsausgleich der Klägerin zum nächstmöglichen Zeitpunkt beizutragen, auch nicht unverhältnismäßig im engeren Sinne. Es bleibt weiterhin der Klägerin überlassen, die - mit Ausnahme der aufgehobenen, für das Haushaltsjahr 2005 beschlossenen Senkung der Hebesätze - aus ihrer Sicht gebotenen Maßnahmen zum Haushaltsausgleich zu prüfen und zu treffen sowie in die Haushaltsplanung (Haushaltssicherungskonzept) einzustellen. Indem der [X.]eklagte sich auf die Aufhebung des [X.]eschlusses der Klägerin über die Senkung der Hebesätze beschränkt und gerade nicht angeordnet hat, welche konkrete(n) Maßnahme(n) zur Wiederherstellung des Haushaltsausgleichs getroffen werden sollen, hat er den Gestaltungsspielraum der Klägerin anerkannt und respektiert.

Meta

8 C 43/09

27.10.2010

Bundesverwaltungsgericht 8. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 22. Juli 2009, Az: 15 A 2324/07, Beschluss

§ 122 GemO NW, § 75 GemO NW, § 76 GemO NW, § 16 Abs 3 GewStG, § 16 Abs 4 GewStG, Art 28 Abs 2 GG, Art 105 GG, Art 106 Abs 6 GG, § 25 Abs 3 GrStG, § 26 GrStG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 27.10.2010, Az. 8 C 43/09 (REWIS RS 2010, 1993)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 1993

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