Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.06.2013, Az. 1 StR 168/13

1. Strafsenat | REWIS RS 2013, 5339

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1
StR 168/13

vom
5. Juni
2013
in der Strafsache
gegen

wegen
banden-
und gewerbsmäßigen Betruges

-
2
-
Der 1. Strafsenat des [X.] hat am 5. Juni 2013
beschlossen:

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] [X.]
vom 11. Januar 2013 wird auf seine Kosten verwor-fen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen gewerbsmäßigen [X.] in fünf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Seine dagegen gerichtete Revision ist zulässig, bleibt aber in der Sache ohne Erfolg.

I.
1.
Gegen das am 11.
Januar 2013 in Anwesenheit des Angeklagten [X.] Urteil haben für diesen Rechtsanwalt E.

am 17.
Januar 2013
(Bl.
4151 der Sachakten) sowie Rechtsanwalt Dr.
En.

am 18.
Januar 2013
(Bl.
4155 der Sachakten) Revision eingelegt. Beide Revisionsschriften rügen die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Nachdem das schriftliche Ur-teil am 6.
Februar 2013 der den Angeklagten vor dem [X.] verteidigen-den Rechtsanwältin C.

zugestellt worden war (Bl.
4227
der Sachakten),
hat Rechtsanwalt E.

die Sachrüge mit einem am 5.
März 2013 eingegange-
nen Schriftsatz näher ausgeführt (Bl.
4295 der Sachakten).
1
2
-
3
-
2.
Damit ist die Revision des Angeklagten zulässig eingelegt und [X.] worden. Das Rechtsmittel ist nicht durch einen am 13.
März 2013 bei dem [X.] eingegangenen
Schriftsatz von Rechtsanwalt Dr.
En.

(Bl.
4305 der Sachakten) wirksam zurückgenommen worden. Zum Zeitpunkt der [X.] fehlte diesem die gemäß §
302 Abs.
2 [X.] erforder-liche ausdrückliche Ermächtigung des Angeklagten zur Rücknahme der Revisi-on.
a)
Dabei braucht der [X.] nicht zu entscheiden, ob Rechtsanwalt Dr.
En.

ursprünglich im Rahmen der Mandatserteilung aufgrund des Inhalts
der von dem Angeklagten unter dem Datum vom 18.
Juli 2011 unterzeichneten Vollmachtsurkunde (dort Ziffer 11; Bl.
795 der Sachakten) eine solche [X.] Ermächtigung eingeräumt worden war. In der Rechtsprechung des [X.] ist eine -
wie hier -
bei Übernahme des Mandats im Rah-men der Vollmachtserteilung eingeräumte allgemeine Ermächtigung zur Rück-nahme von Rechtsmitteln als ausdrückliche Ermächtigung gemäß §
302 Abs.
2 [X.] nicht für genügend erachtet worden ([X.], Beschluss vom 2.
August 2000 -
3 StR 284/00, [X.], 665; näher auch zu abweichenden [X.]/[X.], [X.], 2011, §
302 Rn.
51 mwN).
b)
Selbst wenn aber eine solche formularmäßig und vor Ergehen der später angefochtenen Entscheidung erklärte Ermächtigung den gesetzlichen Anforderungen genügen sollte, hat der Angeklagte die Ermächtigung gegen-über Rechtsanwalt Dr.
En.

wirksam und rechtzeitig widerrufen, bevor die
[X.] bei dem [X.] eingegangen ist.
Dem liegt folgen-des Geschehen zugrunde:
[X.])
Unter dem Datum vom 25.
Februar 2013 richtete Dr.
En.

ein
Schreiben an den Angeklagten, in dem der Verteidiger mitteilte, auftragsgemäß 3
4
5
6
-
4
-
Revision eingelegt zu haben (Bl.
4335
der Sachakten). Weiterhin wies Dr.
En.

auf eine Zusage des Angeklagten hin, 1.500 Euro als Honorar zu
entrichten, was bislang nicht geschehen sei. Der Verteidiger kündigte in dem Schreiben unter Hinweis auf die ausgebliebene Zahlung und die fehlende [X.] an, innerhalb der nächsten vier Tage die Revision zu-rücknehmen zu wollen. Mit einem weiteren, auf den 1.
März 2013 datierten Schreiben an den Angeklagten führte Dr.
En.

aus, ein Telefonat mit dem
Angeklagten mit äußerster
Verärgerung zur Kenntnis genommen zu haben, weil
jener in dem Telefongespräch bestritten habe, ihn (Dr.
En.

) mit der Einle-
gung der Revision beauftragt und die Zahlung von 1.500 Euro zugesagt zu ha-ben (Bl.
4337 der Sachakten). Wörtlich heißt es in dem Schreiben:

von aus, dass es sich um ein Missverständ-nis handelt. Ich werde daher die Revision am 6.
März 2013, 16.00 Uhr gegenüber dem [X.] in [X.] zurücknehmen, sollte bis dahin dieses Missverständnis nicht dadurch geklärt werden, in-dem Sie [X.] die für den Fall der Einlegung der Revision zugesagten --

Rechtsanwalt [X.]

hat in einem Telefonat mit dem Berichterstatter
des [X.]s (vgl. Vermerk Bl.
4339
und 4341
der Sachakten) diesen Ablauf be-stätigt und weiter erklärt, eine Zahlung des Angeklagten sei ausgeblieben, so dass er ([X.]

) mit Schriftsatz vom 7.
März 2013 die Revision zurückge-
nommen habe.
bb)
Bei dieser Sachlage hat der Angeklagte eine etwaige, in der Voll-machtsurkunde vom 18.
Juli 2011 erklärte ausdrückliche Ermächtigung widerru-fen. Ein solcher Widerruf ist dem Angeklagten grundsätzlich jederzeit und un-abhängig von dem Fortbestehen des Mandatsverhältnisses gestattet ([X.], 7
8
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-
5
-
Beschluss vom 15.
November 2006 -
2 [X.], [X.], 151; [X.] in [X.], [X.], 2.
Aufl., 2012, §
302 Rn.
28 mwN). Da eine bestimmte Form für die Widerrufserklärung im Gesetz nicht vorgesehen ist, kommt ein solcher auch durch schlüssiges Verhalten in Betracht ([X.],
[X.], 342). Adressaten des Widerrufs können sowohl das Gericht als auch der Verteidiger sein ([X.] [X.]O). Der Widerruf hebt die zuvor erteilte ausdrückliche Ermächti-gung auf, wenn die entsprechende Widerrufserklärung zeitlich vor dem Eingang der [X.] bei dem zuständigen Gericht den Adressaten erreicht ([X.] [X.]O; [X.], Beschluss vom 8.
März 2005 -
4 [X.], [X.], 211; vgl. zum maßgeblichen Zeitpunkt auch [X.], Beschluss vom 19. Juni 2012 -
3 [X.], [X.], 318). So verhält es sich hier.
Das Gesamtverhalten des Angeklagten mit dem von Rechtsanwalt Dr.
En.

selbst berichteten Bestreiten, diesen überhaupt mit der Einlegung
des Rechtsmittels beauftragt und ein Honorar versprochen zu haben, sowie das Ausbleiben einer Zahlung selbst nach der Ankündigung des Verteidigers, die Revision zurückzunehmen, stellen sich als konkludente Widerrufserklärung dar. Das gilt jedenfalls angesichts des weiteren Umstandes, dass der Angeklagte nach dem Ergehen des landgerichtlichen Urteils Rechtsanwalt E.

mit der
Einlegung der Revision beauftragt hatte (vgl. Bl.
4329 und Bl.
4331 der [X.]), die dieser dementsprechend auch am 17.
Januar 2013 erhoben und am 5.
März 2013 zur Sachrüge näher begründet hat. Angesichts dessen kommt dem Schweigen des Angeklagten (vgl. dazu auch im Zusammenhang mit §
302 Abs.
2 [X.] OLG Oldenburg StraFo 2010, 347) auf die mit der Ankündigung der Rücknahme verbundene Aufforderung zur Zahlung des [X.] ein eindeutiger, den Widerruf der Ermächtigung beinhaltender Aussagegehalt zu. Es kann deshalb offen bleiben, ob bereits allein der Umstand der Mandatie-rung eines anderen Verteidigers (hier: Rechtsanwalt E.

) als Widerruf der
10
-
6
-
dem früheren Verteidiger erteilten ausdrücklichen Ermächtigung zu werten ist (vgl. [X.] in Systematischer Kommentar zur
[X.], 3.
Aufl.
16.
Lfg.,
§
302 Rn.
75). Der konkludente Widerruf der Ermächtigung hat Rechtsanwalt Dr.
En.

auch vor dem erst am 13.
März 2013 erfolgenden Eingang der
[X.] bei dem [X.] erreicht. Denn der Widerruf liegt gerade in dem dem Verteidiger sogar vor dem Absenden der Rücknahmeerklä-rung bekannt gewordenen Gesamtverhalten des Angeklagten.
3.
Da die Revision des Angeklagten nicht wirksam zurückgenommen worden ist, erweist sich der Beschluss des [X.] [X.] vom
13.
März 2013, mit dem ihm wegen der durch Rechtsanwalt Dr.
En.

(un-
wirksam) erklärten Rücknahme des Rechtsmittels die dafür entstandenen Kos-ten auferlegt worden sind, als gegenstandslos. Da die Rücknahme unwirksam war, ist die Sache bei dem [X.] anhängig (vgl. [X.], Beschluss vom 3.
März 2009 -
1 StR 61/09), so dass dieser mit der
Gegenstandslosigkeit des landge-richtlichen Beschlusses befasst ist.
4.
Wegen der zulässig erhobenen und nicht wirksam zurückgenomme-nen Revision sind der Antrag des Angeklagten vom 2.
April 2013 auf Wieder-einsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur sofortigen Beschwerde gegen den genannten Beschluss des [X.] sowie die [X.] gerichtete sofortige Beschwerde ebenfalls gegenstandslos (vgl. [X.],
Beschluss vom 20.
Mai 2011 -
1 StR 381/10, [X.], 315).

11
12
-
7
-
II.
In der Sache bleibt die Revision des Angeklagten ohne Erfolg. Aus den in der Antragsschrift des [X.] vom 6.
Mai 2013 genannten Gründen enthält das angefochtene Urteil keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten.
Wahl Rothfuß [X.]

Radtke Zeng
13

Meta

1 StR 168/13

05.06.2013

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.06.2013, Az. 1 StR 168/13 (REWIS RS 2013, 5339)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 5339

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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